Michael Wahl: Und noch ein Kölner Nationalspieler

Wolfgang Overath, Toni Schumacher, Lukas Podolski – immer wieder prägten Spieler vom Dom die Nationalmannschaft. Momentan ist Kölns Fußball international allerdings eher unterrepräsentiert. Nur Jonas Hector ist drauf und dran, sich dank konstant starker Leistungen einen Stammplatz in der Mannschaft zu erspielen.

Auch Michael Wahl will für Deutschland Fußball spielen, wenn auch in einer anderen Nationalmannschaft – bei den Blindenfußballern. Der 34 Jahre alte Kölner ist einer der bekanntesten Spieler der Bundesliga, immerhin Europas einziger nationaler Spielserie für blinde Fußballer. Mit seinem PSV Köln belegt er aktuell den vierten Platz in der Liga. Als Nationalstürmer kann Wahl eine starke Quote vorweisen: zwölf Tore in 13 Länderspielen. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit Michael Wahl über seine EM-Chancen und den besonderen Reiz des Blindenfußballs.

DFB.de: Herr Wahl, wie viele Tore haben Sie schon in der Bundesliga geschossen?

Michael Wahl: Oh Gott, jetzt muss ich irgendetwas sagen, was auch stimmt. Vor zwei Jahren wurde ich mit zehn Saisontreffern Torschützenkönig. Seit 2008 spiele ich in der Bundesliga. So 30 habe ich schon geschossen, aber wie gesagt, ich führe nicht Buch.

DFB.de: Sie haben mal ein Tor vor großer Kulisse an einem besonderen Ort geschossen.

Wahl: Sie meinen das Länderspiel vor dem Reichstag in Berlin?

DFB.de: Genau.

Wahl: Ja, daran erinnere ich mich. Gegen die Türkei, fast vier Jahre ist das her. Das war schon etwas Besonderes. Ich habe zwölf Tore in 13 A-Länderspielen geschossen, damit war meine internationale Karriere beendet. In Berlin damals, das war mein letztes Tor für Deutschland.

DFB.de: Zwölf Tore in 13 Spielen - ist doch eine gute Quote.

Wahl: (lacht) Und ich dachte mir, die Quote versaue ich mir nicht, also höre ich besser auf.

DFB.de: Sie sind heute 34 Jahre, eigentlich im besten Alter für den Blindenfußball. Warum werden Sie seit 2011 nicht mehr nominiert?

Wahl: Wie sagen es Fußballer immer – 'da müssen Sie den Trainer fragen'. Ich glaube, Uli Pfisterer baut eben auf andere Leute. Warum, das weiß ich gar nicht.

DFB.de: Vedat Sarikaya aus Stuttgart, Taime Kuttig und Alican Pektas aus Marburg sollen für Deutschland bei der EM im Sommer die Tore schießen. Sind die besser als Sie?

Wahl: Jedenfalls sind es andere Spielertypen als ich. Wenn man es mit dem Großfeld vergleicht, bin ich eher der torgefährliche Sechser oder der Stürmer, der gerne auch mal in der Abwehr aushilft. Die drei, die sie genannt haben, sind dagegen Vollblutstürmer. Aber die sind natürlich gut, der Ali hat eine starke Ballführung und macht regelmäßig seine Tore.



Wolfgang Overath, Toni Schumacher, Lukas Podolski – immer wieder prägten Spieler vom Dom die Nationalmannschaft. Momentan ist Kölns Fußball international allerdings eher unterrepräsentiert. Nur Jonas Hector ist drauf und dran, sich dank konstant starker Leistungen einen Stammplatz in der Mannschaft zu erspielen.

Auch Michael Wahl will für Deutschland Fußball spielen, wenn auch in einer anderen Nationalmannschaft – bei den Blindenfußballern. Der 34 Jahre alte Kölner ist einer der bekanntesten Spieler der Bundesliga, immerhin Europas einziger nationaler Spielserie für blinde Fußballer. Mit seinem PSV Köln belegt er aktuell den vierten Platz in der Liga. Als Nationalstürmer kann Wahl eine starke Quote vorweisen: zwölf Tore in 13 Länderspielen. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit Michael Wahl über seine EM-Chancen und den besonderen Reiz des Blindenfußballs.

DFB.de: Herr Wahl, wie viele Tore haben Sie schon in der Bundesliga geschossen?

Michael Wahl: Oh Gott, jetzt muss ich irgendetwas sagen, was auch stimmt. Vor zwei Jahren wurde ich mit zehn Saisontreffern Torschützenkönig. Seit 2008 spiele ich in der Bundesliga. So 30 habe ich schon geschossen, aber wie gesagt, ich führe nicht Buch.

DFB.de: Sie haben mal ein Tor vor großer Kulisse an einem besonderen Ort geschossen.

Wahl: Sie meinen das Länderspiel vor dem Reichstag in Berlin?

DFB.de: Genau.

Wahl: Ja, daran erinnere ich mich. Gegen die Türkei, fast vier Jahre ist das her. Das war schon etwas Besonderes. Ich habe zwölf Tore in 13 A-Länderspielen geschossen, damit war meine internationale Karriere beendet. In Berlin damals, das war mein letztes Tor für Deutschland.

DFB.de: Zwölf Tore in 13 Spielen - ist doch eine gute Quote.

Wahl: (lacht) Und ich dachte mir, die Quote versaue ich mir nicht, also höre ich besser auf.

DFB.de: Sie sind heute 34 Jahre, eigentlich im besten Alter für den Blindenfußball. Warum werden Sie seit 2011 nicht mehr nominiert?

Wahl: Wie sagen es Fußballer immer – 'da müssen Sie den Trainer fragen'. Ich glaube, Uli Pfisterer baut eben auf andere Leute. Warum, das weiß ich gar nicht.

DFB.de: Vedat Sarikaya aus Stuttgart, Taime Kuttig und Alican Pektas aus Marburg sollen für Deutschland bei der EM im Sommer die Tore schießen. Sind die besser als Sie?

Wahl: Jedenfalls sind es andere Spielertypen als ich. Wenn man es mit dem Großfeld vergleicht, bin ich eher der torgefährliche Sechser oder der Stürmer, der gerne auch mal in der Abwehr aushilft. Die drei, die sie genannt haben, sind dagegen Vollblutstürmer. Aber die sind natürlich gut, der Ali hat eine starke Ballführung und macht regelmäßig seine Tore.

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DFB.de: Würde es Sie denn reizen, im Sommer bei der Europameisterschaft in England für Deutschland zu spielen?

Wahl: Klares Ja. Und noch mehr würde mich reizen, wenn die Qualifikation gelingt, was man ja mit einer EM-Finalteilnahme regeln könnte, bei den Paralympics 2016 für Deutschland zu spielen. (lacht) Ich habe viele brasilianische Freunde.

DFB.de: Die Bundesliga, die von der DFB-Stiftung Sepp Herberger und ihren Partnern veranstaltet wird, ist gerade in die achte Saison gestartet. Wie hat sich der Wettbewerb entwickelt?

Wahl: Vor zwei Jahren litt der Blindenfußball akut unter Nachwuchsmangel. Das waren immer dieselben Gesichter. Aber jetzt haben sich in Köln, Hamburg und Chemnitz durchaus ein paar junge Spieler gefunden. Das Niveau der Liga wird besser. Eine nationale Liga für blinde und sehbehinderte Fußballer gibt es jetzt seit acht Jahren in Deutschland, das ist keine lange Zeit. Frankreich und Spanien spielen auf einem anderen Niveau. Es gibt inzwischen ein paar starke Dribbler, die könnten auch für die Tricolore spielen.

DFB.de: Alex Fangmann und Mulghetta Russom etwa, beide Rekordspieler für Deutschland?

Wahl: Die gerade nicht. Pektas schon. Alex Fangmann spielt eher wie ein Sehender, Alican Pektas macht das besser. Nach wie vor bleibt deutlich Luft nach oben, aber die jungen, vor allem die ganz jungen unter 20, die mit dem Ball am Fuß aufwachsen, heben das Niveau. Da haben wir mittlerweile Leute, die fangen mit zwölf oder 13 Jahren an.

DFB.de: Die Liga veranstaltet immer wieder Spieltage auf den großen Plätzen der Innenstädte. Auf dem Rathausplatz in Hamburg, in Mainz auf dem Gutenbergplatz hat man bereits gespielt, jetzt folgt ein Spieltag in Landshut auf der Fußballiade und die Saison endet im September mitten in Freiburg. Bringt Ihnen das etwas?

Wahl: Diese Neuerung wurde zu Beginn von den Spielern sehr kritisch gesehen. Natürlich ist es blöd, sich mitten in der Stadt umzuziehen, und für Leute, die einen Hund dabei haben, ist es sowieso schwierig. Auf der anderen Seite haben wir durch die Städtespieltage eine große Öffentlichkeit erreicht. Die Szene meint manchmal, jeder in Deutschland kenne inzwischen Blindenfußball, aber das entspricht nicht der Wirklichkeit. Unterm Strich ist für nur acht Jahre Blindenfußball in Deutschland wirklich viel passiert. Dafür muss man den handelnden Personen und den finanziellen Förderern dankbar sein und ich hoffe, dass die Liga ihren erfolgreichen Weg in den nächsten Jahren weitergehen kann.

DFB.de: Es wird viel über Inklusion gesprochen – Blindenfußball ist dafür ein Paradebeispiel.

Wahl: Stimmt. Das Training des PSV Köln besuchen ständig Studentinnen und Studenten von der Sporthochschule Köln, die ziehen sich eine Brille auf und spielen mit. Wir sind der einzige per se inklusive Teamsport für Blinde. Ohne sehende Guides und Torhüter würde unser Sport nicht funktionieren. Das spüren sicher auch die Leute, die bei den Städtespieltagen stehenbleiben. Blindenfußball ist eine coole Sache.

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DFB.de: Wie kam es zu Ihrer Erblindung?

Wahl: Ich bin auf die Welt gekommen mit missgebildeten Augen. So wie es Leute gibt, die keine Arme oder nur kurze Beine haben, so haben sich bei mir die Augen nicht entwickelt. Das war ein Geburtsfehler. Ich hatte eine Restsehkraft von fünf Prozent, und dann, als ich 17 Jahre alt war, kam es zu einer Netzhautablösung. Mir blieb ein minimaler Rest Sehkraft.

DFB.de: Ist der Zustand regressiv?

Wahl: Nein, das ist jetzt stabil. Die Netzhaut ist runtergefallen, dann wurde sie wieder drangetackert, dann musste sie beschwert werden, das Öl hat die Linse zerschossen, das war ein ganz physischer Prozess, also gottseidank nichts fortschreitendes. Man muss für jede Kontur und jeden Schatten dankbar sein. Ich gelte als Vollblind. Aber ich kann Licht wahrnehmen. An guten und sehr hellen Tagen erkenne ich die Farbe an der Wand.

DFB.de: Sie haben studiert und arbeiten jetzt als Referent für die Landesregierung in Mainz. Wie klappt das Lesen und Schreiben?

Wahl: Alles mit der Technik der Sprachausgabe, die gibt es seit Mitte der neunziger Jahre für den Computer. Für die Dinge, die nicht digital eintreffen, wie etwa die Hauspost, habe ich an zwei Tagen in der Woche eine Assistentin, die mir ihre Augen leiht.

DFB.de: Profitieren Sie durch den Blindenfußball auch im Alltag?

Wahl: Fußball ist etwas anderes als der Gang zum Supermarkt, aber natürlich wird man durch den  Blindenfußball mutiger. Man lernt, sich im freien Raum zu bewegen. Das ist das Dopamin unseres Fußballs. Das man sich mit Tempo bewegt auf einer Fläche, von der man weiß, da sind sieben andere Blinde. Zu ihrer Frage: Wer Blindenfußball spielt, ist von der Körperbeherrschung schon sehr gut unterwegs. Das hilft auch im Alltag.

DFB.de: Kommen wir zur Promifrage. Warum hat Guildo Horn Sie mal durch die Gegend gefahren?

Wahl: Ist schon eine Weile her. Wir haben damals für die Aktion Mensch getestet, wie barrierefrei eigentlich die Wahllokale funktionieren. Hat Spaß gemacht. Auch Eckhardt von Hirschhausen hat für seine Sendung im ARD-Samstagabendprogramm Blindenfußball gespielt. Er war wirklich sehr ehrgeizig und hat sich viel zugetraut. Sein Redakteur wollte ihn schon stoppen, aber das ließ er nicht zu.

DFB.de: Würden Sie auch mal gegen Lahm, Schweinsteiger, Götze Fußball spielen?

Wahl: Die drei wären schon nicht schlecht. Aber ich bin eher Fan von Borussia Dortmund. Ich würde gerne mal gegen Sebastian Kehl spielen, der ist bestimmt eine Klette, den wirst du nicht los.

DFB.de: Deutschland gegen die USA in Müngersdorf – gehen Sie hin?

Wahl: Mal schauen. In Köln sind die Spielbeschreiber sehr stark. Ich bin dort mal zu einem Länderspiel gegen Tschechien gegangen, damals spielte mein Idol Pavel Nedved genau auf unserer Stadionseite. Das war ziemlich cool.