Moldenhauer: "Wir sind ein wichtiger Bildungsanbieter"

Hans-Georg Moldenhauer verlässt am Freitag das DFB-Präsidium. Der heute 68 Jahre alte ehemalige Torwart des 1. FC Magdeburg hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten historische Momente des organisierten Fußballs in Deutschland mitgestaltet.

Am 31. März 1990 war er zum letzten Präsidenten des Deutschen Fußballverbandes der DDR gewählt worden. Er setzte sich vehement ein für eine rasche Anbindung an den DFB und trieb in den folgenden Jahren die Fußball-Vereinigung voran, auch mit großem persönlichen Einsatz.

Später startete unter seiner Führung die Qualifizierungsoffensive im deutschen Fußball. Moldenhauer leitete die Kommission für den DFB-Fußballentwicklungsplan, der im Oktober 2007 veröffentlicht wurde. Nun zieht er sich zurück, erst beim DFB und Anfang Dezember auch als Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes. Im DFB.de-Gespräch der Woche redet Dr. Hans-Georg Moldenhauer über Grenz- und Meilensteine des deutschen Fußballs.

DFB.de: Herr Dr. Moldenhauer, Sie verzichten aus familiären Gründen auf eine weitere Amtszeit und verlassen beim Bundestag in Essen das DFB-Präsidium. Wie haben Sie die vergangenen zwei Jahrzehnte erlebt? Was waren das für Jahre?

Hans-Georg Moldenhauer: Sehr bewegte und sehr erfolgreiche. Es ist viel passiert, die Entwicklung seit 1990 war unglaublich. Da muss ich nur den Entwicklungsstand von damals mit dem heutigen Niveau vergleichen, bei den Landesverbänden, bei den Nationalmannschaften oder in der Bundesliga. Der Fußball hat sich seitdem rasant weiter entwickelt. Binnen kürzester Zeit glückte die Eingliederung des Fußballs der DDR in die Strukturen des DFB. Seit einigen Jahren vertritt der organisierte Fußball auch wichtige gesellschaftspolitische Positionen. Zeitgleich ist er ein wichtiger Bildungsträger geworden. Mir hat es jedenfalls großen Spaß gemacht, diese Entwicklung über nun zwanzig Jahre zu begleiten.

DFB.de: Als es nach der politischen Wende 1989 darum ging, wie es nun mit dem Deutschen Fußballverband weitergehen sollte, ergriffen Sie klar Position für eine rasche Angliederung an den DFB. Sie wurden dann am 31. März 1990 zum letzten Präsidenten des DDR-Verbandes gewählt.

Moldenhauer: Die Mauer war gefallen, da wäre es doch absurd gewesen, wenn wir noch lange an alten Strukturen festgehalten hätten. Viele Ideen wurden damals ausgetauscht. Ich dachte etwa kurz daran, ob man die gemeinsame höchste Spielklasse nicht „Deutschland-Liga“ nennen sollte. Man ist, wie bekannt, bei der Marke Bundesliga geblieben. Das Wichtigste aber geschah in den kommenden Monaten an der Basis. Dass es uns gelungen ist, aus den Betriebssportgemeinschaften der DDR funktionierende Fußballvereine des DFB zu machen, ist für mich das wahre Wunder der Fußball-Wiedervereinigung. Vielfach endeten damals Beschäftigungsverhältnisse, viele BSGs standen vor der Auflösung. Mitten in der Saison mussten neue Aufstiegsregelungen vereinbart, das Ehrenamt völlig neu organisiert werden. Aber der Fußball wirkte auch damals verbindend – alle krempelten die Ärmel hoch. Nur deshalb gelang zumindest an der Basis der nahtlose Übergang.

DFB.de: Zu Beginn unterschied man penibel, welche Talente woher kamen, ob aus dem Osten oder Westen. Sind diese Zeiten endgültig vorbei?



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Hans-Georg Moldenhauer verlässt am Freitag das DFB-Präsidium. Der heute 68 Jahre alte ehemalige Torwart des 1. FC Magdeburg hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten historische Momente des organisierten Fußballs in Deutschland mitgestaltet.

Am 31. März 1990 war er zum letzten Präsidenten des Deutschen Fußballverbandes der DDR gewählt worden. Er setzte sich vehement ein für eine rasche Anbindung an den DFB und trieb in den folgenden Jahren die Fußball-Vereinigung voran, auch mit großem persönlichen Einsatz.

Später startete unter seiner Führung die Qualifizierungsoffensive im deutschen Fußball. Moldenhauer leitete die Kommission für den DFB-Fußballentwicklungsplan, der im Oktober 2007 veröffentlicht wurde. Nun zieht er sich zurück, erst beim DFB und Anfang Dezember auch als Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes. Im DFB.de-Gespräch der Woche redet Dr. Hans-Georg Moldenhauer über Grenz- und Meilensteine des deutschen Fußballs.

DFB.de: Herr Dr. Moldenhauer, Sie verzichten aus familiären Gründen auf eine weitere Amtszeit und verlassen beim Bundestag in Essen das DFB-Präsidium. Wie haben Sie die vergangenen zwei Jahrzehnte erlebt? Was waren das für Jahre?

Hans-Georg Moldenhauer: Sehr bewegte und sehr erfolgreiche. Es ist viel passiert, die Entwicklung seit 1990 war unglaublich. Da muss ich nur den Entwicklungsstand von damals mit dem heutigen Niveau vergleichen, bei den Landesverbänden, bei den Nationalmannschaften oder in der Bundesliga. Der Fußball hat sich seitdem rasant weiter entwickelt. Binnen kürzester Zeit glückte die Eingliederung des Fußballs der DDR in die Strukturen des DFB. Seit einigen Jahren vertritt der organisierte Fußball auch wichtige gesellschaftspolitische Positionen. Zeitgleich ist er ein wichtiger Bildungsträger geworden. Mir hat es jedenfalls großen Spaß gemacht, diese Entwicklung über nun zwanzig Jahre zu begleiten.

DFB.de: Als es nach der politischen Wende 1989 darum ging, wie es nun mit dem Deutschen Fußballverband weitergehen sollte, ergriffen Sie klar Position für eine rasche Angliederung an den DFB. Sie wurden dann am 31. März 1990 zum letzten Präsidenten des DDR-Verbandes gewählt.

Moldenhauer: Die Mauer war gefallen, da wäre es doch absurd gewesen, wenn wir noch lange an alten Strukturen festgehalten hätten. Viele Ideen wurden damals ausgetauscht. Ich dachte etwa kurz daran, ob man die gemeinsame höchste Spielklasse nicht „Deutschland-Liga“ nennen sollte. Man ist, wie bekannt, bei der Marke Bundesliga geblieben. Das Wichtigste aber geschah in den kommenden Monaten an der Basis. Dass es uns gelungen ist, aus den Betriebssportgemeinschaften der DDR funktionierende Fußballvereine des DFB zu machen, ist für mich das wahre Wunder der Fußball-Wiedervereinigung. Vielfach endeten damals Beschäftigungsverhältnisse, viele BSGs standen vor der Auflösung. Mitten in der Saison mussten neue Aufstiegsregelungen vereinbart, das Ehrenamt völlig neu organisiert werden. Aber der Fußball wirkte auch damals verbindend – alle krempelten die Ärmel hoch. Nur deshalb gelang zumindest an der Basis der nahtlose Übergang.

DFB.de: Zu Beginn unterschied man penibel, welche Talente woher kamen, ob aus dem Osten oder Westen. Sind diese Zeiten endgültig vorbei?

Moldenhauer: Vieles ist zusammengewachsen, wir können zufrieden sein. Das Modell der engen Kopplung von sportlicher und schulischer Ausbildung stammt etwa aus dem Osten und wurde modifiziert in Form der Eliteschulen des Fußballs auf das ganze Land übertragen. Zu Beginn der neunziger Jahre wanderten die meisten Talente von Ost nach West. Das ist heute nicht mehr so, auch wenn wir bei den Spitzenteams immer noch eine Schieflage haben.

DFB.de: Sie sind auch Präsident von einem der fünf DFB-Regionalverbände, des Nordostdeutschen Fußballverbandes. Wann wollen Sie dieses Amt niederlegen?

Moldenhauer: Ich könnte mich in Essen zur Wahl stellen, und dann noch mal drei Jahre im DFB-Präsidium mitarbeiten. Aber mein Entschluss ist gefällt: Meine Zeit gehört jetzt meiner Familie. Bei unserem Verbandstag am 3./4. Dezember endet auch meine Zeit als NOFV-Präsident. Rainer Milkoreit, der Präsident des Thüringer Fußball-Verbandes, soll meinen Aufgabenbereich Qualifizierung beim DFB übernehmen. Ich gehe davon aus, dass er dann auch beim NOFV mein Nachfolger wird, aber darüber entscheiden die Delegierten.

DFB.de: Der Fußball-Entwicklungsplan war in der zweiten Hälfte ihrer Amtszeit ein wichtiger Meilenstein. Welche Bedeutung hat der Plan heute noch?

Moldenhauer: Im Oktober 2007 erschien der DFB-Fußballentwicklungsplan unter dem Titel „Fußball ist Zukunft“. Davor lagen vier Jahre intensive Forschung und Recherche. Ich leitete damals die Kommission, und ich kann sagen, dass wir wirklich jeden Stein umgedreht haben, für jede Frage nach einer Antwort gefahndet haben. Die Bundesliga und die DFB-Landesverbände waren beteiligt, damals haben wir im Schulterschluss mit einigen Universitäten wesentliche wissenschaftliche Grundlagen geschaffen. Ganz einfach gesagt: Wir wollten die Breite ausbauen und verbessern, um die Spitze weiter zu stärken. Ich denke, dass die fünf Leitziele, die wir im Entwicklungsplan formuliert haben, auch heute noch gelten: 1. Erfolgreiche und imagefördernde National- und Auswahlmannschaften, 2. Sportlich und wirtschaftlich erfolgreicher Berufsfußball, 3. Zukunftsfähiger Amateur-/Jugend-Vereinsfußball, 4. Leistungsfähige Organisationsebenen als Dienstleister der Fußballvereine und schließlich 5. Aktive Wahrnehmung gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung.

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DFB.de: Drei Jahre nach der Veröffentlichung: sind die Ziele des Entwicklungsplans erreicht?

Moldenhauer: Gerade unserem 1. Vizepräsidenten Hermann Korfmacher und den jeweils zuständigen Vizepräsidenten ist es zu verdanken, dass wir bei vielen Themen inzwischen am Detail feilen. Die Entwicklung wurde permanent vorangetrieben. Aber ganz abgearbeitet wird der Plan nie sein. Mich freut es jedenfalls, wenn ich sehe, dass der DFB-Entwicklungsplan weiterhin als wichtiges Arbeitsinstrument genutzt wird.

DFB.de: Wie steht es im deutschen organisierten Fußball um die Qualifizierung?

Moldenhauer: Wir haben die Aus-, Fort- und Weiterbildung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut und neue, zeitgemäße Ansätze entwickelt, wenn ich etwa an das DFB-Mobil oder die Internetplattform „Training und Wissen“ denke. Qualifizierung ist heute als Kernaufgabe in allen 21 Landesverbänden erkannt und etabliert. Auf Ebene der Landesverbände haben wir für die Qualifizierung 2.000 ehrenamtliche Mitarbeiter und beschäftigen rund 300 Honorarkräfte. An den verschiedenen Angeboten zur Qualifizierung nehmen jährlich 100.000 Menschen teil. Der Fußball ist heute einer der größten Bildungsanbieter.

DFB.de: Herr Moldenhauer, sie haben 1960 ihr erstes Länderspiel in einer Juniorenauswahl absolviert – da verabschiedet man sich doch nicht komplett.

Moldenhauer: Das stimmt natürlich. Einmal Fußballer, immer Fußballer. Ich habe schon wieder viele Anfragen und Angebote bekommen. Ich werde also weiter am Ball bleiben.