Jones: "Um den Nachwuchs müssen wir uns keine Sorgen machen"

40 Jahre Deutsche Meisterschaft im Frauenfußball, eine 40-jährige Erfolgsgeschichte. Steffi Jones hat sie entscheidend mitgeprägt. Von 1990 bis 2007 war die heutige Direktorin Frauenfußball des Deutschen Fußball-Bunds als Spielerin Mitglied dieser großen Gemeinschaft.

Die 41-Jährige war dabei, als 1990 die Bundesliga eingeführt wurde. Sie war dabei, als Deutschlands höchste Spielklasse 1997 eingleisig wurde. Und sie hat den Aufschwung nach der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land nicht nur erlebt, sondern als Funktionärin vorangetrieben.

"Eigentlich ging es fast immer nur bergauf", sagt Jones im DFB.de-Interview. "Aber ich habe nicht das Gefühl, dass wir bereits an der Spitze angekommen sind. Obwohl es gut läuft, sollten wir uns keinesfalls ausruhen. Ich freue mich bereits auf die kommende Saison." Aber wie sieht die Zukunft aus?

DFB.de: Frau Jones, Sie sind 1990 mit der SG Praunheim in die Bundesliga aufgestiegen. Wenn Sie heute zurückblicken, was war das damals für eine Zeit?

Steffi Jones: Ich würde es als Phase des Aufbruchs beschreiben. Es war ja genau die Zeit, als die Bundesliga gegründet wurde. Zunächst gab es noch zwei Staffeln. Eine für den Süden, eine für den Norden. Das war damals ein extrem wichtiger Schritt. Die Strukturen wurden professioneller. Das Familiäre ist dadurch etwas in den Hintergrund gerückt. Aber das ist der ganz normale Lauf der Dinge. Für den Frauenfußball in Deutschland hatte sozusagen ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Und für mich galt das Gleiche. Ich selbst war damals noch sehr jung und fand alles unheimlich spannend. Ich kann mich an Spiele erinnern, vor mehr als 1000 Zuschauer. Das war sehr außergewöhnlich früher.

DFB.de: 1997 wurde aus die zweigleisige Bundesliga in eine Staffel zusammengeführt. War das der nächste wichtige Meilenstein?

Jones: Auf jeden Fall. In den Jahren zuvor war es schon noch so, dass das Leistungsgefälle teilweise extrem war. Es gab häufig sehr klare Ergebnisse, was nicht unbedingt förderlich für den Ruf des Frauenfußballs war. Mit der Einführung der eingleisigen Bundesliga wurde es besser. Das Niveau wurde besser, weil es nicht mehr so viele Ausschläge nach oben oder nach unten gab. Natürlich war das ein Prozess, der sich erst einstellen musste. Selbst in den vergangenen Jahren kam das teilweise noch vor. Mittlerweile ist das kaum noch der Fall. Es ist fast so, dass jeder jeden schlagen kann. Und das ist auch gut zu.

DFB.de: Täuscht der Eindruck oder hat der Frauenfußball in fast allen Bereichen in der Zeit seit der Heim-WM 2011 noch einmal einen riesigen Sprung gemacht?

Jones: Nein, der Eindruck täuscht nicht. Ich glaube schon, dass das so ist. Es tut der Bundesliga gut, dass wir neben Potsdam und Frankfurt mit Wolfsburg ein weiteres Topteam haben. Auch Bayern München sollte man keinesfalls vergessen.

DFB.de: Sind das die vier Mannschaften die dauerhaft um den Titel spielen werden?

Jones: Im Moment scheint es so, ja. In Potsdam und Frankfurt sind mit Bernd Schröder und Siegfried Dietrich sehr engagierte Verantwortliche am Werk. In Wolfsburg und München wird dem Frauenfußball eine große Aufmerksamkeit geschenkt, das ist sehr erfreulich. Danach kommt ein breites und qualitativ hochwertiges Mittelfeld. Vielleicht kann der eine oder andere in die Top-Vier vordringen. Aber das wird schwer, weil diese etablierten Klubs natürlich einen enormen Vorsprung haben. Nichtsdestotrotz sind wir stolz darauf, wie sich der Frauenfußball in Deutschland in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

DFB.de: Ist das auch der Lohn für die Heim-WM, die aus deutscher Sicht sportlich nicht herausragend war, aber organisatorisch schon?

Jones: Wir ernten gerade die Früchte, die wir damals gesät haben. Um den Nachwuchs müssen wir uns keine Sorgen machen. Es gibt viele Mädchen, die für das Ziel Bundesliga arbeiten. Die Spielerinnen wollen dorthin. Ich denke, dass wir auch im Nachwuchsbereich an den richtigen Stellschrauben gedreht haben. Die Vereine haben hervorragend mitgezogen. Vieles ist inzwischen richtig professionell.

DFB.de: Ist es die logische Folge daraus, dass viele sehr erfolgreiche Vereine wie der TSV Siegen oder die SSG 09 Bergisch Gladbach weitestgehend von der Bildfläche verschwunden sind?

Jones: Es ist ein normaler Prozess, dass sich über die Jahre Verschiebungen ergeben. Früher war es so, dass einige Klubs über das entsprechende Geld verfügten und sich zwei oder drei gute Spielerinnen leisten konnten. Das hat oft gereicht, um in der Spitze vertreten zu sein. Das hat sich geändert. Heute sind die Klubs so gut aufgestellt, dass der Verein über einen Kader verfügt, der sehr ausgeglichen ist. Zwei oder drei herausragende Spielerinnen reichen nicht mehr aus, um ganz oben dabei zu sein.

DFB.de: Sprechen wir heutzutage also womöglich sogar bereits von echtem Profitum?

Jones: Nein, eher nicht. Und wenn, dann nur in ganz wenigen Fälle. Nicht ohne Grund stellen wir in der jüngeren Vergangenheit die Entwicklung fest, dass gute Spielerinnen ins Ausland wechseln. Zum Beispiel nach England, Frankreich oder Schweden. Dort gibt es inzwischen gutes Geld zu verdienen. Natürlich ist es für viele ausländische Spielerinnen noch immer ein Traum, bei einem Bundesligisten unter Vertrag zu stehen. Gleichzeitig ist es so, dass die anderen Länder nicht schlafen. Außerdem geht es bei diesen Vereinswechseln ins Ausland ja nicht nur um den finanziellen Aspekt. Auch die persönliche Entwicklung spielt eine entscheidende Rolle. So war es auch bei mir, ich war ein Jahr in den USA. Und nun zurück zu Ihrer Frage. Meiner Meinung nach ist es der richtige Weg, eine duale Karriere zu planen. Auf der einen Seite sollte genug Zeit da sein, um fußballerisch weiter zu kommen. Aber nebenbei machen viele Spielerinnen ihr Abitur, studieren danach oder gehen arbeiten. Genau so muss es sein. Man muss eine Grundlage für das Leben nach dem Fußball legen. Denn es ist ja ganz klar, dass man davon dauerhaft nicht leben kann.

DFB.de: 2014 jährt sich die Deutsche Meisterschaft im Frauenfußball zum 40. Mal. Wenn wir zum Abschluss unseres Gesprächs noch einmal zurückschauen. Wie würden Sie die Entwicklung zusammenfassen?

Jones: Ich denke, dass wir glücklich und zufrieden sein können. Die Anfänge waren schwer. Aber spätestens seit der Gründung der Bundesliga sind wir auf einem sehr guten Weg. Eigentlich ging es danach nur noch bergauf. Und ich habe nicht das Gefühl, dass wir bereits an der Spitze angekommen sind. Obwohl es gut läuft, sollten wir uns keinesfalls ausruhen. Ich freue mich bereits auf die kommende Saison. Vielleicht erleben wir wieder einen ähnlich dramatischen Verlauf wie in der vergangenen Serie. Für den Frauenfußball wünsche ich mir das.

[sw]

40 Jahre Deutsche Meisterschaft im Frauenfußball, eine 40-jährige Erfolgsgeschichte. Steffi Jones hat sie entscheidend mitgeprägt. Von 1990 bis 2007 war die heutige Direktorin Frauenfußball des Deutschen Fußball-Bunds als Spielerin Mitglied dieser großen Gemeinschaft.

Die 41-Jährige war dabei, als 1990 die Bundesliga eingeführt wurde. Sie war dabei, als Deutschlands höchste Spielklasse 1997 eingleisig wurde. Und sie hat den Aufschwung nach der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land nicht nur erlebt, sondern als Funktionärin vorangetrieben.

"Eigentlich ging es fast immer nur bergauf", sagt Jones im DFB.de-Interview. "Aber ich habe nicht das Gefühl, dass wir bereits an der Spitze angekommen sind. Obwohl es gut läuft, sollten wir uns keinesfalls ausruhen. Ich freue mich bereits auf die kommende Saison." Aber wie sieht die Zukunft aus?

DFB.de: Frau Jones, Sie sind 1990 mit der SG Praunheim in die Bundesliga aufgestiegen. Wenn Sie heute zurückblicken, was war das damals für eine Zeit?

Steffi Jones: Ich würde es als Phase des Aufbruchs beschreiben. Es war ja genau die Zeit, als die Bundesliga gegründet wurde. Zunächst gab es noch zwei Staffeln. Eine für den Süden, eine für den Norden. Das war damals ein extrem wichtiger Schritt. Die Strukturen wurden professioneller. Das Familiäre ist dadurch etwas in den Hintergrund gerückt. Aber das ist der ganz normale Lauf der Dinge. Für den Frauenfußball in Deutschland hatte sozusagen ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Und für mich galt das Gleiche. Ich selbst war damals noch sehr jung und fand alles unheimlich spannend. Ich kann mich an Spiele erinnern, vor mehr als 1000 Zuschauer. Das war sehr außergewöhnlich früher.

DFB.de: 1997 wurde aus die zweigleisige Bundesliga in eine Staffel zusammengeführt. War das der nächste wichtige Meilenstein?

Jones: Auf jeden Fall. In den Jahren zuvor war es schon noch so, dass das Leistungsgefälle teilweise extrem war. Es gab häufig sehr klare Ergebnisse, was nicht unbedingt förderlich für den Ruf des Frauenfußballs war. Mit der Einführung der eingleisigen Bundesliga wurde es besser. Das Niveau wurde besser, weil es nicht mehr so viele Ausschläge nach oben oder nach unten gab. Natürlich war das ein Prozess, der sich erst einstellen musste. Selbst in den vergangenen Jahren kam das teilweise noch vor. Mittlerweile ist das kaum noch der Fall. Es ist fast so, dass jeder jeden schlagen kann. Und das ist auch gut zu.

DFB.de: Täuscht der Eindruck oder hat der Frauenfußball in fast allen Bereichen in der Zeit seit der Heim-WM 2011 noch einmal einen riesigen Sprung gemacht?

Jones: Nein, der Eindruck täuscht nicht. Ich glaube schon, dass das so ist. Es tut der Bundesliga gut, dass wir neben Potsdam und Frankfurt mit Wolfsburg ein weiteres Topteam haben. Auch Bayern München sollte man keinesfalls vergessen.

DFB.de: Sind das die vier Mannschaften die dauerhaft um den Titel spielen werden?

Jones: Im Moment scheint es so, ja. In Potsdam und Frankfurt sind mit Bernd Schröder und Siegfried Dietrich sehr engagierte Verantwortliche am Werk. In Wolfsburg und München wird dem Frauenfußball eine große Aufmerksamkeit geschenkt, das ist sehr erfreulich. Danach kommt ein breites und qualitativ hochwertiges Mittelfeld. Vielleicht kann der eine oder andere in die Top-Vier vordringen. Aber das wird schwer, weil diese etablierten Klubs natürlich einen enormen Vorsprung haben. Nichtsdestotrotz sind wir stolz darauf, wie sich der Frauenfußball in Deutschland in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

DFB.de: Ist das auch der Lohn für die Heim-WM, die aus deutscher Sicht sportlich nicht herausragend war, aber organisatorisch schon?

Jones: Wir ernten gerade die Früchte, die wir damals gesät haben. Um den Nachwuchs müssen wir uns keine Sorgen machen. Es gibt viele Mädchen, die für das Ziel Bundesliga arbeiten. Die Spielerinnen wollen dorthin. Ich denke, dass wir auch im Nachwuchsbereich an den richtigen Stellschrauben gedreht haben. Die Vereine haben hervorragend mitgezogen. Vieles ist inzwischen richtig professionell.

DFB.de: Ist es die logische Folge daraus, dass viele sehr erfolgreiche Vereine wie der TSV Siegen oder die SSG 09 Bergisch Gladbach weitestgehend von der Bildfläche verschwunden sind?

Jones: Es ist ein normaler Prozess, dass sich über die Jahre Verschiebungen ergeben. Früher war es so, dass einige Klubs über das entsprechende Geld verfügten und sich zwei oder drei gute Spielerinnen leisten konnten. Das hat oft gereicht, um in der Spitze vertreten zu sein. Das hat sich geändert. Heute sind die Klubs so gut aufgestellt, dass der Verein über einen Kader verfügt, der sehr ausgeglichen ist. Zwei oder drei herausragende Spielerinnen reichen nicht mehr aus, um ganz oben dabei zu sein.

DFB.de: Sprechen wir heutzutage also womöglich sogar bereits von echtem Profitum?

Jones: Nein, eher nicht. Und wenn, dann nur in ganz wenigen Fälle. Nicht ohne Grund stellen wir in der jüngeren Vergangenheit die Entwicklung fest, dass gute Spielerinnen ins Ausland wechseln. Zum Beispiel nach England, Frankreich oder Schweden. Dort gibt es inzwischen gutes Geld zu verdienen. Natürlich ist es für viele ausländische Spielerinnen noch immer ein Traum, bei einem Bundesligisten unter Vertrag zu stehen. Gleichzeitig ist es so, dass die anderen Länder nicht schlafen. Außerdem geht es bei diesen Vereinswechseln ins Ausland ja nicht nur um den finanziellen Aspekt. Auch die persönliche Entwicklung spielt eine entscheidende Rolle. So war es auch bei mir, ich war ein Jahr in den USA. Und nun zurück zu Ihrer Frage. Meiner Meinung nach ist es der richtige Weg, eine duale Karriere zu planen. Auf der einen Seite sollte genug Zeit da sein, um fußballerisch weiter zu kommen. Aber nebenbei machen viele Spielerinnen ihr Abitur, studieren danach oder gehen arbeiten. Genau so muss es sein. Man muss eine Grundlage für das Leben nach dem Fußball legen. Denn es ist ja ganz klar, dass man davon dauerhaft nicht leben kann.

DFB.de: 2014 jährt sich die Deutsche Meisterschaft im Frauenfußball zum 40. Mal. Wenn wir zum Abschluss unseres Gesprächs noch einmal zurückschauen. Wie würden Sie die Entwicklung zusammenfassen?

Jones: Ich denke, dass wir glücklich und zufrieden sein können. Die Anfänge waren schwer. Aber spätestens seit der Gründung der Bundesliga sind wir auf einem sehr guten Weg. Eigentlich ging es danach nur noch bergauf. Und ich habe nicht das Gefühl, dass wir bereits an der Spitze angekommen sind. Obwohl es gut läuft, sollten wir uns keinesfalls ausruhen. Ich freue mich bereits auf die kommende Saison. Vielleicht erleben wir wieder einen ähnlich dramatischen Verlauf wie in der vergangenen Serie. Für den Frauenfußball wünsche ich mir das.