Irische Geschichten: Ausgleich in der Nachspielzeit

Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) steht für die Nationalmannschaft das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland auf dem Programm. Es ist bereits das 17. Aufeinandertreffen beider Nationen - DFB.de schaut bis dahin täglich auf besonders interessante Momente einer bewegten Länderspielhistorie zurück. Heute: das bittere Remis bei der WM-Vorrunde 2002.

Noch nie war eine deutsche Mannschaft so gut in ein Turnier gestartet wie vor zehn Jahren. Rein faktenmäßig - das 8:0 gegen Saudi-Arabien in Sapporo markiert bis heute den höchsten deutschen WM-Sieg. Plötzlich war die voller Selbstzweifel gen Asien geflogene DFB-Equipe wieder wer, manche sahen in ihr schon einen Geheimfavoriten. Dabei hatte sie das Turnier doch erstmals nur durch die Hintertür der Play-offs (gegen die Ukraine) erreicht.

Teamchef Rudi Völler hatte es vor dem zweiten Gruppenspiel über Nacht um einiges schwerer, Gehör zu finden mit seinen Warnungen vor den Iren. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel zeigte er sich aber zuversichtlich: "Heute geht wieder die Post ab. Wir wissen, dass wir wieder eine große Chance haben, uns jetzt schon fürs Achtelfinale zu qualifizieren. Wir versuchen wieder, dem Gegner unser Ziel aufzuzwingen."

Klose ahnt: "Das wird nicht einfach"

Über den wusste Dietmar Hamann, damals in Liverpool, am meisten: "Die meisten kenne ich aus der Premier League, eine starke Mannschaft." Und Miroslav Klose, nach seinen drei Kopfballtoren mit anschließendem Salto gegen die Saudis über Nacht zum ersten WM-Star avanciert, ahnte schon: "Klar hoffe ich, auch gegen die Iren zu treffen. Aber das wird nicht einfach, die haben eine harte Abwehr."

Gegen Afrikameister Kamerun unter Trainer Winni Schäfer hatten die "Boys in Green" ein 1:1 erbeutet. Der irische Trainer hieß Jacky Charlton, Bruder von Englands Legende Bobby, und wie er Weltmeister von 1966. Der Coach hatte seinen rebellischen Superstar Roy Keane von Manchester United schon nach Hause geschickt.

Wegen der Zeitverschiebung wurde die Partie in Deutschland als Nachtisch zum Mittagessen serviert, Anpfiff war um 13.30 Uhr, Austragungsort war die ostjapanische Stadt Kashima (62.000 Einwohner). Offiziell galt jedoch Irabaki als Austragungsort, doch das war eigentlich nur die Bezeichnung der Präfektur (Verwaltungsbezirk). Andere Länder, andere Sitten.

Klose trifft, Kahn hat viel zu tun

Drückende Schwüle herrschte beim ersten Pflichtspiel dieser beiden Länder an jenem 5. Juni 2002. Das Kashima Soccer-Stadion war mit 41.800 Zuschauern ausverkauft - keine Selbstverständlichkeit bei dieser WM. Völler änderte seine Elf nicht, es gab wirklich keinen Grund. Es wurde das erwartet schwere Spiel, auch wenn alles begann wie gegen die Saudis: mit einem Kopfball-Tor von Klose nach 35-Meter-Flanke von Michael Ballack (19.).

Aber Oliver Kahn bekam schon vor der Pause mehr zu tun als im ersten Spiel in 90 Minuten. Zweimal musste er in höchster Not retten, und in der 44. Minute stand dem DFB-Team das Glück Pate, als Matt Holland freistehend einen Fallrückzieher ansetzte, aber den Ball verfehlt.

Nach Wiederanpfiff machten die Iren immer mehr Druck, nur selten gab es Entlastung. Bezeichnend: Deutschland hatte in dieser Partie nur 42 Prozent Ballbesitz. Carsten Jancker, trotz einer Bundesligasaison ohne Tor im deutschen Sturm gesetzt, vergab nach 68 Minuten die Chance zum vorentscheidenden 2:0, sein Schlenzer ging über das Tor. Rudi Völler wechselte Jancker aus, anschließend auch Klose und Bernd Schneider. Alles nur, um Zeit zu gewinnen und den Rhythmus der Iren zu stören.

Gegentor nach 91 Minuten und 51 Sekunden

Doch die kannten nur ein Ziel, und sie erzwangen es zu einem Zeitpunkt, der zumindest bei den Bayern-Spielern (Finale gegen Manchester United 1999) schlimmste Erinnerungen weckte: Das 1:1 von Robbie Keane fiel in der Nachspielzeit, nach 91 Minuten und 51 Sekunden schug der Ball unter der Latte ein.

Der Traum vom vorzeitigen Achtelfinaleinzug war jäh zerplatzt, die Euphorie um die Mannschaft verflogen. Und doch hatte dieses Spiel heilsame Wirkung. Jeder Anflug von Leichtsinn und Überheblichkeit war verschwunden, auch in den Medien. Hamann sagte: "Jetzt wird sich zeigen, ob wir ein echtes Team sind."

Das zeigte sich bald darauf. Und so schlich die deutsche Mannschaft auf leisen Sohlen bis ins WM-Finale von Yokohama, wo sie erst gegen Brasilien beim trotz guter Leistung verdienten 0:2 wieder ein Gegentor kassierte. In der Heimat wurde ihr ein begeisterter Empfang bereitet, vom Irland-Spiel sprach da schon kein Mensch mehr.

Die deutsche Aufstellung

Kahn - Linke, Ramelow, Metzelder - Frings, D. Hamann, Ziege - B. Schneider (90. Jeremies), Ballack - Klose (85. Bode), Jancker (75. Bierhoff)

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Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) steht für die Nationalmannschaft das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland auf dem Programm. Es ist bereits das 17. Aufeinandertreffen beider Nationen - DFB.de schaut bis dahin täglich auf besonders interessante Momente einer bewegten Länderspielhistorie zurück. Heute: das bittere Remis bei der WM-Vorrunde 2002.

Noch nie war eine deutsche Mannschaft so gut in ein Turnier gestartet wie vor zehn Jahren. Rein faktenmäßig - das 8:0 gegen Saudi-Arabien in Sapporo markiert bis heute den höchsten deutschen WM-Sieg. Plötzlich war die voller Selbstzweifel gen Asien geflogene DFB-Equipe wieder wer, manche sahen in ihr schon einen Geheimfavoriten. Dabei hatte sie das Turnier doch erstmals nur durch die Hintertür der Play-offs (gegen die Ukraine) erreicht.

Teamchef Rudi Völler hatte es vor dem zweiten Gruppenspiel über Nacht um einiges schwerer, Gehör zu finden mit seinen Warnungen vor den Iren. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel zeigte er sich aber zuversichtlich: "Heute geht wieder die Post ab. Wir wissen, dass wir wieder eine große Chance haben, uns jetzt schon fürs Achtelfinale zu qualifizieren. Wir versuchen wieder, dem Gegner unser Ziel aufzuzwingen."

Klose ahnt: "Das wird nicht einfach"

Über den wusste Dietmar Hamann, damals in Liverpool, am meisten: "Die meisten kenne ich aus der Premier League, eine starke Mannschaft." Und Miroslav Klose, nach seinen drei Kopfballtoren mit anschließendem Salto gegen die Saudis über Nacht zum ersten WM-Star avanciert, ahnte schon: "Klar hoffe ich, auch gegen die Iren zu treffen. Aber das wird nicht einfach, die haben eine harte Abwehr."

Gegen Afrikameister Kamerun unter Trainer Winni Schäfer hatten die "Boys in Green" ein 1:1 erbeutet. Der irische Trainer hieß Jacky Charlton, Bruder von Englands Legende Bobby, und wie er Weltmeister von 1966. Der Coach hatte seinen rebellischen Superstar Roy Keane von Manchester United schon nach Hause geschickt.

Wegen der Zeitverschiebung wurde die Partie in Deutschland als Nachtisch zum Mittagessen serviert, Anpfiff war um 13.30 Uhr, Austragungsort war die ostjapanische Stadt Kashima (62.000 Einwohner). Offiziell galt jedoch Irabaki als Austragungsort, doch das war eigentlich nur die Bezeichnung der Präfektur (Verwaltungsbezirk). Andere Länder, andere Sitten.

Klose trifft, Kahn hat viel zu tun

Drückende Schwüle herrschte beim ersten Pflichtspiel dieser beiden Länder an jenem 5. Juni 2002. Das Kashima Soccer-Stadion war mit 41.800 Zuschauern ausverkauft - keine Selbstverständlichkeit bei dieser WM. Völler änderte seine Elf nicht, es gab wirklich keinen Grund. Es wurde das erwartet schwere Spiel, auch wenn alles begann wie gegen die Saudis: mit einem Kopfball-Tor von Klose nach 35-Meter-Flanke von Michael Ballack (19.).

Aber Oliver Kahn bekam schon vor der Pause mehr zu tun als im ersten Spiel in 90 Minuten. Zweimal musste er in höchster Not retten, und in der 44. Minute stand dem DFB-Team das Glück Pate, als Matt Holland freistehend einen Fallrückzieher ansetzte, aber den Ball verfehlt.

Nach Wiederanpfiff machten die Iren immer mehr Druck, nur selten gab es Entlastung. Bezeichnend: Deutschland hatte in dieser Partie nur 42 Prozent Ballbesitz. Carsten Jancker, trotz einer Bundesligasaison ohne Tor im deutschen Sturm gesetzt, vergab nach 68 Minuten die Chance zum vorentscheidenden 2:0, sein Schlenzer ging über das Tor. Rudi Völler wechselte Jancker aus, anschließend auch Klose und Bernd Schneider. Alles nur, um Zeit zu gewinnen und den Rhythmus der Iren zu stören.

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Gegentor nach 91 Minuten und 51 Sekunden

Doch die kannten nur ein Ziel, und sie erzwangen es zu einem Zeitpunkt, der zumindest bei den Bayern-Spielern (Finale gegen Manchester United 1999) schlimmste Erinnerungen weckte: Das 1:1 von Robbie Keane fiel in der Nachspielzeit, nach 91 Minuten und 51 Sekunden schug der Ball unter der Latte ein.

Der Traum vom vorzeitigen Achtelfinaleinzug war jäh zerplatzt, die Euphorie um die Mannschaft verflogen. Und doch hatte dieses Spiel heilsame Wirkung. Jeder Anflug von Leichtsinn und Überheblichkeit war verschwunden, auch in den Medien. Hamann sagte: "Jetzt wird sich zeigen, ob wir ein echtes Team sind."

Das zeigte sich bald darauf. Und so schlich die deutsche Mannschaft auf leisen Sohlen bis ins WM-Finale von Yokohama, wo sie erst gegen Brasilien beim trotz guter Leistung verdienten 0:2 wieder ein Gegentor kassierte. In der Heimat wurde ihr ein begeisterter Empfang bereitet, vom Irland-Spiel sprach da schon kein Mensch mehr.

Die deutsche Aufstellung

Kahn - Linke, Ramelow, Metzelder - Frings, D. Hamann, Ziege - B. Schneider (90. Jeremies), Ballack - Klose (85. Bode), Jancker (75. Bierhoff)