Irische Geschichten: Verpatzte WM-Generalprobe

Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) steht für die Nationalmannschaft das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland auf dem Programm. Es ist bereits das 17. Aufeinandertreffen beider Nationen - DFB.de schaut bis dahin täglich auf besonders interessante Momente einer bewegten Länderspielhistorie zurück. Heute: müde Beine und müde Köpfe - eine historische Heimniederlage im WM-Test 1994.

19 Tage vor Beginn der WM hatte die Auswahl von Bundestrainer Berti Vogts noch mal einen echten Härtetest auf dem Programm. In Hannover wartete Irland, das sich selbst für das Turnier in den USA qualifiziert und erst einige Tage zuvor den deutschen Auftaktgegner Bolivien 1:0 geschlagen hatte. Die Deutschen hatten seit dem turbulenten Ende der Bundesligasaison 1993/1994 (erste Spielwiederholung nach dem irregulären Helmer-Tor für Meister Bayern gegen Nürnberg) noch keinen Test absolviert. Sie kamen direkt aus dem längst legendären Trainingslager in Malente.

Vogts musste noch vier Fragen lösen bezüglich seiner Formation. Irland sollte Aufschlüsse geben, ob im Tor Bodo Illgner oder Andreas Köpke stehen, ob Matthias Sammer oder Stefan Effenberg im Zentrum agieren, ob Weltmeister Thomas Häßler oder Newcomer Mario Basler auf rechts wirbeln und wer der deutsche Mittelstürmer sein sollte: Kalle Riedle oder doch der reaktivierte Rudi Völler? Vogts hatte noch ein anderes Ziel im Auge vor der Sonntagabendpartie: "Wir wollen uns von den deutschen Fans mit einem Sieg verabschieden."

Müde und ausgelaugt

Nichts anderes erwartete man vom aktuellen Weltmeister in jenen Tagen ohnehin, zumal der einzige irische Sieg auf deutschem Boden 34 Jahre zurücklag (1:0 in Hamburg). 50.000 Zuschauer kamen in der Erwartung, dass die deutsche Auswahl die Vorfreude auf die WM schüren würde. Zu spüren war sie bereits: Auf den Rängen lief "La Ola", und jeder Spieler wurde beim Einlaufen von Stimmungsmacher Andy White einzeln vorgestellt.

Nun sahen die Fans, wohin Vogts in puncto Aufstellung tendierte: Es spielten Illgner, Basler, Sammer und Riedle. Außerdem testete er auf links Martin Wagner, den Verteidiger des Vizemeisters 1. FC Kaiserslautern, der sein zweites Spiel bestritt, aber nur als Backup für Andy Brehme gedacht war.

Doch die Aufstellung spielte kaum eine Rolle an diesem Mai-Sonntag; wie sich bald zeigte, waren alle Deutschen müde und ausgelaugt. Zu diesem Urteil kamen auch die Bundesligatrainer Friedel Rausch und Klaus Toppmöller: "Man sah deutlich, dass nach dem harten Training die körperliche und vor allem die geistige Frische fehlte."

Konzentrationsfehler selbst bei den Besten

Selbst einem Mann wie Matthias Sammer passierten Konzentrationsfehler, sein leichter Ballverlust führte in der 32. Minute zum 0:1 durch Tony Cascarino, der sein Geld beim damals noch weit unbedeutenderen FC Chelsea verdiente. Sammer wollte seinen Fehler wieder ausbügeln und traf im Gegenzug die Latte. Zur Pause gab es Pfiffe. Da stand es 0:1, und Vogts hatte schon den verletzten Weltmeister Guido Buchwald gegen Thomas Berthold, ebenfalls Weltmeister von 1990, ausgewechselt.

Zur zweiten Hälfte erschien dann Stefan Effenberg, der mit Florenz in Italiens Serie B gespielt hatte und nach Wolfgang Fahrian (1962/Ulm) der erste Zweitligaspieler in einem deutschen WM-Kader war. Für ihn musste Andreas Möller (Juventus Turin) weichen, dessen Rückkehr in die Bundesliga in diesen Tagen eingeleitet wurde. Auch Thomas Häßler und Rudi Völler kamen noch zum Einsatz, so dass die Weltmeister von Rom fast alle beisammen waren.

Viele 90er-Weltmeister - aber alle vier Jahre älter

Aber sie waren vier Jahre älter geworden, was sich bei den Hitzeschlachten in den USA nicht als Vorteil erweisen sollte. Auch gegen Irland machten die Jungen noch den besten Eindruck, Mario Basler nutzte seine Chance und schlug gefährliche Flanken. Insgesamt war es jedoch ein an Höhepunkten armes Spiel, das aus deutscher Sicht noch einen weiteren Tiefpunkt enthielt: Gary Kelly überwand Illgner in der 69. Minute zum 0:2, Wagner fälschte noch ab.

Völler, mit "Rudi"-Rufen begrüßt, sandte noch eine letzte Protestnote gegen das Resultat, aber sein Kopfball ging über das Tor. Fertig war die bis dato letzte deutsche Niederlage gegen die Iren. Ehrenspielführer Uwe Seeler bekämpfte die schnell aufkommende Besorgtheit: "Ich rechne trotzdem mit einem Finale Deutschland gegen Brasilien. Unsere Mannschaft besitzt einfach ein zu gutes spielerisches Material."

Doch der vielzitierte "Warnschuss zur rechten Zeit" sollte sich kurz darauf in den USA im WM-Viertelfinale gegen die Bulgaren beim 1:2 als böses Omen entpuppen.

Die deutsche Aufstellung

Illgner - Matthäus - Kohler (46. Häßler) - Strunz, Basler, Buchwald (36. Th. Berthold), M. Sammer, M. Wagner - A. Möller (46. Effenberg) - Riedle (67. Völler), Klinsmann.

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Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) steht für die Nationalmannschaft das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland auf dem Programm. Es ist bereits das 17. Aufeinandertreffen beider Nationen - DFB.de schaut bis dahin täglich auf besonders interessante Momente einer bewegten Länderspielhistorie zurück. Heute: müde Beine und müde Köpfe - eine historische Heimniederlage im WM-Test 1994.

19 Tage vor Beginn der WM hatte die Auswahl von Bundestrainer Berti Vogts noch mal einen echten Härtetest auf dem Programm. In Hannover wartete Irland, das sich selbst für das Turnier in den USA qualifiziert und erst einige Tage zuvor den deutschen Auftaktgegner Bolivien 1:0 geschlagen hatte. Die Deutschen hatten seit dem turbulenten Ende der Bundesligasaison 1993/1994 (erste Spielwiederholung nach dem irregulären Helmer-Tor für Meister Bayern gegen Nürnberg) noch keinen Test absolviert. Sie kamen direkt aus dem längst legendären Trainingslager in Malente.

Vogts musste noch vier Fragen lösen bezüglich seiner Formation. Irland sollte Aufschlüsse geben, ob im Tor Bodo Illgner oder Andreas Köpke stehen, ob Matthias Sammer oder Stefan Effenberg im Zentrum agieren, ob Weltmeister Thomas Häßler oder Newcomer Mario Basler auf rechts wirbeln und wer der deutsche Mittelstürmer sein sollte: Kalle Riedle oder doch der reaktivierte Rudi Völler? Vogts hatte noch ein anderes Ziel im Auge vor der Sonntagabendpartie: "Wir wollen uns von den deutschen Fans mit einem Sieg verabschieden."

Müde und ausgelaugt

Nichts anderes erwartete man vom aktuellen Weltmeister in jenen Tagen ohnehin, zumal der einzige irische Sieg auf deutschem Boden 34 Jahre zurücklag (1:0 in Hamburg). 50.000 Zuschauer kamen in der Erwartung, dass die deutsche Auswahl die Vorfreude auf die WM schüren würde. Zu spüren war sie bereits: Auf den Rängen lief "La Ola", und jeder Spieler wurde beim Einlaufen von Stimmungsmacher Andy White einzeln vorgestellt.

Nun sahen die Fans, wohin Vogts in puncto Aufstellung tendierte: Es spielten Illgner, Basler, Sammer und Riedle. Außerdem testete er auf links Martin Wagner, den Verteidiger des Vizemeisters 1. FC Kaiserslautern, der sein zweites Spiel bestritt, aber nur als Backup für Andy Brehme gedacht war.

Doch die Aufstellung spielte kaum eine Rolle an diesem Mai-Sonntag; wie sich bald zeigte, waren alle Deutschen müde und ausgelaugt. Zu diesem Urteil kamen auch die Bundesligatrainer Friedel Rausch und Klaus Toppmöller: "Man sah deutlich, dass nach dem harten Training die körperliche und vor allem die geistige Frische fehlte."

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Konzentrationsfehler selbst bei den Besten

Selbst einem Mann wie Matthias Sammer passierten Konzentrationsfehler, sein leichter Ballverlust führte in der 32. Minute zum 0:1 durch Tony Cascarino, der sein Geld beim damals noch weit unbedeutenderen FC Chelsea verdiente. Sammer wollte seinen Fehler wieder ausbügeln und traf im Gegenzug die Latte. Zur Pause gab es Pfiffe. Da stand es 0:1, und Vogts hatte schon den verletzten Weltmeister Guido Buchwald gegen Thomas Berthold, ebenfalls Weltmeister von 1990, ausgewechselt.

Zur zweiten Hälfte erschien dann Stefan Effenberg, der mit Florenz in Italiens Serie B gespielt hatte und nach Wolfgang Fahrian (1962/Ulm) der erste Zweitligaspieler in einem deutschen WM-Kader war. Für ihn musste Andreas Möller (Juventus Turin) weichen, dessen Rückkehr in die Bundesliga in diesen Tagen eingeleitet wurde. Auch Thomas Häßler und Rudi Völler kamen noch zum Einsatz, so dass die Weltmeister von Rom fast alle beisammen waren.

Viele 90er-Weltmeister - aber alle vier Jahre älter

Aber sie waren vier Jahre älter geworden, was sich bei den Hitzeschlachten in den USA nicht als Vorteil erweisen sollte. Auch gegen Irland machten die Jungen noch den besten Eindruck, Mario Basler nutzte seine Chance und schlug gefährliche Flanken. Insgesamt war es jedoch ein an Höhepunkten armes Spiel, das aus deutscher Sicht noch einen weiteren Tiefpunkt enthielt: Gary Kelly überwand Illgner in der 69. Minute zum 0:2, Wagner fälschte noch ab.

Völler, mit "Rudi"-Rufen begrüßt, sandte noch eine letzte Protestnote gegen das Resultat, aber sein Kopfball ging über das Tor. Fertig war die bis dato letzte deutsche Niederlage gegen die Iren. Ehrenspielführer Uwe Seeler bekämpfte die schnell aufkommende Besorgtheit: "Ich rechne trotzdem mit einem Finale Deutschland gegen Brasilien. Unsere Mannschaft besitzt einfach ein zu gutes spielerisches Material."

Doch der vielzitierte "Warnschuss zur rechten Zeit" sollte sich kurz darauf in den USA im WM-Viertelfinale gegen die Bulgaren beim 1:2 als böses Omen entpuppen.

Die deutsche Aufstellung

Illgner - Matthäus - Kohler (46. Häßler) - Strunz, Basler, Buchwald (36. Th. Berthold), M. Sammer, M. Wagner - A. Möller (46. Effenberg) - Riedle (67. Völler), Klinsmann.