Mijo Tunjic: "Er erinnert mich an Kießling"

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Er wollte eigentlich nicht, doch sein Vater meinte, er könne das, er sei ein guter Spieler, wenn er nur wolle. Spaß am Fußball hatte der sechsjährige Mijo am Anfang trotzdem keinen. Die anderen waren besser als er, das entmutigte ihn. Doch es blieb nicht lange so, denn schon nach zwei Monaten ging er mit guter Laune zum Training. Weil er Tore schoss. Wie am Fließband. Und längst nicht mehr schlechter war als die Mitspieler. "Das hat man halt davon, wenn man auf seinen Vater hört", sagt Mijo Tunjic heute, 16 Jahre später. Und er ist froh, dass er es getan hat.

Beim SV Mettingen erzielte er seine ersten Treffer, dann beim TSV Wäldenbronn in Esslingen. Geboren als Sohn kroatischer Eltern im heutigen Bosnien-Herzegowina, war Tunjic als Dreijähriger mit seiner Familie vor den Kriegswirren auf dem Balkan nach Deutschland geflohen. Später arbeitete der Vater in den Niederlanden, wo er auch in der dritten Liga spielte, das ist dort die höchste Amateurspielklasse.

Als Mijo zehn war, kam die Familie nach. Wieder eine neue Sprache lernen, "aber das war kein großes Problem, als Kind lernt man ja schneller". In Apeldoorn traten Mijo und sein Bruder Antonio dem AGOVV bei, dem größten Klub der Stadt, der heute in der 2. Liga spielt.

Von Holland nach Stuttgart

"Dort wurde sehr viel Wert auf Technik gelegt, auf das spielerische Element", sagt der heute 22-Jährige. Jede Übung wurde mit dem Ball gemacht, "und die Trainingsbedingungen war traumhaft, der Klub hatte allein neun, zehn Plätze nur zum Trainieren". Nach einem Jahr jedoch, Tunjics waren inzwischen im Besitz der niederländischen Staatsbürgerschaft, zog die Familie zurück nach Esslingen vor den Toren Stuttgarts. "Dort ist unsere Heimat", sagt Mijo Tunjic, der kurz nach seiner Rückkehr vom VfB Stuttgart "gecastet" wurde. Beim Talenttag des Klubs stellte sich der Stürmer vor und gefiel.

Sein Gastspiel beim VfB dauerte jedoch nur ein Jahr, genauer das zweite in der D-Jugend. "Ich habe dem Druck des Gewinnen-müssens damals nicht Stand gehalten", sagt Tunjic. Sein Trainer gab ihm mit auf dem Weg: "Als ich dich beim Talenttag sah, war ich mir sicher: So einen wie dich haben wir gesucht. Aber du hast hier nicht ein einziges Mal so gespielt wie an diesem Tag." "Stimmt", sagt Tunjic heute. "Ich war damals offenbar noch nicht reif genug, habe mir zu viele Gedanken gemacht. Darum war ich nicht locker und selbstbewusst genug, um gut zu spielen."

Bei Null anfangen

Alles auf Anfang. In Wäldenbronn fiel er erst einmal ein halbes Jahr verletzt aus, kam erst langsam wieder in Form. "Ich wusste, dass ich es kann, dass ich besser bin. Aber natürlich kommen einem Zweifel, wenn man merkt, dass es lange dauert, den Schalter wieder umzulegen", sagt er. An seinem Ziel, Profi zu werden, hielt er weiter fest, schob Extraschichten mit seinem Vater und seinem Bruder in Kondition, Technik, Schussstärke. Über den TSV Köngen kam er schließlich als A-Jugendlicher zu den Stuttgarter Kickers. Nebenbei machte er sein Fachabitur.

Die Kickers, der frühere Bundesligist. Wieder ein Verein mit höheren Ansprüchen, die sich diesmal jedoch mit seinen deckten. "Dort bin ich aufgeblüht", sagt er. Über die Zweite Mannschaft empfahl er sich für die Profis, die seinerzeit in der 3. Liga gegen den Abstieg spielten. Im Februar 2009, drei Wochen vor seinem 21. Geburtstag, debütierte er beim Spiel gegen Fortuna Düsseldorf (0:2). Die Kickers stiegen am Saisonende ab, Tunjic ging mit. "Wären wir drin geblieben, hätte ich einen Profivertrag bekommen und mich in der 3. Liga beweisen können", sagt er. "So aber hatte ich den Vorteil, dass ich eigentlich von Beginn an gesetzt war."

"Das war genau der richtige Schritt"

Das zahlte sich aus: Mit 19 Treffen in 32 Spielen wurde der Stürmer bester Torjäger der Regionalliga Süd. Nach der Saison wechselte er zur SpVgg Unterhaching in die 3. Liga. "Das war genau der richtige Schritt", sagt er. "Was hätte es mir gebracht, zu einem Zweitligisten zu wechseln und dort Stürmer Nummer fünf zu sein? Ich muss spielen." In Haching bekam er gleich die Rückennummer neun, die etatmäßig Nummer des Mittelstürmers, und mit seinem Trikot das Vertrauen des Trainers.

"Er ist ein typischer Mittelstürmer, keiner der die ganz weiten Wege geht", sagt Klaus Augenthaler, Weltmeister von 1990 und Tunjics Vorgesetzter. "Er erinnert mich an Stefan Kießling, ist ähnlich groß und schlaksig wie er und auch sehr torgefährlich." Den heutigen Nationalstürmer holte Augenthaler einst als Trainer des 1. FC Nürnberg zu den Profis. "Wenn Mijo so weiter macht, traue ich ihm einiges zu. Was dann daraus wird, muss man abwarten. Mit Prognosen halte ich mich lieber zurück. Aber Talent und Ehrgeiz hat er." Er dürfe nur nicht zu schnell zufrieden sein, "aber die Gefahr sehe ich bei ihm nicht".

So viele Tore wie möglich

Sechs Tore hat Tunjic in seinen 15 Einsätzen erzielt, hatte zwischendurch mit einer Entzündung im Knie und einem Bänderriss zu kämpfen. "Es läuft ganz gut", sagt er. "Mein Ziel ist es, so viele Tore wie möglich zu schießen und mit Unterhaching eine gute Saison zu spielen, vor allem konstanter als bisher." Er will nach oben, auch das sagt er deutlich, in die 1. oder 2. Bundesliga. Wann, das sagt er nicht "ich muss mich erst mal hier stabilisieren".

In ein paar Tagen wird er zum ersten Mal Vater, es wird ein Mädchen. Ob er sie später auch mal dazu überreden wird, Fußballerin zu werden? "Nein, glaube ich nicht", sagt Tunjic und lacht. "Obwohl es bei mir ja ganz gut geklappt hat."

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Er wollte eigentlich nicht, doch sein Vater meinte, er könne das, er sei ein guter Spieler, wenn er nur wolle. Spaß am Fußball hatte der sechsjährige Mijo am Anfang trotzdem keinen. Die anderen waren besser als er, das entmutigte ihn. Doch es blieb nicht lange so, denn schon nach zwei Monaten ging er mit guter Laune zum Training. Weil er Tore schoss. Wie am Fließband. Und längst nicht mehr schlechter war als die Mitspieler. "Das hat man halt davon, wenn man auf seinen Vater hört", sagt Mijo Tunjic heute, 16 Jahre später. Und er ist froh, dass er es getan hat.

Beim SV Mettingen erzielte er seine ersten Treffer, dann beim TSV Wäldenbronn in Esslingen. Geboren als Sohn kroatischer Eltern im heutigen Bosnien-Herzegowina, war Tunjic als Dreijähriger mit seiner Familie vor den Kriegswirren auf dem Balkan nach Deutschland geflohen. Später arbeitete der Vater in den Niederlanden, wo er auch in der dritten Liga spielte, das ist dort die höchste Amateurspielklasse.

Als Mijo zehn war, kam die Familie nach. Wieder eine neue Sprache lernen, "aber das war kein großes Problem, als Kind lernt man ja schneller". In Apeldoorn traten Mijo und sein Bruder Antonio dem AGOVV bei, dem größten Klub der Stadt, der heute in der 2. Liga spielt.

Von Holland nach Stuttgart

"Dort wurde sehr viel Wert auf Technik gelegt, auf das spielerische Element", sagt der heute 22-Jährige. Jede Übung wurde mit dem Ball gemacht, "und die Trainingsbedingungen war traumhaft, der Klub hatte allein neun, zehn Plätze nur zum Trainieren". Nach einem Jahr jedoch, Tunjics waren inzwischen im Besitz der niederländischen Staatsbürgerschaft, zog die Familie zurück nach Esslingen vor den Toren Stuttgarts. "Dort ist unsere Heimat", sagt Mijo Tunjic, der kurz nach seiner Rückkehr vom VfB Stuttgart "gecastet" wurde. Beim Talenttag des Klubs stellte sich der Stürmer vor und gefiel.

Sein Gastspiel beim VfB dauerte jedoch nur ein Jahr, genauer das zweite in der D-Jugend. "Ich habe dem Druck des Gewinnen-müssens damals nicht Stand gehalten", sagt Tunjic. Sein Trainer gab ihm mit auf dem Weg: "Als ich dich beim Talenttag sah, war ich mir sicher: So einen wie dich haben wir gesucht. Aber du hast hier nicht ein einziges Mal so gespielt wie an diesem Tag." "Stimmt", sagt Tunjic heute. "Ich war damals offenbar noch nicht reif genug, habe mir zu viele Gedanken gemacht. Darum war ich nicht locker und selbstbewusst genug, um gut zu spielen."

Bei Null anfangen

Alles auf Anfang. In Wäldenbronn fiel er erst einmal ein halbes Jahr verletzt aus, kam erst langsam wieder in Form. "Ich wusste, dass ich es kann, dass ich besser bin. Aber natürlich kommen einem Zweifel, wenn man merkt, dass es lange dauert, den Schalter wieder umzulegen", sagt er. An seinem Ziel, Profi zu werden, hielt er weiter fest, schob Extraschichten mit seinem Vater und seinem Bruder in Kondition, Technik, Schussstärke. Über den TSV Köngen kam er schließlich als A-Jugendlicher zu den Stuttgarter Kickers. Nebenbei machte er sein Fachabitur.

Die Kickers, der frühere Bundesligist. Wieder ein Verein mit höheren Ansprüchen, die sich diesmal jedoch mit seinen deckten. "Dort bin ich aufgeblüht", sagt er. Über die Zweite Mannschaft empfahl er sich für die Profis, die seinerzeit in der 3. Liga gegen den Abstieg spielten. Im Februar 2009, drei Wochen vor seinem 21. Geburtstag, debütierte er beim Spiel gegen Fortuna Düsseldorf (0:2). Die Kickers stiegen am Saisonende ab, Tunjic ging mit. "Wären wir drin geblieben, hätte ich einen Profivertrag bekommen und mich in der 3. Liga beweisen können", sagt er. "So aber hatte ich den Vorteil, dass ich eigentlich von Beginn an gesetzt war."

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"Das war genau der richtige Schritt"

Das zahlte sich aus: Mit 19 Treffen in 32 Spielen wurde der Stürmer bester Torjäger der Regionalliga Süd. Nach der Saison wechselte er zur SpVgg Unterhaching in die 3. Liga. "Das war genau der richtige Schritt", sagt er. "Was hätte es mir gebracht, zu einem Zweitligisten zu wechseln und dort Stürmer Nummer fünf zu sein? Ich muss spielen." In Haching bekam er gleich die Rückennummer neun, die etatmäßig Nummer des Mittelstürmers, und mit seinem Trikot das Vertrauen des Trainers.

"Er ist ein typischer Mittelstürmer, keiner der die ganz weiten Wege geht", sagt Klaus Augenthaler, Weltmeister von 1990 und Tunjics Vorgesetzter. "Er erinnert mich an Stefan Kießling, ist ähnlich groß und schlaksig wie er und auch sehr torgefährlich." Den heutigen Nationalstürmer holte Augenthaler einst als Trainer des 1. FC Nürnberg zu den Profis. "Wenn Mijo so weiter macht, traue ich ihm einiges zu. Was dann daraus wird, muss man abwarten. Mit Prognosen halte ich mich lieber zurück. Aber Talent und Ehrgeiz hat er." Er dürfe nur nicht zu schnell zufrieden sein, "aber die Gefahr sehe ich bei ihm nicht".

So viele Tore wie möglich

Sechs Tore hat Tunjic in seinen 15 Einsätzen erzielt, hatte zwischendurch mit einer Entzündung im Knie und einem Bänderriss zu kämpfen. "Es läuft ganz gut", sagt er. "Mein Ziel ist es, so viele Tore wie möglich zu schießen und mit Unterhaching eine gute Saison zu spielen, vor allem konstanter als bisher." Er will nach oben, auch das sagt er deutlich, in die 1. oder 2. Bundesliga. Wann, das sagt er nicht "ich muss mich erst mal hier stabilisieren".

In ein paar Tagen wird er zum ersten Mal Vater, es wird ein Mädchen. Ob er sie später auch mal dazu überreden wird, Fußballerin zu werden? "Nein, glaube ich nicht", sagt Tunjic und lacht. "Obwohl es bei mir ja ganz gut geklappt hat."