"Mini-Spielfelder Katalysatoren der Sozialisation"

Prof. Dr. Eike Emrich ist Leiter des Arbeitsbereiches Sportsoziologie am Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Darüber hinaus ist er Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). DFB.de sprach mit dem 52-Jährigen über die DFB-Initiative "1000 Mini-Spielfelder".

Frage: Welche Bedeutung hat die Initiative "1000 Mini-Spielfelder" des DFB für eine sinnvolle Freizeitgestaltung von Jugendlichen?

Prof. Dr. Eike Emrich: Zunächst einmal wollen Jugendliche sich ohne Zwänge und ohne "Zugangsbarrieren" zum Zweck des sozialen Austausches treffen können. Dazu wählen sie in der Regel Treffpunkte, die möglichst "frei" von Angehörigen älterer Generationen und damit von Kontrolle durch Erwachsene sind und die ihnen viele Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Mini-Spielfelder sind für solche Zwecke hervorragend geeignet. Jugendliche können dort in zwangloser Atmosphäre ihre Zeit miteinander verbringen und eine "Runde kicken".

Frage: Viele der Mini-Spielfelder wurden in "sozialen Brennpunkten" erbaut. Inwiefern kann ein Projekt wie der Bau der Mini-Spielfelder gesellschaftliche Werte wie soziales Miteinander, Fairplay bei gemeinsamen sportlichen Aktivitäten und Team-Fähigkeit fördern?

Emrich: Gerade weil Jugendliche sich aus eigenem Antrieb treffen und ohne Einflüsse durch Erwachsene, Übungsleiter, Sozialarbeiter, Lehrer oder Eltern Fußball spielen und andere Aktivitäten auf einem Mini-Spielfeld selbstbestimmt organisieren, entfalten sich positive pro-soziale Wirkungen. Sie spielen miteinander Fußball und entwickeln dabei zwangsläufig ungeschriebene Regeln, deren Einhaltung sie als Regelsetzer und Regelkontrolleur zugleich ohne institutionalisierte Kontrolle durch Schiedsrichter selbst überwachen. Aggressionen, beispielsweise in Konfliktsituationen, werden dabei wohl eher im Spiel ausgelebt als in körperlicher Gewalt abseits des Spiels. Jedoch wäre die Erwartung, dass Konflikte immer friedlich und „sportlich“ gelöst würden oder aber, dass Konflikte durch das geregelte sportliche Miteinander immer ausbleiben, sicherlich eine Illusion. Insofern entwickelt sich ein hohes Maß an Konfliktfähigkeit, weiterhin Gefühl für die Geltung von Regeln, verbesserte Aggressionskontrolle und Teamfähigkeit. Zudem wirkt sich die körperliche Bewegung wahrscheinlich positiv auf die Gesundheit aus. Insofern sind Mini-Spielfelder in gewissem Sinn Katalysatoren für eine überwiegend als positiv eingeschätzte Sozialisation.

Frage: Wie bewerten Sie die integrative Kraft der Sports - besonders der "Volkssportart" Fußball?

Emrich: Fußball ist ebenso wie zum Beispiel die Schule eine der wenigen weltumspannenden Institutionen, mit denen fast jeder im Laufe seines Lebens in Kontakt kommt. Damit hat Fußball aufgrund seiner großen Bekanntheit sowie der weitverbreiteten Kenntnis der gängigsten Spielregeln ein großes Potential für die soziale Integration, weil jeder die Regeln der Institution und damit die geforderte Art des Umganges miteinander zumindest in Teilen kennt; er ist somit handlungsfähig und kann am Spiel teilhaben. Egal wohin man in der Welt kommt, Fußball versteht jeder. Er bietet sogar dann Chancen zum gemeinsamen Betreiben, wenn die Spieler verschiedene Sprachen sprechen. Fußball ist auch verbindendes Thema geselliger Konversation, so spricht man auf Parties und an der Bushaltestelle als Gesprächsöffner gerne über Fußball und das Wetter. Fußball ist somit häufig das verbindende Element unter ansonsten fremden Menschen, und auf mancher Party rettet Fußball über peinliches Schweigen hinweg. Wenn allerdings manchmal die Identifikation mit einzelnen Mannschaften zu intensiv wird, kann es durchaus zu Konflikten mit teilweise negativen Folgen kommen. Übertriebene Fan-Reaktionen sind ein Beispiel dafür.

Frage: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit von Verband, Vereinen und Schulen, auf deren Geländen die meisten der 1000 Mini-Spielfelder entstanden sind?



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Prof. Dr. Eike Emrich ist Leiter des Arbeitsbereiches Sportsoziologie am Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Darüber hinaus ist er Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). DFB.de sprach mit dem 52-Jährigen über die DFB-Initiative "1000 Mini-Spielfelder".

Frage: Welche Bedeutung hat die Initiative "1000 Mini-Spielfelder" des DFB für eine sinnvolle Freizeitgestaltung von Jugendlichen?

Prof. Dr. Eike Emrich: Zunächst einmal wollen Jugendliche sich ohne Zwänge und ohne "Zugangsbarrieren" zum Zweck des sozialen Austausches treffen können. Dazu wählen sie in der Regel Treffpunkte, die möglichst "frei" von Angehörigen älterer Generationen und damit von Kontrolle durch Erwachsene sind und die ihnen viele Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Mini-Spielfelder sind für solche Zwecke hervorragend geeignet. Jugendliche können dort in zwangloser Atmosphäre ihre Zeit miteinander verbringen und eine "Runde kicken".

Frage: Viele der Mini-Spielfelder wurden in "sozialen Brennpunkten" erbaut. Inwiefern kann ein Projekt wie der Bau der Mini-Spielfelder gesellschaftliche Werte wie soziales Miteinander, Fairplay bei gemeinsamen sportlichen Aktivitäten und Team-Fähigkeit fördern?

Emrich: Gerade weil Jugendliche sich aus eigenem Antrieb treffen und ohne Einflüsse durch Erwachsene, Übungsleiter, Sozialarbeiter, Lehrer oder Eltern Fußball spielen und andere Aktivitäten auf einem Mini-Spielfeld selbstbestimmt organisieren, entfalten sich positive pro-soziale Wirkungen. Sie spielen miteinander Fußball und entwickeln dabei zwangsläufig ungeschriebene Regeln, deren Einhaltung sie als Regelsetzer und Regelkontrolleur zugleich ohne institutionalisierte Kontrolle durch Schiedsrichter selbst überwachen. Aggressionen, beispielsweise in Konfliktsituationen, werden dabei wohl eher im Spiel ausgelebt als in körperlicher Gewalt abseits des Spiels. Jedoch wäre die Erwartung, dass Konflikte immer friedlich und „sportlich“ gelöst würden oder aber, dass Konflikte durch das geregelte sportliche Miteinander immer ausbleiben, sicherlich eine Illusion. Insofern entwickelt sich ein hohes Maß an Konfliktfähigkeit, weiterhin Gefühl für die Geltung von Regeln, verbesserte Aggressionskontrolle und Teamfähigkeit. Zudem wirkt sich die körperliche Bewegung wahrscheinlich positiv auf die Gesundheit aus. Insofern sind Mini-Spielfelder in gewissem Sinn Katalysatoren für eine überwiegend als positiv eingeschätzte Sozialisation.

Frage: Wie bewerten Sie die integrative Kraft der Sports - besonders der "Volkssportart" Fußball?

Emrich: Fußball ist ebenso wie zum Beispiel die Schule eine der wenigen weltumspannenden Institutionen, mit denen fast jeder im Laufe seines Lebens in Kontakt kommt. Damit hat Fußball aufgrund seiner großen Bekanntheit sowie der weitverbreiteten Kenntnis der gängigsten Spielregeln ein großes Potential für die soziale Integration, weil jeder die Regeln der Institution und damit die geforderte Art des Umganges miteinander zumindest in Teilen kennt; er ist somit handlungsfähig und kann am Spiel teilhaben. Egal wohin man in der Welt kommt, Fußball versteht jeder. Er bietet sogar dann Chancen zum gemeinsamen Betreiben, wenn die Spieler verschiedene Sprachen sprechen. Fußball ist auch verbindendes Thema geselliger Konversation, so spricht man auf Parties und an der Bushaltestelle als Gesprächsöffner gerne über Fußball und das Wetter. Fußball ist somit häufig das verbindende Element unter ansonsten fremden Menschen, und auf mancher Party rettet Fußball über peinliches Schweigen hinweg. Wenn allerdings manchmal die Identifikation mit einzelnen Mannschaften zu intensiv wird, kann es durchaus zu Konflikten mit teilweise negativen Folgen kommen. Übertriebene Fan-Reaktionen sind ein Beispiel dafür.

Frage: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit von Verband, Vereinen und Schulen, auf deren Geländen die meisten der 1000 Mini-Spielfelder entstanden sind?

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Emrich: Wie bei jeder Kooperation fragen sich die Partner am Anfang, was bringt mir die Teilnahme am Zusammenwirken im Vergleich mit der Möglichkeit, mein Vorhaben alleine zu verwirklichen. Vereine zum Beispiel werden dauerhaft an solchen Kooperationen nur dann mitwirken, wenn sie mehr Nutzen als Kosten daraus haben. Wenn Sie nur attraktive Angebote für Schulen entwickeln, dafür Ressourcen des Vereins nutzen müssen, die dann ihren Mitgliedern fehlen, und sie dauerhaft keine neuen Mitglieder gewinnen, werden sie sich aus solchen Kooperationen zurückziehen. Insofern dürfte die Ressourcen-Ausstattung der entscheidende Punkt auf Dauer sein. Man muss Vereine, die kooperieren, dafür belohnen.

Frage: Der Sportstättenbau ist eine ureigene Angelegenheit von Städten und Kommunen. Mit seinem Mini-Spielfeld-Projekt ist der DFB nun im größeren Stil in diesem Bereich aktiv geworden. Könnte dieses Projekt Vorbild-Funktion für andere Verbände und Vereine haben?

Emrich: Es ist prima, dass der DFB finanzielle Mittel in erheblichem Umfang einem solchen Zweck widmet. Allerdings hat er auch im Vergleich zu anderen Verbänden erheblich mehr Mittel, um solche sinnvollen Projekte zu entwickeln. Für ausgewählte andere Sportarten könnte dies sicherlich ein Modell sein, indem man an ausgewählten Orten mit Kommunen oder anderen Finanzgebern gemeinsam Kletterwände, Beachvolleyball- und Volleyball-Felder, Basketball-Felder und so weiter in einfacher Form baut, die dann das selbstorganisierte Betreiben der Sportart ermöglichen. Vielen wird dann die Chance gegeben, Erfahrungen in der jeweiligen Sportart zu machen und später vielleicht in einen Verein einzutreten.