Manuel Neuer und das Tor zur Welt

Als Hansi Flick im Januar in La Manga war, ist ihm Manuel Neuer erschienen. Manuel Neuer war überall, auf dem Trainingsplatz der deutschen U 16-Nationalmannschaft, auf dem Trainingsplatz der deutschen U 17-Nationalmannschaft, auch in den Testspielen war er dabei. Das war aus zweierlei Gründen erstaunlich: Erstens hat selbst der immer noch junge Neuer das U 16-/U 17-Alter inzwischen ein paar Tage hinter sich gelassen. Und zweitens übte er parallel im Trainingslager des FC Bayern in Katar.

Manuel Neuer war nicht wirklich in La Manga, aber alle deutschen Torhüter sahen ihm ziemlich ähnlich. "Es ist schon auffällig, wie sehr Neuers Stil schon auf unsere Nachwuchskeeper übergegangen ist", sagt Flick, der künftige DFB-Sportdirektor. Manuel Neuer hat im vergangenen Jahr das Triple gewonnen, gerade haben sie ihn zum Welttorhüter 2013 gewählt, das sind grandiose Titel, die in dieser Kombination 99,9 Prozent aller Torhüter niemals gewinnen. Aber das größte Kompliment für einen Sportler ist es wahrscheinlich, wenn ihn alle nachahmen. Wenn er noch nicht mal 28 Jahre alt ist und man schon davon ausgehen kann, dass er eine Ära prägt.

Alle wollen werden wie Neuer, so ist das inzwischen, und man darf feststellen, dass er diesen Status sogar noch früher erreicht hat als zum Beispiel Toni Schumacher oder Oliver Kahn, die Helden von einst. Neuer ist der perfekte Torwart der Gegenwart, er vereint die alten Tugenden mit den Anforderungen von heute. Neuer ist nicht mehr nur Torwart, er ist auch Fußballer – und er hat zwei Mannschaften erwischt, in denen sein modernes Spiel nicht nur geschätzt, sondern dringend gebraucht wird. Die Nationalmannschaft und der FC Bayern betonen gerne ihren spielerischen Ansatz – und dafür brauchen sie einen Torhüter mit zwei gesunden Füßen. Sie brauchen einen Torhüter, der "offensiv spielt", wie das der Torwarttrainer der Nationalmannschaft, Andreas Köpke, nennt – einen Keeper, der nicht mehr nur seine Höhle bewacht wie die grimmigen Zerberusse früherer Tage, sondern der dem Gegner mutig entgegengeht.

Kantersieg bei Welttorhüterwahl

211 Punkte hat Neuer bei der Wahl zum Welttorhüter erhalten, es war einer jener Siege, wie ihn sein FC Bayern zurzeit manchmal landet. Die Bayern siegen dann 4:0 oder 5:0, Neuer siegte mit 211:78 (gegen Gianluigi Buffon) und 211:64 (gegen Petr Cech). "Dieses Prädikat ist eine große Ehre", sagt Neuer, der den Titel aber auch seinen beiden Mannschaften gewidmet hat. "Ich weiß, wem ich die Auszeichnung in erster Linie zu verdanken habe", sagt er, "ich empfinde sie als Bestätigung für das außergewöhnliche Triple- Jahr, das hinter uns liegt." Natürlich klingt es immer gut, wenn man im Moment des größten Triumphs bescheiden auf die lieben Kollegen verweist, aber bei Neuer ist dieser Teamgedanke nicht aufgesetzt, sondern Teil seines Spiels. So, wie er das Torwartspiel interpretiert, ist er kein Einzelkämpfer mehr, er ist nicht abgekoppelt von den zehn da vor ihm – er ist einer von ihnen, der elfte Feldspieler.

Für die Konkurrenz muss es bedrohlich klingen, dass Neuer, der Welttorhüter, immer noch weiter dazulernt. Er hat jetzt einen Vereinstrainer, der eine besonders radikale Idee vom Spiel besitzt, "und da hat sich auch für mich ein bisschen was verändert", sagt Neuer. Seit die Bayern unter Pep Guardiola neue Ballbesitzrekorde aufstellen, hat auch der Torwart viel mehr Ballbesitz. "Ich werde viel mehr ins Spiel einbezogen", sagt Neuer, "ich werde viel mehr angespielt, und das tut meinem Spiel auch sehr gut." Für Guardiola sind Torhüter – außer Torhüter – auch Anspielstationen, sie sollen ausdrücklich teilnehmen am ausführlichen Ballgekreisel. Ein Rück- oder Querpass zum Torwart ist beim FC Bayern meist kein Ausdruck von Ratlosigkeit mehr, sondern einfach eine weitere Option.

Er sei auch wegen Neuer zum FC Bayern gekommen, hat Guardiola intern bereits verraten. Dieser Torwart erschien ihm – neben Philipp Lahm – die größtmögliche Garantie dafür, dass er seinen katalanischen Spielstil auch beim FC Mia-san-mia spielen lassen kann. Neuer ist also nicht nur Triplesieger, Welttorhüter und Vorbild für eine neue Torwartgeneration – er ist jetzt auch schon ein Standortvorteil.

Nun sind Titel mit der Nationalmannschaft dran

Manuel Neuer hat unglaublich viel erreicht in seiner immer noch jungen Karriere, aber das Jahr 2014 erinnert ihn daran, dass noch etwas fehlt. 2013 war er alles, was es gibt – aber 2014 hat neue, interessante Ziele im Angebot. Mit der Nationalmannschaft hat Neuer noch keinen Titel gewonnen, aber dank des FC Bayern weiß er ja jetzt, wie das geht. Die Münchner Champions-League-Sieger und die Dortmunder Champions- League-Finalisten dürfen bei der WM in Brasilien praktischerweise gemeinsame Sache machen, das klingt in Neuers Ohren schon mal recht verheißungsvoll. "Man versucht immer, sich zu verbessern", sagt er, "und zu verbessern heißt in unserem Fall, über das Halbfinale hinauszukommen. Wir wollen das Finale spielen, und wenn wir da stehen, wollen wir auch gewinnen."

Joachim Löw, der Bundestrainer, hat großen Respekt vor diesem Turnier, er hat das schöne Wort "Urkraft" geprägt, um zu beschreiben, was die Teams in Brasilien erwartet. Eines dürfte Löw sehr beruhigen: Ganz hinten hat er einen Spieler stehen, um den er sich keine Sorgen machen muss. Manuel Neuer ist ein Urkraft-Experte, er liebt Extremsituationen, er ist dann meistens besonders gut. Neuer war schon immer einer, den große Spiele inspiriert haben, aber in München hat er auch noch das richtige Maß zwischen Hochspannung und Coolness gefunden. Er weiß jetzt, wie das ist, wenn man im Spiel nur wenige Male geprüft wird, er weiß jetzt, dass man jede einzelne Sekunde hoch konzentriert sein muss, und er hat auch gelernt, dass er seinen Aktivitätsdrang manchmal bremsen muss. Nicht immer muss er den schnellsten Abwurf der Welt machen, nicht immer muss er sofort den Gegenangriff einleiten, obwohl er auch das so gut kann wie kaum ein anderer. Aber er achtet jetzt noch mehr auf die zehn vor ihm, er hat ein Gespür dafür entwickelt, wann ein Spiel Tempo und wann es Beruhigung braucht.



Als Hansi Flick im Januar in La Manga war, ist ihm Manuel Neuer erschienen. Manuel Neuer war überall, auf dem Trainingsplatz der deutschen U 16-Nationalmannschaft, auf dem Trainingsplatz der deutschen U 17-Nationalmannschaft, auch in den Testspielen war er dabei. Das war aus zweierlei Gründen erstaunlich: Erstens hat selbst der immer noch junge Neuer das U 16-/U 17-Alter inzwischen ein paar Tage hinter sich gelassen. Und zweitens übte er parallel im Trainingslager des FC Bayern in Katar.

Manuel Neuer war nicht wirklich in La Manga, aber alle deutschen Torhüter sahen ihm ziemlich ähnlich. "Es ist schon auffällig, wie sehr Neuers Stil schon auf unsere Nachwuchskeeper übergegangen ist", sagt Flick, der künftige DFB-Sportdirektor. Manuel Neuer hat im vergangenen Jahr das Triple gewonnen, gerade haben sie ihn zum Welttorhüter 2013 gewählt, das sind grandiose Titel, die in dieser Kombination 99,9 Prozent aller Torhüter niemals gewinnen. Aber das größte Kompliment für einen Sportler ist es wahrscheinlich, wenn ihn alle nachahmen. Wenn er noch nicht mal 28 Jahre alt ist und man schon davon ausgehen kann, dass er eine Ära prägt.

Alle wollen werden wie Neuer, so ist das inzwischen, und man darf feststellen, dass er diesen Status sogar noch früher erreicht hat als zum Beispiel Toni Schumacher oder Oliver Kahn, die Helden von einst. Neuer ist der perfekte Torwart der Gegenwart, er vereint die alten Tugenden mit den Anforderungen von heute. Neuer ist nicht mehr nur Torwart, er ist auch Fußballer – und er hat zwei Mannschaften erwischt, in denen sein modernes Spiel nicht nur geschätzt, sondern dringend gebraucht wird. Die Nationalmannschaft und der FC Bayern betonen gerne ihren spielerischen Ansatz – und dafür brauchen sie einen Torhüter mit zwei gesunden Füßen. Sie brauchen einen Torhüter, der "offensiv spielt", wie das der Torwarttrainer der Nationalmannschaft, Andreas Köpke, nennt – einen Keeper, der nicht mehr nur seine Höhle bewacht wie die grimmigen Zerberusse früherer Tage, sondern der dem Gegner mutig entgegengeht.

Kantersieg bei Welttorhüterwahl

211 Punkte hat Neuer bei der Wahl zum Welttorhüter erhalten, es war einer jener Siege, wie ihn sein FC Bayern zurzeit manchmal landet. Die Bayern siegen dann 4:0 oder 5:0, Neuer siegte mit 211:78 (gegen Gianluigi Buffon) und 211:64 (gegen Petr Cech). "Dieses Prädikat ist eine große Ehre", sagt Neuer, der den Titel aber auch seinen beiden Mannschaften gewidmet hat. "Ich weiß, wem ich die Auszeichnung in erster Linie zu verdanken habe", sagt er, "ich empfinde sie als Bestätigung für das außergewöhnliche Triple- Jahr, das hinter uns liegt." Natürlich klingt es immer gut, wenn man im Moment des größten Triumphs bescheiden auf die lieben Kollegen verweist, aber bei Neuer ist dieser Teamgedanke nicht aufgesetzt, sondern Teil seines Spiels. So, wie er das Torwartspiel interpretiert, ist er kein Einzelkämpfer mehr, er ist nicht abgekoppelt von den zehn da vor ihm – er ist einer von ihnen, der elfte Feldspieler.

Für die Konkurrenz muss es bedrohlich klingen, dass Neuer, der Welttorhüter, immer noch weiter dazulernt. Er hat jetzt einen Vereinstrainer, der eine besonders radikale Idee vom Spiel besitzt, "und da hat sich auch für mich ein bisschen was verändert", sagt Neuer. Seit die Bayern unter Pep Guardiola neue Ballbesitzrekorde aufstellen, hat auch der Torwart viel mehr Ballbesitz. "Ich werde viel mehr ins Spiel einbezogen", sagt Neuer, "ich werde viel mehr angespielt, und das tut meinem Spiel auch sehr gut." Für Guardiola sind Torhüter – außer Torhüter – auch Anspielstationen, sie sollen ausdrücklich teilnehmen am ausführlichen Ballgekreisel. Ein Rück- oder Querpass zum Torwart ist beim FC Bayern meist kein Ausdruck von Ratlosigkeit mehr, sondern einfach eine weitere Option.

Er sei auch wegen Neuer zum FC Bayern gekommen, hat Guardiola intern bereits verraten. Dieser Torwart erschien ihm – neben Philipp Lahm – die größtmögliche Garantie dafür, dass er seinen katalanischen Spielstil auch beim FC Mia-san-mia spielen lassen kann. Neuer ist also nicht nur Triplesieger, Welttorhüter und Vorbild für eine neue Torwartgeneration – er ist jetzt auch schon ein Standortvorteil.

Nun sind Titel mit der Nationalmannschaft dran

Manuel Neuer hat unglaublich viel erreicht in seiner immer noch jungen Karriere, aber das Jahr 2014 erinnert ihn daran, dass noch etwas fehlt. 2013 war er alles, was es gibt – aber 2014 hat neue, interessante Ziele im Angebot. Mit der Nationalmannschaft hat Neuer noch keinen Titel gewonnen, aber dank des FC Bayern weiß er ja jetzt, wie das geht. Die Münchner Champions-League-Sieger und die Dortmunder Champions- League-Finalisten dürfen bei der WM in Brasilien praktischerweise gemeinsame Sache machen, das klingt in Neuers Ohren schon mal recht verheißungsvoll. "Man versucht immer, sich zu verbessern", sagt er, "und zu verbessern heißt in unserem Fall, über das Halbfinale hinauszukommen. Wir wollen das Finale spielen, und wenn wir da stehen, wollen wir auch gewinnen."

Joachim Löw, der Bundestrainer, hat großen Respekt vor diesem Turnier, er hat das schöne Wort "Urkraft" geprägt, um zu beschreiben, was die Teams in Brasilien erwartet. Eines dürfte Löw sehr beruhigen: Ganz hinten hat er einen Spieler stehen, um den er sich keine Sorgen machen muss. Manuel Neuer ist ein Urkraft-Experte, er liebt Extremsituationen, er ist dann meistens besonders gut. Neuer war schon immer einer, den große Spiele inspiriert haben, aber in München hat er auch noch das richtige Maß zwischen Hochspannung und Coolness gefunden. Er weiß jetzt, wie das ist, wenn man im Spiel nur wenige Male geprüft wird, er weiß jetzt, dass man jede einzelne Sekunde hoch konzentriert sein muss, und er hat auch gelernt, dass er seinen Aktivitätsdrang manchmal bremsen muss. Nicht immer muss er den schnellsten Abwurf der Welt machen, nicht immer muss er sofort den Gegenangriff einleiten, obwohl er auch das so gut kann wie kaum ein anderer. Aber er achtet jetzt noch mehr auf die zehn vor ihm, er hat ein Gespür dafür entwickelt, wann ein Spiel Tempo und wann es Beruhigung braucht.

Der Spanier Iker Casillas war übrigens fünfmal hintereinander Welttorhüter. Es gibt schon noch ein paar Ziele für Manuel Neuer.