Kremers: "Ich will hoffen, dass es eine Überraschung gibt"

Als wir Helmut Kremers erreichen, erwischen wir ihn auf dem falschen Fuß. Auf dem Platz ist das dem 273-maligen Bundesliga-Profi eher selten passiert. Er sei nicht mehr ganz so nah dran am Fußball, schon gar nicht in der kalten Jahreszeit, entschuldigt sich der 64-Jährige – und außerdem sei er ja ein Schalker. Schalke 04 spielt im DFB-Pokal 2014/15 freilich keine Rolle mehr, zwei andere Ex-Klubs von Kremers, der mit seinem Zwillingsbruder Erwin den Großteil seiner Karriere in denselben Mannschaften verbrachte, jedoch kreuzen am Mittwoch die Klingen. Kickers Offenbach trifft auf Borussia Mönchengladbach, vierte gegen erste Liga – ein Spiel, das nur der Pokal möglich macht. "Es wird spannend, ich sehe durchaus Chancen für die Kickers!"

Helmut Kremers, der es auf acht Länderspiele brachte und 1974 im Weltmeister-Kader stand (ohne Einsatz), weiß besser als manch anderer, was es heißt, wenn von den "eigenen Gesetzen" des Pokals die Rede ist. Denn 1970 gewann er mit den Offenbacher Kickers die begehrte Trophäe – als erster zweitklassiger Klub in der deutschen Pokal-Geschichte nach Gründung der Bundesliga. Wobei einschränkend zu sagen ist, dass sie im Finale schon als Bundesligist firmierten; die frühe Austragung der WM in Mexiko machte eine Verlegung in den August nötig. Und da waren die Kickers, die 1969/70 noch in der zweitklassigen Regionalliga Süd gekickt hatten, schon seit zwei Wochen Bundesligist. Außenseiter waren sie trotzdem im Finale gegen den 1. FC Köln, den sie in Hannover mit 2:1 gewannen. Bekanntester Mitspieler war Winfried Schäfer, der ein Jahr nach den Kremers' von Gladbach nach Offenbach wechselte – mit dem entscheidenden Unterschied, dass er sich nun Deutscher Meister nennen durfte.

Auf dem Weg ins Finale die Eintracht geschlagen

Für die Kremers-Zwillinge, die in Mönchengladbach geboren sind, hingegen war der Pokal der erste große Erfolg in ihrer Karriere. Der Vater spielte für den SC Mönchengladbach, die Söhne brachten es bei Borussia zu Bundesliga-Spielern. Aber weil sie nur sporadisch eingesetzt wurden und Geduld keine hervorstechende Tugend der Jugend ist, suchten sie nach zwei Jahren "Bank-Lehre" unter Hennes Weisweiler eine neue Herausforderung. Bundesliga-Absteiger Kickers Offenbach verpflichtete sie 1969 im Doppelpack. Mit 13 Toren trugen Helmut (sechs) und Erwin (sieben) zum sofortigen Wiederaufstieg bei. Und dann krönten sie ihr erstes Jahr mit dem Pokalsieg, allerdings fehlte Erwin in den entscheidenden Spielen – der Linksaußen wurde kurz vorher operiert. Umso wichtiger war die Rolle von Helmut, der Defensivere der beiden, dem im Halbfinale gegen Nürnberg (4:2 n. V.) das vorentscheidende 3:2 gelang. Das weiß er nicht mehr. "Aber wir haben vorher 3:0 bei Eintracht Frankfurt gewonnen!" So einen Derby-Sieg vergisst kein Kickers-Spieler.

Das Finale vergisst er natürlich auch nicht, neulich erst hat Kremers bei einem Wiedersehen Wolfgang Overath, damals Kölns Kapitän, damit aufgezogen. Und wie war das möglich damals? "Wenn man als Mannschaft auftritt, dann kann man für Überraschungen sorgen", kennt Kremers ein Gesetz, das nicht nur für den Pokal gilt. Zwei Jahre Gladbach, zwei Jahre Offenbach – wo hat er nun lieber gespielt, welcher Verein ist ihm lieber?

Kremers schwärmt auch nach 40 Jahren von der Atmosphäre in beiden Stadien. Ob Bökelberg oder Bieberer Berg, "wir Fußballer haben solche Stadien geliebt. In Stadien ohne Laufbahn herrscht eben eine besondere Atmosphäre." Eine Erkenntnis, der heute mit wenigen Ausnahmen an allen Bundesliga-Standorten Rechnung getragen wird. In den 70er-Jahren galt es hingegen als Armutszeugnis für eine Stadt, ein reines Fußball-Stadion zu haben. Sportlich waren diese Stadien umso gefürchteter. "In Offenbach stand es ja quasi schon vor Anpfiff 1:0", erinnert sich Kremers gern an die Begeisterungsfähigkeit der Kickers-Fans. Darauf setzt der Regionalligist auch am Mittwoch und er darf sich eines prominenten Fans gewiss sein. Kremers sagt: "Natürlich wäre es schön, wenn der Kleine den Großen schlägt. Ich will hoffen, dass es eine Überraschung gibt. Das macht den Pokal doch aus." Er hat es am eigenen Leib erlebt – damals, im Sommer 1970.

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Als wir Helmut Kremers erreichen, erwischen wir ihn auf dem falschen Fuß. Auf dem Platz ist das dem 273-maligen Bundesliga-Profi eher selten passiert. Er sei nicht mehr ganz so nah dran am Fußball, schon gar nicht in der kalten Jahreszeit, entschuldigt sich der 64-Jährige – und außerdem sei er ja ein Schalker. Schalke 04 spielt im DFB-Pokal 2014/15 freilich keine Rolle mehr, zwei andere Ex-Klubs von Kremers, der mit seinem Zwillingsbruder Erwin den Großteil seiner Karriere in denselben Mannschaften verbrachte, jedoch kreuzen am Mittwoch die Klingen. Kickers Offenbach trifft auf Borussia Mönchengladbach, vierte gegen erste Liga – ein Spiel, das nur der Pokal möglich macht. "Es wird spannend, ich sehe durchaus Chancen für die Kickers!"

Helmut Kremers, der es auf acht Länderspiele brachte und 1974 im Weltmeister-Kader stand (ohne Einsatz), weiß besser als manch anderer, was es heißt, wenn von den "eigenen Gesetzen" des Pokals die Rede ist. Denn 1970 gewann er mit den Offenbacher Kickers die begehrte Trophäe – als erster zweitklassiger Klub in der deutschen Pokal-Geschichte nach Gründung der Bundesliga. Wobei einschränkend zu sagen ist, dass sie im Finale schon als Bundesligist firmierten; die frühe Austragung der WM in Mexiko machte eine Verlegung in den August nötig. Und da waren die Kickers, die 1969/70 noch in der zweitklassigen Regionalliga Süd gekickt hatten, schon seit zwei Wochen Bundesligist. Außenseiter waren sie trotzdem im Finale gegen den 1. FC Köln, den sie in Hannover mit 2:1 gewannen. Bekanntester Mitspieler war Winfried Schäfer, der ein Jahr nach den Kremers' von Gladbach nach Offenbach wechselte – mit dem entscheidenden Unterschied, dass er sich nun Deutscher Meister nennen durfte.

Auf dem Weg ins Finale die Eintracht geschlagen

Für die Kremers-Zwillinge, die in Mönchengladbach geboren sind, hingegen war der Pokal der erste große Erfolg in ihrer Karriere. Der Vater spielte für den SC Mönchengladbach, die Söhne brachten es bei Borussia zu Bundesliga-Spielern. Aber weil sie nur sporadisch eingesetzt wurden und Geduld keine hervorstechende Tugend der Jugend ist, suchten sie nach zwei Jahren "Bank-Lehre" unter Hennes Weisweiler eine neue Herausforderung. Bundesliga-Absteiger Kickers Offenbach verpflichtete sie 1969 im Doppelpack. Mit 13 Toren trugen Helmut (sechs) und Erwin (sieben) zum sofortigen Wiederaufstieg bei. Und dann krönten sie ihr erstes Jahr mit dem Pokalsieg, allerdings fehlte Erwin in den entscheidenden Spielen – der Linksaußen wurde kurz vorher operiert. Umso wichtiger war die Rolle von Helmut, der Defensivere der beiden, dem im Halbfinale gegen Nürnberg (4:2 n. V.) das vorentscheidende 3:2 gelang. Das weiß er nicht mehr. "Aber wir haben vorher 3:0 bei Eintracht Frankfurt gewonnen!" So einen Derby-Sieg vergisst kein Kickers-Spieler.

Das Finale vergisst er natürlich auch nicht, neulich erst hat Kremers bei einem Wiedersehen Wolfgang Overath, damals Kölns Kapitän, damit aufgezogen. Und wie war das möglich damals? "Wenn man als Mannschaft auftritt, dann kann man für Überraschungen sorgen", kennt Kremers ein Gesetz, das nicht nur für den Pokal gilt. Zwei Jahre Gladbach, zwei Jahre Offenbach – wo hat er nun lieber gespielt, welcher Verein ist ihm lieber?

Kremers schwärmt auch nach 40 Jahren von der Atmosphäre in beiden Stadien. Ob Bökelberg oder Bieberer Berg, "wir Fußballer haben solche Stadien geliebt. In Stadien ohne Laufbahn herrscht eben eine besondere Atmosphäre." Eine Erkenntnis, der heute mit wenigen Ausnahmen an allen Bundesliga-Standorten Rechnung getragen wird. In den 70er-Jahren galt es hingegen als Armutszeugnis für eine Stadt, ein reines Fußball-Stadion zu haben. Sportlich waren diese Stadien umso gefürchteter. "In Offenbach stand es ja quasi schon vor Anpfiff 1:0", erinnert sich Kremers gern an die Begeisterungsfähigkeit der Kickers-Fans. Darauf setzt der Regionalligist auch am Mittwoch und er darf sich eines prominenten Fans gewiss sein. Kremers sagt: "Natürlich wäre es schön, wenn der Kleine den Großen schlägt. Ich will hoffen, dass es eine Überraschung gibt. Das macht den Pokal doch aus." Er hat es am eigenen Leib erlebt – damals, im Sommer 1970.