Maccabi Games: Gold für Deutschland

Gut getippt, Lev Magazanik. "Ein Sieg sollte machbar sein", hatte der 22 Jahre alte Oberligaspieler prognostiziert. Und so kam's dann auch. Die deutsche Mannschaft mit dem Innenverteidiger aus Sachsen hat am Dienstag das Fußballturnier der 14. European Maccabi Games (EMG) in Berlin gewonnen. Nach Siegen über Mexiko und Dänemark und einem 9:0 gegen Schweden, bezwang man im Finale die Franzosen mit 4:1 Toren. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach überreichte den Pokal.

"Gratulation an Makkabi Deutschland zu der Goldmedaille", sagte Niersbach. "Die Mannschaft hat eine beeindruckende Leistung an den Tag gelegt. Die European Maccabi Games gehen somit mit einem tollen Erfolgserlebnis zu Ende. Den Veranstaltern kann man auch nur gratulieren zu diesem besonderen Sportfest, das in den vergangenen Tagen viele wichtige Akzente weit über das Sportliche hinaus gesetzt hat."

2300 Sportlerinnen und Sportler aus 38 Nationen hatten acht Tage lang in 19 Sportarten um 166 Medaillensätze gekämpft – und dabei stets die Gemeinschaft im Blick behalten. "Das faire, friedliche Miteinander war mindestens so wichtig wie das Ergebnis", betont Magazanik. Beim harten Wettbewerb wechselte er dieser Tage von Dynamo Dresden II zum Oberligateam des FSV Union Fürstenwalde. Matthias Mauksch, 46 Jahre alt und bis heute Dynamos Rekordspieler (118 BL-Spiele), wird ihn dort trainieren. In diesem "quasi professionellen Umfeld" will der 22-Jährige sich ganz und gar auf seinen Sport konzentrieren. "Ich gebe mir jetzt ein Jahr Zeit. Soviel kann passieren. Aber wenn es mir in dieser Saison gelingt, den Sprung in die Regionalliga zu schaffen, setze ich weiter auf den Fußball."

Früher lief die deutsche Delegation ohne Fahne ein

Bei einer Makkabiade spielte er nun zum dritten Mal, zweimal flog er nach Israel. "Die Gemeinschaft der Athletinnen und Athleten, das ist wie eine Familie", beschreibt er die besondere Atmosphäre. 40.000 Zuschauer seien in Israel zu den Spielen geströmt, erzählt er, Barack Obama habe Videogrüße geschickt. Trotz deutlich weniger Publikum in Berlin, hatten auch die EMG 2015 ihre besonderen Momente. Bundespräsident Joachim Gauck hatte die Spiele vor 10.000 Zuschauern in der Waldbühne eröffnet. "Wie die Zuschauer gerade der deutschen Mannschaft zugejubelt haben, das war schon ein tolles Erlebnis", sagt Magazanik. Deutschland stellte mit 365 Sportlerinnen und Sportlern die stärkste Delegation. Lange Jahre durften jüdische Sportler aus Deutschland nicht hinter einer eigenen Landesfahne einlaufen. Bei jedem Schritt lief der Last der Vergangenheit mit. Vieles hat sich verändert.

Deborah Rosenthal ist die Enkelin von Hans Rosenthal, der von 1971 bis 1986 die ZDF-Ratesendung "Dalli, Dalli" moderiert hatte. Die Kölnerin und Studentin der Medien- und Kulturwissenschaften gehörte in Berlin zum deutschen Hockeyteam. "Als deutsche jüdische Nationalmannschaft hier auftreten zu können, ist etwas unfassbar Tolles", sagte Rosenthal im dpa-Interview. Zumal das Hockey-Stadion in Blickweite zum Olympiastadion angesiedelt ist, dort also, wo viele jüdische Sportler 1936 ausgeschlossen und als "Nicht-Arier" geschmäht wurden. "Hitler hätte sich darüber geärgert. Doch ich tue mir schwer, alles auf Hitler zu beziehen." Die junge Studentin hofft auf ein Zeichen, dass von der ersten Makkabiade in Deutschland ausgehen könnte: "Deutschland ist nicht judenfeindlicher als andere Länder."

"Die dritte Generation denkt und fühlt anders"

Auch der ARD-Journalist Norbert Kron, der im Frühjahr mit "Wir vergessen nicht, wir gehen tanzen" eine Textsammlung israelischer und deutscher Autoren veröffentlichte, vertraut darauf, dass die EMG 2015 Wirkung entfalten werden. "Eine Makkabiade hier in Berlin auf dem belasteten Gelände des Olympiastadions wäre doch vor zehn Jahren noch unmöglich gewesen", sagt Kron, der etwa für das ARD-Magazin ttt – titel, thesen, temperamente wie auch die Zeitungen Welt und Zeit berichtet.



Gut getippt, Lev Magazanik. "Ein Sieg sollte machbar sein", hatte der 22 Jahre alte Oberligaspieler prognostiziert. Und so kam's dann auch. Die deutsche Mannschaft mit dem Innenverteidiger aus Sachsen hat am Dienstag das Fußballturnier der 14. European Maccabi Games (EMG) in Berlin gewonnen. Nach Siegen über Mexiko und Dänemark und einem 9:0 gegen Schweden, bezwang man im Finale die Franzosen mit 4:1 Toren. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach überreichte den Pokal.

"Gratulation an Makkabi Deutschland zu der Goldmedaille", sagte Niersbach. "Die Mannschaft hat eine beeindruckende Leistung an den Tag gelegt. Die European Maccabi Games gehen somit mit einem tollen Erfolgserlebnis zu Ende. Den Veranstaltern kann man auch nur gratulieren zu diesem besonderen Sportfest, das in den vergangenen Tagen viele wichtige Akzente weit über das Sportliche hinaus gesetzt hat."

2300 Sportlerinnen und Sportler aus 38 Nationen hatten acht Tage lang in 19 Sportarten um 166 Medaillensätze gekämpft – und dabei stets die Gemeinschaft im Blick behalten. "Das faire, friedliche Miteinander war mindestens so wichtig wie das Ergebnis", betont Magazanik. Beim harten Wettbewerb wechselte er dieser Tage von Dynamo Dresden II zum Oberligateam des FSV Union Fürstenwalde. Matthias Mauksch, 46 Jahre alt und bis heute Dynamos Rekordspieler (118 BL-Spiele), wird ihn dort trainieren. In diesem "quasi professionellen Umfeld" will der 22-Jährige sich ganz und gar auf seinen Sport konzentrieren. "Ich gebe mir jetzt ein Jahr Zeit. Soviel kann passieren. Aber wenn es mir in dieser Saison gelingt, den Sprung in die Regionalliga zu schaffen, setze ich weiter auf den Fußball."

Früher lief die deutsche Delegation ohne Fahne ein

Bei einer Makkabiade spielte er nun zum dritten Mal, zweimal flog er nach Israel. "Die Gemeinschaft der Athletinnen und Athleten, das ist wie eine Familie", beschreibt er die besondere Atmosphäre. 40.000 Zuschauer seien in Israel zu den Spielen geströmt, erzählt er, Barack Obama habe Videogrüße geschickt. Trotz deutlich weniger Publikum in Berlin, hatten auch die EMG 2015 ihre besonderen Momente. Bundespräsident Joachim Gauck hatte die Spiele vor 10.000 Zuschauern in der Waldbühne eröffnet. "Wie die Zuschauer gerade der deutschen Mannschaft zugejubelt haben, das war schon ein tolles Erlebnis", sagt Magazanik. Deutschland stellte mit 365 Sportlerinnen und Sportlern die stärkste Delegation. Lange Jahre durften jüdische Sportler aus Deutschland nicht hinter einer eigenen Landesfahne einlaufen. Bei jedem Schritt lief der Last der Vergangenheit mit. Vieles hat sich verändert.

Deborah Rosenthal ist die Enkelin von Hans Rosenthal, der von 1971 bis 1986 die ZDF-Ratesendung "Dalli, Dalli" moderiert hatte. Die Kölnerin und Studentin der Medien- und Kulturwissenschaften gehörte in Berlin zum deutschen Hockeyteam. "Als deutsche jüdische Nationalmannschaft hier auftreten zu können, ist etwas unfassbar Tolles", sagte Rosenthal im dpa-Interview. Zumal das Hockey-Stadion in Blickweite zum Olympiastadion angesiedelt ist, dort also, wo viele jüdische Sportler 1936 ausgeschlossen und als "Nicht-Arier" geschmäht wurden. "Hitler hätte sich darüber geärgert. Doch ich tue mir schwer, alles auf Hitler zu beziehen." Die junge Studentin hofft auf ein Zeichen, dass von der ersten Makkabiade in Deutschland ausgehen könnte: "Deutschland ist nicht judenfeindlicher als andere Länder."

"Die dritte Generation denkt und fühlt anders"

Auch der ARD-Journalist Norbert Kron, der im Frühjahr mit "Wir vergessen nicht, wir gehen tanzen" eine Textsammlung israelischer und deutscher Autoren veröffentlichte, vertraut darauf, dass die EMG 2015 Wirkung entfalten werden. "Eine Makkabiade hier in Berlin auf dem belasteten Gelände des Olympiastadions wäre doch vor zehn Jahren noch unmöglich gewesen", sagt Kron, der etwa für das ARD-Magazin ttt – titel, thesen, temperamente wie auch die Zeitungen Welt und Zeit berichtet.

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Zehnmal bereits reiste er nach Israel, zuletzt um seine von der DFB-Kulturstiftung unterstützte Anthologie auf der Buchmesse in Jerusalem vorzustellen: "Viele Bekannte plagt immer noch so eine Unsicherheit, wenn es um die Begegnung mit Juden geht. In Israel hat mich diese Lässigkeit im Umgang miteinander beeindruckt. Das heißt nicht, dass man vergisst, was war. Es unterscheidet sich aber enorm von dem diplomatischen Parkettauftreten der Politik, bei dem es eigentlich immer um den Holocaust oder den Nahostkonflikt geht." Heute leben 20.000 Israelis in der deutschen Hauptstadt. Selbst Berliner, sagt Kron: "Viele sind in den letzten Jahren aus total unpolitischen Gründen hierhergezogen. Weil die Mieten niedrig sind, weil die Stadt so kreativ ist. Vor zehn Jahren kamen Israelis meist nach Berlin, um sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Doch die dritte Generation denkt und fühlt anders. Ich kenne jedenfalls viele Israelis, die zwar nicht den Holocaust vergessen wollen, die aber nicht mehr die Trauer so sehr nach vorne stellen wollen. Sondern mehr die Freude des Überlebens."

Immer noch deutsche Gegenwart: 51 antisemitische Gewalttaten

Dabei ist Antisemitismus kein Museumsartefakt, sondern gehört zu deutscher Gegenwart. Knapp zehn Prozent bejahen bei Umfragen bis heute antisemitische Äußerungen, etwa dass Juden durch ihr eigenes Verhalten Mitschuld an der Verfolgung trügen. Die Amadeu Antonio Stiftung führt online ein laufendes Verzeichnis antisemitischer Vorfälle. Es ist eine lange Aufzählung von Beleidigungen, Schmierereien und Friedhofs-Schändungen. Und obwohl die Bundeszentrale für politische Bildung sicher zurecht analysiert, dass antisemitische Haltungen „kaum noch anschlussfähig an die Mehrheitsgesellschaft“ seien, wurden 51 Gewalttaten und 1275 Straftaten mit antisemitischem Bezug im Jahr 2013 gezählt.

Lev Magazanik, der in Dresden Juniorenfußball spielte, berichtet anderes: „Mein jüdischer Glauben ist kein großer Bestandteil meines Alltags, dennoch freue ich mich immer wieder, Teil der jüdischen Gemeinschaft zu sein." Die Dynamo-Fans hätten gewusst, dass ihr junger Innenverteidiger Jude ist. Angefeindet wurde er nie. Am Mittwoch enden die European Maccabi Games. Es gab viele bewegende Momente, etwa als die 61-jährige Nancy Glickman bei der Eröffnungszeremonie im Trikot ihres Vaters das Feuer entzündete. Marty Glickman, ein Weltklassesprinter jüdischen Glaubens, war 1936 unmittelbar vor den Spielen aus der US-Staffel gestrichen worden, wohl als devote Geste gegenüber den Nazis. Nun waren in Berlin 2300 jüdische Sportlerinnen und Sportler als aller Welt am Start. Keiner stoppte sie. Nancy Glickman sagt: "Mein Vater wäre sicher glücklich, wenn er wüsste, dass ich die Flamme entzündet habe."

Dass für die Sicherheit bei der ersten Makkabiade in Deutschland rund 900.000 Euro budgetiert waren, findet Lev Magazanik "etwas überzogen". Es gab keine Ausschreitungen, keine Schmierereien, nur Sport und Begegnung. Lev Magazanik sagt: "Es war die erste Makkabiade in Deutschland. Beim nächsten Mal wird man besser wissen, an welcher Stelle man Geld in die Sicherheit investieren muss." Der Sport als Brückenbauer? Die 14. European Maccabi Games enden jedenfalls mit vielen positiven Ergebnissen. Auch einem 4:1-Finalsieg über Frankreich.