Günter Netzer: Ein Freigeist wird 70

Er gilt als der Inbegriff des Spielmachers, quasi schon von klein auf hat das seine Berechtigung. Ohne Günter Netzer hätte es in der Gasthausstraße in Mönchengladbach in den 50er Jahren wohl etliche Fußballspiele weniger gegeben, denn Klein-Günter war der Ball-Lieferant.

Seine Mutter betrieb einen Tante-Emma-Laden – und da gab es auch Gummibälle. So durfte er schon mit fünf Jahren bei den Großen mitspielen. Und was anderes außer Fußball wurde ja nicht gespielt in der Nachkriegszeit, als alle Karrieren auf der Straße begannen. Wenn es einen Fußball-Gott gibt, dann hat er auf Günter Netzer immer besonders gut aufgepasst. Er war fünf Tage auf der damals so kriegerischen Welt, da fielen Bomben auf das Krankenhaus in Mönchengladbach, aber es fanden sich rettende Hände, die die Säuglingsstation noch rechtzeitig evakuierten. Kaum zu Hause, landete eine Bombe hinter der Wohnzimmerwand in der Gasthausstraße 31, aber sie erwies sich als Blindgänger.

Rebell am Ball

Von alledem hat Günter Netzer nichts mitbekommen, die Erinnerungen setzen bei den Menschen eben erst ein paar Jahre später ein. Er war fünf Jahre alt, da durfte er erstmals hören, dass ihm Großes beschieden war. Und das hat er nicht vergessen, es stand jedenfalls in seiner ersten Biographie "Rebell am Ball", die 1971 erschien.

"Der Günter, der kann ja mit dem Ball umgehen wie kein anderer. Der wird mal sicher was", sagte der Nachbar der stolzen Mutter und die erinnerte sich noch oft an diese Prophezeiung. Denn sie wurde wahr.

Schon seit Tagen sind die Zeitungen voll mit Elogen auf einen der genialsten deutschen Fußballer, denn Günter Netzer wird heute 70 Jahre alt. Populär ist er immer noch. Alle Welt kennt ihn. Der jüngeren Generation ist er noch als TV-Experte präsent, der bis einschließlich der WM 2010 im verbalen Doppelpass mit Gerhard Delling in der ARD der Nationalmannschaft regelmäßig ein kompetentes Zeugnis ausstellte. Eines, auf das der Zuschauer etwas gab, weil Netzer so seriös rüberkommt und auf jede Selbstdarstellung verzichtet. Über den jungen Netzer hat das niemand jemals behauptet.

Der erste Popstar der Bundesliga

Er war der erste Popstar der Bundesliga. Ein junger Wilder, der sich mit seinen Vorgesetzten anlegte und seinen eigenen Weg ging. Der in New York mit seinem Kumpan Berti Vogts des Nachts eine Feuerleiter herunterkletterte und sich in einem Taxi über den Broadway fahren ließ, weil er mehr sehen wollte als nur Hotel und Trainingsplätze. Der sich mit 21 Jahren in Kolumbien von der Mannschaft absetzte und auf abenteuerliche Weise ohne Rückflugticket den Panamakanal überquerte, weil er auf einer Südamerikareise seiner Borussia plötzlich Heimweh verspürt hatte. Der nach einem Überholmanöver in der Gladbacher Innenstadt mit seinem gelben Ferrari nur knapp um den "Idiotentest" herumkam, immerhin war eine Bushaltestelle zu Bruch gegangen. Der spontan aus einer Vertragsverhandlung ging und im Supermarkt den billigsten Sekt kaufte, als der damalige Borussen-Manager Helmut Grashoff meinte, auf das großzügige Angebot müsse man mit Champagner anstoßen. Netzer war jedoch der Meinung, "mehr sei das nicht wert".

Sein Einstiegsgehalt bei Borussia betrug 160 D-Mark, plus zehn Mark Einsatzprämie. Der sich mit seinem nicht minder dickköpfigen Trainer Hennes Weisweiler manchmal so sehr stritt, dass es wochenlang keine Kommunikation gab und so der beiden Alphatieren getreue Berti Vogts den Mittler spielen musste. Der in der Mannschaft zwischenzeitlich so unbeliebt war, dass nach Erstellung eines Soziogramms herauskam, mit ihm wolle keiner im Doppelzimmer liegen. Der einmal bei einem sehenswerten Angriff des FC Liverpool im Europapokal bewundernd Beifall klatschte, statt zu attackieren, was Berti Vogts zu einem Wutanfall hinriss. Und der sich, das war die legendäre Krönung der Renitenz, im Düsseldorfer Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln in der Verlängerung gegen den erschöpften Christian Kulik mit den Worten "Ich spiele jetzt!" selbst einwechselte und prompt das Siegtor schoss. Es war und ist die Geschichte seines Lebens. Weniger bekannt ist übrigens, dass Weisweiler ihn schon zur Halbzeit einwechseln wollte, doch Netzer lehnte ab: "Ich spiele nicht. Die sind auch ohne mich gut."

Günter Netzer hatte "thrill"

All das kam an bei der Jugend der rebellischen 68er-Generation. Und doch war Günter-Theo Netzer nie wirklich einer von ihnen. "Ich bin überhaupt kein politischer Mensch gewesen. Doch die 68er haben in mir einen gesehen, der ihre Ideale verkörpert. Krach mit dem Trainer, Aufbegehren gegen die Obrigkeit und Autoritäten, das war bis dahin undenkbar. Das war revolutionär. Mein Aussehen sowieso. Und sie haben meine Art Fußball zu spielen hoch interessant interpretiert. Das gefiel mir", hat er sein Image Jahrzehnte später reflektiert.

Jedenfalls war Netzer nie einfach nur ein Fußballer. Er war schon mit 20 Jahren ein Star und ließ es heraus. Ein junger Mann mit einer eigenen Diskothek, Kontakten zu Filmstars, der schnelle Autos fuhr und immer schöne Mädchen um sich herum hatte. Sie alle flogen auf seine wehenden blonden Haare. Den Männern war wichtiger, was er auf dem Platz im Dress von Borussia Mönchengladbach und der Nationalmannschaft tat – und auch das war schön anzusehen. "Da war ein sinnliches Verhältnis zu meinem Objekt, das bei jedem Fußtritt anders reagiert, das stets anders behandelt werden wollte", sagte der Mann mit Schuhgröße 46 2/3. Manch ein Berichterstatter geriet regelrecht ins Schwärmen ob seiner zentimetergenauen Pässe, Freistöße und Tempoläufe. "Der aus der Tiefe des Raumes plötzlich vorstoßende Netzer hatte 'thrill'. 'Thrill', das ist das Ergebnis, das nicht erwartete Manöver - das ist die Verwandlung von Geometrie in Energie, die vor Glück wahnsinnig machende Explosion im Strafraum."

So stand es zu lesen in der FAZ nach seinem vielleicht größten Spiel, jedenfalls seinem besten von nur 37 in der Nationalmannschaft, damals am 29. April 1972. Es war der erste deutsche Sieg in Wembley und Netzer war der Architekt jenes sagenumwobenen 3:1. Acht Wochen später war er Europameister und Deutschlands Fußballer des Jahres. Und wieder begannen die Beobachter zu schwärmen. "Zusammen mit dem einzigartigen Franz Beckenbauer haucht er dem Spiel die Seele ein", steht in einem Fußball-Jahrbuch von 1972. Dass Netzer nicht auch Weltmeister wurde, liegt an einer für ihn unglücklichen Fügung.

Als erster Deutscher im Trikot von Real Madrid

Es gab einen Antipoden in jener Ära, Wolfgang Overath. "Für zwei solche Typen ist auf dem Spielfeld zur gleichen Zeit kein Platz", erkannte Netzer ebenso wie sein Kölner Rivale ("Einer muss eben ins Gras beißen") – und Bundestrainer Helmut Schön sah es auch so. Overath war unbestritten der Ehrgeizigere, dirigierte bei der WM in Mexiko 1970 und beim Triumph 1974 im eigenen Land. Netzer war 1974 wegen Fitnessrückstands nur Statist im Kader. Obwohl er neben Franz Beckenbauer der Superstar im Aufgebot war.

Als erster Deutscher trug er das Trikot von Real Madrid, aber er hatte an Form verloren. Im ersten Jahr war ihm kein Tor gelungen und nach Malente kam er mit Trainingsrückstand. Helmut Schön strich ihm die Autogrammstunden und gönnte ihm dann doch nur 21 Minuten beim 0:1 gegen die DDR. Bis heute sagt er: "Man beleidigt mich, wenn man mich als Weltmeister bezeichnet." Geworden wäre er es gerne am 7. Juli 1974 in München, seine Tränen auf der Tribüne beim Finale verrieten ihn. Aber er hat auch so genug gewonnen: zwei deutsche und zwei spanische Meisterschaften als Spieler, DFB-Pokalsieger, zwei Mal die Trophäe für den Fußballer des Jahres (1972, 1973).

Erfolgreicher Geschäftsmann nach der Fußballkarriere

Hinzu kamen die Titel als Manager des HSV, der er wurde, als er sich nach seiner letzten Station bei Grashopper Zürich (1976-77) 1978 eigentlich nur um die Gestaltung der Stadionzeitung bewarb, für die er schon bei Borussia Mönchengladbach verantwortlich zeichnete. Netzer eignete sich offenkundig zu mehr, holte jene Trainer an die Elbe, von denen heute noch in Ehrfurcht gesprochen wurde: Branko Zebec und Ernst Happel. Sie gewannen die bis dato einzigen Meisterschaften in der Bundesliga und zur Krönung 1983 den Europacup der Meister. Nach einem weniger erfolgreichen Zwischenstopp als Schalke-Manager versucht sich der ewige Spielmacher als Geschäftsmann.

Als Sportrechte-Händler hat er in der Schweiz sein Auskommen. Er lebt glücklich mit Frau Elvira, die er in einem notlandenden Flugzeug kennenlernte (und bei der anschließenden gemeinsamen Ferrari-Fahrt noch etwas besser), in Zürich, die beiden haben eine Tochter. Netzer schätzt wie einst auf dem Platz die große Freiheit des Spielmachers. Der Welt am Sonntag sagte er 2006: "Ich lasse mich nicht anbinden, Man hat mich nie hundertprozentig zum Arbeiten gekriegt. Ich werde immer frei bleiben, so wie früher auf dem Platz."

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Er gilt als der Inbegriff des Spielmachers, quasi schon von klein auf hat das seine Berechtigung. Ohne Günter Netzer hätte es in der Gasthausstraße in Mönchengladbach in den 50er Jahren wohl etliche Fußballspiele weniger gegeben, denn Klein-Günter war der Ball-Lieferant.

Seine Mutter betrieb einen Tante-Emma-Laden – und da gab es auch Gummibälle. So durfte er schon mit fünf Jahren bei den Großen mitspielen. Und was anderes außer Fußball wurde ja nicht gespielt in der Nachkriegszeit, als alle Karrieren auf der Straße begannen. Wenn es einen Fußball-Gott gibt, dann hat er auf Günter Netzer immer besonders gut aufgepasst. Er war fünf Tage auf der damals so kriegerischen Welt, da fielen Bomben auf das Krankenhaus in Mönchengladbach, aber es fanden sich rettende Hände, die die Säuglingsstation noch rechtzeitig evakuierten. Kaum zu Hause, landete eine Bombe hinter der Wohnzimmerwand in der Gasthausstraße 31, aber sie erwies sich als Blindgänger.

Rebell am Ball

Von alledem hat Günter Netzer nichts mitbekommen, die Erinnerungen setzen bei den Menschen eben erst ein paar Jahre später ein. Er war fünf Jahre alt, da durfte er erstmals hören, dass ihm Großes beschieden war. Und das hat er nicht vergessen, es stand jedenfalls in seiner ersten Biographie "Rebell am Ball", die 1971 erschien.

"Der Günter, der kann ja mit dem Ball umgehen wie kein anderer. Der wird mal sicher was", sagte der Nachbar der stolzen Mutter und die erinnerte sich noch oft an diese Prophezeiung. Denn sie wurde wahr.

Schon seit Tagen sind die Zeitungen voll mit Elogen auf einen der genialsten deutschen Fußballer, denn Günter Netzer wird heute 70 Jahre alt. Populär ist er immer noch. Alle Welt kennt ihn. Der jüngeren Generation ist er noch als TV-Experte präsent, der bis einschließlich der WM 2010 im verbalen Doppelpass mit Gerhard Delling in der ARD der Nationalmannschaft regelmäßig ein kompetentes Zeugnis ausstellte. Eines, auf das der Zuschauer etwas gab, weil Netzer so seriös rüberkommt und auf jede Selbstdarstellung verzichtet. Über den jungen Netzer hat das niemand jemals behauptet.

Der erste Popstar der Bundesliga

Er war der erste Popstar der Bundesliga. Ein junger Wilder, der sich mit seinen Vorgesetzten anlegte und seinen eigenen Weg ging. Der in New York mit seinem Kumpan Berti Vogts des Nachts eine Feuerleiter herunterkletterte und sich in einem Taxi über den Broadway fahren ließ, weil er mehr sehen wollte als nur Hotel und Trainingsplätze. Der sich mit 21 Jahren in Kolumbien von der Mannschaft absetzte und auf abenteuerliche Weise ohne Rückflugticket den Panamakanal überquerte, weil er auf einer Südamerikareise seiner Borussia plötzlich Heimweh verspürt hatte. Der nach einem Überholmanöver in der Gladbacher Innenstadt mit seinem gelben Ferrari nur knapp um den "Idiotentest" herumkam, immerhin war eine Bushaltestelle zu Bruch gegangen. Der spontan aus einer Vertragsverhandlung ging und im Supermarkt den billigsten Sekt kaufte, als der damalige Borussen-Manager Helmut Grashoff meinte, auf das großzügige Angebot müsse man mit Champagner anstoßen. Netzer war jedoch der Meinung, "mehr sei das nicht wert".

Sein Einstiegsgehalt bei Borussia betrug 160 D-Mark, plus zehn Mark Einsatzprämie. Der sich mit seinem nicht minder dickköpfigen Trainer Hennes Weisweiler manchmal so sehr stritt, dass es wochenlang keine Kommunikation gab und so der beiden Alphatieren getreue Berti Vogts den Mittler spielen musste. Der in der Mannschaft zwischenzeitlich so unbeliebt war, dass nach Erstellung eines Soziogramms herauskam, mit ihm wolle keiner im Doppelzimmer liegen. Der einmal bei einem sehenswerten Angriff des FC Liverpool im Europapokal bewundernd Beifall klatschte, statt zu attackieren, was Berti Vogts zu einem Wutanfall hinriss. Und der sich, das war die legendäre Krönung der Renitenz, im Düsseldorfer Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln in der Verlängerung gegen den erschöpften Christian Kulik mit den Worten "Ich spiele jetzt!" selbst einwechselte und prompt das Siegtor schoss. Es war und ist die Geschichte seines Lebens. Weniger bekannt ist übrigens, dass Weisweiler ihn schon zur Halbzeit einwechseln wollte, doch Netzer lehnte ab: "Ich spiele nicht. Die sind auch ohne mich gut."

Günter Netzer hatte "thrill"

All das kam an bei der Jugend der rebellischen 68er-Generation. Und doch war Günter-Theo Netzer nie wirklich einer von ihnen. "Ich bin überhaupt kein politischer Mensch gewesen. Doch die 68er haben in mir einen gesehen, der ihre Ideale verkörpert. Krach mit dem Trainer, Aufbegehren gegen die Obrigkeit und Autoritäten, das war bis dahin undenkbar. Das war revolutionär. Mein Aussehen sowieso. Und sie haben meine Art Fußball zu spielen hoch interessant interpretiert. Das gefiel mir", hat er sein Image Jahrzehnte später reflektiert.

Jedenfalls war Netzer nie einfach nur ein Fußballer. Er war schon mit 20 Jahren ein Star und ließ es heraus. Ein junger Mann mit einer eigenen Diskothek, Kontakten zu Filmstars, der schnelle Autos fuhr und immer schöne Mädchen um sich herum hatte. Sie alle flogen auf seine wehenden blonden Haare. Den Männern war wichtiger, was er auf dem Platz im Dress von Borussia Mönchengladbach und der Nationalmannschaft tat – und auch das war schön anzusehen. "Da war ein sinnliches Verhältnis zu meinem Objekt, das bei jedem Fußtritt anders reagiert, das stets anders behandelt werden wollte", sagte der Mann mit Schuhgröße 46 2/3. Manch ein Berichterstatter geriet regelrecht ins Schwärmen ob seiner zentimetergenauen Pässe, Freistöße und Tempoläufe. "Der aus der Tiefe des Raumes plötzlich vorstoßende Netzer hatte 'thrill'. 'Thrill', das ist das Ergebnis, das nicht erwartete Manöver - das ist die Verwandlung von Geometrie in Energie, die vor Glück wahnsinnig machende Explosion im Strafraum."

So stand es zu lesen in der FAZ nach seinem vielleicht größten Spiel, jedenfalls seinem besten von nur 37 in der Nationalmannschaft, damals am 29. April 1972. Es war der erste deutsche Sieg in Wembley und Netzer war der Architekt jenes sagenumwobenen 3:1. Acht Wochen später war er Europameister und Deutschlands Fußballer des Jahres. Und wieder begannen die Beobachter zu schwärmen. "Zusammen mit dem einzigartigen Franz Beckenbauer haucht er dem Spiel die Seele ein", steht in einem Fußball-Jahrbuch von 1972. Dass Netzer nicht auch Weltmeister wurde, liegt an einer für ihn unglücklichen Fügung.

Als erster Deutscher im Trikot von Real Madrid

Es gab einen Antipoden in jener Ära, Wolfgang Overath. "Für zwei solche Typen ist auf dem Spielfeld zur gleichen Zeit kein Platz", erkannte Netzer ebenso wie sein Kölner Rivale ("Einer muss eben ins Gras beißen") – und Bundestrainer Helmut Schön sah es auch so. Overath war unbestritten der Ehrgeizigere, dirigierte bei der WM in Mexiko 1970 und beim Triumph 1974 im eigenen Land. Netzer war 1974 wegen Fitnessrückstands nur Statist im Kader. Obwohl er neben Franz Beckenbauer der Superstar im Aufgebot war.

Als erster Deutscher trug er das Trikot von Real Madrid, aber er hatte an Form verloren. Im ersten Jahr war ihm kein Tor gelungen und nach Malente kam er mit Trainingsrückstand. Helmut Schön strich ihm die Autogrammstunden und gönnte ihm dann doch nur 21 Minuten beim 0:1 gegen die DDR. Bis heute sagt er: "Man beleidigt mich, wenn man mich als Weltmeister bezeichnet." Geworden wäre er es gerne am 7. Juli 1974 in München, seine Tränen auf der Tribüne beim Finale verrieten ihn. Aber er hat auch so genug gewonnen: zwei deutsche und zwei spanische Meisterschaften als Spieler, DFB-Pokalsieger, zwei Mal die Trophäe für den Fußballer des Jahres (1972, 1973).

Erfolgreicher Geschäftsmann nach der Fußballkarriere

Hinzu kamen die Titel als Manager des HSV, der er wurde, als er sich nach seiner letzten Station bei Grashopper Zürich (1976-77) 1978 eigentlich nur um die Gestaltung der Stadionzeitung bewarb, für die er schon bei Borussia Mönchengladbach verantwortlich zeichnete. Netzer eignete sich offenkundig zu mehr, holte jene Trainer an die Elbe, von denen heute noch in Ehrfurcht gesprochen wurde: Branko Zebec und Ernst Happel. Sie gewannen die bis dato einzigen Meisterschaften in der Bundesliga und zur Krönung 1983 den Europacup der Meister. Nach einem weniger erfolgreichen Zwischenstopp als Schalke-Manager versucht sich der ewige Spielmacher als Geschäftsmann.

Als Sportrechte-Händler hat er in der Schweiz sein Auskommen. Er lebt glücklich mit Frau Elvira, die er in einem notlandenden Flugzeug kennenlernte (und bei der anschließenden gemeinsamen Ferrari-Fahrt noch etwas besser), in Zürich, die beiden haben eine Tochter. Netzer schätzt wie einst auf dem Platz die große Freiheit des Spielmachers. Der Welt am Sonntag sagte er 2006: "Ich lasse mich nicht anbinden, Man hat mich nie hundertprozentig zum Arbeiten gekriegt. Ich werde immer frei bleiben, so wie früher auf dem Platz."