Mutige Löwen gegen rechte Rattenfänger

Herbert Schröger hat einfach genug gehabt von den Affenlauten. Er wollte nicht mehr wegsehen und weghören. Der 50-jährige Münchner wollte etwas unternehmen gegen die dauernden Schmährufe und rassistischen Beleidigungen von der Tribüne. Schrö­ger blieb nicht alleine, andere Fans von 1860 München schlossen sich ihm an.

Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan wurde die Initiative "Löwenfans gegen Rechts" im Festsaal des Alten Rathauses Hannover für ihr Engagement von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger mit dem Julius Hirsch Preis 2009 ausgezeichnet. Warum der Einsatz der Münchner die Jury überzeugt hat, beschreibt DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth.

"Den Schmarrn aus dem Stadion bekommen"

"Wenn ein schwarzer Spieler am Ball war, ging es los. Uuh-uuh-uuh. Binnen Monaten wurde es spürbar lauter, immer mehr riefen mit. Irgendwann hatte ich die Nase voll, und anderen bei mir in der Kurve ging es genauso. So ist unsere Bewegung 'Löwenfans gegen Rechts' entstanden. Zuerst haben wir ein Transparent fürs Spiel gemacht, dann ein Flugblatt, schließlich einen regelmäßigen Stammtisch eingerichtet. Heute organisieren wir etliche Aktionen", erzählt Herbert Schröger.

Seit 37 Jahren ist er ein "Sechziger". Stehplatz-Dauer­karte. Da wird man Realist. Jegliche dogmatische Pre­diger­haltung ist ihm fremd. "Falls es irgendwann gelungen sein sollte, den Schmarrn aus dem Stadion los zu haben, dann benennen wir uns um – vielleicht in 'Löwen­fans gegen Gegentore' oder so etwas", lautet sein Ver­sprechen.

"Locker und niederschwellig", sei die Bewegung von Beginn an gewesen, sagt Schröger: "Einen Mitglieds­beitrag gibt's bei uns nicht." Wenn er darüber spricht, tut er das im tief gefärbten Bayerisch. Die Internetseite der 'Löwenfans gegen Rechts' heißt "Hoampage".

Gegen jede Form der Diskriminierung

Als erste größere Aktion holten die Löwenfans im Jahr 2001 die Ausstellung "Tatort Stadion" nach München, die Rechtsradikalismus im Fußballstadion thematisierte. Inzwischen genießen die "Löwenfans gegen Rechts" aufgrund vieler kreativer Aktionen einen bundesweiten Ruf in der Fanszene.



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Herbert Schröger hat einfach genug gehabt von den Affenlauten. Er wollte nicht mehr wegsehen und weghören. Der 50-jährige Münchner wollte etwas unternehmen gegen die dauernden Schmährufe und rassistischen Beleidigungen von der Tribüne. Schrö­ger blieb nicht alleine, andere Fans von 1860 München schlossen sich ihm an.

Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan wurde die Initiative "Löwenfans gegen Rechts" im Festsaal des Alten Rathauses Hannover für ihr Engagement von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger mit dem Julius Hirsch Preis 2009 ausgezeichnet. Warum der Einsatz der Münchner die Jury überzeugt hat, beschreibt DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth.

"Den Schmarrn aus dem Stadion bekommen"

"Wenn ein schwarzer Spieler am Ball war, ging es los. Uuh-uuh-uuh. Binnen Monaten wurde es spürbar lauter, immer mehr riefen mit. Irgendwann hatte ich die Nase voll, und anderen bei mir in der Kurve ging es genauso. So ist unsere Bewegung 'Löwenfans gegen Rechts' entstanden. Zuerst haben wir ein Transparent fürs Spiel gemacht, dann ein Flugblatt, schließlich einen regelmäßigen Stammtisch eingerichtet. Heute organisieren wir etliche Aktionen", erzählt Herbert Schröger.

Seit 37 Jahren ist er ein "Sechziger". Stehplatz-Dauer­karte. Da wird man Realist. Jegliche dogmatische Pre­diger­haltung ist ihm fremd. "Falls es irgendwann gelungen sein sollte, den Schmarrn aus dem Stadion los zu haben, dann benennen wir uns um – vielleicht in 'Löwen­fans gegen Gegentore' oder so etwas", lautet sein Ver­sprechen.

"Locker und niederschwellig", sei die Bewegung von Beginn an gewesen, sagt Schröger: "Einen Mitglieds­beitrag gibt's bei uns nicht." Wenn er darüber spricht, tut er das im tief gefärbten Bayerisch. Die Internetseite der 'Löwenfans gegen Rechts' heißt "Hoampage".

Gegen jede Form der Diskriminierung

Als erste größere Aktion holten die Löwenfans im Jahr 2001 die Ausstellung "Tatort Stadion" nach München, die Rechtsradikalismus im Fußballstadion thematisierte. Inzwischen genießen die "Löwenfans gegen Rechts" aufgrund vieler kreativer Aktionen einen bundesweiten Ruf in der Fanszene.

Vor Ort erkannte die Gruppe schnell die Wichtigkeit, sich für mehr Gehör gesellschaftlich zu vernetzen. Gemeinsam mit gewerkschaftlichen Gruppen, Schwulen- und Lesben-Organisationen, dem Jüdischen Museum und der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau wurden Veranstaltungen und Aktionen durchgeführt.

Es dauerte eine Weile, bis die Initiative die Akzeptanz gewonnen hatte. Mittlerweile unterstützt der TSV 1860 München seine politisch bewegten Fans. "Früher war die Zusammenarbeit furchtbar, da sind unsere Schreiben unbeantwortet im Papierkorb gelandet. Inzwischen sind wir ein Stück des Vereins geworden", erzählt Schröger. Auch mit der Ultra-Grup­pierung der Münchner Löwen, der 'Cosa Nostra', sind die 'Löwenfans gegen Rechts' eng verbunden. "Das sind viele junge Leute, die dürfen wir doch nicht einfach so den rechten Rattenfängern überlassen."

Knobloch, Zwanziger und Schily gratulieren

Nun zeichnete DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger die "Löwenfans gegen Rechts" im Rathaus von Hannover aus. Das hohe Ansehen des jährlich vom DFB verliehenen Julius Hirsch Preises drückt sich auch darin aus, dass Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, den Preisträgern gratuliert. Otto Schily, Bundes­innen­minister a.D., und Dr. Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), waren bei der Preisverleihung ebenso dabei, wie Prof. Maria Böhmer, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Die "Löwenfans gegen Rechts" erhielten ein Preisgeld von 10.000 Euro. Den zweiten Platz vergab die Jury an den Verein "Hintertorperspektive", der von Anhängern des FC Carl Zeiss Jena gegründet wurde. Er vermittelt als Teil seiner integra­tiven Arbeit zum Beispiel "Fanpatenschaften" für Aus­siedler und Migranten. Das Fanprojekt Hannover, das sich unter anderem um die Integration von Jugendlichen mit Migrations­hintergrund kümmert, wurde auf den dritten Platz gewählt.

Weniger Vorfälle

Der Preis in Erinnerung an den in Auschwitz ermordeten jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch war vom DFB im Jahr 2005 als eine Konsequenz aus der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Rolle des Verbandes in der NS-Zeit gestiftet worden. Mit der Verleihung des Preises zeichnet der Verband den Einsatz für Toleranz und Menschen­würde, gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aus. Es soll ein mahnendes und ermutigendes Zeichen dafür sein, wie wichtig Zivilcourage neben dem Platz ist.

Und die jüngsten Erhebungen lassen auf einen Umdenkungsprozess hoffen. In den Bundesliga-Stadien ist rassistisches, fremdenfeindliches und rechtsextremes Zuschauerverhalten zurückgegangen, sagt Prof. Gunter A. Pilz, Co-Autor des 2006 erschienenen Standard­werks "Wandlungen des Zuschauerverhaltens im Profifußball". Internationalisierung der Mannschaften, die Verbür­ger­lichung des Fußballs und das Engagement von Faninitiativen werden als Gründe für die rückläufigen Tendenzen gewertet.

Herbert Schröger und seine "Löwenfans gegen Rechts" jedenfalls haben etwas bewirkt. "Bei uns im Stehblock sieht man immer noch einige, die bei jedem Naziaufmarsch in Bayern vorneweg stiefeln. Wir wurden auch beschimpft. Aber wir geben nicht auf. Und die Affenlaute hört man heute in der Sechziger Kurve nicht mehr".

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Ehrenpreis für Giovanni di Lorenzo

Der erstmals vergebene Ehrenpreis der Jury für außergewöhnliches und vorbildliches Engagement geht an Giovanni di Lorenzo, den Chefredak­teur der Wochenzeitung "DIE ZEIT". Der 1959 in Stockholm geborene deutsch-italienische Journalist ist vielen Fernsehzuschauern durch die Talkshow "3 nach 9" bekannt, die er seit zwei Jahrzehnten mit Fach­kenntnis und Lockerheit moderiert.

Dr. Thomas Bach wird bei der Preisverleihung in Hannover die Laudatio halten. "Giovanni di Lorenzo bezieht in seinem journalistischen Wirken seit vielen Jahren eindeutig und kompromisslos Position gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemi­tismus. Er fordert dies im Bewusstsein der Macht der Medien auch von seinen Kolleginnen und Kollegen", sagt Dr. Bach.

1992 war Giovanni di Lorenzo Mitinitiator der Lichterketten gegen Fremdenfeindlichkeit in München. Gemeinsam mit DIE ZEIT starteten der Deutsche Fußball-Bund, die Deutsche Fußball Liga und der DOSB im Jahr 2008 die interaktive Online-Plattform "Netz gegen Nazis", die immer wieder mahnt und informiert, wie sich rechtsextremes Gedankengut im Alltag ausbreitet.