Herbergers Urgroßneffe coacht im Halbfinale von 'Voice of Germany'

Sein Urgroßonkel Sepp Herberger führte Deutschland zum Weltmeistertitel 1954. Michael Herberger coacht Xavier Naidoos Talente bei "Voice of Germany" und hofft, an der Seite Naidoos die zweite Staffel der beliebten Casting-Show zu gewinnen. Heute Abend läuft das Halbfinale.

Michael Herberger ist ein Energiepaket: Der 40-jährige Mannheimer hat Molekularbiologie studiert, Ende der neunziger Jahre mit Xavier Naidoo die ‚Söhne Mannheims’ gegründet, ist Geschäftsführer eines riesigen Tonstudios in Mannheim, engagiert sich sozial in der "Sepp-Herberger-Stiftung" und ist gegenwärtig beteiligt an "Voice of Germany", das mit mehr als fünf Millionen Zuschauern SAT.1 regelmäßig Rekord-Marktanteile beschert.

Ein DFB.de-Interview mit Sepp Herbergers Urgroßneffen über Musik, Fußball und "Voice of Germany".

DFB.de: Herr Herberger, bitte erklären Sie uns die Verwandtschaftsverhältnisse.

Michael Herberger: Das geht schnell: Mein Urgroßvater war Sepp Herbergers Bruder.

DFB.de: Sepp Herberger starb 1977, Sie sind Jahrgang 1971 – haben sich die Wege jemals gekreuzt? Sind Sie als Baby mal vorbeigetragen worden?

Herberger:Wir hatten mal das Vergnügen, aber ohne Hypnose werde ich mich jetzt nicht daran erinnern. Mein Opa hat mir erzählt, dass ich irgendwann auf Sepp Herbergers Schoss saß und er auf Mannheimerisch sagte: ‚Uff den muscht uffpasse, des is de letschte, den ma hawe.' An meine Urgroßtante Eva kann ich mich besser erinnern, die hat ihn überlebt und starb erst 1989. Wir haben sie regelmäßig in dem Haus in Hohensachsen besucht. Die Erwachsenen haben dann in der Küche Kaffee getrunken und ich durfte im Wohnzimmer spielen. Dort stand die Nachbildung des Jules Rimet und weil ich ein braves Kind war, durfte ich den WM-Pokal auch mal in die Hand nehmen.

DFB.de: Der Fußballfan denkt an das Bild als Fritz Walter Herberger direkt nach dem Abpfiff den Pokal geben will…

Herberger: ... und mein Urgroßonkel abwehrt. Mein Großvater war ein glühender Verehrer Sepp Herbergers. Ich habe dessen ganze Sprüche mit der Muttermilch aufgesaugt.

DFB.de: Sind Sie Fan von Waldhof Mannheim oder vom 1. FC Kaiserslautern?

Herberger: Sind Sie verrückt, natürlich vom Waldhof. Entschuldigen Sie den kurzen emotionalen Ausbruch. Eigentlich ist die Rivalität gar nicht mehr so intensiv, nicht zuletzt wegen des großen Klassenunterschieds. Die Leidenschaft für den Waldhof ist auch meinem Großvater geschuldet. In der Aufstiegssaison 1982/83, als die jungen Waldhof-Buben mit Klaus Schlappner in die 1. Bundesliga aufgestiegen sind, habe ich jedes Rückrundenspiel gesehen. Ich bin in der Gartenstadt aufgewachsen, mein Schulgelände grenzte direkt ans Sportgelände des SV Waldhof-Mannheim. In meinem Büro hängt heute noch der Aufstiegswimpel. Fußball ist halt eine Herzensangelegenheit …

DFB.de: … bei der man auch bei anhaltender Erfolglosigkeit nicht wechseln darf?

Herberger: Richtig, so ist das. Ich bin befreundet mit Steffen Künster, unter dessen Präsidentschaft es seit zwei Jahren spürbar besser läuft. Und mit Klaus Schlappner sowieso.

DFB.de: Mitte der 90er Jahre haben Sie gemeinsam mit Xavier Naidoo die Söhne Mannheims gegründet. Wie kam es dazu?

Herberger: Musicals waren angesagt, ich studierte zwar noch Molekularbiologie, hatte nebenbei aber ein Musical-Projekt laufen, mit vielen Sängern und einer kleinen Band. Unter anderem gehörte Xavier zum Ensemble. Wir haben schnell gemerkt, dass wir uns gut verstehen. Ein gemeinsamer Freund hatte im Keller ein kleines Studio. Xavier hat dann immer so zwischen 23 Uhr und 3 Uhr morgens bei mir angerufen und gefragt, ob ich nicht rüberkommen wollte. So haben wir angefangen, gemeinsam Songs zu schreiben. Xavier hat damals erst bei 3P für Moses Pelham Background gesungen, dann bei Sabrina Setlur, die dann auch mal Vorgruppe bei einem Michael Jackson Konzert war. Für seine erste Soloplatte haben wir die Single ‚Führ mich ans Licht’ gemeinsam geschrieben. ‚Nicht von dieser Welt’ war Xaviers starkes Debüt und hat damit mehr als eine Million Platten verkauft.

DFB.de: Wie ging es weiter?

Herberger: 1999 hat Xavier mich dann gefragt, ob ich mit ihm zusammen die ‚Söhne Mannheims’ aufbauen wollte. So haben wir zusammen das erste Album "Zion" produziert. Damals steckte ich mitten in meiner Diplomarbeit. Tagsüber habe ich meine Zellen gezüchtet, abends bei Edo Zanki am Album gearbeitet. Eine sehr intensive, schöne Zeit.

DFB.de: Die "Söhne Mannheims" hatten teilweise die Stärke einer Fußballmannschaft. Da standen dann beim Konzert 17 Mann auf der Bühne …

Herberger: … und mehr. Der Kern der Band aber ist geblieben, ansonsten aber gab es eine große Fluktuation. Die Musiker haben sich immer konstanter gehalten als die Sänger.

DFB.de: Die Söhne spielen seit einem Jahrzehnt vor ausverkauften Hallen, haben über drei Millionen Tonträger verkauft. Auf den Punkt, warum sind es so erfolgreiche Söhne geworden?

Herberger: Weil wir immer unseren Stiefel durchgezogen haben. Wir haben eine sehr klare Vorstellung und haben uns nie beirren lassen. ‚Zion’ war genauso wie wir es wollten. Starten Sie mal mit 17 Leuten – das liegt zwischen gewollter Entropie und Professionalität. Die Leute von den Plattenfirmen schüttelten nur den Kopf: ‚Das ist doch Unsinn, so viele Leute auf der Bühne, keiner verdient genug, musikalisch nur Quatsch’. Aber die große Band wurde später unser Markenzeichen. Wir haben immer aus dem Gefühl heraus gehandelt, nicht aufgrund von Berechnung. Authentizität ist entscheidend.

DFB.de: Womit ich die Frage nach den musikalischen Vorbildern streichen muss?

Herberger: Stimmt, weil es die eben nicht gab. Xavier kam mehr aus dem HipHop, wir waren Ende der achtziger Jahre auf einem RunDMC-Konzert im Rosengarten. Da stand ich dann mit Xavier und ein paar tausend schwarzen GIs. Kommerziell erfolgreichen deutschen R&B gab es damals gar nicht. Von mir kamen die klassischen Einflüsse, das Klavier, die Streicher und das große Orchester, Elemente, die die Söhne mitgeprägt haben. Xavier mag sicher Prince und Van Morrison, aber von Vorbildern würde ich nicht sprechen.

DFB.de: „Dieser Weg“, ein Naidoo-Solosong, wurde 2006 während der WM zu dem Kabinensong der deutschen Mannschaft.

Herberger: Der Song war eine Singleauskoppelung aus „Telegramm für X“, dass wir hier in den Tonstudios ‚Naidoo-Herberger’ in Mannheim produziert haben. Xavier traf irgendwo Jürgen Klinsmann, ein paar Monate vor dem Turnier, Klinsmann stand damals in der Kritik. Klinsmanns Nichte kam dann auf ein Konzert von Xavier, erzählte ihm von diesem Song. Als nächstes lief das Lied in der Kabine und wurde zum Ritual. Xavier ist nicht unbedingt traditionell der große Fußballfan, aber nach Dortmund, nach dem Halbfinalaus gegen Italien, war er wirklich am Boden zerstört. Wir haben dann direkt ‚Danke’ aufgenommen, per Mail an Oliver Bierhoff geschickt und das Lied lief dann auch in der Kabine vor dem Portugal-Spiel. Auf der Fanmeile am Brandenburger Tor hat Xavier dann „Dieser Weg“ und „Was wir alleine nicht schaffen…“ gesungen – ein einmaliges Erlebnis.

DFB.de: Bei welcher WM haben Sie das erste Mal als Fan richtig mitgefiebert?

Herberger: Das was 1982: damals habe ich das Turner aufgesogen wie ein Schwamm, leider auch bis zum bitteren Finale gegen Paolo Rossis Italien. Diese WM inklusive dem legendären Halbfinale gegen Frankreich kann ich bis heute auswendig. Tolle Spieler, tolle Charaktere: Breitner, Briegel, Toni Schumacher. Zuhause türmen sich noch die Bücher und Klebebilderalben.

DFB.de: Sepp Herbergers Ausspruch: „Wer oben steht, darf die unten nicht vergessen“ – welche Bedeutung hat das für Sie?

Herberger:Diese Haltung teile ich mit meinem Urgroßonkel. Ich bin Christ, mein Glaube ist mir sehr wichtig. Ich engagiere mich im Kuratorium der DFB-Stiftung Sepp Herberger, dabei geht es etwa um Resozialisierung und Behindertenfußball, wenn Sie so wollen um Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft. Aber wie gesagt, ich wurde nicht durch die Stiftungsarbeit geläutert. Dass wir uns um andere kümmern, ist schon immer meine Grundauffassung. Bevor es für Xavier und mich richtig losging, haben wir einen gemeinnützigen Verein gegründet.

DFB.de: Kann die moralische Botschaft auch Ballast für eine Band sein?

Herberger: Ich sehe die Söhne Mannheims nicht in einer Verantwortung als Vorbild. Jugendliche sollten ihre Eltern als Vorbild haben, aber wenn das aus welchem Grund auch immer nicht geht, muss es nun wirklich keine Pop- oder Rockband sein. Ganz im Ernst.

DFB.de: Und auch kein Fußballer?

Herberger: Und auch kein Fußballer. Wir sind alle nur Menschen. Musik und Sport – ob dass das richtige Genre ist, um sich ein Vorbild, also eine Art Lebensbegleiter, einen Ratspender, auszusuchen, das bezweifele ich doch sehr.

DFB.de: Wie gefällt Ihnen die Arbeit im Stiftungskuratorium?

Herberger: Erstmal ist es toll, in so einer illustren Runde sitzen zu dürfen. Angefangen bei den großen Fußballhelden, die dort alle mithelfen: Horst Eckel, Uwe Seeler, Otto Rehhagel. Mit solchen Menschen gemeinsam etwas bewegen zu dürfen, ist schon toll.

DFB.de: Sie haben in einem Interview für den kürzlich erschienenen Band 'Gesichter der Nachhaltigkeit' gesagt: „Ich glaube, dass die Unternehmen bei der veränderten Werteentwicklung in der Gesellschaft gar keine Wahl haben werden, als nachhaltige Produkte und Dienstleitungen anzubieten. Wenn Sie das nicht tun, wird früher oder später keiner mehr ihre Produkte und Dienstleistungen in Anspruch nehmen“ Leistet der Fußball genug für die Nachhaltigkeit?

Herberger: Der DFB ist hier sehr engagiert, gerade durch seine Stiftungen. Aber auch andere Aktivitäten etwa bei der Integration, wenn es um Hilfsangebote für Burnout-Patienten im Sport geht oder beim Umweltschutz, da ist der DFB, soweit ich das einblicken kann, wirklich auf einem sehr guten Weg. Die Geschäftspraktiken im Fußball dagegen sind eher nicht nachhaltig – wenn ich etwa an das ‚hire and fire’ im Trainergeschäft denke.

DFB.de: Sie sind Berater – neudeutsch: Coach – mit Xavier Naidoo bei Deutschlands derzeit beliebtester Casting-Show. Wer wird Sieger bei Voice of Germany?

Herberger: Auf alle Fälle ein Kandidat von Naidoo/Herberger (lacht). Schön finde ich, dass hier eine Castingshow gemacht wird, bei der niemand untergebuttert oder durch den Kakao gezogen wird. Xavier und ich haben mit den Talenten der vergangenen Staffel eine CD aufgenommen, haben ihnen viel Freiraum gegeben, und sind direkt in die Top 10 eingestiegen. Es ist gut, dass nicht alles so kurzlebig ist.

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Sein Urgroßonkel Sepp Herberger führte Deutschland zum Weltmeistertitel 1954. Michael Herberger coacht Xavier Naidoos Talente bei "Voice of Germany" und hofft, an der Seite Naidoos die zweite Staffel der beliebten Casting-Show zu gewinnen. Heute Abend läuft das Halbfinale.

Michael Herberger ist ein Energiepaket: Der 40-jährige Mannheimer hat Molekularbiologie studiert, Ende der neunziger Jahre mit Xavier Naidoo die ‚Söhne Mannheims’ gegründet, ist Geschäftsführer eines riesigen Tonstudios in Mannheim, engagiert sich sozial in der "Sepp-Herberger-Stiftung" und ist gegenwärtig beteiligt an "Voice of Germany", das mit mehr als fünf Millionen Zuschauern SAT.1 regelmäßig Rekord-Marktanteile beschert.

Ein DFB.de-Interview mit Sepp Herbergers Urgroßneffen über Musik, Fußball und "Voice of Germany".

DFB.de: Herr Herberger, bitte erklären Sie uns die Verwandtschaftsverhältnisse.

Michael Herberger: Das geht schnell: Mein Urgroßvater war Sepp Herbergers Bruder.

DFB.de: Sepp Herberger starb 1977, Sie sind Jahrgang 1971 – haben sich die Wege jemals gekreuzt? Sind Sie als Baby mal vorbeigetragen worden?

Herberger:Wir hatten mal das Vergnügen, aber ohne Hypnose werde ich mich jetzt nicht daran erinnern. Mein Opa hat mir erzählt, dass ich irgendwann auf Sepp Herbergers Schoss saß und er auf Mannheimerisch sagte: ‚Uff den muscht uffpasse, des is de letschte, den ma hawe.' An meine Urgroßtante Eva kann ich mich besser erinnern, die hat ihn überlebt und starb erst 1989. Wir haben sie regelmäßig in dem Haus in Hohensachsen besucht. Die Erwachsenen haben dann in der Küche Kaffee getrunken und ich durfte im Wohnzimmer spielen. Dort stand die Nachbildung des Jules Rimet und weil ich ein braves Kind war, durfte ich den WM-Pokal auch mal in die Hand nehmen.

DFB.de: Der Fußballfan denkt an das Bild als Fritz Walter Herberger direkt nach dem Abpfiff den Pokal geben will…

Herberger: ... und mein Urgroßonkel abwehrt. Mein Großvater war ein glühender Verehrer Sepp Herbergers. Ich habe dessen ganze Sprüche mit der Muttermilch aufgesaugt.

DFB.de: Sind Sie Fan von Waldhof Mannheim oder vom 1. FC Kaiserslautern?

Herberger: Sind Sie verrückt, natürlich vom Waldhof. Entschuldigen Sie den kurzen emotionalen Ausbruch. Eigentlich ist die Rivalität gar nicht mehr so intensiv, nicht zuletzt wegen des großen Klassenunterschieds. Die Leidenschaft für den Waldhof ist auch meinem Großvater geschuldet. In der Aufstiegssaison 1982/83, als die jungen Waldhof-Buben mit Klaus Schlappner in die 1. Bundesliga aufgestiegen sind, habe ich jedes Rückrundenspiel gesehen. Ich bin in der Gartenstadt aufgewachsen, mein Schulgelände grenzte direkt ans Sportgelände des SV Waldhof-Mannheim. In meinem Büro hängt heute noch der Aufstiegswimpel. Fußball ist halt eine Herzensangelegenheit …

DFB.de: … bei der man auch bei anhaltender Erfolglosigkeit nicht wechseln darf?

Herberger: Richtig, so ist das. Ich bin befreundet mit Steffen Künster, unter dessen Präsidentschaft es seit zwei Jahren spürbar besser läuft. Und mit Klaus Schlappner sowieso.

DFB.de: Mitte der 90er Jahre haben Sie gemeinsam mit Xavier Naidoo die Söhne Mannheims gegründet. Wie kam es dazu?

Herberger: Musicals waren angesagt, ich studierte zwar noch Molekularbiologie, hatte nebenbei aber ein Musical-Projekt laufen, mit vielen Sängern und einer kleinen Band. Unter anderem gehörte Xavier zum Ensemble. Wir haben schnell gemerkt, dass wir uns gut verstehen. Ein gemeinsamer Freund hatte im Keller ein kleines Studio. Xavier hat dann immer so zwischen 23 Uhr und 3 Uhr morgens bei mir angerufen und gefragt, ob ich nicht rüberkommen wollte. So haben wir angefangen, gemeinsam Songs zu schreiben. Xavier hat damals erst bei 3P für Moses Pelham Background gesungen, dann bei Sabrina Setlur, die dann auch mal Vorgruppe bei einem Michael Jackson Konzert war. Für seine erste Soloplatte haben wir die Single ‚Führ mich ans Licht’ gemeinsam geschrieben. ‚Nicht von dieser Welt’ war Xaviers starkes Debüt und hat damit mehr als eine Million Platten verkauft.

DFB.de: Wie ging es weiter?

Herberger: 1999 hat Xavier mich dann gefragt, ob ich mit ihm zusammen die ‚Söhne Mannheims’ aufbauen wollte. So haben wir zusammen das erste Album "Zion" produziert. Damals steckte ich mitten in meiner Diplomarbeit. Tagsüber habe ich meine Zellen gezüchtet, abends bei Edo Zanki am Album gearbeitet. Eine sehr intensive, schöne Zeit.

DFB.de: Die "Söhne Mannheims" hatten teilweise die Stärke einer Fußballmannschaft. Da standen dann beim Konzert 17 Mann auf der Bühne …

Herberger: … und mehr. Der Kern der Band aber ist geblieben, ansonsten aber gab es eine große Fluktuation. Die Musiker haben sich immer konstanter gehalten als die Sänger.

DFB.de: Die Söhne spielen seit einem Jahrzehnt vor ausverkauften Hallen, haben über drei Millionen Tonträger verkauft. Auf den Punkt, warum sind es so erfolgreiche Söhne geworden?

Herberger: Weil wir immer unseren Stiefel durchgezogen haben. Wir haben eine sehr klare Vorstellung und haben uns nie beirren lassen. ‚Zion’ war genauso wie wir es wollten. Starten Sie mal mit 17 Leuten – das liegt zwischen gewollter Entropie und Professionalität. Die Leute von den Plattenfirmen schüttelten nur den Kopf: ‚Das ist doch Unsinn, so viele Leute auf der Bühne, keiner verdient genug, musikalisch nur Quatsch’. Aber die große Band wurde später unser Markenzeichen. Wir haben immer aus dem Gefühl heraus gehandelt, nicht aufgrund von Berechnung. Authentizität ist entscheidend.

DFB.de: Womit ich die Frage nach den musikalischen Vorbildern streichen muss?

Herberger: Stimmt, weil es die eben nicht gab. Xavier kam mehr aus dem HipHop, wir waren Ende der achtziger Jahre auf einem RunDMC-Konzert im Rosengarten. Da stand ich dann mit Xavier und ein paar tausend schwarzen GIs. Kommerziell erfolgreichen deutschen R&B gab es damals gar nicht. Von mir kamen die klassischen Einflüsse, das Klavier, die Streicher und das große Orchester, Elemente, die die Söhne mitgeprägt haben. Xavier mag sicher Prince und Van Morrison, aber von Vorbildern würde ich nicht sprechen.

DFB.de: „Dieser Weg“, ein Naidoo-Solosong, wurde 2006 während der WM zu dem Kabinensong der deutschen Mannschaft.

Herberger: Der Song war eine Singleauskoppelung aus „Telegramm für X“, dass wir hier in den Tonstudios ‚Naidoo-Herberger’ in Mannheim produziert haben. Xavier traf irgendwo Jürgen Klinsmann, ein paar Monate vor dem Turnier, Klinsmann stand damals in der Kritik. Klinsmanns Nichte kam dann auf ein Konzert von Xavier, erzählte ihm von diesem Song. Als nächstes lief das Lied in der Kabine und wurde zum Ritual. Xavier ist nicht unbedingt traditionell der große Fußballfan, aber nach Dortmund, nach dem Halbfinalaus gegen Italien, war er wirklich am Boden zerstört. Wir haben dann direkt ‚Danke’ aufgenommen, per Mail an Oliver Bierhoff geschickt und das Lied lief dann auch in der Kabine vor dem Portugal-Spiel. Auf der Fanmeile am Brandenburger Tor hat Xavier dann „Dieser Weg“ und „Was wir alleine nicht schaffen…“ gesungen – ein einmaliges Erlebnis.

DFB.de: Bei welcher WM haben Sie das erste Mal als Fan richtig mitgefiebert?

Herberger: Das was 1982: damals habe ich das Turner aufgesogen wie ein Schwamm, leider auch bis zum bitteren Finale gegen Paolo Rossis Italien. Diese WM inklusive dem legendären Halbfinale gegen Frankreich kann ich bis heute auswendig. Tolle Spieler, tolle Charaktere: Breitner, Briegel, Toni Schumacher. Zuhause türmen sich noch die Bücher und Klebebilderalben.

DFB.de: Sepp Herbergers Ausspruch: „Wer oben steht, darf die unten nicht vergessen“ – welche Bedeutung hat das für Sie?

Herberger:Diese Haltung teile ich mit meinem Urgroßonkel. Ich bin Christ, mein Glaube ist mir sehr wichtig. Ich engagiere mich im Kuratorium der DFB-Stiftung Sepp Herberger, dabei geht es etwa um Resozialisierung und Behindertenfußball, wenn Sie so wollen um Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft. Aber wie gesagt, ich wurde nicht durch die Stiftungsarbeit geläutert. Dass wir uns um andere kümmern, ist schon immer meine Grundauffassung. Bevor es für Xavier und mich richtig losging, haben wir einen gemeinnützigen Verein gegründet.

DFB.de: Kann die moralische Botschaft auch Ballast für eine Band sein?

Herberger: Ich sehe die Söhne Mannheims nicht in einer Verantwortung als Vorbild. Jugendliche sollten ihre Eltern als Vorbild haben, aber wenn das aus welchem Grund auch immer nicht geht, muss es nun wirklich keine Pop- oder Rockband sein. Ganz im Ernst.

DFB.de: Und auch kein Fußballer?

Herberger: Und auch kein Fußballer. Wir sind alle nur Menschen. Musik und Sport – ob dass das richtige Genre ist, um sich ein Vorbild, also eine Art Lebensbegleiter, einen Ratspender, auszusuchen, das bezweifele ich doch sehr.

DFB.de: Wie gefällt Ihnen die Arbeit im Stiftungskuratorium?

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Herberger: Erstmal ist es toll, in so einer illustren Runde sitzen zu dürfen. Angefangen bei den großen Fußballhelden, die dort alle mithelfen: Horst Eckel, Uwe Seeler, Otto Rehhagel. Mit solchen Menschen gemeinsam etwas bewegen zu dürfen, ist schon toll.

DFB.de: Sie haben in einem Interview für den kürzlich erschienenen Band 'Gesichter der Nachhaltigkeit' gesagt: „Ich glaube, dass die Unternehmen bei der veränderten Werteentwicklung in der Gesellschaft gar keine Wahl haben werden, als nachhaltige Produkte und Dienstleitungen anzubieten. Wenn Sie das nicht tun, wird früher oder später keiner mehr ihre Produkte und Dienstleistungen in Anspruch nehmen“ Leistet der Fußball genug für die Nachhaltigkeit?

Herberger: Der DFB ist hier sehr engagiert, gerade durch seine Stiftungen. Aber auch andere Aktivitäten etwa bei der Integration, wenn es um Hilfsangebote für Burnout-Patienten im Sport geht oder beim Umweltschutz, da ist der DFB, soweit ich das einblicken kann, wirklich auf einem sehr guten Weg. Die Geschäftspraktiken im Fußball dagegen sind eher nicht nachhaltig – wenn ich etwa an das ‚hire and fire’ im Trainergeschäft denke.

DFB.de: Sie sind Berater – neudeutsch: Coach – mit Xavier Naidoo bei Deutschlands derzeit beliebtester Casting-Show. Wer wird Sieger bei Voice of Germany?

Herberger: Auf alle Fälle ein Kandidat von Naidoo/Herberger (lacht). Schön finde ich, dass hier eine Castingshow gemacht wird, bei der niemand untergebuttert oder durch den Kakao gezogen wird. Xavier und ich haben mit den Talenten der vergangenen Staffel eine CD aufgenommen, haben ihnen viel Freiraum gegeben, und sind direkt in die Top 10 eingestiegen. Es ist gut, dass nicht alles so kurzlebig ist.