Mertesacker: "Keine Schönheitspreise für Verteidiger"

Wenn die Nationalmannschaft Gegentore kassiert, steht die Defensive im Fokus. Per Mertesacker steht als Innenverteidiger im Zentrum der Verteidigung, als einer der dienstältesten Nationalspieler weiß er, wie die defensive Organisation des Teams auszusehen hat. Im DFB.de- Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke spricht der 28-Jährige vor dem WM-Qualifikationsspiel am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in München gegen Österreich über die Defensive des DFB-Teams und seine Rolle als Kapitän von Arsenal London.

DFB.de: Herr Mertesacker, in dieser Woche gab es im Teamhotel eine Sitzung "Abwehr", mit der Sportlichen Leitung und allen Defensivspielern. Was wurde dabei besprochen?

Per Mertesacker: Wir haben die Grundprinzipien unseres Abwehrverhaltens noch einmal intensiv erörtert. Speziell auf das Verhalten in der Viererkette bezogen. Ich halte das für sinnvoll, gerade nach dem Spiel gegen Paraguay, und weil wir uns in dieser Konstellation länger nicht getroffen haben. Im Grunde haben wir noch einmal die defensive Philosophie in der Vierkette der Nationalmannschaft verinnerlicht.

DFB.de: Welche Fragen wurden dabei aufgeworfen?

Mertesacker: Wann lassen wir uns zurückfallen? Wann müssen wir herausrücken? Wie ist das Verhalten bei Eins-gegen-Eins-Situationen? Wie sichern wir uns gegenseitig ab? Wie lösen wir in welcher Situation das Spiel aus?

DFB.de: Die Nationalmannschaft hat zuletzt Spiele wie das 4:4 gegen Schweden und das 3:3 gegen Paraguay abgeliefert, aber auch ein 0:0 gegen die Niederlande und das überzeugende 2:1 im Stade de France, bei dem das Gegentor der Franzosen nach einem Freistoß gefallen ist. Ist die deutsche Abwehr nur gut gegen Gute?

Mertesacker: Es ist eher so, dass wir immer dann gute Spiele in der Defensive gemacht haben, wenn wir unsere Prinzipien im gesamten Spiel konsequent durchgezogen haben. Das haben wir uns anhand von Szenen eben aus Spielen wie gegen die Niederlande oder Frankreich vor Augen geführt. Immer wenn wir auch nur ein wenig von unseren Grundprinzipien abgewichen sind, bekamen wir Schwierigkeiten. Dann gab es Abstimmungsprobleme, die Läufe und Bewegungen waren nicht mehr so koordiniert, wie sie sein müssen. Es war gut, dass wir genau diese Dinge hier in München noch einmal intensiv besprochen haben.

DFB.de: Wie schnell merken Sie in einem Spiel, ob es für Sie persönlich läuft? Wann haben Sie gegen Paraguay gemerkt, dass es problematisch werden kann?



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Wenn die Nationalmannschaft Gegentore kassiert, steht die Defensive im Fokus. Per Mertesacker steht als Innenverteidiger im Zentrum der Verteidigung, als einer der dienstältesten Nationalspieler weiß er, wie die defensive Organisation des Teams auszusehen hat. Im DFB.de- Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke spricht der 28-Jährige vor dem WM-Qualifikationsspiel am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in München gegen Österreich über die Defensive des DFB-Teams und seine Rolle als Kapitän von Arsenal London.

DFB.de: Herr Mertesacker, in dieser Woche gab es im Teamhotel eine Sitzung "Abwehr", mit der Sportlichen Leitung und allen Defensivspielern. Was wurde dabei besprochen?

Per Mertesacker: Wir haben die Grundprinzipien unseres Abwehrverhaltens noch einmal intensiv erörtert. Speziell auf das Verhalten in der Viererkette bezogen. Ich halte das für sinnvoll, gerade nach dem Spiel gegen Paraguay, und weil wir uns in dieser Konstellation länger nicht getroffen haben. Im Grunde haben wir noch einmal die defensive Philosophie in der Vierkette der Nationalmannschaft verinnerlicht.

DFB.de: Welche Fragen wurden dabei aufgeworfen?

Mertesacker: Wann lassen wir uns zurückfallen? Wann müssen wir herausrücken? Wie ist das Verhalten bei Eins-gegen-Eins-Situationen? Wie sichern wir uns gegenseitig ab? Wie lösen wir in welcher Situation das Spiel aus?

DFB.de: Die Nationalmannschaft hat zuletzt Spiele wie das 4:4 gegen Schweden und das 3:3 gegen Paraguay abgeliefert, aber auch ein 0:0 gegen die Niederlande und das überzeugende 2:1 im Stade de France, bei dem das Gegentor der Franzosen nach einem Freistoß gefallen ist. Ist die deutsche Abwehr nur gut gegen Gute?

Mertesacker: Es ist eher so, dass wir immer dann gute Spiele in der Defensive gemacht haben, wenn wir unsere Prinzipien im gesamten Spiel konsequent durchgezogen haben. Das haben wir uns anhand von Szenen eben aus Spielen wie gegen die Niederlande oder Frankreich vor Augen geführt. Immer wenn wir auch nur ein wenig von unseren Grundprinzipien abgewichen sind, bekamen wir Schwierigkeiten. Dann gab es Abstimmungsprobleme, die Läufe und Bewegungen waren nicht mehr so koordiniert, wie sie sein müssen. Es war gut, dass wir genau diese Dinge hier in München noch einmal intensiv besprochen haben.

DFB.de: Wie schnell merken Sie in einem Spiel, ob es für Sie persönlich läuft? Wann haben Sie gegen Paraguay gemerkt, dass es problematisch werden kann?

Mertesacker: Gegen Paraguay muss man einfach berücksichtigen, dass wir uns in einer Phase der Saison befunden haben, die nicht optimal für ein gutes Länderspiel war. Aber natürlich wollten wir uns den Fans anders präsentieren, besser präsentieren. Wir wollen offensiv spielen, wir wollen den Menschen Freude bereiten, wir wollen dabei aber unsere defensive Organisation nicht vernachlässigen. Leider haben wir in diesem Spiel die Grundprinzipien, die uns immer stark gemacht haben, nicht so konsequent verfolgt.

DFB.de: Ist es unfair, dass nach vielen Toren sofort die Abwehr kritisiert wird?

Mertesacker: Das ist wohl der normale Reflex, wobei ich auch sagen muss, dass ich gar nicht verfolge, was alles geschrieben und geredet wird. Dafür habe ich auch gar nicht die Zeit. Und ohnehin ist für mich viel relevanter, wie die Dinge intern bewertet werden. Und da werden alle Fehler genau analysiert. Hier wissen alle, dass ein Gegentor oft mit einem Fehlverhalten viel weiter vorne auf dem Feld zu tun hat. Wobei ich gar nicht mit dem Finger auf andere Mannschaftsteile zeigen will, es wäre ja auch absurd, wenn sich die Abwehr aus der Verantwortung stehlen würde, wenn wir zu viele Gegentore kassieren. Außerdem finde ich es nicht so wichtig, wer wo einen Fehler gemacht hat. Spannender ist doch, warum ein Fehler passiert ist und welche Wege gefunden werden können, diese Fehler künftig zu vermeiden.

DFB.de: Die positiven Schlagzeilen werden dennoch meist vorne geschrieben. Sind Verteidiger uneitler als Offensivspieler?

Mertesacker: Wir haben wahrscheinlich häufiger Aktionen, die nicht sonderlich elegant aussehen. Oft müssen wir einfacher spielen, manchmal auch rustikal klären. Schönheitspreise gewinnt man damit nicht. Ich weiß aber nicht, ob wir wirklich häufiger in der Kritik stehen. Bei den Stürmern ist es doch auch so, dass die Minuten gezählt werden, wenn sie mal zwei Spiele am Stück nicht getroffen haben.

DFB.de: Es wird viel über Stürmer und Stürmertypen gesprochen. Wenn sich der Stürmertyp ändert, wenn kleine, wendige Spieler zentral spielen, muss darauf nicht auch die Viererkette reagieren? In der Offensive sind Positionswechsel häufig und gefragt, kann nicht auch die Situation entstehen, dass es sinnvoll ist, wenn beispielsweise Philipp Lahm mit Ihnen tauscht, um zentral gegen Lionel Messi zu verteidigen?

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Mertesacker: Daran habe ich noch nicht gedacht. Ich glaube, dass in einer Viererkette immer eine gewisse Grundordnung vorhanden sein muss, daraus ziehen wir auch unsere Sicherheit. Ich glaube nicht, dass es für die Stabilität der Hintermannschaft gut ist, wenn es zu wild wird und es zu viele Positionswechsel gibt. Aber ganz ausschließen will ich das auch nicht - wer weiß, wie der Fußball sich entwickelt und was alles auf uns zu kommt. Gerade bei der Nationalmannschaft waren wir immer offen für neue Dinge.

DFB.de: Bei Arsenal London haben Sie eine neue Rolle übernommen. Sie sind Kapitän, als Deutscher, in England.

Mertesacker: Man muss schon ehrlich sein und sagen, dass ich eigentlich nur die Nummer drei für diese Aufgabe bin. Aber klar, aktuell führe ich das Team von Arsenal London als Kapitän aufs Feld. Und das empfinde ich als große Ehre. Ich halte dies für einen Beleg der Anerkennung des Trainers, auch von der Mannschaft. Ich glaube, dass viele sehen, dass ich meine Erfahrungen für Arsenal einsetze. Ich habe jetzt schon zehn Profijahre auf dem Buckel, bin seit neun Jahren bei der Nationalmannschaft. Ich habe also einiges erlebt, kenne viele Situationen. Und wenn dies wertgeschätzt wird und wenn sich diese Wertschätzung im Kapitänsamt ausdrückt, dann freue ich mich darüber.

DFB.de: Hat der Arsenal-Kapitän beim Wechsel von Mesut Özil eine Rolle gespielt?

Mertesacker: Wir haben uns bei der Nationalmannschaft natürlich unterhalten. Man spricht über die jeweiligen Erfahrungen. Wie ist der Trainer, wie ist die Stadt, wie sind die Kollegen? Und von mir hat Mesut über London und Arsenal nur Gutes gehört. Mesut hat über mich - und über Lukas - also gewusst, dass wir uns dort sehr wohl fühlen. Ich glaube, dass dies im Hinterkopf bleibt, und vielleicht hat dies bei der Entscheidung von Mesut eine kleine Rolle gespielt.

DFB.de: Und wie schätzen Sie den Transfer sportlich ein?

Mertesacker: Ich finde, dass Arsenal London stolz darauf sein kann, dass ein Spieler wie Mesut sich für diesen Verein entschieden hat. Arsène Wenger hat mit mir auch kurz über Mesut gesprochen, aber eigentlich brauchte er meine Meinung gar nicht. Er hat Mesuts Karriere schon lange verfolgt und war schon immer ein Bewunderer von ihm. Für uns ist der Wechsel ein Geschenk.

DFB.de: Ein Geschenk für Arsenal. Und für Özil?

Mertesacker: Davon gehe ich aus. Für mich war es ein Geschenk, hierher zu kommen. Auch bei Lukas kann man das so sagen. Warum sollte es bei Mesut anders sein?

DFB.de: Jetzt sind Sie bei der Nationalmannschaft, am Freitag steht das Spiel gegen Österreich an. Wie schätzen Sie die Österreicher ein?

Mertesacker: Österreich hat eine gute Mannschaft. In ihr stehen viele Legionäre aus der Bundesliga, die individuelle Qualität ist hoch. Das Team hat sich unter Trainer Marcel Koller entwickelt und ist absolut in der Lage, anderen Teams wehzutun. Für uns wird es keine leichte Aufgabe, aber: Wir sind bereit.