Köstner: "Unterhaching kann nur gewinnen"

Bundesliga-Geschichte wurde am 20. Mai 2000 geschrieben. Als Spitzenreiter war Bayer 04 Leverkusen in den 34. und letzten Spieltag gestartet. Schon ein Punkt hätte gereicht, um erstmals die Meisterschaft zu gewinnen. Doch bei der SpVgg Unterhaching verlor die "Werkself" völlig überraschend 0:2. Meister wurde wegen der besseren Tordifferenz der FC Bayern München dank eines 3:1-Heimsieges gegen Werder Bremen. Am Dienstag (ab 19 Uhr) gibt es im Achtelfinale des DFB-Pokals eine Neuauflage dieses Duells - freilich mit ganz anderen Voraussetzungen. Leverkusen ist nach wie vor eine Spitzenmannschaft in der Bundesliga und Teilnehmer am Europapokal. Unterhaching spielt aktuell in der viertklassigen Regionalliga Bayern.

Im aktuellen DFB.de-Interview spricht der 63-jährige Lorenz-Günther Köstner, im Mai 2000 Trainer der SpVgg Unterhaching, mit dem Journalisten Thomas Ziehn über die Rolle als Spielverderber, die Chancen der aktuellen Hachinger Mannschaft gegen Leverkusen und die Albträume von Reiner Calmund.

DFB.de: Mussten Sie schmunzeln, als das Pokallos Unterhaching gegen Leverkusen gezogen wurde, Herr Köstner?

Lorenz-Günther Köstner: Ich dachte sofort an das Sprichwort: Man sieht sich immer zweimal im Leben. Gerade vor solchen Partien werde ich laufend an die Ereignisse aus dem Jahr 2000 angesprochen.

DFB.de: Welche Erinnerungen kommen bei Ihnen sofort hoch?

Köstner: Ich hatte mit der SpVgg Unterhaching insgesamt eine super Zeit. Drei Spieltage vor dem Saisonende 1999/2000 konnten wir als Aufsteiger bereits den Klassenverbleib in der Bundesliga feiern. Das war schon sensationell. Vor dem abschließenden Leverkusen-Spiel gab ich der Mannschaft bis Mittwoch frei, weil die Jungs kräftemäßig auf dem Zahnfleisch gingen. Einige Medien haben das ‚unprofessionell‘ genannt. Wir wollten die Saison aber bis zum Ende durchziehen. Gerade die Zeitungen aus dem Rheinland fragten meine Spieler mehrfach nach ihren Tipps für das Saisonfinale. Zeitgleich bekamen wir mit, dass Bayer schon Vorkehrungen für die Meisterfeier traf. Kurzum: Die Mannschaft fühlte sich nicht richtig ernst genommen. Außerdem war sich Leverkusen wohl ein Stück weit zu sicher. Das spielte alles eine Rolle.

DFB.de: Werden Sie von Bayern-Fans noch heute als "Meistermacher" angesprochen?

Köstner: Das wollte ich schon damals nicht hören. Bayern München hat sich durch den Erfolg gegen Werder Bremen selbst zum Meister gemacht.

DFB.de: Bayerns damaliger Manager Uli Hoeneß hatte versprochen, Ihre Mannschaft mit Bier und Würsten zu beschenken. Hat er sein Versprechen gehalten?

Köstner: Als ich das mitbekam, habe ich gesagt, Uli könne seine Würstchen selbst essen. (lacht) Wir haben für uns selbst gespielt, nicht für Bayern München. Deshalb war es mir auch unangenehm, dass ein Großteil der Mannschaft bei der Meisterfeier des FC Bayern zu Gast war. Ich wurde am Abend nach dem Leverkusen-Spiel spontan ins ZDF-Sportstudio eingeladen und dort mit den Bildern meiner feiernden Spieler konfrontiert. Sie können mir glauben, dass mir das alles andere als recht war. Ich habe mich bei Bayer 04 dafür zu einem späteren Zeitpunkt entschuldigt. Das hätte nicht sein müssen.

DFB.de: In der Saison 1991/1992 wurden Sie als Co-Trainer unter Christoph Daum Deutscher Meister mit dem VfB Stuttgart. Acht Jahre später sorgten Sie als Trainer der SpVgg dafür, dass er mit Leverkusen nicht Meister wurde. Trägt er Ihnen das noch nach?

Köstner: Unmittelbar nach unserem 2:0-Heimsieg gegen Bayer 04 Leverkusen bin ich zu den Verantwortlichen um Manager Reiner Calmund, Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Christoph Daum gegangen, die noch auf dem Rasen standen. Ich habe ihnen gesagt, dass ihre Mannschaft ausgerechnet zum Saisonfinale ihr sportliches Potenzial nicht auf den Platz bringen konnte. Vor allem mit Christoph Daum herrschte danach für lange Zeit Funkstille. Das hat sich mittlerweile aber gegeben. Wenn ich Reiner Calmund sehe, sagt er immer nur: Jetzt kommen schon wieder sämtliche Albträume hoch.



Bundesliga-Geschichte wurde am 20. Mai 2000 geschrieben. Als Spitzenreiter war Bayer 04 Leverkusen in den 34. und letzten Spieltag gestartet. Schon ein Punkt hätte gereicht, um erstmals die Meisterschaft zu gewinnen. Doch bei der SpVgg Unterhaching verlor die "Werkself" völlig überraschend 0:2. Meister wurde wegen der besseren Tordifferenz der FC Bayern München dank eines 3:1-Heimsieges gegen Werder Bremen. Am Dienstag (ab 19 Uhr) gibt es im Achtelfinale des DFB-Pokals eine Neuauflage dieses Duells - freilich mit ganz anderen Voraussetzungen. Leverkusen ist nach wie vor eine Spitzenmannschaft in der Bundesliga und Teilnehmer am Europapokal. Unterhaching spielt aktuell in der viertklassigen Regionalliga Bayern.

Im aktuellen DFB.de-Interview spricht der 63-jährige Lorenz-Günther Köstner, im Mai 2000 Trainer der SpVgg Unterhaching, mit dem Journalisten Thomas Ziehn über die Rolle als Spielverderber, die Chancen der aktuellen Hachinger Mannschaft gegen Leverkusen und die Albträume von Reiner Calmund.

DFB.de: Mussten Sie schmunzeln, als das Pokallos Unterhaching gegen Leverkusen gezogen wurde, Herr Köstner?

Lorenz-Günther Köstner: Ich dachte sofort an das Sprichwort: Man sieht sich immer zweimal im Leben. Gerade vor solchen Partien werde ich laufend an die Ereignisse aus dem Jahr 2000 angesprochen.

DFB.de: Welche Erinnerungen kommen bei Ihnen sofort hoch?

Köstner: Ich hatte mit der SpVgg Unterhaching insgesamt eine super Zeit. Drei Spieltage vor dem Saisonende 1999/2000 konnten wir als Aufsteiger bereits den Klassenverbleib in der Bundesliga feiern. Das war schon sensationell. Vor dem abschließenden Leverkusen-Spiel gab ich der Mannschaft bis Mittwoch frei, weil die Jungs kräftemäßig auf dem Zahnfleisch gingen. Einige Medien haben das ‚unprofessionell‘ genannt. Wir wollten die Saison aber bis zum Ende durchziehen. Gerade die Zeitungen aus dem Rheinland fragten meine Spieler mehrfach nach ihren Tipps für das Saisonfinale. Zeitgleich bekamen wir mit, dass Bayer schon Vorkehrungen für die Meisterfeier traf. Kurzum: Die Mannschaft fühlte sich nicht richtig ernst genommen. Außerdem war sich Leverkusen wohl ein Stück weit zu sicher. Das spielte alles eine Rolle.

DFB.de: Werden Sie von Bayern-Fans noch heute als "Meistermacher" angesprochen?

Köstner: Das wollte ich schon damals nicht hören. Bayern München hat sich durch den Erfolg gegen Werder Bremen selbst zum Meister gemacht.

DFB.de: Bayerns damaliger Manager Uli Hoeneß hatte versprochen, Ihre Mannschaft mit Bier und Würsten zu beschenken. Hat er sein Versprechen gehalten?

Köstner: Als ich das mitbekam, habe ich gesagt, Uli könne seine Würstchen selbst essen. (lacht) Wir haben für uns selbst gespielt, nicht für Bayern München. Deshalb war es mir auch unangenehm, dass ein Großteil der Mannschaft bei der Meisterfeier des FC Bayern zu Gast war. Ich wurde am Abend nach dem Leverkusen-Spiel spontan ins ZDF-Sportstudio eingeladen und dort mit den Bildern meiner feiernden Spieler konfrontiert. Sie können mir glauben, dass mir das alles andere als recht war. Ich habe mich bei Bayer 04 dafür zu einem späteren Zeitpunkt entschuldigt. Das hätte nicht sein müssen.

DFB.de: In der Saison 1991/1992 wurden Sie als Co-Trainer unter Christoph Daum Deutscher Meister mit dem VfB Stuttgart. Acht Jahre später sorgten Sie als Trainer der SpVgg dafür, dass er mit Leverkusen nicht Meister wurde. Trägt er Ihnen das noch nach?

Köstner: Unmittelbar nach unserem 2:0-Heimsieg gegen Bayer 04 Leverkusen bin ich zu den Verantwortlichen um Manager Reiner Calmund, Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Christoph Daum gegangen, die noch auf dem Rasen standen. Ich habe ihnen gesagt, dass ihre Mannschaft ausgerechnet zum Saisonfinale ihr sportliches Potenzial nicht auf den Platz bringen konnte. Vor allem mit Christoph Daum herrschte danach für lange Zeit Funkstille. Das hat sich mittlerweile aber gegeben. Wenn ich Reiner Calmund sehe, sagt er immer nur: Jetzt kommen schon wieder sämtliche Albträume hoch.

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DFB.de: Damals begegneten sich die beiden Klubs aus Unterhaching und Leverkusen - zumindest was die Ligazugehörigkeit angeht - auf Augenhöhe. Wie weit sind die Klubs jetzt voneinander getrennt?

Köstner: Der Unterschied ist extrem groß geworden. Nach einem schwachen Saisonstart hat sich die SpVgg in der Liga aber mittlerweile gefangen. Im DFB-Pokal hat Unterhaching allerdings mit dem 2:1 über den FC Ingolstadt 04 und mit dem 3:0 gegen RB Leipzig Ausrufezeichen gesetzt. Leipzig hatte die Startelf vor dem Ausscheiden fast rundum verändert. Ein Zeichen dafür, dass RB die SpVgg wohl ein wenig unterschätzt hatte. Das wird Leverkusen nicht passieren.

DFB.de: Was trauen Sie der Spielvereinigung am Dienstag zu?

Köstner: Es ist fast schon eine Floskel, aber Unterhaching kann als Viertligist nur gewinnen. Wenn die Mannschaft - wie gegen Ingolstadt und Leipzig - schnell kontert und hinten kompakt steht, kann sie Leverkusen in Bedrängnis bringen. Dazu müssen gleichzeitig einige Spieler über sich hinauswachsen. Bei einem Rückstand wird es allerdings schwer.

DFB.de: Drücken Sie Ihrem Ex-Klub die Daumen?

Köstner: Selbstverständlich drücke ich Unterhaching die Daumen. Mein Gefühl sagt mir allerdings, dass sich Bayer 04 keine Blöße geben wird.

DFB.de: Was kann Unterhaching in dieser Saison noch leisten?

Köstner: Der Verein hat es derzeit nicht ganz so einfach. Finanziell ist Unterhaching sicher nicht auf Rosen gebettet. Viele Spieler, die bei der SpVgg ausgebildet wurden, stehen jetzt bei anderen Klubs unter Vertrag. Umso wichtiger ist es für den Klub, dass die Einnahmen aus dem DFB-Pokal da sind. Möglicherweise kann die Mannschaft im Winter noch einmal verstärkt werden. Der Rückstand von acht Zählern auf Rang eins ist nicht uneinholbar.

DFB.de: Ihre bislang letzte Trainerstation war Fortuna Düsseldorf. Wegen gesundheitlicher Probleme wurde Ihr Vertrag im Juni 2014 aufgelöst. Wie geht es Ihnen heute?

Köstner: Mein Körper hatte damals gestreikt. Ich habe einige Zeit benötigt, die Viruserkrankung auszukurieren. Ich bin aber längst vollkommen wieder hergestellt.

DFB.de: Wird man Sie noch einmal an der Seitenlinie sehen?

Köstner: Das weiß ich nicht. Fest steht, dass ich absolut dazu bereit bin. Es gab lose Kontakte, beispielsweise nach China oder Ägypten. Ehrlich gesagt ist man als Trainer manchmal auch froh, wenn so etwas im Sande verläuft. Wenn ein Angebot kommt, muss alles passen. Wer mich kennt, weiß, dass es für mich immer nur 100-prozentiges Engagement gibt - ganz oder gar nicht.

DFB.de: Bei welchem Angebot würden Sie sofort schwach werden?

Köstner: Das lässt sich nur schwer sagen. Für mich ist der Trainerjob kein Stress, sondern nur pure Freude. Ich bin dankbar, dass ich als Spieler und Trainer seit Jahrzehnten im Fußballgeschäft tätig bin. Das ist doch die schönste Anerkennung meiner Arbeit. Ich hatte meistens Vereine, die nicht über die allerbesten Möglichkeiten verfügen konnten. Es war ein ganz besonderer Reiz, mit diesen Klubs erfolgreich zu sein.