Jürgen Klinsmann: "Gegen die Großen müssen jetzt Siege kommen"

Der FIFA Confederations Cup 2005 findet vom 15. bis 29. Juni in Deutschland statt. Im Vorfeld des Turniers hat sich Bundestrainer Jürgen Klinsmann mit Facts, dem offiziellen Magazin des WM-Organisationskomitees, unterhalten.

Frage: Herr Klinsmann, welche generelle Bedeutung hat der FIFA Confederations Cup 2005 für den deutschen Fußball?

Jürgen Klinsmann: Er ist zum einen eine tolle Möglichkeit der Welt zu zeigen, wie sehr wir uns in Deutschland auf die WM 2006 freuen und wie weit wir mit der Infrastruktur für die WM sind, welch hervorragende Rahmenbedingungen wir anbieten können. Für den deutschen Fußball ist die Bedeutung dieses Turniers nach all den negativen Vorfällen rund um den Wettskandal noch größer geworden, weil es jetzt die Chance bietet, wieder auf unsere Vorzüge, auf unsere Qualitäten hinzuweisen. Wir müssen uns als Gastgeber von einer sehr kreativen Seite zeigen.

Frage: Wie hoch ist der sportliche Stellenwert dieses Turniers für Ihre Mannschaft, die als Gastgeber automatisch qualifiziert ist für die FIFA WM 2006?

Klinsmann: Gerade weil wir keine Qualifikationsspiele haben, ist der sportliche Stellenwert für uns viel höher als für alle anderen Mannschaften. Es ist enorm wichtig zu sehen, wie unsere Mannschaft den Turnierrhythmus findet, wie konzentriert sie bei der Sache ist.

Frage: Kann beim Confederations Cup der WM-Ernstfall simuliert werden?

Klinsmann: Von den äußeren Abläufen sicher nicht, weil wir ganz anders organisiert sein werden als bei der WM, wo wir zum Beispiel ein festes Hauptquartier haben werden. Für das Turnier selbst gelten aber die gleichen Grundsätze. Wir wollen zum Beispiel mit einem Sieg starten, um wie bei einer WM den Druck sofort etwas abzumildern. Auch wenn 2006 ein viel größerer Druck da sein wird.

Frage: Bedeutet dies, dass Sie mit Ihrem kompletten Trainer- und Betreuer-Team, also auch mit dem Mannschaftspsychologen und den amerikanischen Fitnessexperten antreten werden?

Klinsmann: Auch hierfür ist der Confederations Cup für uns der WM-Testfall. Das heißt, die komplette Betreuer-Crew wird über die gesamte Zeit dabei sein. Auch der Sportpsychologe und zumindest einer von den Amerikanern. Wir wollen weiterkommen beim Aufbau unserer Struktur und einer eigenen DFB-Spielkultur.

Frage: Entspricht die Vorbereitung mit dem fünftägigen Trainingslager in München und dem Spiel gegen Bayern München sowie zwei folgenden Länderspielen in Nordirland und gegen Russland Ihren Vorstellungen?

Klinsmann: Uns wurde, ehrlich gesagt, dieses Programm vorgegeben. Wir hätten lieber ein Freundschaftsspiel weggestrichen zu Gunsten eines kleinen Urlaubs. Doch wir machen das jetzt so. Für die Spieler wird es nach Saisonende noch mal ein ganz langer Monat. Wir müssen sie mit viel Freizeit positiv bei Laune halten.

Frage: Wie ernst werden Ihrer Meinung nach zwei WM-Topfavoriten wie Brasilien und Argentinien diesen Härtetest nehmen?

Klinsmann: Ich gehe davon aus, dass beide den Confederations Cup sehr ernst nehmen und mit ihren stärksten Teams antreten werden. Das sind Spiele, die wir Trainer als Highlights definieren. Es geht um viel Prestige. Auch Otto Rehhagel will mit Europameister Griechenland zeigen, was er drauf hat. Das Gleiche gilt für Zico mit Japan und Lemerre mit Tunesien als Asien- und als Afrika-Meister und auch für Mexiko und Australien.

Frage: In der FIFA-Weltrangliste hatte Deutschland zuletzt den 18. Platz belegt. Wo stufen Sie Ihr Team ein?

Klinsmann: Ich empfinde dieses Ranking als schlechten Witz, weil mit zweierlei Maß gemessen wird. Für unsere Freundschaftsspiele gilt ein niedrigerer Koeffizient als für die Qualifikationsspiele anderer Teams. Das heißt, selbst wenn wir alle Spiele gewinnen würden, würden wir weiter abrutschen. Der WM-Gastgeber müsste daher in der Weltrangliste außer Konkurrenz geführt werden. Realistisch beurteilt, gehören wir mit Sicherheit zu den besten Acht oder besten Sechs in der Welt. Nach unseren Unentschieden gegen die ganz Großen müssen jetzt aber Siege kommen.

Frage: Was macht Sie so zuversichtlich?

Klinsmann: Wir im Trainerstab sind der Meinung, dass bei allen Spielern, auch bei unseren Topspielern, noch Raum zur Leistungsoptimierung da ist. Bei wirklich jedem können noch 20 bis 30 Prozent mehr kommen. Daran werden wir arbeiten.

Frage: In den ersten acht Monaten brachten Sie acht Neulinge zum Einsatz. Planen Sie für den Confederations Cup mit weiteren Debütanten?

Klinsmann: Unser erweiterter Kader ist mit 33 Kandidaten für die 23 WM-Plätze fixiert. Wenn nicht noch ein Shooting Star vom Format eines Wayne Rooney oder Lukas Podolski überraschend auftaucht, bleibt es dabei.

Frage: Oder können sich Routiniers wie Hamann und Neuville Hoffnungen auf ein Comeback beim Confederations Cup machen?

Klinsmann: Jetzt sollen sich eher noch einmal jüngere Spieler an Turnier-Atmosphäre gewöhnen. Nach dem Confederations Cup zählt aber nur noch die absolute Leistung, unabhängig vom Alter. Didi Hamann und Oliver Neuville zählen ebenso zum Kader der 33 wie Christoph Metzelder, Frank Baumann oder Markus Babbel. Wir brauchen das Gleichgewicht zwischen Routine, Cleverness und jugendlichem Elan.

Frage: Welche Torwartregelung beabsichtigen Sie bei diesem Turnier: Rotation oder Kahn als feste Nummer 1 und Lehmann dahinter?

Klinsmann: Rotation. Beide sollen den Ernstfall des Turniers spüren.

Frage: Für Michael Ballack wird es das erste Turnier als Kapitän sein. Was erwarten Sie von ihm?

Klinsmann: Dass er so weiter macht. Wie er sich um die Mitspieler kümmert, wie er positiv vorangeht. Wie er die Rolle des Anführers annimmt. Das macht er auf ganz natürliche und instinktive Art. Wirklich toll!

Frage: Erfolgreiche Trainer verlängern ihre Verträge in der Regel ein Jahr vor Vertragsende. Würde dies auch für Sie nach einem erfolgreichen Turnier um den Confederations Cup zutreffen?

Klinsmann: Nein. Wir werden uns, so wie es vereinbart ist, nach der WM 2006 zusammensetzen. Meine, unsere Arbeit steht und fällt mit der WM. Wenn wir den Confederations Cup gewinnen sollten, wäre dies super. Doch der einzige Maßstab für meine Arbeit ist die WM 2006. Ich brauche keine langfristige Absicherung. [ok]


[bild1]Der FIFA Confederations Cup 2005 findet vom 15. bis 29. Juni in Deutschland statt. Im Vorfeld des Turniers hat sich Bundestrainer Jürgen Klinsmann mit Facts, dem offiziellen Magazin des WM-Organisationskomitees, unterhalten.



Frage: Herr Klinsmann, welche generelle Bedeutung hat der FIFA Confederations Cup 2005 für den deutschen Fußball?



Jürgen Klinsmann: Er ist zum einen eine tolle Möglichkeit der Welt zu zeigen, wie sehr wir uns in Deutschland auf die WM 2006 freuen und wie weit wir mit der Infrastruktur für die WM sind, welch hervorragende Rahmenbedingungen wir anbieten können. Für den deutschen Fußball ist die Bedeutung dieses Turniers
nach all den negativen Vorfällen rund um den Wettskandal noch größer geworden, weil es jetzt die Chance bietet, wieder auf
unsere Vorzüge, auf unsere Qualitäten hinzuweisen. Wir müssen uns als Gastgeber von einer sehr kreativen Seite zeigen.



Frage: Wie hoch ist der sportliche Stellenwert dieses Turniers für Ihre Mannschaft, die als Gastgeber automatisch qualifiziert ist für die FIFA WM 2006?



Klinsmann: Gerade weil wir keine Qualifikationsspiele
haben, ist der sportliche Stellenwert für uns viel höher als für alle anderen Mannschaften. Es ist enorm wichtig zu sehen, wie unsere Mannschaft den Turnierrhythmus findet, wie konzentriert sie bei der Sache ist.



Frage: Kann beim Confederations Cup der WM-Ernstfall simuliert werden?



Klinsmann: Von den äußeren Abläufen sicher nicht, weil wir ganz anders organisiert sein werden als bei der WM, wo wir zum Beispiel ein festes Hauptquartier haben werden. Für das Turnier selbst gelten aber die gleichen Grundsätze. Wir wollen zum Beispiel mit einem Sieg starten, um wie bei einer WM den Druck sofort etwas abzumildern. Auch wenn 2006 ein viel größerer Druck da sein wird.



Frage: Bedeutet dies, dass Sie mit Ihrem kompletten Trainer- und Betreuer-Team, also auch mit dem Mannschaftspsychologen und den amerikanischen Fitnessexperten antreten werden?



Klinsmann: Auch hierfür ist der Confederations Cup für
uns der WM-Testfall. Das heißt, die komplette Betreuer-Crew wird über die gesamte Zeit dabei sein. Auch der Sportpsychologe
und zumindest einer von den Amerikanern. Wir wollen weiterkommen beim Aufbau unserer Struktur und einer eigenen DFB-Spielkultur.



Frage: Entspricht die Vorbereitung mit dem fünftägigen
Trainingslager in München und dem Spiel gegen Bayern München sowie zwei folgenden Länderspielen in Nordirland und gegen Russland Ihren Vorstellungen?



Klinsmann: Uns wurde, ehrlich gesagt, dieses Programm
vorgegeben. Wir hätten lieber ein Freundschaftsspiel weggestrichen zu Gunsten eines kleinen Urlaubs. Doch wir
machen das jetzt so. Für die Spieler wird es nach Saisonende noch mal ein ganz langer Monat. Wir müssen sie mit viel Freizeit
positiv bei Laune halten.



Frage: Wie ernst werden Ihrer Meinung nach zwei WM-Topfavoriten wie Brasilien und Argentinien diesen Härtetest nehmen?



Klinsmann: Ich gehe davon aus, dass beide den Confederations Cup sehr ernst nehmen und mit ihren stärksten Teams antreten werden. Das sind Spiele, die wir Trainer als Highlights definieren. Es geht um viel Prestige. Auch Otto Rehhagel will mit Europameister Griechenland zeigen, was er drauf hat. Das Gleiche gilt für Zico mit Japan und Lemerre
mit Tunesien als Asien- und als Afrika-Meister und auch für Mexiko und Australien.



Frage: In der FIFA-Weltrangliste hatte Deutschland
zuletzt den 18. Platz belegt. Wo stufen Sie Ihr Team ein?



Klinsmann: Ich empfinde dieses Ranking als schlechten
Witz, weil mit zweierlei Maß gemessen wird. Für unsere Freundschaftsspiele gilt ein niedrigerer Koeffizient als für die Qualifikationsspiele anderer Teams. Das heißt, selbst wenn wir alle Spiele gewinnen würden, würden wir weiter abrutschen. Der WM-Gastgeber müsste daher in der Weltrangliste außer Konkurrenz geführt werden. Realistisch beurteilt, gehören wir mit Sicherheit
zu den besten Acht oder besten Sechs in der Welt. Nach unseren Unentschieden gegen die ganz Großen müssen jetzt aber Siege kommen.



Frage: Was macht Sie so zuversichtlich?



Klinsmann: Wir im Trainerstab sind der Meinung, dass bei
allen Spielern, auch bei unseren Topspielern, noch Raum zur Leistungsoptimierung da ist. Bei wirklich jedem können noch 20 bis 30 Prozent mehr kommen. Daran werden wir arbeiten.



[bild2]Frage: In den ersten acht Monaten brachten Sie acht Neulinge zum Einsatz. Planen Sie für den Confederations Cup mit weiteren Debütanten?



Klinsmann: Unser erweiterter Kader ist mit 33 Kandidaten
für die 23 WM-Plätze fixiert. Wenn nicht noch ein Shooting Star vom Format eines Wayne Rooney oder Lukas Podolski
überraschend auftaucht, bleibt es dabei.



Frage: Oder können sich Routiniers wie Hamann und Neuville Hoffnungen auf ein Comeback beim Confederations Cup machen?



Klinsmann: Jetzt sollen sich eher noch einmal jüngere
Spieler an Turnier-Atmosphäre gewöhnen. Nach dem Confederations Cup zählt aber nur noch die absolute Leistung, unabhängig vom
Alter. Didi Hamann und Oliver Neuville zählen ebenso zum Kader der 33 wie Christoph Metzelder, Frank Baumann oder Markus
Babbel. Wir brauchen das Gleichgewicht zwischen Routine, Cleverness und jugendlichem Elan.



Frage: Welche Torwartregelung beabsichtigen Sie bei diesem Turnier: Rotation oder Kahn als feste Nummer 1 und Lehmann dahinter?



Klinsmann: Rotation. Beide sollen den Ernstfall des
Turniers spüren.



Frage: Für Michael Ballack wird es das erste Turnier
als Kapitän sein. Was erwarten Sie von ihm?



Klinsmann: Dass er so weiter macht. Wie er sich um die
Mitspieler kümmert, wie er positiv vorangeht. Wie er die Rolle des Anführers annimmt. Das macht er auf ganz natürliche und
instinktive Art. Wirklich toll!



Frage: Erfolgreiche Trainer verlängern ihre Verträge
in der Regel ein Jahr vor Vertragsende. Würde dies auch für Sie nach einem erfolgreichen Turnier um den Confederations Cup zutreffen?



Klinsmann: Nein. Wir werden uns, so wie es vereinbart
ist, nach der WM 2006 zusammensetzen. Meine, unsere Arbeit steht und fällt mit der WM. Wenn wir den Confederations Cup gewinnen
sollten, wäre dies super. Doch der einzige Maßstab für meine Arbeit ist die WM 2006. Ich brauche keine langfristige Absicherung.