Hölzenbein: "Figueroa war der Beckenbauer Südamerikas"

Natürlich erinnert sich Bernd Hölzenbein. Elías Figueroa? "Klar kenne ich den. Er war der Beckenbauer Südamerikas." Bernd Hölzenbein wird nächste Woche 68. Zuletzt hat er mit Elias Figueroa vor mehr als 32 Jahren Fußball gespielt, beim Abschiedsspiel des großen chilenischen Abwehrspielers in Santiago de Chile im Nationalstadion. Früher fasste es mal 100 0000 Zuschauer, beim letzten Spiel des großen Chilenen, sollen es 80000 gewesen, erzählt Hölzenbein. 1983 war das. Elías Ricardo Figueroa Brander ist jetzt 67, auch ein alter Mann. "Elias", sagt Bernd Hölzenbein heute, am Tag des Länderspiels in aller Freundschaft der deutschen Nationalmannschaft in Stuttgart gegen Chile, "hatte vom Auftreten etwas von einem englischen Sir."

Es klingt nach all den Jahren noch immer ein wenig Bewunderung in der Stimme von Hölzenbein, dem Weltmeister von 1974 und Chefscout von Eintracht Frankfurt, wenn er über Elias Figueroa spricht. "Er war eine Legende, schon als er noch aktiv war. Die absolute Nummer eins." Beide spielten zusammen bei Fort Lauderdale, Florida, 1981 war das. Beider Karrieren plätscherte langsam aus. In den USA, in der Major League Soccer, gab es noch ein paar ordentliche Dollar zu verdienen, das Wetter war schön, Niveau und Tempo nicht sonderlich hoch. Zuweilen wurde auch in der Halle gespielt, und Bernd Hölzenbein, dieser flinke, trickreiche Fummelkönig stellte sich da auch mal ins Tor. Fort Lauderdale, MLS – das war damals Operettenliga, aber mit großen Namen. In Florida spielten ja nicht nur Holz und Figueroa, sondern auch noch Gerd Müller oder Teófilo Cubillas, der peruanische Superstar, und noch ein paar feine Kicker, die ihren Zenit gerade übersprungen hatten. Es war eine Zweckgemeinschaft seinerzeit in Florida.

Fußball war der gemeinsame Nenner

Sie schätzten sich beide, fanden einen Draht zueinander, obwohl sie doch aus zwei völlig unterschiedlichen Welten kamen. Der Holz aus Dehrn, und der Elias aus Valparaíso. Der Fußball war der gemeinsame Nenner. Oft reisten sie zwei, drei Wochen an einem Stück, oft wurden drei, vier, fünf Spiele im Norden Nordamerikas zusammengelegt, da kommt man sich automatisch näher. "Elias war ein sachlicher, zurückhaltender Mann“, sagt Hölzenbein heute. Aus seinem Büro in der Commerzbank-Arena schaut er hinaus auf den sattgrünen Rasen des Stadions, am Sonntag hatte da unten seine Eintracht in einem dramatischen Spiel eine Bundesliga-Partie gegen den VfB Stuttgart im letzten Augenblick noch gedreht. Man spürt, wie gerne der Holz noch einmal auf diesem Rasen spielen würde, noch einmal die Zeit zurückdrehen möchte. Elias Figueroa sei einer gewesen, der auch heute Erfolg hätte, der auch heute seinen Weg gegangen wäre. Vielleicht nicht gerade auf der Libero-Position, die er inne hatte.

Elias Figueroa war ein Superstar zu seiner Zeit, der beste Verteidiger Amerikas sowieso. Er spielte in Chile, in Uruguay und in Brasilien, überall wurde er mit seinen Klubs nationaler Meister. Er war Weltfußballer 1976, Fußballer Südamerikas von 1974 bis 1976, und von 1966 bis 1982 war er in jedem seiner Klubs, ob Penarol Montevideo, SC International Porto Alegre oder Colo Colo Santiago, Spielführer. Er machte 47 Länderspiele und nahm an drei Weltmeisterschaften teil, 1966 in England, 1974 in Deutschland, 1982 in Mexiko. 1974 traf er mit Chile in der Vorrunde auf Deutschland, 1:0 gewann die DFB-Elf durch ein Tor von Paul Breitner. Hölzenbein war auch dabei, aber natürlich kannte er Figueroa nicht. "Wer ahnte schon, dass wir sieben Jahre später gemeinsam in einer Mannschaft stehen würden", sagt Hölzenbein.

Elias Figueroa galt als harter, aber fairer Abwehrspieler, "ein Gentleman auf Libero", wie die Zeitungen schrieben. Er selbst sagte aber auch Sätze wie diesen: "Der Strafraum ist mein Zuhause. Ich bestimme, wer hier hinein darf." Damals, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, zweifelte keiner daran, dass Figueroa genau das war, der Herrscher in seinem Strafraum. "Figueroa ist der beste Spieler in der gesamten Geschichte Chiles und möglicherweise der beste zentrale Abwehrspieler in der Geschichte des amerikanischen Fußballs", sagte Pelé einmal. Das größte Lob damals kam von Franz Beckenbauer, der das Bonmot umdrehte: "Ich bin der Figueroa Europas." 1973 war Figueroa der unbestrittene Kopf der chilenischen Auswahl, die um die Qualifikation für Deutschland 1974 kämpfte.

WM-Playoffs ohne Gegner

Nachdem man Peru ausgeschaltet hatte, mussten die Chilenen in die Playoff-Runde gegen die Sowjetunion, die beim Olympischen Fußball-Turnier in München die Bronzemedaille geholt hatten. Beim 0:0 im Hinspiel in Moskau war Don Elías der herausragende Spieler bei den Chilenen. Er stand auch im absurden Rückspiel in Santiago de Chile am 21. November 1973 im Team. Russland boykottierte das Rückspiel, nach dem Militärputsch gegen Salvador Allende durch Augusto Pinochet zwei Monate zuvor. Die Russen weigerten sich, im Nationalstadion zu spielen, weil das von Pinochets Schergen als Gefängnis und Folterzentrum missbraucht wurde, Tausende wurden seinerzeit ermordet. Das Spiel ohne Gegner wurde vom österreichischen Schiedsrichter Erich Linnemayr nach dem 1:0 nach einer Minute abgebrochen – es gab ja keine Mannschaft, die den Anstoß ausführen konnte. Chile fuhr zur WM nach Deutschland, schied dort aber in der Vorrunde aus.

"Ich habe mich wirklich gefreut, als der Anruf von Elias kam, an seinem Abschiedsspiel teilzunehmen", sagt Hölzenbein. Er spielte da schon bei Memphis Americans, und eigentlich hatte sein Klub zu diesem Zeitpunkt zwei Pflichtspiele zu bestreiten. Trotzdem wurde Hölzenbein frei gestellt, weil diese Einladung etwas ganz Besonderes war und Renommee auch auf dem Klub aus Memphis abstrahlte. Wie die Partie seinerzeit endete, weiß Hölzenbein nicht mehr.

Vor etwas mehr als einem Jahr übrigens hatte Bernd Hölzenbein noch einmal Kontakt zu Elias Figueroa aufgenommen. Als Scout hat der Frankfurter auch den südamerikanischen Markt im Auge zu behalten, er erhoffte sich von dem Chilenen ein paar Insidertipps. Figueroa antwortete auch sehr freundlich auf die E-Mail. Ins Geschäft kamen die beiden Ikonen allerdings nicht.

[tk]

Natürlich erinnert sich Bernd Hölzenbein. Elías Figueroa? "Klar kenne ich den. Er war der Beckenbauer Südamerikas." Bernd Hölzenbein wird nächste Woche 68. Zuletzt hat er mit Elias Figueroa vor mehr als 32 Jahren Fußball gespielt, beim Abschiedsspiel des großen chilenischen Abwehrspielers in Santiago de Chile im Nationalstadion. Früher fasste es mal 100 0000 Zuschauer, beim letzten Spiel des großen Chilenen, sollen es 80000 gewesen, erzählt Hölzenbein. 1983 war das. Elías Ricardo Figueroa Brander ist jetzt 67, auch ein alter Mann. "Elias", sagt Bernd Hölzenbein heute, am Tag des Länderspiels in aller Freundschaft der deutschen Nationalmannschaft in Stuttgart gegen Chile, "hatte vom Auftreten etwas von einem englischen Sir."

Es klingt nach all den Jahren noch immer ein wenig Bewunderung in der Stimme von Hölzenbein, dem Weltmeister von 1974 und Chefscout von Eintracht Frankfurt, wenn er über Elias Figueroa spricht. "Er war eine Legende, schon als er noch aktiv war. Die absolute Nummer eins." Beide spielten zusammen bei Fort Lauderdale, Florida, 1981 war das. Beider Karrieren plätscherte langsam aus. In den USA, in der Major League Soccer, gab es noch ein paar ordentliche Dollar zu verdienen, das Wetter war schön, Niveau und Tempo nicht sonderlich hoch. Zuweilen wurde auch in der Halle gespielt, und Bernd Hölzenbein, dieser flinke, trickreiche Fummelkönig stellte sich da auch mal ins Tor. Fort Lauderdale, MLS – das war damals Operettenliga, aber mit großen Namen. In Florida spielten ja nicht nur Holz und Figueroa, sondern auch noch Gerd Müller oder Teófilo Cubillas, der peruanische Superstar, und noch ein paar feine Kicker, die ihren Zenit gerade übersprungen hatten. Es war eine Zweckgemeinschaft seinerzeit in Florida.

Fußball war der gemeinsame Nenner

Sie schätzten sich beide, fanden einen Draht zueinander, obwohl sie doch aus zwei völlig unterschiedlichen Welten kamen. Der Holz aus Dehrn, und der Elias aus Valparaíso. Der Fußball war der gemeinsame Nenner. Oft reisten sie zwei, drei Wochen an einem Stück, oft wurden drei, vier, fünf Spiele im Norden Nordamerikas zusammengelegt, da kommt man sich automatisch näher. "Elias war ein sachlicher, zurückhaltender Mann“, sagt Hölzenbein heute. Aus seinem Büro in der Commerzbank-Arena schaut er hinaus auf den sattgrünen Rasen des Stadions, am Sonntag hatte da unten seine Eintracht in einem dramatischen Spiel eine Bundesliga-Partie gegen den VfB Stuttgart im letzten Augenblick noch gedreht. Man spürt, wie gerne der Holz noch einmal auf diesem Rasen spielen würde, noch einmal die Zeit zurückdrehen möchte. Elias Figueroa sei einer gewesen, der auch heute Erfolg hätte, der auch heute seinen Weg gegangen wäre. Vielleicht nicht gerade auf der Libero-Position, die er inne hatte.

Elias Figueroa war ein Superstar zu seiner Zeit, der beste Verteidiger Amerikas sowieso. Er spielte in Chile, in Uruguay und in Brasilien, überall wurde er mit seinen Klubs nationaler Meister. Er war Weltfußballer 1976, Fußballer Südamerikas von 1974 bis 1976, und von 1966 bis 1982 war er in jedem seiner Klubs, ob Penarol Montevideo, SC International Porto Alegre oder Colo Colo Santiago, Spielführer. Er machte 47 Länderspiele und nahm an drei Weltmeisterschaften teil, 1966 in England, 1974 in Deutschland, 1982 in Mexiko. 1974 traf er mit Chile in der Vorrunde auf Deutschland, 1:0 gewann die DFB-Elf durch ein Tor von Paul Breitner. Hölzenbein war auch dabei, aber natürlich kannte er Figueroa nicht. "Wer ahnte schon, dass wir sieben Jahre später gemeinsam in einer Mannschaft stehen würden", sagt Hölzenbein.

Elias Figueroa galt als harter, aber fairer Abwehrspieler, "ein Gentleman auf Libero", wie die Zeitungen schrieben. Er selbst sagte aber auch Sätze wie diesen: "Der Strafraum ist mein Zuhause. Ich bestimme, wer hier hinein darf." Damals, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, zweifelte keiner daran, dass Figueroa genau das war, der Herrscher in seinem Strafraum. "Figueroa ist der beste Spieler in der gesamten Geschichte Chiles und möglicherweise der beste zentrale Abwehrspieler in der Geschichte des amerikanischen Fußballs", sagte Pelé einmal. Das größte Lob damals kam von Franz Beckenbauer, der das Bonmot umdrehte: "Ich bin der Figueroa Europas." 1973 war Figueroa der unbestrittene Kopf der chilenischen Auswahl, die um die Qualifikation für Deutschland 1974 kämpfte.

WM-Playoffs ohne Gegner

Nachdem man Peru ausgeschaltet hatte, mussten die Chilenen in die Playoff-Runde gegen die Sowjetunion, die beim Olympischen Fußball-Turnier in München die Bronzemedaille geholt hatten. Beim 0:0 im Hinspiel in Moskau war Don Elías der herausragende Spieler bei den Chilenen. Er stand auch im absurden Rückspiel in Santiago de Chile am 21. November 1973 im Team. Russland boykottierte das Rückspiel, nach dem Militärputsch gegen Salvador Allende durch Augusto Pinochet zwei Monate zuvor. Die Russen weigerten sich, im Nationalstadion zu spielen, weil das von Pinochets Schergen als Gefängnis und Folterzentrum missbraucht wurde, Tausende wurden seinerzeit ermordet. Das Spiel ohne Gegner wurde vom österreichischen Schiedsrichter Erich Linnemayr nach dem 1:0 nach einer Minute abgebrochen – es gab ja keine Mannschaft, die den Anstoß ausführen konnte. Chile fuhr zur WM nach Deutschland, schied dort aber in der Vorrunde aus.

"Ich habe mich wirklich gefreut, als der Anruf von Elias kam, an seinem Abschiedsspiel teilzunehmen", sagt Hölzenbein. Er spielte da schon bei Memphis Americans, und eigentlich hatte sein Klub zu diesem Zeitpunkt zwei Pflichtspiele zu bestreiten. Trotzdem wurde Hölzenbein frei gestellt, weil diese Einladung etwas ganz Besonderes war und Renommee auch auf dem Klub aus Memphis abstrahlte. Wie die Partie seinerzeit endete, weiß Hölzenbein nicht mehr.

Vor etwas mehr als einem Jahr übrigens hatte Bernd Hölzenbein noch einmal Kontakt zu Elias Figueroa aufgenommen. Als Scout hat der Frankfurter auch den südamerikanischen Markt im Auge zu behalten, er erhoffte sich von dem Chilenen ein paar Insidertipps. Figueroa antwortete auch sehr freundlich auf die E-Mail. Ins Geschäft kamen die beiden Ikonen allerdings nicht.