Hannelore Ratzeburg: "Fußball ist Frauensache"

Seit über 30 Jahren engagiert sich Hannelore Ratzeburg für den Frauenfußball. 1977 wurde die heute 55-jährige Hamburgerin vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) zur Referentin für den Frauenfußball in den Spielausschuss berufen, seit 1995 gehört sie als Vorsitzende des Frauenfußball-Ausschusses dem DFB-Vorstand an. Länderpokal, DFB-Pokal, Frauen-Bundesliga und das erste Spiel einer deutschen Frauen-Nationalmannschaft am 10. November 1982 gegen die Schweiz (5:1) - Hannelore Ratzeburg hat "viel auf den Weg" gebracht, wie sie selbst sagt.

Wie sonst niemand in Deutschland, hat sie als Mitglied von UEFA- und FIFA-Kommissionen dem Frauenfußball Gestalt gegeben. 2007 wird es zwei weitere spannende Tage für Hannelore Ratzeburg geben. Beim DFB-Bundestag im Oktober ist die Erweiterung des Präsidiums geplant, in dem der Bereich Frauenfußball direkt vertreten sein soll. Erstmals in der 107-jährigen Geschichte des größten deutschen Sportverbandes könnte eine Frau in das höchste Gremium aufrücken. Erste Kandidatin wäre Hannelore Ratzeburg.

Zuvor aber hat sie sich den 31. August rot im Kalender umkreist. Jenen Freitag, an dem FIFA-Präsident Joseph S. Blatter verkünden will, wer 2011 die Frauen-WM ausrichtet. Australien, Frankreich, Kanada, Peru, die Schweiz - oder sagt Blatter doch wieder: "The winner is... Deutschland." Im aktuellen "Gespräch der Woche" auf www.dfb.de hat DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth mit Hannelore Ratzeburg, die auch Mitglied im Bewerbungskomitee ist, die deutschen WM-Chancen für ein "Wiedersehen bei Freunden" thematisiert.

Frage: Frau Ratzeburg, wie bewerten Sie die Chancen der DFB-Bewerbung für die Frauen-WM 2011?

Hannelore Ratzeburg: Dass es so viele Bewerber gibt, ist erst einmal ein tolles Zeichen für den Frauenfußball. Der Weltfußball hat erkannt, dass die Frauen-WM ein hochattraktives Turnier darstellt. Frankreich würde mit Sicherheit auch eine gute Frauen-WM organisieren, aber wir wollen und können noch besser sein.

Frage: Der neue UEFA-Präsident Michel Platini ist ein Franzose – ein Faktor bei der Vergabe?

Ratzeburg: Ich habe mich noch nicht mit Michel Platini über seine Einstellung zum Frauenfußball austauschen können. Wir Frauen haben viel auf den Weg gebracht. Das kann er nicht ignorieren. Ob Platinis Herz bei dieser Entscheidung national schlagen wird, weiß ich nicht einzuschätzen. Sicher ist es ungünstig, dass wir mehrere europäische Bewerber im Rennen haben. Allerdings gehen wir kühn davon aus, dass Europa mal wieder dran ist. 2007 findet die zweite WM in Asien statt, zweimal wurde in den USA gespielt und erst einmal – 1995 in Schweden und Norwegen – in Europa.

Frage: Weshalb ist Deutschland prädestiniert, die WM 2011 auszurichten?

Ratzeburg: Die erfolgreiche Ausrichtung der WM 2006 spricht ganz stark für Deutschland. Wir hatten vor einigen Jahren sogar damit geliebäugelt, uns für 2007 zu bewerben. Dann aber kam SARS, die schwere Grippe-Epidemie in China, worauf die WM 2003 in die USA auswich. China erhielt von der FIFA die Option für die Ausrichtung 2007, so dass wir uns für 2011 bewerben mussten. Zweites Argument für Deutschland: Der Frauenfußball boomt. Die Akzeptanz ist riesengroß, gerade wegen der großen Erfolge der Nationalmannschaft, die sechsmal Europameister wurde und als Titelverteidiger im September nach China reisen wird. Die Zuwächse im Mädchenbereich sind gerade jetzt gewaltig, ausgelöst sicher auch durch die Sogwirkung der FIFA WM 2006. Alle sind angesteckt vom Fußballfieber. Und Fußball ist Frauensache. Die Zeit ist einfach reif.

Frage: Welche Arbeiten stehen jetzt unmittelbar für das Bewerbungskomitee an?

Ratzeburg: In den nächsten Tagen erhalten wir von der FIFA die umfangreichen Bewerbungsunterlagen. Ich habe frühere Dokumente überflogen und weiß, welche Umfänge es jetzt erst einmal zu sichten gilt. Zeitnah zum Eintreffen des FIFA-Pflichtenheftes am kommenden Donnerstag wird die erste Sitzung des Bewerbungskomitees angesetzt. Trotz meiner langen Tätigkeit im Fußball wäre es auch für mich die erste WM, die ich mitorganisieren würde. Auf uns kommt ein umfangreiches Aufgabenpaket zu, soviel ist sicher. Wenn wir den Zuschlag bekommen, können wir beim DFB auf bewährte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauen, die viele Erfahrungen gesammelt haben, wie so ein Großereignis organisiert wird.

Frage: Die tollen Zuwächse bei den Mädchen haben Sie angesprochen. Mittlerweile kommen zu den Spielen der Frauen-Nationalmannschaft regelmäßig um die 20.000 Zuschauer ins Stadion. Auch für die Einschaltquoten bei den Livespielen muss sich niemand schämen. Dennoch lässt der Durchbruch auf sich warten, den großen Sprung muss der Frauenfußball in Deutschland noch machen. Oder widersprechen Sie?

Ratzeburg: Es gibt sicher eine Diskrepanz zwischen der Nationalmannschaft und dem Vereinsfußball. Das betrifft auch die Frauen-Bundesliga, hier muss die Spielqualität gesteigert werden. Das Leistungsgefälle zwischen den Topteams und den schwächeren Mannschaften ist zu groß. Außerdem sind Frauen im Fußball Amateure. Das Geld fehlt, um haupt- und nebenberufliche Mitarbeiter einzustellen. Darunter leidet das Management der Klubs, sei es im Marketing oder bei der öffentlichen Darstellung. Der DFB bemüht sich seit etwa vier Jahren, die Vereine dabei zu unterstützen, ihre Infrastruktur zu verbessern. Dazu werden regelmäßig Workshops angeboten. Aus dem Personalkreis des OK wurden zumindest für ein Jahr den Frauen-Bundesligavereinen Mitarbeiter zugestellt. Davon versprechen wir uns einen neuen Anschub.

Frage: Es scheint kein öffentlicher Auftritt zu vergehen, ohne dass DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger für den Frauenfußball wirbt. Mussten Sie ihn bekehren, oder war er schon immer ein Fan?

Ratzeburg: Wir hatten früher keinen engen Kontakt. Theo Zwanziger war als Schatzmeister tätig und ich im Ausschuss für Frauenfußballs. Später, zur Zeit der Doppelspitze, wurde mir bewusst, dass sein Herz für unseren Frauenfußball schlägt. Bei den Spielen und Ehrungen stellte ich dann fest, dass er immer sehr gut informiert war und mit großem Engagement unsere Entwicklung begleitete. Natürlich freut mich das. Für die Öffentlichkeit setzt Theo Zwanziger damit das deutliche Signal, dass Fußball ein Sport für die ganze Familie ist.

Frage: Die demografische Entwicklung bestätigt diesen Kurs.

Ratzeburg: Fußball ist immer in einer komfortablen Position gewesen, unser Sport war immer ein Selbstläufer. In Deutschland werden in den nächsten Jahrzehnten weniger Kinder haben. Der DFB wird sich jetzt noch stärker für den Mädchen- und Frauenfußball einsetzen als bisher. Außerdem müssen mehr Spielangebote für Ältere gemacht werden, und bei den Mädchen müssen wir darauf achten, dass weniger 16-18-Jährige die Vereine verlassen. In die Zukunft geschaut, muss der Fußball neben dem Format "11 gegen 11" andere Angebote machen. Gerade im Kinderbereich ist "4 gegen 4" sinnvoll. Wir sollten Hallenformate im Frauenfußball aktualisieren.

Frage: Mit wie vielen WM-Städten planen Sie für 2011?

Ratzeburg: Für diese Entscheidung müssen wir erst wissen, ob mit 16 oder 24 Mannschaften gespielt wird. Die FIFA würde das Teilnehmerfeld gern aufstocken und mehr Nationen bei diesem wichtigsten Turnier mitmachen lassen. Wir müssen den Verlauf der WM in China abwarten. Fällt die Differenz im Leistungsniveau zwischen den Topteams und den anderen zu groß aus, wird wohl mit 16 Teilnehmern gespielt. Sind die Spiele aber überwiegend umkämpft und damit bis zum Schlusspfiff spannend, könnten 2011 insgesamt 24 Teams an der WM teilnehmen. Bei den Städten interessieren uns Stadien mit einer Kapazität von rund 20.000 bis 30.000 Zuschauern. Schließlich müssen wir auch für die Gruppenspiele ohne deutsche Beteiligung planen.

Frage: Wenn Deutschland den Zuschlag erhält, wird die Frage der TV-Übertragungsrechte rasch auf den Tisch kommen. Und Sie werden ein Konzept für das Ticketing entwickeln müssen.

Ratzeburg: Wichtig dabei ist nur, dass wir im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sind. Wenn wir den Mädchen- und Frauenfußball weltweit promoten wollen, muss sichergestellt sein, dass alle Fans auf der Welt die Spiele sehen können. Über das Ticketing der WM 2006 als Onlineverkauf in Phasen, wobei meist das Los entschied, wurde im Vorfeld viel diskutiert. Einige haben auch die Nase gerümpft. Aber im Endeffekt hat dieses Verfahren sich doch als gerecht dargestellt und bewährt. In dieser Form kann ich es mir auch für 2011 vorstellen. Eines jedenfalls ist gewiss: Für ein Spiel der deutschen Mannschaft wird der Fan nicht am Spieltag ins Stadion gehen und ein Ticket ziehen können. Dafür wird die Nachfrage zu groß sein.

Frage: Wird Birgit Prinz 2011 noch im Nationalteam spielen?

Ratzeburg: Wenn wir am 31. August wirklich den Zuschlag erhalten, wird das viele Spielerinnen, die noch nicht über 30 Jahre alt sind, motivieren. 2011 wäre Birgit 33 Jahre alt. Wenn sie gesund und von Verletzungen verschont bleibt, wäre eine WM-Teilnahme also vorstellbar.

Frage: Zu Ihrer persönlichen Karriere: Was ist für Sie der nächste Schritt?

Ratzeburg: Wichtig ist immer, auf dem Teppich zu bleiben. Ich blicke auf eine lange Zeit des Engagements zurück. Schließlich arbeitete ich schon für die Europameisterschaft 1989 im Organisationskomitee. Damals war das eine ganz andere Welt. Es herrschte eine spürbare Unsicherheit, es gab starke Vorbehalte gegen den Frauenfußball. Wenn ich daran denke, wie schleppend der Kartenverkauf anlief, und dann spielte unser Team ganz tollen Fußball und kämpfte sich durchs Turnier. Und plötzlich saßen wir endlos in unserem kleinen Büro in der Sportschule Kaiserau und haben praktisch rund um die Uhr Tickets verkauft. Damals spürten wir zum ersten Mal das Potenzial, das in der Frauen-Nationalmannschaft steckt. Ansonsten ist bekannt, dass auf dem DFB-Bundestag das Präsidium umstrukturiert und um zwei Positionen erweitert werden soll. Die Aufgabenfelder Jugend und Frauen sollen im Präsidium direkt vertreten sein. Damit erhält der Frauenfußball die Gewichtung, die er verdient. Seit 30 Jahren versuche ich nun, meine berufliche Aufgabe und das Ehrenamt zu verbinden, ein nicht immer ganz leichtes Ausbalancieren. Denn auch in meiner schulischen Tätigkeit bin ich stark gefordert. Für den Frauenfußball haben wir unglaublich viel auf den Weg gebracht. Das war ich nicht alleine, sicherlich, aber ich war doch maßgeblich beteiligt. Ich habe immer wieder gebohrt. Nun fehlt eigentlich nur noch eines: die WM im eigenen Land.

[th/cm]

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Seit über 30 Jahren engagiert sich Hannelore Ratzeburg für den Frauenfußball. 1977 wurde die heute 55-jährige Hamburgerin vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) zur Referentin für den Frauenfußball in den Spielausschuss berufen, seit 1995 gehört sie als Vorsitzende des Frauenfußball-Ausschusses dem DFB-Vorstand an. Länderpokal, DFB-Pokal, Frauen-Bundesliga und das erste Spiel einer deutschen Frauen-Nationalmannschaft am 10. November 1982 gegen die Schweiz (5:1) - Hannelore Ratzeburg hat "viel auf den Weg" gebracht, wie sie selbst sagt.

Wie sonst niemand in Deutschland, hat sie als Mitglied von UEFA- und FIFA-Kommissionen dem Frauenfußball Gestalt gegeben. 2007 wird es zwei weitere spannende Tage für Hannelore Ratzeburg geben. Beim DFB-Bundestag im Oktober ist die Erweiterung des Präsidiums geplant, in dem der Bereich Frauenfußball direkt vertreten sein soll. Erstmals in der 107-jährigen Geschichte des größten deutschen Sportverbandes könnte eine Frau in das höchste Gremium aufrücken. Erste Kandidatin wäre Hannelore Ratzeburg.

Zuvor aber hat sie sich den 31. August rot im Kalender umkreist. Jenen Freitag, an dem FIFA-Präsident Joseph S. Blatter verkünden will, wer 2011 die Frauen-WM ausrichtet. Australien, Frankreich, Kanada, Peru, die Schweiz - oder sagt Blatter doch wieder: "The winner is... Deutschland." Im aktuellen "Gespräch der Woche" auf www.dfb.de hat DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth mit Hannelore Ratzeburg, die auch Mitglied im Bewerbungskomitee ist, die deutschen WM-Chancen für ein "Wiedersehen bei Freunden" thematisiert.

Frage: Frau Ratzeburg, wie bewerten Sie die Chancen der DFB-Bewerbung für die Frauen-WM 2011?

Hannelore Ratzeburg: Dass es so viele Bewerber gibt, ist erst einmal ein tolles Zeichen für den Frauenfußball. Der Weltfußball hat erkannt, dass die Frauen-WM ein hochattraktives Turnier darstellt. Frankreich würde mit Sicherheit auch eine gute Frauen-WM organisieren, aber wir wollen und können noch besser sein.

Frage: Der neue UEFA-Präsident Michel Platini ist ein Franzose – ein Faktor bei der Vergabe?

Ratzeburg: Ich habe mich noch nicht mit Michel Platini über seine Einstellung zum Frauenfußball austauschen können. Wir Frauen haben viel auf den Weg gebracht. Das kann er nicht ignorieren. Ob Platinis Herz bei dieser Entscheidung national schlagen wird, weiß ich nicht einzuschätzen. Sicher ist es ungünstig, dass wir mehrere europäische Bewerber im Rennen haben. Allerdings gehen wir kühn davon aus, dass Europa mal wieder dran ist. 2007 findet die zweite WM in Asien statt, zweimal wurde in den USA gespielt und erst einmal – 1995 in Schweden und Norwegen – in Europa.

Frage: Weshalb ist Deutschland prädestiniert, die WM 2011 auszurichten?

Ratzeburg: Die erfolgreiche Ausrichtung der WM 2006 spricht ganz stark für Deutschland. Wir hatten vor einigen Jahren sogar damit geliebäugelt, uns für 2007 zu bewerben. Dann aber kam SARS, die schwere Grippe-Epidemie in China, worauf die WM 2003 in die USA auswich. China erhielt von der FIFA die Option für die Ausrichtung 2007, so dass wir uns für 2011 bewerben mussten. Zweites Argument für Deutschland: Der Frauenfußball boomt. Die Akzeptanz ist riesengroß, gerade wegen der großen Erfolge der Nationalmannschaft, die sechsmal Europameister wurde und als Titelverteidiger im September nach China reisen wird. Die Zuwächse im Mädchenbereich sind gerade jetzt gewaltig, ausgelöst sicher auch durch die Sogwirkung der FIFA WM 2006. Alle sind angesteckt vom Fußballfieber. Und Fußball ist Frauensache. Die Zeit ist einfach reif.

Frage: Welche Arbeiten stehen jetzt unmittelbar für das Bewerbungskomitee an?

Ratzeburg: In den nächsten Tagen erhalten wir von der FIFA die umfangreichen Bewerbungsunterlagen. Ich habe frühere Dokumente überflogen und weiß, welche Umfänge es jetzt erst einmal zu sichten gilt. Zeitnah zum Eintreffen des FIFA-Pflichtenheftes am kommenden Donnerstag wird die erste Sitzung des Bewerbungskomitees angesetzt. Trotz meiner langen Tätigkeit im Fußball wäre es auch für mich die erste WM, die ich mitorganisieren würde. Auf uns kommt ein umfangreiches Aufgabenpaket zu, soviel ist sicher. Wenn wir den Zuschlag bekommen, können wir beim DFB auf bewährte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauen, die viele Erfahrungen gesammelt haben, wie so ein Großereignis organisiert wird.

Frage: Die tollen Zuwächse bei den Mädchen haben Sie angesprochen. Mittlerweile kommen zu den Spielen der Frauen-Nationalmannschaft regelmäßig um die 20.000 Zuschauer ins Stadion. Auch für die Einschaltquoten bei den Livespielen muss sich niemand schämen. Dennoch lässt der Durchbruch auf sich warten, den großen Sprung muss der Frauenfußball in Deutschland noch machen. Oder widersprechen Sie?

Ratzeburg: Es gibt sicher eine Diskrepanz zwischen der Nationalmannschaft und dem Vereinsfußball. Das betrifft auch die Frauen-Bundesliga, hier muss die Spielqualität gesteigert werden. Das Leistungsgefälle zwischen den Topteams und den schwächeren Mannschaften ist zu groß. Außerdem sind Frauen im Fußball Amateure. Das Geld fehlt, um haupt- und nebenberufliche Mitarbeiter einzustellen. Darunter leidet das Management der Klubs, sei es im Marketing oder bei der öffentlichen Darstellung. Der DFB bemüht sich seit etwa vier Jahren, die Vereine dabei zu unterstützen, ihre Infrastruktur zu verbessern. Dazu werden regelmäßig Workshops angeboten. Aus dem Personalkreis des OK wurden zumindest für ein Jahr den Frauen-Bundesligavereinen Mitarbeiter zugestellt. Davon versprechen wir uns einen neuen Anschub.

Frage: Es scheint kein öffentlicher Auftritt zu vergehen, ohne dass DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger für den Frauenfußball wirbt. Mussten Sie ihn bekehren, oder war er schon immer ein Fan?

Ratzeburg: Wir hatten früher keinen engen Kontakt. Theo Zwanziger war als Schatzmeister tätig und ich im Ausschuss für Frauenfußballs. Später, zur Zeit der Doppelspitze, wurde mir bewusst, dass sein Herz für unseren Frauenfußball schlägt. Bei den Spielen und Ehrungen stellte ich dann fest, dass er immer sehr gut informiert war und mit großem Engagement unsere Entwicklung begleitete. Natürlich freut mich das. Für die Öffentlichkeit setzt Theo Zwanziger damit das deutliche Signal, dass Fußball ein Sport für die ganze Familie ist.

Frage: Die demografische Entwicklung bestätigt diesen Kurs.

Ratzeburg: Fußball ist immer in einer komfortablen Position gewesen, unser Sport war immer ein Selbstläufer. In Deutschland werden in den nächsten Jahrzehnten weniger Kinder haben. Der DFB wird sich jetzt noch stärker für den Mädchen- und Frauenfußball einsetzen als bisher. Außerdem müssen mehr Spielangebote für Ältere gemacht werden, und bei den Mädchen müssen wir darauf achten, dass weniger 16-18-Jährige die Vereine verlassen. In die Zukunft geschaut, muss der Fußball neben dem Format "11 gegen 11" andere Angebote machen. Gerade im Kinderbereich ist "4 gegen 4" sinnvoll. Wir sollten Hallenformate im Frauenfußball aktualisieren.

Frage: Mit wie vielen WM-Städten planen Sie für 2011?

Ratzeburg: Für diese Entscheidung müssen wir erst wissen, ob mit 16 oder 24 Mannschaften gespielt wird. Die FIFA würde das Teilnehmerfeld gern aufstocken und mehr Nationen bei diesem wichtigsten Turnier mitmachen lassen. Wir müssen den Verlauf der WM in China abwarten. Fällt die Differenz im Leistungsniveau zwischen den Topteams und den anderen zu groß aus, wird wohl mit 16 Teilnehmern gespielt. Sind die Spiele aber überwiegend umkämpft und damit bis zum Schlusspfiff spannend, könnten 2011 insgesamt 24 Teams an der WM teilnehmen. Bei den Städten interessieren uns Stadien mit einer Kapazität von rund 20.000 bis 30.000 Zuschauern. Schließlich müssen wir auch für die Gruppenspiele ohne deutsche Beteiligung planen.

Frage: Wenn Deutschland den Zuschlag erhält, wird die Frage der TV-Übertragungsrechte rasch auf den Tisch kommen. Und Sie werden ein Konzept für das Ticketing entwickeln müssen.

Ratzeburg: Wichtig dabei ist nur, dass wir im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sind. Wenn wir den Mädchen- und Frauenfußball weltweit promoten wollen, muss sichergestellt sein, dass alle Fans auf der Welt die Spiele sehen können. Über das Ticketing der WM 2006 als Onlineverkauf in Phasen, wobei meist das Los entschied, wurde im Vorfeld viel diskutiert. Einige haben auch die Nase gerümpft. Aber im Endeffekt hat dieses Verfahren sich doch als gerecht dargestellt und bewährt. In dieser Form kann ich es mir auch für 2011 vorstellen. Eines jedenfalls ist gewiss: Für ein Spiel der deutschen Mannschaft wird der Fan nicht am Spieltag ins Stadion gehen und ein Ticket ziehen können. Dafür wird die Nachfrage zu groß sein.

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Frage: Wird Birgit Prinz 2011 noch im Nationalteam spielen?

Ratzeburg: Wenn wir am 31. August wirklich den Zuschlag erhalten, wird das viele Spielerinnen, die noch nicht über 30 Jahre alt sind, motivieren. 2011 wäre Birgit 33 Jahre alt. Wenn sie gesund und von Verletzungen verschont bleibt, wäre eine WM-Teilnahme also vorstellbar.

Frage: Zu Ihrer persönlichen Karriere: Was ist für Sie der nächste Schritt?

Ratzeburg: Wichtig ist immer, auf dem Teppich zu bleiben. Ich blicke auf eine lange Zeit des Engagements zurück. Schließlich arbeitete ich schon für die Europameisterschaft 1989 im Organisationskomitee. Damals war das eine ganz andere Welt. Es herrschte eine spürbare Unsicherheit, es gab starke Vorbehalte gegen den Frauenfußball. Wenn ich daran denke, wie schleppend der Kartenverkauf anlief, und dann spielte unser Team ganz tollen Fußball und kämpfte sich durchs Turnier. Und plötzlich saßen wir endlos in unserem kleinen Büro in der Sportschule Kaiserau und haben praktisch rund um die Uhr Tickets verkauft. Damals spürten wir zum ersten Mal das Potenzial, das in der Frauen-Nationalmannschaft steckt. Ansonsten ist bekannt, dass auf dem DFB-Bundestag das Präsidium umstrukturiert und um zwei Positionen erweitert werden soll. Die Aufgabenfelder Jugend und Frauen sollen im Präsidium direkt vertreten sein. Damit erhält der Frauenfußball die Gewichtung, die er verdient. Seit 30 Jahren versuche ich nun, meine berufliche Aufgabe und das Ehrenamt zu verbinden, ein nicht immer ganz leichtes Ausbalancieren. Denn auch in meiner schulischen Tätigkeit bin ich stark gefordert. Für den Frauenfußball haben wir unglaublich viel auf den Weg gebracht. Das war ich nicht alleine, sicherlich, aber ich war doch maßgeblich beteiligt. Ich habe immer wieder gebohrt. Nun fehlt eigentlich nur noch eines: die WM im eigenen Land.