European Maccabi Games in Berlin: "Wir sind hier zu Hause"

"Bei Gold werden alle Meshugge" - so steht es auf den Plakaten, die dieser Tage auf Berlins Plätzen für die European Maccabi Games (EMG) 2015 werben. Am Montag starten die Spiele, 2100 Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt messen sich in Berlin. Bereits am Donnerstag wurde eine Ausstellung direkt vor dem Berliner Hauptbahnhof eröffnet. Überlebensgroße Statuen erinnern Berliner und Touristen an berühmte jüdische Sportler.

Zum ersten Mal nach Ende des Zweiten Weltkrieges findet nun also in Deutschland Europas größte jüdische Sportveranstaltung statt. In Berlin - also jener Stadt, in der 1936 jüdischen Sportlern trotz teils überragender Leistungen das Startrecht bei den Olympischen Spielen verweigert wurde - messen sich nun tausende Sportler jüdischen Glaubens. Im DFB.de-Interview spricht Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, mit Mitarbeiter Roy Rajber über die Botschaft, die von diesen Spielen ausgehen soll.

DFB.de: Herr Meyer, fangen wir doch bitte mit den Fakten und Zahlen an.

Alon Meyer: Makkabi ist die jüdische Sportbewegung. Als Dachverband in Deutschland stellen wir quasi die jüdische Nationalmannschaft und tragen Wettkämpfe gegen andere Nationen aus. Bei den European Maccabi Games in Berlin sind es über 2100 Sportlerinnen und Sportler aus 36 Ländern, die in 19 Disziplinen um Medaillen kämpfen.

DFB.de: Wie, wann und warum entschied man sich für Berlin als Austragungsort?

Meyer: Die EMG findet wie auch die Fußball-Europameisterschaft alle vier Jahre statt. Den Zuschlag für Berlin als Austragungsort zu bekommen, war nicht einfach. Umso mehr freue ich mich darüber, dass wir gerade in diesem symbolträchtigen Jahr, 70 Jahre nach Kriegsende, als Gastgeber zeigen können, dass wir Juden ein natürlicher und selbstverständlicher Teil dieses Landes sind. Unsere Sportler sind stolz darauf, Deutschland zu repräsentieren. Die deutsche Delegation stellt mit 365 Sportlern in 19 Sportarten die größte bei diesen Wettkämpfen und die größte in ihrer Geschichte. Da geht mir das Herz auf. Vor allem weil ich sehe, dass unsere jungen Menschen ein neues deutsch-jüdisches Selbstbewusstsein und Selbstverständnis in sich tragen. Weg vom in sich gekehrten, hin zu einem offenen, modernen, frischen jüdischen Leben in Deutschland.

DFB.de:Welche besonderen Momente bietet das Rahmenprogramm der European Maccabi Games?

Meyer: Wieviel Zeit haben Sie mitgebracht? (lacht Im Ernst: Wir beginnen am 28. Juli mit einer großen Eröffnungszeremonie in der Berliner Waldbühne mit tollen Künstlern wie dem deutsch-muslimischen Sänger Adel Tawil oder dem amerikanisch-jüdischen Künstler Matisyahu. Danach gibt es fast täglich neben den Sportwettkämpfen tolle kulturelle Angebote, zu denen wir die Berlinerinnen und Berliner herzlich einladen. Wer tollen Sport sehen, die Sportler treffen, etwas über modernes jüdisches Leben lernen oder einfach nur mitfeiern will, soll zu uns kommen. Alle Veranstaltungen, bis auf die Eröffnungsfeier, sind übrigens kostenlos. Auf www.emg2015.de kann sich jeder "sein" Event heraussuchen.



"Bei Gold werden alle Meshugge" - so steht es auf den Plakaten, die dieser Tage auf Berlins Plätzen für die European Maccabi Games (EMG) 2015 werben. Am Montag starten die Spiele, 2100 Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt messen sich in Berlin. Bereits am Donnerstag wurde eine Ausstellung direkt vor dem Berliner Hauptbahnhof eröffnet. Überlebensgroße Statuen erinnern Berliner und Touristen an berühmte jüdische Sportler.

Zum ersten Mal nach Ende des Zweiten Weltkrieges findet nun also in Deutschland Europas größte jüdische Sportveranstaltung statt. In Berlin - also jener Stadt, in der 1936 jüdischen Sportlern trotz teils überragender Leistungen das Startrecht bei den Olympischen Spielen verweigert wurde - messen sich nun tausende Sportler jüdischen Glaubens. Im DFB.de-Interview spricht Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, mit Mitarbeiter Roy Rajber über die Botschaft, die von diesen Spielen ausgehen soll.

DFB.de: Herr Meyer, fangen wir doch bitte mit den Fakten und Zahlen an.

Alon Meyer: Makkabi ist die jüdische Sportbewegung. Als Dachverband in Deutschland stellen wir quasi die jüdische Nationalmannschaft und tragen Wettkämpfe gegen andere Nationen aus. Bei den European Maccabi Games in Berlin sind es über 2100 Sportlerinnen und Sportler aus 36 Ländern, die in 19 Disziplinen um Medaillen kämpfen.

DFB.de: Wie, wann und warum entschied man sich für Berlin als Austragungsort?

Meyer: Die EMG findet wie auch die Fußball-Europameisterschaft alle vier Jahre statt. Den Zuschlag für Berlin als Austragungsort zu bekommen, war nicht einfach. Umso mehr freue ich mich darüber, dass wir gerade in diesem symbolträchtigen Jahr, 70 Jahre nach Kriegsende, als Gastgeber zeigen können, dass wir Juden ein natürlicher und selbstverständlicher Teil dieses Landes sind. Unsere Sportler sind stolz darauf, Deutschland zu repräsentieren. Die deutsche Delegation stellt mit 365 Sportlern in 19 Sportarten die größte bei diesen Wettkämpfen und die größte in ihrer Geschichte. Da geht mir das Herz auf. Vor allem weil ich sehe, dass unsere jungen Menschen ein neues deutsch-jüdisches Selbstbewusstsein und Selbstverständnis in sich tragen. Weg vom in sich gekehrten, hin zu einem offenen, modernen, frischen jüdischen Leben in Deutschland.

DFB.de:Welche besonderen Momente bietet das Rahmenprogramm der European Maccabi Games?

Meyer: Wieviel Zeit haben Sie mitgebracht? (lacht Im Ernst: Wir beginnen am 28. Juli mit einer großen Eröffnungszeremonie in der Berliner Waldbühne mit tollen Künstlern wie dem deutsch-muslimischen Sänger Adel Tawil oder dem amerikanisch-jüdischen Künstler Matisyahu. Danach gibt es fast täglich neben den Sportwettkämpfen tolle kulturelle Angebote, zu denen wir die Berlinerinnen und Berliner herzlich einladen. Wer tollen Sport sehen, die Sportler treffen, etwas über modernes jüdisches Leben lernen oder einfach nur mitfeiern will, soll zu uns kommen. Alle Veranstaltungen, bis auf die Eröffnungsfeier, sind übrigens kostenlos. Auf www.emg2015.de kann sich jeder "sein" Event heraussuchen.

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DFB.de: Das klingt nach einer organisatorischen Herkulesaufgabe...

Meyer: ... die wir alleine als kleines, überwiegend ehrenamtliches Team so nicht hätten stemmen können. Wir sind überwältigt von der großartigen Unterstützung innerhalb und außerhalb der Sports, die wir von unseren Partnern und Freunden in den zurückliegenden anderthalb Jahren erfahren haben. Vor allem der DFB hat uns sehr geholfen.

DFB.de: Und wie konkret?

Meyer:Mein persönlicher Dank gilt ganz besonders Präsident Wolfgang Niersbach, und das ist keine protokollarische Formalität oder Höflichkeit. Herr Niersbach hat die European Maccabi Games von Anfang an persönlich unterstützt und uns neben seinem Sachverstand mit vielen wichtigen Kontakten im Sport weitergeholfen. So unterstützt uns der Berliner Fußball-Verband bei der Organisation des Fußball- und Futsalwettbewerbs. Und am 2. August treten die DFB-Allstars, also das Team der ehemaligen Nationalspieler, im Stadion am Wurfplatz gegen eine Makkabi-Auswahl unter dem Motto "Let's play together" an. Die Begegnung der jüdischen Sportler aus ganz Europa mit den Menschen in Berlin ist mir persönlich extrem wichtig. Und ich freue mich jetzt schon auf die Fußballlegenden, die ich früher als Kind vor dem Fernseher bewundert habe.

DFB.de: Stichwort "Legenden": Am Donnerstag wurde auf dem Berliner Washingtonplatz direkt vor dem Hauptbahnhof die historische Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung" mit ehemaligen jüdischen Idolen im deutschen Sport eröffnet. Was hat es damit auf sich?

Meyer: Das hat mich wirklich sehr berührt. Die Ausstellung ist eine Idee der DFB-Kulturstiftung, die sich sehr rührig für uns und unser Turnier eingesetzt hat. Selbst mir war nicht bewusst, wie viele großartige jüdische Sportler es in Deutschland einmal gab. Man denkt ja immer zuerst an die Wissenschaftler, Schriftsteller, Künstler oder Unternehmer, wenn man sich an das jüdische Leben in Berlin und anderswo in den 1920er- und 30er-Jahren erinnert. Und dann sieht man auf einmal mitten in Berlin die Statuen dieser großartigen Athleten: Springer, Werfer, Fußballer, Boxer, Schachspieler, Eishockey-Stars, Ringer, Turner - alle Olympiasieger, Weltmeister, Weltrekordler. Und dass sie heute mit all ihren Erfolgen mitten in der Hauptstadt wieder im Fokus stehen und sich die Menschen an sie erinnern, ist doch eine großartige Sache. Die Ausstellung vermittelt die gleiche Botschaft wie die EMG: Wir sind hier zu Hause!

DFB.de: 70 Jahre seit Kriegsende, 50 Jahre diplomatische Beziehungen mit Israel. Sie haben die Daten selbst angesprochen. Kann die Vergangenheit nicht auch zur Last für ein solches Turnier werden?

Meyer: Das sehe ich ganz und gar nicht so. Die Vergangenheit wird uns immer begleiten. Sie wird nie vergessen, aber sie steht heute nicht mehr zwischen uns. Sie trennt nicht mehr, anders als es vielleicht noch vor 30 oder 40 Jahren der Fall war. Ich glaube, sie verbindet uns heute sogar, die Generation der Enkel und Urenkel. Wir leben in einer globalisierten Welt. Wir hören dieselbe Musik, sehen dieselben Filme, schauen denselben Fußball. Am Strand von Tel Aviv tragen die Leute heute Trikots von Özil oder Müller - so wie auch in Berlin oder Istanbul. Ein Großteil der Leute in Israel hat der Mannschaft von Jogi Löw bei der WM die Daumen gedrückt. Wo ist da eigentlich noch Platz für Rassismus? Denn genauso wie uns diese Begeisterung für tollen Fußball verbindet, teilen wir alle die gleiche Erfahrung der Geschichte. Dass es schlichtweg dumm und furchtbar gefährlich ist, Menschen auszugrenzen.

DFB.de: Dennoch gab es in der jüngeren Vergangenheit auch andere Schlagzeilen. Es fiel der Begriff vom "neuen Antisemitismus".

Meyer: Das ist kein deutsches und schon gar kein Berliner Phänomen. Berlin ist heute unter jungen Israelis ein absoluter "Hot Spot", wie auch für andere junge Leute in Europa. Wenn in den nächsten Tagen unsere Sportler eintreffen, bin ich sicher, dass die Berliner sie mit offenen Armen empfangen werden. Natürlich, wir wären naiv, wenn wir die problematischen Dinge ausblenden und nicht ansprechen würden. Aber das ist die Realität und hat nichts mehr mit der Vergangenheit zu tun. Wir leben nicht vor 70 Jahren, sondern jetzt. Und wir sprechen diese Dinge auch in der Gegenwart an. Zusammen mit all unseren Freunden in Deutschland und Europa. Denn das ist anders als vor 70 Jahren, dass die große Mehrheit mit uns ist. Und diese Botschaft, da bin ich mir sicher, wird auch von den European Maccabi Games in Berlin ausgehen.