Meister hinter Mauern: Hamburgs Knastkicker

In seiner Mannschaft spielen Mörder und Drogendealer, Vergewaltiger und Terroristen. Trainer Gerd Mewes leitet seit 35 Jahren das Fußballtraining in der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel. Mit Eintracht Fuhlsbüttel, so heißt der Fußballverein der Gefängnis-Insassen, hat er eine Spitzenmannschaft der Hamburger Kreisklasse geformt. Sein Erfolgsgeheimnis: Er sieht hinter jedem Verbrecher einen Menschen, der einfach nur Freude am Fußball hat.

Es gibt nur wenige, die freiwillig die Justizvollzugsanstalt in Fuhlsbüttel, genannt Santa Fu, betreten. Die rund 300 Häftlinge, die hier im geschlossenen Vollzug leben, haben schwere Straftaten begangen: Unschuldige getötet, Frauen oder Kinder sexuell missbraucht, Menschen beraubt oder in die Drogensucht getrieben. Es ist ein Gefängnis für die schweren Jungs. Oder politisch korrekt ausgedrückt: Die JVA ist vorrangig zuständig für Strafgefangene mit Freiheitsstrafen ab drei Jahren und für Sicherungsverwahrte. Dennoch hat Gerd Mewes kein ungutes Gefühl, wenn er zweimal die Woche die Haftanstalt aufsucht.

Wochentags leitet er eine Trainingseinheit, sonntags steht er beim Punktspiel an der Seitenlinie. Und das bereits seit Sommer 1980, als seine Karriere als Gefängnis-Trainer begann. "Die Gefängnisleitung wollte eine Mannschaft aufbauen, die die Vollzugsanstalt präsentiert. Also wurde ein Trainer gesucht, der dort Ordnung reinbringt", erinnert sich der heute 72-Jährige. Als Inhaber einer Trainerlizenz, der zudem als diplomierter Sozialpädagoge beim Jugendamt tätig gewesen ist, war Mewes eine gute Wahl. Zumal den Trainer die Einzigartigkeit des Projektes reizte.

Keine Auswärtsspiele

Mewes ist ohnehin eine Institution im Hamburger Amateurfußball. Er trainierte Vereine wie Bergedorf 85, den VfL Stade oder SC Norderstedt. Aus Gefängnisinsassen immer wieder eine erfolgreiche Mannschaft zu formen, ist jedoch seine größte Leistung. Der Umgang mit Schwerverbrechern wurde für ihn schnell zur Normalität. Gleich bei der ersten Trainingseinheit wurde ihm Siggi als Zeug- und Gerätewart zur Seite gestellt. Siggi wuchs im Heim auf, beging mit 20 Jahren seinen ersten Mord. Nach seiner ersten Freilassung verletzte er seine Geliebte mit einem Dolch lebensgefährlich. Nach seiner zweiten Freilassung erschoss er seine Nichte. Er bekam lebenslänglich.

"Ich habe ihn freundlich und zuverlässig in Erinnerung behalten", sagt Mewes: "Letztendlich sind wir ein Fußballverein wie jeder andere auch. Die Kommunikation ist genauso wie bei anderen Vereinen. Wichtig ist nur, wie sich jeder in die Gruppe einbringt. Bei mir geht es nicht um die Taten, sondern um Fußball."

"Ich sehe nicht immer den Mörder"

Doch widern ihn die Taten seiner Jungs nicht manchmal selber an? "Natürlich haben diese Menschen Dinge getan, die wir uns nicht vorstellen können. Aber trotzdem bleiben es Menschen", lautet seine Einstellung. Er hat gelernt, die Taten der Insassen nicht allzu sehr an sich heranzulassen: "Ich sehe nicht immer den Mörder, wenn ich einem meiner Spieler in die Augen sehe." Seine Gedanken drehen sich vielmehr darum, wie er Eintracht Fuhlsbüttel zu Siegen verhilft. Denn er weiß: Nur mit Erfolgen kann er die Truppe aufrechterhalten. "Misserfolge haben die Jungs schon alleine deshalb, weil sie wegen ihrer Tat geschnappt wurden und einsitzen müssen."

Früher liefen die Spiele von Eintracht Fuhlsbüttel noch außerhalb der normalen Wertung. Seit 2008 nehmen sie am regulären Ligabetrieb teil. Auswärtsspiele sind logischerweise nicht möglich. All ihre Ligaspiele werden auf dem Fußballplatz hinter Gefängnismauern ausgetragen. Stolz erzählt der Trainer, dass es seine Mannschaft bereits zu zwei Meisterschaften in der Kreisklasse gebracht hat. Mit einem Grillfest im Gefängnishof wurde das gefeiert.



In seiner Mannschaft spielen Mörder und Drogendealer, Vergewaltiger und Terroristen. Trainer Gerd Mewes leitet seit 35 Jahren das Fußballtraining in der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel. Mit Eintracht Fuhlsbüttel, so heißt der Fußballverein der Gefängnis-Insassen, hat er eine Spitzenmannschaft der Hamburger Kreisklasse geformt. Sein Erfolgsgeheimnis: Er sieht hinter jedem Verbrecher einen Menschen, der einfach nur Freude am Fußball hat.

Es gibt nur wenige, die freiwillig die Justizvollzugsanstalt in Fuhlsbüttel, genannt Santa Fu, betreten. Die rund 300 Häftlinge, die hier im geschlossenen Vollzug leben, haben schwere Straftaten begangen: Unschuldige getötet, Frauen oder Kinder sexuell missbraucht, Menschen beraubt oder in die Drogensucht getrieben. Es ist ein Gefängnis für die schweren Jungs. Oder politisch korrekt ausgedrückt: Die JVA ist vorrangig zuständig für Strafgefangene mit Freiheitsstrafen ab drei Jahren und für Sicherungsverwahrte. Dennoch hat Gerd Mewes kein ungutes Gefühl, wenn er zweimal die Woche die Haftanstalt aufsucht.

Wochentags leitet er eine Trainingseinheit, sonntags steht er beim Punktspiel an der Seitenlinie. Und das bereits seit Sommer 1980, als seine Karriere als Gefängnis-Trainer begann. "Die Gefängnisleitung wollte eine Mannschaft aufbauen, die die Vollzugsanstalt präsentiert. Also wurde ein Trainer gesucht, der dort Ordnung reinbringt", erinnert sich der heute 72-Jährige. Als Inhaber einer Trainerlizenz, der zudem als diplomierter Sozialpädagoge beim Jugendamt tätig gewesen ist, war Mewes eine gute Wahl. Zumal den Trainer die Einzigartigkeit des Projektes reizte.

Keine Auswärtsspiele

Mewes ist ohnehin eine Institution im Hamburger Amateurfußball. Er trainierte Vereine wie Bergedorf 85, den VfL Stade oder SC Norderstedt. Aus Gefängnisinsassen immer wieder eine erfolgreiche Mannschaft zu formen, ist jedoch seine größte Leistung. Der Umgang mit Schwerverbrechern wurde für ihn schnell zur Normalität. Gleich bei der ersten Trainingseinheit wurde ihm Siggi als Zeug- und Gerätewart zur Seite gestellt. Siggi wuchs im Heim auf, beging mit 20 Jahren seinen ersten Mord. Nach seiner ersten Freilassung verletzte er seine Geliebte mit einem Dolch lebensgefährlich. Nach seiner zweiten Freilassung erschoss er seine Nichte. Er bekam lebenslänglich.

"Ich habe ihn freundlich und zuverlässig in Erinnerung behalten", sagt Mewes: "Letztendlich sind wir ein Fußballverein wie jeder andere auch. Die Kommunikation ist genauso wie bei anderen Vereinen. Wichtig ist nur, wie sich jeder in die Gruppe einbringt. Bei mir geht es nicht um die Taten, sondern um Fußball."

"Ich sehe nicht immer den Mörder"

Doch widern ihn die Taten seiner Jungs nicht manchmal selber an? "Natürlich haben diese Menschen Dinge getan, die wir uns nicht vorstellen können. Aber trotzdem bleiben es Menschen", lautet seine Einstellung. Er hat gelernt, die Taten der Insassen nicht allzu sehr an sich heranzulassen: "Ich sehe nicht immer den Mörder, wenn ich einem meiner Spieler in die Augen sehe." Seine Gedanken drehen sich vielmehr darum, wie er Eintracht Fuhlsbüttel zu Siegen verhilft. Denn er weiß: Nur mit Erfolgen kann er die Truppe aufrechterhalten. "Misserfolge haben die Jungs schon alleine deshalb, weil sie wegen ihrer Tat geschnappt wurden und einsitzen müssen."

Früher liefen die Spiele von Eintracht Fuhlsbüttel noch außerhalb der normalen Wertung. Seit 2008 nehmen sie am regulären Ligabetrieb teil. Auswärtsspiele sind logischerweise nicht möglich. All ihre Ligaspiele werden auf dem Fußballplatz hinter Gefängnismauern ausgetragen. Stolz erzählt der Trainer, dass es seine Mannschaft bereits zu zwei Meisterschaften in der Kreisklasse gebracht hat. Mit einem Grillfest im Gefängnishof wurde das gefeiert.

###more###

Auch einen Attentäter vom 11. September trainiert

Bei dem netten Beisammensein entsteht schnell der Eindruck, es würde sich um eine ganz normale Fußballmannschaft handeln. Doch wenn seine Spieler ins Plaudern kommen und zum Beispiel erzählen, wie sie einen Bankraub begangen haben, wird Mewes wieder zurück in die Realität geholt.

Zu seiner Mannschaft hat auch Mounir al-Motassadeq gezählt. Er wurde wegen Mittäterschaft an den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York verurteilt. "Natürlich habe ich mich gefragt, wie jemand zu so einer Tat imstande sein kann", gibt Mewes zu: "Aber irgendwann geht man mit einem Menschen, der sich völlig normal verhält, der freundlich und ansprechbar ist, auch normal um."

Als al-Motassadeq jedoch mitten im Training eine Decke ausbreitete und mit einigen Freunden eine Gebetsstunde einlegte, sorgte Mewes für klare Verhältnisse: "Ich habe gesagt, er kann beten oder Fußball spielen. Beides gleichzeitig geht nicht. Letztendlich haben sie ihre Gebetsstunde verschoben, um weiter Fußball spielen zu können." Gerade bei Kriminellen ist es wichtig, Autorität auszustrahlen. Mit seiner kleinen und unauffälligen Statur gelingt Mewes das vielleicht nicht. Mit den klaren Ansprachen aber umso mehr.

Buch verfasst: "Fairplay mit Mördern"

Der Trainer macht keinen Hehl daraus, dass es in 35 Jahren Gefängnisfußball auch unschöne Erlebnisse gegeben hat. Zwei- oder dreimal wurde er von Spielern bedroht. "Aber das ist angesichts des langen Zeitraums nicht viel", fügt er hinzu. Angst hatte er nie. Zumal jeder, der sich nicht anständig benimmt, sofort vom Fußballtraining ausgeschlossen wird. All diese Erlebnisse hat er nun in einem Buch mit dem Titel Fairplay mit Mördern zusammengefasst. Als Erscheinungstermin ist dieser Januar angedacht.

Die Veröffentlichung seiner Geschichte bedeutet nicht, dass seine Trainerkarriere bald endet. Schließlich ist Eintracht Fuhlsbüttel weiter erfolgreich. "Wir sind Herbstmeister geworden und wollen den nächsten Titel", sagt Mewes, fügt dann aber hinzu: "Ich werde zur richtigen Zeit einen passenden Nachfolger finden. Dieses Projekt darf nicht enden, wenn ich irgendwann aufhöre."

Der Bereich der Resozialisierung von Strafgefangenen ist die traditionsreichste Säule der DFB-Stiftung Sepp Herberger. Schwerpunkt des JVA-Engagements ist das Projekt "Anstoß für ein neues Leben".