Juri Schlünz: "Wir sprechen nicht vom Aufstieg"

Juri Schlünz ist in Rostock ein Urgestein. Von 1979 bis 1994 trug der Mittelfeldspieler das Trikot der Hansa. Später durchlief er im Verein sämtliche Trainerpositionen, war zeitweise sogar Cheftrainer in der Bundesliga. In den vergangenen Jahren hatte er sich als Leiter der Nachwuchsakademie der Jugendarbeit gewidmet. Um dem Verein aus einer Führungskrise zu helfen, übernahm er nun den Posten des Vorstandes Sport.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen spricht der 51-Jährige über den neuen Hansa-Trainer Marc Fascher, die Aufstiegsambitionen des Vereins und das Söldnertum im Profifußball.

DFB.de: Herr Schlünz, wie lange mussten Sie darüber nachdenken, ob Sie den Posten des Vorstandes Sport übernehmen möchten?

Juri Schlünz: Nicht sonderlich lange. Ich wusste, dass ich meinem Verein damit weiterhelfen würde. Außerdem bereitet mir die neue Aufgabe viel Freude.

DFB.de: Sehen Sie sich als vorübergehende Lösung oder können Sie sich die Aufgabe langfristig vorstellen?

Schlünz: Ich gehe von keiner längeren Amtszeit aus. Der Vertrag als Vorstand Sport läuft bis 2014. Aber es ist durchaus möglich, dass ich später wieder als Vorstand für den Nachwuchs arbeite.

DFB.de: Seitdem Marc Fascher das Traineramt übernommen hat, befindet sich Hansa Rostock wieder auf der Erfolgsspur. Alle drei Spiele wurden gewonnen. Was ist das Geheimnis dieses Trainers?

Schlünz: Er kommt bei den Jungs gut an, ist ein super Motivator und gibt für jedes Spiele eine klare Philosophie vor. Er hat es geschafft, dass unsere Mannschaft kompakter steht.

DFB.de: War die Entlassung des Vorgängers Wolfgang Wolf also unvermeidbar?

Schlünz: Der Vorstand hat diese Entscheidung getroffen. Die Ergebnisse sind seitdem besser geworden. Trotzdem muss jede Entlassung gut überlegt sein. Vor 15 Jahren war jede Trainer-Entlassung eine große Sensation. Heutzutage ist es kaum möglich, über die gesamten Trainerwechsel den Überblick zu behalten. Manchmal würde ich mir wünschen, dass die Vereine länger an einem Trainer festhalten und dem Druck von Außen standhalten.

DFB.de: Waren Sie vielleicht deswegen die letzten Jahre im Nachwuchsbereich tätig?

Schlünz:: Der Vorteil am Nachwuchsbereich ist tatsächlich, dass die Trainer mehr Zeit bekommen, ihre Spieler weiterzuentwickeln.

DFB.de: Klubchef Bernd Hofmann sagte vor Saisonbeginn, man würde den direkten Wiederaufstieg anpeilen. Halten Sie an diesem Ziel fest?

Schlünz:: Es ist durchaus legitim, die Ziele während der Saison noch einmal zu korrigieren. Momentan ist es nicht sinnvoll, vom Aufstieg zu sprechen. Wir denken erst einmal von Spiel zu Spiel. Das bekommt der Mannschaft besser. Zumal in der 3. Liga ohnehin jeder gegen jeden gewinnen kann. Weihnachten lässt sich eventuell eine neue Zielsetzung ausgeben. Über lang oder kurz sollte mit diesem Verein ein stabiler Tabellenplatz in der 2. Liga realistisch sein.

DFB.de: In der Saison 2007/2008 spielte Hansa Rostock noch in der Bundesliga. Was ist seitdem alles schief gelaufen?

Schlünz:: Wir haben einen Großteil unserer Einnahmen die letzten Jahre in die Infrastruktur gesteckt. Daher hat Hansa Rostock zum Beispiel eines der besten Nachwuchs-Leistungszentren Deutschlands. Wir waren einer der ersten Vereine, die ein Jugendinternat hatten. Außerdem wurde 2001 ein neues Stadion gebaut. Sicherlich hat uns dieses Geld oftmals für Spielerverpflichtungen gefehlt. Trotzdem halte ich diese Entscheidungen weiterhin für richtig. Besonders im Nachwuchsbereich: Wir haben viele tolle Spieler hervorgebracht.

DFB.de: Und wie ist es momentan um die Nachwuchsarbeit in Rostock bestellt?

Schlünz: Natürlich ist das immer eine Frage des Geldes. Das Leistungszentrum kostet uns eine Million Euro pro Jahr. Leider sind die Fernseheinnahmen in der 3. Liga deutlich geringer als in der 2. Liga. Deswegen haben nur sieben Drittligisten ein Leistungszentrum. Wir haben glücklicherweise viele Mitarbeiter, die für den Verein wirklich ihr letztes Hemd geben. Viele Trainer arbeiten bei uns ehrenamtlich. Nicht zuletzt ihnen ist es zu verdanken, dass einige unserer Jugendspieler den Sprung zu den Profis schaffen können.

DFB.de: Sie haben das einzige Leistungszentrum in Mecklenburg-Vorpommern. Ist diese mangelnde Konkurrenz bei der Talentsuche ein Vorteil?

Schlünz: Natürlich wollen alle jungen Fußballer aus der Umgebung erst einmal zu uns. Leider ist es schwierig, die großen Talente als Drittligist davon zu überzeugen, langfristig bei uns zu bleiben.

DFB.de: Als Hansa Rostock 1986 aus der Oberliga abstieg, gab es auch für Sie viele lukrative Angebote. Trotzdem sind Sie geblieben. Fehlt diese Vereinstreue heutzutage den Spielern?

Schlünz: Das war damals eine ganz andere Zeit. Seitdem hat sich in Deutschland vieles verändert. Ich denke nicht, dass man das mit heute vergleichen kann. Trotzdem sollte man das Söldnertum ein wenig bekämpfen.

DFB.de: Was genau meinen Sie?

Schlünz: Ich erwarte von Spielern, die jeden Monat ihr Gehalt bekommen, dass sie sich mit ihrem Arbeitgeber auseinandersetzen. Sie sollten nicht nur die Sprache lernen, sondern sich auch mit der Vereinshistorie beschäftigen. Ein Fußballer muss wissen, bei was für einem Verein er spielt. Das fehlt mir heutzutage leider vielfach.

DFB.de: Hansa Rostock hatte in letzter Zeit öfter Probleme mit gewaltbereiten Zuschauern. Beim Spiel gegen den Halleschen FC konnte die Polizei nur mit viel Mühe Ausschreitungen verhindern. Beim Auswärtssiel in Darmstadt wurden im Hansa-Block mehrmals Bengalische Feuer gezündet. Warum ist das nicht in den Griff zu bekommen?

Schlünz: Das betrifft nicht nur uns. In einigen Vereinen gibt es Fangruppierungen mit vereinzelten Menschen, die ihrem Verein offenbar schaden möchten. Das ist sehr schade. In den letzten Jahren haben wir uns in ganz Deutschland viele Sympathien erarbeitet. Das gilt auch für unsere Fans, die im ganzen Land verteilt sind. Ich denke, dass härtere Strafen der Justiz hilfreich wären. Wenn ein Zuschauer andere mit einer Rakete beschießt, dabei schlimme Verletzungen in Kauf nimmt, muss das stärkere Konsequenzen haben.

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Juri Schlünz ist in Rostock ein Urgestein. Von 1979 bis 1994 trug der Mittelfeldspieler das Trikot der Hansa. Später durchlief er im Verein sämtliche Trainerpositionen, war zeitweise sogar Cheftrainer in der Bundesliga. In den vergangenen Jahren hatte er sich als Leiter der Nachwuchsakademie der Jugendarbeit gewidmet. Um dem Verein aus einer Führungskrise zu helfen, übernahm er nun den Posten des Vorstandes Sport.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen spricht der 51-Jährige über den neuen Hansa-Trainer Marc Fascher, die Aufstiegsambitionen des Vereins und das Söldnertum im Profifußball.

DFB.de: Herr Schlünz, wie lange mussten Sie darüber nachdenken, ob Sie den Posten des Vorstandes Sport übernehmen möchten?

Juri Schlünz: Nicht sonderlich lange. Ich wusste, dass ich meinem Verein damit weiterhelfen würde. Außerdem bereitet mir die neue Aufgabe viel Freude.

DFB.de: Sehen Sie sich als vorübergehende Lösung oder können Sie sich die Aufgabe langfristig vorstellen?

Schlünz: Ich gehe von keiner längeren Amtszeit aus. Der Vertrag als Vorstand Sport läuft bis 2014. Aber es ist durchaus möglich, dass ich später wieder als Vorstand für den Nachwuchs arbeite.

DFB.de: Seitdem Marc Fascher das Traineramt übernommen hat, befindet sich Hansa Rostock wieder auf der Erfolgsspur. Alle drei Spiele wurden gewonnen. Was ist das Geheimnis dieses Trainers?

Schlünz: Er kommt bei den Jungs gut an, ist ein super Motivator und gibt für jedes Spiele eine klare Philosophie vor. Er hat es geschafft, dass unsere Mannschaft kompakter steht.

DFB.de: War die Entlassung des Vorgängers Wolfgang Wolf also unvermeidbar?

Schlünz: Der Vorstand hat diese Entscheidung getroffen. Die Ergebnisse sind seitdem besser geworden. Trotzdem muss jede Entlassung gut überlegt sein. Vor 15 Jahren war jede Trainer-Entlassung eine große Sensation. Heutzutage ist es kaum möglich, über die gesamten Trainerwechsel den Überblick zu behalten. Manchmal würde ich mir wünschen, dass die Vereine länger an einem Trainer festhalten und dem Druck von Außen standhalten.

DFB.de: Waren Sie vielleicht deswegen die letzten Jahre im Nachwuchsbereich tätig?

Schlünz:: Der Vorteil am Nachwuchsbereich ist tatsächlich, dass die Trainer mehr Zeit bekommen, ihre Spieler weiterzuentwickeln.

DFB.de: Klubchef Bernd Hofmann sagte vor Saisonbeginn, man würde den direkten Wiederaufstieg anpeilen. Halten Sie an diesem Ziel fest?

Schlünz:: Es ist durchaus legitim, die Ziele während der Saison noch einmal zu korrigieren. Momentan ist es nicht sinnvoll, vom Aufstieg zu sprechen. Wir denken erst einmal von Spiel zu Spiel. Das bekommt der Mannschaft besser. Zumal in der 3. Liga ohnehin jeder gegen jeden gewinnen kann. Weihnachten lässt sich eventuell eine neue Zielsetzung ausgeben. Über lang oder kurz sollte mit diesem Verein ein stabiler Tabellenplatz in der 2. Liga realistisch sein.

DFB.de: In der Saison 2007/2008 spielte Hansa Rostock noch in der Bundesliga. Was ist seitdem alles schief gelaufen?

Schlünz:: Wir haben einen Großteil unserer Einnahmen die letzten Jahre in die Infrastruktur gesteckt. Daher hat Hansa Rostock zum Beispiel eines der besten Nachwuchs-Leistungszentren Deutschlands. Wir waren einer der ersten Vereine, die ein Jugendinternat hatten. Außerdem wurde 2001 ein neues Stadion gebaut. Sicherlich hat uns dieses Geld oftmals für Spielerverpflichtungen gefehlt. Trotzdem halte ich diese Entscheidungen weiterhin für richtig. Besonders im Nachwuchsbereich: Wir haben viele tolle Spieler hervorgebracht.

DFB.de: Und wie ist es momentan um die Nachwuchsarbeit in Rostock bestellt?

Schlünz: Natürlich ist das immer eine Frage des Geldes. Das Leistungszentrum kostet uns eine Million Euro pro Jahr. Leider sind die Fernseheinnahmen in der 3. Liga deutlich geringer als in der 2. Liga. Deswegen haben nur sieben Drittligisten ein Leistungszentrum. Wir haben glücklicherweise viele Mitarbeiter, die für den Verein wirklich ihr letztes Hemd geben. Viele Trainer arbeiten bei uns ehrenamtlich. Nicht zuletzt ihnen ist es zu verdanken, dass einige unserer Jugendspieler den Sprung zu den Profis schaffen können.

DFB.de: Sie haben das einzige Leistungszentrum in Mecklenburg-Vorpommern. Ist diese mangelnde Konkurrenz bei der Talentsuche ein Vorteil?

Schlünz: Natürlich wollen alle jungen Fußballer aus der Umgebung erst einmal zu uns. Leider ist es schwierig, die großen Talente als Drittligist davon zu überzeugen, langfristig bei uns zu bleiben.

DFB.de: Als Hansa Rostock 1986 aus der Oberliga abstieg, gab es auch für Sie viele lukrative Angebote. Trotzdem sind Sie geblieben. Fehlt diese Vereinstreue heutzutage den Spielern?

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Schlünz: Das war damals eine ganz andere Zeit. Seitdem hat sich in Deutschland vieles verändert. Ich denke nicht, dass man das mit heute vergleichen kann. Trotzdem sollte man das Söldnertum ein wenig bekämpfen.

DFB.de: Was genau meinen Sie?

Schlünz: Ich erwarte von Spielern, die jeden Monat ihr Gehalt bekommen, dass sie sich mit ihrem Arbeitgeber auseinandersetzen. Sie sollten nicht nur die Sprache lernen, sondern sich auch mit der Vereinshistorie beschäftigen. Ein Fußballer muss wissen, bei was für einem Verein er spielt. Das fehlt mir heutzutage leider vielfach.

DFB.de: Hansa Rostock hatte in letzter Zeit öfter Probleme mit gewaltbereiten Zuschauern. Beim Spiel gegen den Halleschen FC konnte die Polizei nur mit viel Mühe Ausschreitungen verhindern. Beim Auswärtssiel in Darmstadt wurden im Hansa-Block mehrmals Bengalische Feuer gezündet. Warum ist das nicht in den Griff zu bekommen?

Schlünz: Das betrifft nicht nur uns. In einigen Vereinen gibt es Fangruppierungen mit vereinzelten Menschen, die ihrem Verein offenbar schaden möchten. Das ist sehr schade. In den letzten Jahren haben wir uns in ganz Deutschland viele Sympathien erarbeitet. Das gilt auch für unsere Fans, die im ganzen Land verteilt sind. Ich denke, dass härtere Strafen der Justiz hilfreich wären. Wenn ein Zuschauer andere mit einer Rakete beschießt, dabei schlimme Verletzungen in Kauf nimmt, muss das stärkere Konsequenzen haben.