Hummels: "Effektivität ist unser Problem"

Lieber würde er Taten sprechen lassen. Doch das geht nicht. Mats Hummels ist verletzt, Bänderdehnung im rechten Fuß. Dafür bezieht der Weltmeister vor der Begegnung seines BVB mit Borussia Mönchengladbach am Sonntag (ab 17.30 Uhr, live auf Sky) Stellung.

Borussia Dortmunds Kapitän haut dabei nicht auf den Putz. Er analysiert wie man es von ihm kennt, wie man es schätzt. Fachlich, vor allem sachlich. Unaufgeregt. Er spricht über gestiegene Ansprüche und gesunkene Effektivität, über eigenes Verschulden. Er sagt: "Wir sind der Grund dafür, dass wir bislang so wenig Spiele geholt haben." Im aktuellen DFB.de-Interview benennt er aber auch einen Faktor, der auf höchstem Niveau oft abgetan wird, der aber genauso oft entscheidend ist in einem Spiel, bei dem es um Nuancen geht: Glück.

DFB.de: Herr Hummels, Sie sind jetzt seit sieben Jahren in Dortmund. Mit was ist die gegenwärtige Situation des BVB zu vergleichen?

Mats Hummels: Ohne irgendetwas beschönigen zu wollen: Man muss auch mal sagen, dass wir durchaus auch schon schlimmere Situationen hatten. Ich habe es zumindest schon miterlebt - in meiner ersten Saison unter Thomas Doll mit Platz 13 am Ende, und vor allem ohne überhaupt die Aussicht darauf, absehbar mal besser zu sein. Das war schon noch mal etwas anderes als das zugegebenermaßen schwache aktuelle Saisondrittel. Der Unterschied: Wenn wir jetzt unsere vorhandenen Qualitäten noch mehr auf den Platz bringen als zuletzt und vielleicht auch das nötige Quäntchen Glück wieder auf unsere Seite schlagen können, dann können wir sehr schnell wieder sehr viele Punkte sammeln.

DFB.de: In der Tat vergisst man schnell. Auch unter Jürgen Klopp gab es von Januar bis März 2009 schon einmal eine Serie wie die aktuelle: sieben Spiele ohne Sieg, allerdings mit nur zwei statt sechs Niederlagen. Im August/September desselben Jahres waren es fünf Spiele ohne Sieg, und im Januar/Februar 2010 vier Niederlagen in fünf Spielen. Das ist alles noch gar nicht so lange her.

Hummels: Genau so ist es. Wenn man gerade in so einer Phase steckt, glaubt man immer, dass es so etwas noch nie gegeben hat, nicht mal im Ansatz. Wenn man dann aber mal etwas genauer hinschaut, dann sieht man, dass es solche Phasen tatsächlich schon öfter gab. In den vorangegangenen sechs Saisons unter Jürgen Klopp hatten wir eine ähnliche Situation wie diese mindestens dreimal. Auch in der vergangenen Saison gab es übrigens von November bis Weihnachten diese Serie, in der wir in sechs Bundesligaspielen nur einen Sieg geholt haben. Eines ist aber natürlich heute anders: der Anspruch. Unser eigener, und auch jener an uns.

DFB.de: Was macht die aktuelle Situation so schwierig? Ist es womöglich genau dieser Anspruch?

Hummels: Nein, das glaube ich nicht. Der Anspruch ist nicht das Problem. Anspruch ist ja nur etwas, was man von einem selbst erwartet, was man vielleicht vor der Saison formuliert oder vor einem Spiel. In den 90 Minuten ist der Anspruch dann aber relativ irrelevant. Auf dem Platz gibt es 50, 60 andere Faktoren, die ein Spiel entscheiden.



Lieber würde er Taten sprechen lassen. Doch das geht nicht. Mats Hummels ist verletzt, Bänderdehnung im rechten Fuß. Dafür bezieht der Weltmeister vor der Begegnung seines BVB mit Borussia Mönchengladbach am Sonntag (ab 17.30 Uhr, live auf Sky) Stellung.

Borussia Dortmunds Kapitän haut dabei nicht auf den Putz. Er analysiert wie man es von ihm kennt, wie man es schätzt. Fachlich, vor allem sachlich. Unaufgeregt. Er spricht über gestiegene Ansprüche und gesunkene Effektivität, über eigenes Verschulden. Er sagt: "Wir sind der Grund dafür, dass wir bislang so wenig Spiele geholt haben." Im aktuellen DFB.de-Interview benennt er aber auch einen Faktor, der auf höchstem Niveau oft abgetan wird, der aber genauso oft entscheidend ist in einem Spiel, bei dem es um Nuancen geht: Glück.

DFB.de: Herr Hummels, Sie sind jetzt seit sieben Jahren in Dortmund. Mit was ist die gegenwärtige Situation des BVB zu vergleichen?

Mats Hummels: Ohne irgendetwas beschönigen zu wollen: Man muss auch mal sagen, dass wir durchaus auch schon schlimmere Situationen hatten. Ich habe es zumindest schon miterlebt - in meiner ersten Saison unter Thomas Doll mit Platz 13 am Ende, und vor allem ohne überhaupt die Aussicht darauf, absehbar mal besser zu sein. Das war schon noch mal etwas anderes als das zugegebenermaßen schwache aktuelle Saisondrittel. Der Unterschied: Wenn wir jetzt unsere vorhandenen Qualitäten noch mehr auf den Platz bringen als zuletzt und vielleicht auch das nötige Quäntchen Glück wieder auf unsere Seite schlagen können, dann können wir sehr schnell wieder sehr viele Punkte sammeln.

DFB.de: In der Tat vergisst man schnell. Auch unter Jürgen Klopp gab es von Januar bis März 2009 schon einmal eine Serie wie die aktuelle: sieben Spiele ohne Sieg, allerdings mit nur zwei statt sechs Niederlagen. Im August/September desselben Jahres waren es fünf Spiele ohne Sieg, und im Januar/Februar 2010 vier Niederlagen in fünf Spielen. Das ist alles noch gar nicht so lange her.

Hummels: Genau so ist es. Wenn man gerade in so einer Phase steckt, glaubt man immer, dass es so etwas noch nie gegeben hat, nicht mal im Ansatz. Wenn man dann aber mal etwas genauer hinschaut, dann sieht man, dass es solche Phasen tatsächlich schon öfter gab. In den vorangegangenen sechs Saisons unter Jürgen Klopp hatten wir eine ähnliche Situation wie diese mindestens dreimal. Auch in der vergangenen Saison gab es übrigens von November bis Weihnachten diese Serie, in der wir in sechs Bundesligaspielen nur einen Sieg geholt haben. Eines ist aber natürlich heute anders: der Anspruch. Unser eigener, und auch jener an uns.

DFB.de: Was macht die aktuelle Situation so schwierig? Ist es womöglich genau dieser Anspruch?

Hummels: Nein, das glaube ich nicht. Der Anspruch ist nicht das Problem. Anspruch ist ja nur etwas, was man von einem selbst erwartet, was man vielleicht vor der Saison formuliert oder vor einem Spiel. In den 90 Minuten ist der Anspruch dann aber relativ irrelevant. Auf dem Platz gibt es 50, 60 andere Faktoren, die ein Spiel entscheiden.

DFB.de: Dann noch einmal so herum: Welche der 50, 60 Faktoren bergen momentan Schwierigkeiten?

Hummels: Es sind nicht so viele, das muss ich ehrlich sagen. Wir waren meiner Meinung nach in keinem Spiel außer gegen Hamburg und in München die unterlegene Mannschaft. Wenn man sich die Torschussbilanzen anschaut, waren wir in allen anderen Begegnungen nicht nur knapp, sondern oft sogar weit vorne. Zugleich hat aber die Effektivität jedes Mal komplett gegen uns gesprochen. Was selbstverständlich selbst verschuldet ist. Wenn man dem Gegner große Chancen bietet, dann nutzt er diese wahrscheinlicher, als wenn er jedes Mal aus 30 Metern aufs Tor hauen muss. Und wenn man die eigenen Chancen nicht nutzt, liegt es oft auch an einem selbst. Wir wissen also schon, dass wir der Grund dafür sind, warum wir so wenig Siege geholt haben. Aber es ist definitiv nicht so, dass die Mannschaft deutlich schlechter spielt oder weniger kämpft. Sondern es ist fast alles so, wie es immer war. Nur die Effektivität ist unser großes Problem.

DFB.de: Zumindest in der Bundesliga...

Hummels: Das ist ja das Erstaunliche, danke für die Vorlage. Es wird jetzt immer so getan, als hätten wir in der Champions League die Sterne vom Himmel gespielt. In Wahrheit aber waren beispielsweise die Spiele in Anderlecht und in Istanbul eigentlich nur zwei ordentliche bis gute, in denen wir einfach nur unsere Chancen genutzt haben, mehr nicht. Wir sind da jeweils früh in Führung gegangen und dann laufen diese Spiele eben auch anders.

DFB.de: Jetzt wird in diesem Zusammenhang landauf, landab die Diskrepanz zwischen Bundesliga und Champions League herangezogen. In der Liga stellen sich die meisten Gegner hinten rein - was legitim ist, aber eben eklig. Ist das eines der Hauptprobleme?

Hummels: Ja, auf jeden Fall. Man hat das doch gesehen. In der Champions League wollen unsere Gegner auch zocken. Die sind es auch gewohnt, das Topteam zu sein, das in aller Regel eine tief stehende Mannschaft bespielen muss. Und genau diesen Fußball wollen die dann auch gegen uns zeigen. Es ist ja kein Geheimnis mehr, dass das etwas einfacher zu spielen ist, mit der Qualität, die wir haben. Das kann man auch mal so offen sagen.

DFB.de: Man könnte auch offen sagen, dass der spezielle BVB-Fußball der vergangenen Jahre in seinen Grundzügen entschlüsselt ist. Wie weit sind Sie mit dem neuen Code?

Hummels: Das letzte Heimspiel gegen Hannover war schon klar besser. Dieses Spiel zu verlieren, war ja komplett unglücklich und unverdient. Bevor Hannover überhaupt den ersten Schuss aufs Tor abgegeben hat, hatten wir schon vier, fünf große Chancen. Bis zur 60. Minute war das gut. Nach dem 0:1 haben wir dann aber gemerkt: Okay, auch dieses Spiel kann offensichtlich schief gehen. Aus den letzten 30 Minuten konnten wir dann lernen, dass es nichts bringt, den Kopf zu verlieren. Das ist tatsächlich schwierig und vor allem neu. Es ist natürlich etwas ganz anderes, wenn wir in unserer jetzigen Situation in Rückstand geraten, als wenn dir das als Tabellenführer passiert.

DFB.de: Nach jenem Hannover-Spiel hat sich Jürgen Klopp darüber gewundert, dass medial noch immer nur die jeweiligen Rückstände auf einen Champions-League-Platz thematisiert würden und nicht, wie es wohl bei anderen Vereinen in ähnlicher Situation üblich wäre, von Abstiegskampf zu lesen sei. Gehört es zur akuten Lage von Borussia Dortmund, genau das jetzt einzugestehen und anzunehmen, Abstiegskampf?

Hummels: Ich finde das immer relativ gleich, was gesagt wird. Ob wir nun noch irgendwo hinkommen sollen oder uns erstmal unten rausarbeiten müssen. Das ist doch wurscht! Das einzig Entscheidende für uns ist: In der nächsten Partie alles das, was wir haben, auf den Platz zu bringen. Alles andere ändert nichts daran, wie wir jetzt gerade Fußball spielen. Und deswegen ist es für mich völlig irrelevant, was in der Öffentlichkeit erzählt wird. Dass man sich dazu äußern soll, wird eben von den Medien gefordert - wahrscheinlich, weil man dann auch noch etwas mehr dran rummäkeln kann, wenn die abgefragten Ziele dann nicht erreicht werden. Für uns als Mannschaft zählt nur dieses nächste Spiel gegen Borussia Mönchengladbach. Hier denkt noch niemand an den nächsten Februar oder März.

DFB.de: Stichwort Mönchengladbach: Die Borussia vom Niederrhein hat noch nicht verloren, in zehn Bundesligaspielen erst fünf Gegentore kassiert. Das ist schon ein extrem stabiles Hoch, was da auf den BVB zukommt.

Hummels: Ja, absolut. Gladbach ist eine der stärksten Mannschaften in Deutschland in diesem Jahr. Sie gefallen mir persönlich richtig gut. Lucien Favre scheint auch mir als Außenstehendem ein fantastischer Trainer zu sein, sowohl fachlich als auch menschlich. Zusätzlich zu dieser mannschaftlichen, taktischen Geschlossenheit und einem gemeinsamen Plan ist auch die individuelle Klasse gegeben. Das ist also auf jeden Fall eine sehr gute Mannschaft, auf die wir da treffen. Das wird wie eigentlich jedes Duell in den vergangenen Jahren eine sehr enge Angelegenheit.

DFB.de: Das Gladbach-Spiel definiert das Ende eines weiteren Saisonabschnitts. Danach stehen noch einmal zwei Länderspiele an, ehe dann bis Weihnachten noch einmal acht Pflichtspiele mit dem Verein warten. Ist die Belastungsgrenze für Fußballer erreicht?

Hummels: Also mehr geht glaube ich nicht. Es gibt ja gerne diese Vergleiche, dass Fußballer eigentlich noch viel mehr spielen können müssten, die Basketballer in der NBA würden doch schließlich auch 82 Spiele machen. Man muss sich dabei aber immer vor Augen halten, dass das aus 100 verschiedenen Gründen absolut nicht miteinander zu vergleichen ist. Nur einer: Die NBA hat vier Monate Sommerpause – die Fußballer haben vier Wochen. Ich glaube, das Ende ist erreicht. Wann will man noch spielen? Wir spielen ja quasi schon von September bis Weihnachten im Drei-Tages-Rhythmus durch.

DFB.de: Man wird das Rad nicht mehr zurückdrehen können. So ist der Mechanismus des Business nicht konzipiert.

Hummels: Das glaube ich auch, was uns betrifft. Dass aber zum Beispiel die U 19 in dieser komischen Youth League spielen muss, halte ich für ganz großen Humbug. In dem Alter ist es noch völlig irrelevant, wie mein Gegner heißt. Es ist aber definitiv nicht hilfreich, für ein Spiel nach Istanbul oder Kopenhagen zu fliegen. Es gibt in Deutschland ganz sicher genug gute Mannschaften, mit denen man sich messen kann. So etwas zum Beispiel sollte man schleunigst rückgängig machen. Jetzt auch schon in frühen Jahren die Belastung hochzuschrauben, finde ich unnötig. Bei uns zu drosseln, ist wie gesagt schwierig. Aber sie noch mal anzuheben, wäre auf jeden Fall ganz falsch.

DFB.de: Bleibt als Ausweg für die Profis nur der 35er Kader. Oder?

Hummels: Naja, 35 braucht man nicht. Wenn man mit Verletzungen etwas Glück hätte, käme man auch mit 25 ganz gut durch. Richtig ist aber: Mannschaften wie Bayern oder Dortmund, die international spielen, müssen schon einen Haufen Klassespieler versammeln. Es kann einfach zu schnell sehr unglücklich laufen, wie bei uns im letzten Jahr. Vor der Saison haben alle gesagt: Oh oh, drei richtig gute Innenverteidiger, da wirst du aber Ärger kriegen. Und plötzlich sind Neven Subotic und ich monatelang ausgefallen und es fehlte sogar ein kompletter Innenverteidiger.

DFB.de: Herr Hummels, Sie haben zwischendurch ein Wort gesagt, das zu oft zu leicht abgetan wird: Glück. Kann es sein, dass der Faktor Glück auf einem Niveau, auf dem es immer nur um Nuancen geht, unterschätzt wird? Sie hatten das Glück zuletzt nicht gerade gepachtet.

Hummels: Ich weiß, wenn man verliert und dann auf so etwas hinweist, kommt als Echo schnell zurück: dieses Stammtischgerede, und dass man sich auf die falschen Dinge konzentriere. Fakt aber ist, dass wir wirklich auch nicht einmal Glück hatten in den Spielen, die jetzt schief gegangen sind. Und hätten wir nur ein bisschen Glück gehabt, dann sähe diese Serie auch ganz anders aus.