Klinsmann im Interview: „Alles auf WM 2006 ausgerichtet“

Der neue Bundestrainer Jürgen Klinsmann hat am Donnerstag in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt das Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft für das Länderspiel am kommenden Mittwoch in Wien gegen Österreich (20.45 Uhr/live in der ARD) bekannt gegeben. Gemeinsam mit seinem Assistenztrainer Joachim Löw stand er der DFB-Internetredaktion im großen Interview zu seinen Überlegungen Rede und Antwort.

Frage: Am Mittwoch steht das erste Länderspiel in der Bundestrainer-Ära Jürgen Klinsmann auf dem Programm. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in ihr erstes Spiel als verantwortlicher Trainer?

Jürgen Klinsmann: Es überwiegt ganz klar die Vorfreude, denn wir freuen uns riesig auf diese Aufgabe und darüber, dass es jetzt sportlich losgeht. Klar sind der Druck und die Erwartungshaltung riesig, aber das ist kein Problem – damit musste ich als Nationalspieler auch ständig umgehen.

Frage: Gibt es eine Zielsetzung für das Spiel gegen Österreich?

Jürgen Klinsmann: Natürlich wollen wir möglichst ein schönes Spiel sehen. Aber letztendlich muss unsere große Zielsetzung die WM 2006 in Deutschland sein, darauf muss alles ausgerichtet sein. Wir wollen deshalb jetzt eine Aufbruchstimmung einläuten: Die Spieler sollen Freude und Spaß haben; sie sollen merken, dass das Projekt 2006 jetzt los geht.

Frage: Welche grundlegenden Überlegungen hatten Sie vor der Zusammenstellung des nun benannten Kaders?

Jürgen Klinsmann: Wir haben uns überlegt, dass wir grundsätzlich lieber mit einem kleineren Kader bei den Länderspielen arbeiten wollen. Das hat den Vorteil, dass man sich intensiver um den einzelnen Spieler kümmern kann – auf dem Platz und auch neben dem Platz.

Frage: Es fällt auf, dass Sie mit Oliver Kahn, Jens Lehmann und Timo Hildebrand drei Torhüter nominiert haben ...

Jürgen Klinsmann: Wir haben das bewusst gemacht, weil wir ein Gefühl für die drei Torhüter und die Chemie untereinander bekommen möchten. Oliver Kahn ist ein Weltklassemann, Jens Lehmann ist ebenfalls ein Topspieler und Timo Hildebrand möchte sich auf ein ähnliches Niveau hocharbeiten. Unsere Vorstellung geht dahin, dass wir im Tor rotieren wollen, so dass jeder mal Einsatzchancen bekommt. Wir haben keine Qualifikationsspiele, das ergibt Möglichkeiten zum Probieren – denn wenn wir jetzt nicht testen, wann denn dann?

Frage: Gibt es grundsätzliche Überlegungen zum bevorzugten Spielsystem?

Joachim Löw: Fakt ist, dass unsere Grundordnung offensiv ausgerichtet sein soll, denn wir wollen bei der WM 2006 attraktiv und offensiv spielen. Bezüglich des Systems möchten wir uns aber nicht starr festlegen, denn jedes System hat seine Vor- und Nachteile. Ideal wäre es, eine gewisse Flexibilität mit zwei bis drei Möglichkeiten zu haben, die dann auch im Spiel je nach Situation greifen könnten. Natürlich wollen wir das ein oder andere auch erst einmal mit der Mannschaft besprechen. Unsere Idee ist ferner, dass wir uns von Länderspiel zu Länderspiel in kleinen Schritten nach vorne bewegen wollen, dass jeweils zwei bis drei Punkte herausgearbeitet und von der Mannschaft umgesetzt werden.

Frage: Sie haben 19 Spieler für die Begegnung in Wien nominiert. Einige EM-Fahrer, die jüngst in Portugal noch dabei waren, fehlen auf der Liste ...

Jürgen Klinsmann: Wir haben sicherlich 30 bis 40 Spieler Richtung WM 2006 im Auge, und da zählen EM-Spieler wie beispielsweise Dietmar Hamann und Fredi Bobic, mit denen ich telefoniert habe, mit dazu. Das habe ich ihnen auch am Telefon gesagt. Jeder der Portugal-Fahrer wird ständig beobachtet, alle DFB-Trainer sind an den Wochenenden unterwegs, beobachten und geben ihre Erkenntnisse an uns weiter. Wir wollen aber jetzt mal einige junge Spieler ins kalte Wasser werfen. Auch die Entwicklung bei der U 21 wird natürlich verfolgt.

Frage: Sebastian Deisler und Andreas Görlitz vom FC Bayern München, die jüngst als Kandidaten gehandelt wurden, fehlen im Aufgebot ...

Jürgen Klinsmann: Ich habe mit ihrem Vereinstrainer Felix Magath gesprochen, denn der offene Austausch mit den Bundesliga-Trainern, Managern und Spielern ist mir wichtig. In erster Linie muss für uns die Entwicklung der Spieler in Hinblick auf die WM im Vordergrund stehen, da muss man lang- und nicht kurzfristig denken. Deshalb sind die beiden diesmal nicht dabei, deshalb aber nicht abgeschrieben. Wir freuen uns doch alle über die tollen Leistungen der beiden im Liga-Pokal oder zum Bundesliga-Auftakt.

Frage: Der brasilianische Bundesliga-Torschützenkönig Ailton, gerade zum Fußballer des Jahres gewählt, hat der deutschen Mannschaft seine Hilfe angetragen.

Jürgen Klinsmann: Erst einmal einen Riesenglückwunsch an ihn zu seiner Wahl, was für einen Ausländer sicher doppelt so schwer ist. Aber Ailton ist Brasilianer, er ist dort geboren und sein Herz hängt an seinem Land. Deshalb wünsche ich ihm alles Gute und den Durchbruch im brasilianischen Team.

Frage: Lukas Podolski spielt nach dem Abstieg des 1. FC Köln jetzt nur noch in der 2. Bundesliga. Ist das ein Nachteil?

Jürgen Klinsmann: Ich sehe das nicht so tragisch, habe auch schon mit seinem Vereinstrainer Huub Stevens telefoniert. In der 2. Liga gibt´s auch mal mächtig auf die Socken, da wird sich Lukas Podolski durchbeißen müssen, das ist nicht die schlechteste Schule. Wichtig wird sein, wie er sich im Kreis der Nationalmannschaft bewegt.

Frage: Nach dem Länderspiel am Mittwoch geht der Flieger nicht schon nachts zurück, wie das früher oft der Fall war, sondern erst am Donnerstag ...

Jürgen Klinsmann: Diese Planung haben wir ganz bewusst so gewählt. Die Phase nach dem Spiel ist ganz wichtig. Wir wollen noch mal kurz als Team zusammensitzen, vernünftig was essen und regenerieren. Die Spieler werden noch mal gepflegt und massiert, sollen dann nachts ausschlafen, um am nächsten Tag frisch und bestens versorgt zu ihren Vereinen zurückzukehren, denen gegenüber wir ja auch eine Verantwortung haben.

Frage: Manch Vereinstrainer lässt verlautbaren, er habe noch nichts von Ihnen gehört.

Jürgen Klinsmann: Der Dialog mit den Trainern ist mir wichtig und ich habe auch schon mit vielen gesprochen. Der Tag hat aber nur 24 Stunden. Wir werden uns möglichst mit allen austauschen, nach und nach jeden kontaktieren.

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[bild1]Der neue Bundestrainer Jürgen Klinsmann hat am Donnerstag in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt das Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft für das Länderspiel am kommenden Mittwoch in Wien gegen Österreich (20.45 Uhr/live in der ARD) bekannt gegeben. Gemeinsam mit seinem Assistenztrainer Joachim Löw stand er der DFB-Internetredaktion im großen Interview zu seinen Überlegungen Rede und Antwort.



Frage: Am Mittwoch steht das erste Länderspiel in der Bundestrainer-Ära Jürgen Klinsmann auf dem Programm. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in ihr erstes Spiel als verantwortlicher Trainer?



Jürgen Klinsmann: Es überwiegt ganz klar die Vorfreude, denn wir freuen uns riesig auf diese Aufgabe und darüber, dass es jetzt sportlich losgeht. Klar sind der Druck und die Erwartungshaltung riesig, aber das ist kein Problem – damit musste ich als Nationalspieler auch ständig umgehen.



Frage: Gibt es eine Zielsetzung für das Spiel gegen Österreich?



Jürgen Klinsmann: Natürlich wollen wir möglichst ein schönes Spiel sehen. Aber letztendlich muss unsere große Zielsetzung die WM 2006 in Deutschland sein, darauf muss alles ausgerichtet sein. Wir wollen deshalb jetzt eine Aufbruchstimmung einläuten: Die Spieler sollen Freude und Spaß haben; sie sollen merken, dass das Projekt 2006 jetzt los geht.



Frage: Welche grundlegenden Überlegungen hatten Sie vor der Zusammenstellung des nun benannten Kaders?



Jürgen Klinsmann: Wir haben uns überlegt, dass wir grundsätzlich lieber mit einem kleineren Kader bei den Länderspielen arbeiten wollen. Das hat den Vorteil, dass man sich intensiver um den einzelnen Spieler kümmern kann – auf dem Platz und auch neben dem Platz.



Frage: Es fällt auf, dass Sie mit Oliver Kahn, Jens Lehmann und Timo Hildebrand drei Torhüter nominiert haben ...



Jürgen Klinsmann: Wir haben das bewusst gemacht, weil wir ein Gefühl für die drei Torhüter und die Chemie untereinander bekommen möchten. Oliver Kahn ist ein Weltklassemann, Jens Lehmann ist ebenfalls ein Topspieler und Timo Hildebrand möchte sich auf ein ähnliches Niveau hocharbeiten. Unsere Vorstellung geht dahin, dass wir im Tor rotieren wollen, so dass jeder mal Einsatzchancen bekommt. Wir haben keine Qualifikationsspiele, das ergibt Möglichkeiten zum Probieren – denn wenn wir jetzt nicht testen, wann denn dann?



Frage: Gibt es grundsätzliche Überlegungen zum bevorzugten Spielsystem?



Joachim Löw: Fakt ist, dass unsere Grundordnung offensiv ausgerichtet sein soll, denn wir wollen bei der WM 2006 attraktiv und offensiv spielen. Bezüglich des Systems möchten wir uns aber nicht starr festlegen, denn jedes System hat seine Vor- und Nachteile. Ideal wäre es, eine gewisse Flexibilität mit zwei bis drei Möglichkeiten zu haben, die dann auch im Spiel je nach Situation greifen könnten. Natürlich wollen wir das ein oder andere auch erst einmal mit der Mannschaft besprechen. Unsere Idee ist ferner, dass wir uns von Länderspiel zu Länderspiel in kleinen Schritten nach vorne bewegen wollen, dass jeweils zwei bis drei Punkte herausgearbeitet und von der Mannschaft umgesetzt werden.



Frage: Sie haben 19 Spieler für die Begegnung in Wien nominiert. Einige EM-Fahrer, die jüngst in Portugal noch dabei waren, fehlen auf der Liste ...



Jürgen Klinsmann: Wir haben sicherlich 30 bis 40 Spieler Richtung WM 2006 im Auge, und da zählen EM-Spieler wie beispielsweise Dietmar Hamann und Fredi Bobic, mit denen ich telefoniert habe, mit dazu. Das habe ich ihnen auch am Telefon gesagt. Jeder der Portugal-Fahrer wird ständig beobachtet, alle DFB-Trainer sind an den Wochenenden unterwegs, beobachten und geben ihre Erkenntnisse an uns weiter. Wir wollen aber jetzt mal einige junge Spieler ins kalte Wasser werfen. Auch die Entwicklung bei der U 21 wird natürlich verfolgt.



Frage: Sebastian Deisler und Andreas Görlitz vom FC Bayern München, die jüngst als Kandidaten gehandelt wurden, fehlen im Aufgebot ...


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Jürgen Klinsmann: Ich habe mit ihrem Vereinstrainer Felix Magath gesprochen, denn der offene Austausch mit den Bundesliga-Trainern, Managern und Spielern ist mir wichtig. In erster Linie muss für uns die Entwicklung der Spieler in Hinblick auf die WM im Vordergrund stehen, da muss man lang- und nicht kurzfristig denken. Deshalb sind die beiden diesmal nicht dabei, deshalb aber nicht abgeschrieben. Wir freuen uns doch alle über die tollen Leistungen der beiden im Liga-Pokal oder zum Bundesliga-Auftakt.



Frage: Der brasilianische Bundesliga-Torschützenkönig Ailton, gerade zum Fußballer des Jahres gewählt, hat der deutschen Mannschaft seine Hilfe angetragen.



Jürgen Klinsmann: Erst einmal einen Riesenglückwunsch an ihn zu seiner Wahl, was für einen Ausländer sicher doppelt so schwer ist. Aber Ailton ist Brasilianer, er ist dort geboren und sein Herz hängt an seinem Land. Deshalb wünsche ich ihm alles Gute und den Durchbruch im brasilianischen Team.



Frage: Lukas Podolski spielt nach dem Abstieg des 1. FC Köln jetzt nur noch in der 2. Bundesliga. Ist das ein Nachteil?



Jürgen Klinsmann: Ich sehe das nicht so tragisch, habe auch schon mit seinem Vereinstrainer Huub Stevens telefoniert. In der 2. Liga gibt´s auch mal mächtig auf die Socken, da wird sich Lukas Podolski durchbeißen müssen, das ist nicht die schlechteste Schule. Wichtig wird sein, wie er sich im Kreis der Nationalmannschaft bewegt.



Frage: Nach dem Länderspiel am Mittwoch geht der Flieger nicht schon nachts zurück, wie das früher oft der Fall war, sondern erst am Donnerstag ...



Jürgen Klinsmann: Diese Planung haben wir ganz bewusst so gewählt. Die Phase nach dem Spiel ist ganz wichtig. Wir wollen noch mal kurz als Team zusammensitzen, vernünftig was essen und regenerieren. Die Spieler werden noch mal gepflegt und massiert, sollen dann nachts ausschlafen, um am nächsten Tag frisch und bestens versorgt zu ihren Vereinen zurückzukehren, denen gegenüber wir ja auch eine Verantwortung haben.



Frage: Manch Vereinstrainer lässt verlautbaren, er habe noch nichts von Ihnen gehört.



Jürgen Klinsmann: Der Dialog mit den Trainern ist mir wichtig und ich habe auch schon mit vielen gesprochen. Der Tag hat aber nur 24 Stunden. Wir werden uns möglichst mit allen austauschen, nach und nach jeden kontaktieren.