Gomez und Bierhoff: Die Nordirland-Experten

Gegen den dritten WM-Qualifikationsgegner Nordirland trat die deutsche Nationalmannschaft bisher 15-mal an - und gleich zehn Mal ging es um WM- oder EM-Punkte. Wenn auch meist in der Qualifikation, nur bei der EM-Premiere 1958 und im Sommer bei der EURO in Frankreich traf man sich bei einer Endrunde. Die DFB-Bilanz ist positiv mit neun Siegen und vier Remis bei zwei Niederlagen, das Torverhältnis beträgt 33:13. Aber: Zwischen 1982 und 1996 gab es fünf Spiele ohne Sieg. Für DFB.de streift der Historiker Udo Muras bei seinem Rückblick aber nicht nur das nüchterne Zahlenwerk, das diese Paarung vor dem 16. Vergleich heute (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) in Hannover liefert.

15. Juni 1958: WM-Spiel in Malmö (2:2)

Eine schwedische Trachtengruppe bietet das stimmungsvolle Vorspiel zur Premiere dieses Duells. Der schwedische König erweist ihr durch seine Gegenwart die Ehre, 28.000 Zuschauer füllen das Stadion in Malmö, in dem es im letzten Vorrundenspiel noch für beide Teams ums Viertelfinale geht. Bundestrainer Sepp Herberger warnt seine Weltmeister: "Wir haben es mit einer erstklassigen britischen Professionalelf zu tun." Deutschland reicht ein Punkt zum Gruppensieg, bei einer Niederlage droht ein damals übliches Entscheidungsspiel. Das will keiner. Und doch sieht es danach aus, auch im dritten WM-Spiel 1958 gerät Deutschland in Rückstand: nach einer missglückten Rettungstat des Torwarts (Fritz Walter in seinen Erinnerungen: "Fritz Herkenrath stürzt heraus. Was will er bloß?") ist der deutsche Kasten verwaist und über Bingham kommt der Ball zu McParland, der gekonnt aus spitzem Winkel einschießt (19.). Das provoziert die Reaktion von Helmut Rahn, einer von sechs Weltmeistern auf dem Platz. Auf rechts bricht der Essener durch und überwindet den überragenden Harry Gregg, der zuvor schon zwei Seeler-Chancen zunichte gemacht hat, mit einem schönen Lupfer (21.). Übrigens ein Tor mit Vorankündigung, wie Fritz Walter in seinen Memoiren verrät. Auf dem Hotelzimmer habe ihm Rahn den Treffer schon prophezeit: "Verlaß dich drauf, heute mach ich’s mit Gefühl. Denk an mich, wenn es so weit ist."

Mit 1:1 geht es in die Kabinen. Das Sport Magazin befand: "Welch lastende, geradezu unerträgliche Nervosität hemmte in den ersten 45 Minuten die Aktionen aller Spieler!". Heraus kommt eine zunehmend dominantere deutsche Elf. Das Tor treffen dennoch wieder die Nordiren, wieder ist es McParland direkt nach einer Ecke (66.). Auch hier sieht Herkenrath nicht gut aus, an den Toren hat er noch länger zu kauen.

Nun dauert die deutsche Antwort etwas länger, aber sie kommt. Uwe Seeler, bis dahin so glücklos, zieht in der 78. Minute aus 20 Metern ab zum 2:2. Von den Rängen schallen "Uwe, Uwe"-Rufe, noch sind sie ungewohnt. Es bleibt beim Remis, auch weil der Kölner Verteidiger Georg Stollenwerk sich nicht zu schade ist, den Ball auf den Stadion-Parkplatz zu dreschen.

Da es der einzige Ball ist, ergibt sich eine Nachspielzeit und ein Pfeifkonzert der neutralen Zuschauer. "Der Schlusspfiff wird zu einer Erlösung für uns und unsere Spieler, die sich überglücklich um den Hals fallen", macht der Reporter des Sport Magazins seiner Erleichterung Luft. Das Remis bringt den angestrebten Gruppensieg. Zufrieden sind auch die Nordiren. Der Belfast Telegraph schwelgt: "Es war ein großer Tag für Irland, ein Abend, der für alle Zeiten in Erinnerung bleiben wird, ein Abend, wo unser kleines Land mit seinen wenigen Spitzenspielern der Fußballwelt seinen Stempel aufdrückte."

26. Oktober 1960: WM-Qualifikation für Chile in Belfast (3:4)

In Belfast wird an diesem Herbsttag ein Kapitel deutscher Fußballgeschichte geschrieben. Denn die Elf von Sepp Herberger fährt endlich den ersten Sieg auf der britischen Insel ein – wenn auch nur gegen die "kleinen" Nordiren. Die aber leisten im Kampf ums WM-Ticket für Chile wie schon 1958 heftigsten Widerstand.

Im Windsor-Park von Belfast haben sich 40.000 Zuschauer eingefunden, in der Vorfreude auf einen Sieg. Denn bis zu diesem Tag hat noch keine Mannschaft des Kontinents dort gewonnen. So wird es eine doppelte Premiere – und sie kündigt sich früh an. Nach nur sieben Minuten gelingt dem Mönchengladbacher Albert Brülls das 1:0 für die DFB-Elf, die von Assistenz-Trainer Helmut Schön gecoacht wird, während Sepp Herberger auf der Tribüne sitzt. Der Chef ist dennoch für alles verantwortlich, auch für die mutige Aufstellung. Günter Herrmann (Karlsruhe) debütiert, Charly Dörfel (HSV), Willi Giesemann (FC Bayern) und der 35jährige Frankfurter Richard Kreß machen ihr zweites Spiel, der Kölner Stopper Leo Wilden sein drittes. Das Experiment mit den "Grünschnäbeln" droht zu misslingen, als Wildens Gegenspieler McAdams zu zwei Toren kommt (27., 51.). Aber die Deutschen drehen die Partie binnen vier Minuten erneut: Uwe Seeler (54.) und Teamkollege Dörfel (55.) stellen die Anzeige auf 2:3. Dörfel sorgt nach 79 Minuten mit einem weiteren Prachttor per Volleyschuss für die Entscheidung, ehe McAdams mit dem Schlusspfiff wohl aus Abseitsposition der dritte Treffer vergönnt wird. Dann ist Schluss und die Freude groß. Herberger: "Diesen Gegner zu schlagen, verdient zu schlagen, darf man wohl einen großen Erfolg nennen." Die Nordiren bitten nach Abpfiff höflich um die bereits in der Wäschetruhe liegenden deutschen Trikots – ein Zeichen der Anerkennung für den Gegner, der ihnen die erste Heim-Niederlage gegen ein nichtbritisches Team zugefügt hat. Das Sport Magazin schwelgt: "Hier wurde der Grundstein für eine neue Nationalelf gelegt."



Gegen den dritten WM-Qualifikationsgegner Nordirland trat die deutsche Nationalmannschaft bisher 15-mal an - und gleich zehn Mal ging es um WM- oder EM-Punkte. Wenn auch meist in der Qualifikation, nur bei der EM-Premiere 1958 und im Sommer bei der EURO in Frankreich traf man sich bei einer Endrunde. Die DFB-Bilanz ist positiv mit neun Siegen und vier Remis bei zwei Niederlagen, das Torverhältnis beträgt 33:13. Aber: Zwischen 1982 und 1996 gab es fünf Spiele ohne Sieg. Für DFB.de streift der Historiker Udo Muras bei seinem Rückblick aber nicht nur das nüchterne Zahlenwerk, das diese Paarung vor dem 16. Vergleich heute (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) in Hannover liefert.

15. Juni 1958: WM-Spiel in Malmö (2:2)

Eine schwedische Trachtengruppe bietet das stimmungsvolle Vorspiel zur Premiere dieses Duells. Der schwedische König erweist ihr durch seine Gegenwart die Ehre, 28.000 Zuschauer füllen das Stadion in Malmö, in dem es im letzten Vorrundenspiel noch für beide Teams ums Viertelfinale geht. Bundestrainer Sepp Herberger warnt seine Weltmeister: "Wir haben es mit einer erstklassigen britischen Professionalelf zu tun." Deutschland reicht ein Punkt zum Gruppensieg, bei einer Niederlage droht ein damals übliches Entscheidungsspiel. Das will keiner. Und doch sieht es danach aus, auch im dritten WM-Spiel 1958 gerät Deutschland in Rückstand: nach einer missglückten Rettungstat des Torwarts (Fritz Walter in seinen Erinnerungen: "Fritz Herkenrath stürzt heraus. Was will er bloß?") ist der deutsche Kasten verwaist und über Bingham kommt der Ball zu McParland, der gekonnt aus spitzem Winkel einschießt (19.). Das provoziert die Reaktion von Helmut Rahn, einer von sechs Weltmeistern auf dem Platz. Auf rechts bricht der Essener durch und überwindet den überragenden Harry Gregg, der zuvor schon zwei Seeler-Chancen zunichte gemacht hat, mit einem schönen Lupfer (21.). Übrigens ein Tor mit Vorankündigung, wie Fritz Walter in seinen Memoiren verrät. Auf dem Hotelzimmer habe ihm Rahn den Treffer schon prophezeit: "Verlaß dich drauf, heute mach ich’s mit Gefühl. Denk an mich, wenn es so weit ist."

Mit 1:1 geht es in die Kabinen. Das Sport Magazin befand: "Welch lastende, geradezu unerträgliche Nervosität hemmte in den ersten 45 Minuten die Aktionen aller Spieler!". Heraus kommt eine zunehmend dominantere deutsche Elf. Das Tor treffen dennoch wieder die Nordiren, wieder ist es McParland direkt nach einer Ecke (66.). Auch hier sieht Herkenrath nicht gut aus, an den Toren hat er noch länger zu kauen.

Nun dauert die deutsche Antwort etwas länger, aber sie kommt. Uwe Seeler, bis dahin so glücklos, zieht in der 78. Minute aus 20 Metern ab zum 2:2. Von den Rängen schallen "Uwe, Uwe"-Rufe, noch sind sie ungewohnt. Es bleibt beim Remis, auch weil der Kölner Verteidiger Georg Stollenwerk sich nicht zu schade ist, den Ball auf den Stadion-Parkplatz zu dreschen.

Da es der einzige Ball ist, ergibt sich eine Nachspielzeit und ein Pfeifkonzert der neutralen Zuschauer. "Der Schlusspfiff wird zu einer Erlösung für uns und unsere Spieler, die sich überglücklich um den Hals fallen", macht der Reporter des Sport Magazins seiner Erleichterung Luft. Das Remis bringt den angestrebten Gruppensieg. Zufrieden sind auch die Nordiren. Der Belfast Telegraph schwelgt: "Es war ein großer Tag für Irland, ein Abend, der für alle Zeiten in Erinnerung bleiben wird, ein Abend, wo unser kleines Land mit seinen wenigen Spitzenspielern der Fußballwelt seinen Stempel aufdrückte."

26. Oktober 1960: WM-Qualifikation für Chile in Belfast (3:4)

In Belfast wird an diesem Herbsttag ein Kapitel deutscher Fußballgeschichte geschrieben. Denn die Elf von Sepp Herberger fährt endlich den ersten Sieg auf der britischen Insel ein – wenn auch nur gegen die "kleinen" Nordiren. Die aber leisten im Kampf ums WM-Ticket für Chile wie schon 1958 heftigsten Widerstand.

Im Windsor-Park von Belfast haben sich 40.000 Zuschauer eingefunden, in der Vorfreude auf einen Sieg. Denn bis zu diesem Tag hat noch keine Mannschaft des Kontinents dort gewonnen. So wird es eine doppelte Premiere – und sie kündigt sich früh an. Nach nur sieben Minuten gelingt dem Mönchengladbacher Albert Brülls das 1:0 für die DFB-Elf, die von Assistenz-Trainer Helmut Schön gecoacht wird, während Sepp Herberger auf der Tribüne sitzt. Der Chef ist dennoch für alles verantwortlich, auch für die mutige Aufstellung. Günter Herrmann (Karlsruhe) debütiert, Charly Dörfel (HSV), Willi Giesemann (FC Bayern) und der 35jährige Frankfurter Richard Kreß machen ihr zweites Spiel, der Kölner Stopper Leo Wilden sein drittes. Das Experiment mit den "Grünschnäbeln" droht zu misslingen, als Wildens Gegenspieler McAdams zu zwei Toren kommt (27., 51.). Aber die Deutschen drehen die Partie binnen vier Minuten erneut: Uwe Seeler (54.) und Teamkollege Dörfel (55.) stellen die Anzeige auf 2:3. Dörfel sorgt nach 79 Minuten mit einem weiteren Prachttor per Volleyschuss für die Entscheidung, ehe McAdams mit dem Schlusspfiff wohl aus Abseitsposition der dritte Treffer vergönnt wird. Dann ist Schluss und die Freude groß. Herberger: "Diesen Gegner zu schlagen, verdient zu schlagen, darf man wohl einen großen Erfolg nennen." Die Nordiren bitten nach Abpfiff höflich um die bereits in der Wäschetruhe liegenden deutschen Trikots – ein Zeichen der Anerkennung für den Gegner, der ihnen die erste Heim-Niederlage gegen ein nichtbritisches Team zugefügt hat. Das Sport Magazin schwelgt: "Hier wurde der Grundstein für eine neue Nationalelf gelegt."

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10. Mai 1961: Das Rückspiel in Berlin (2:1)

Im Rückspiel wird bereits die Chile-Fahrkarte gelöst, jedenfalls zweifeln die Fachleute nicht mehr. "2:1 – wir fahren nach Chile", titelt das Sport Magazin. Dabei fehlt noch ein Punkt gegen die Griechen im letzten Spiel, aber die hat man schon in Athen 3:0 geschlagen...

So leicht geht es gegen die Nordiren nicht. Wieder mal. Offenbar haben sie ihr Wetter mitgebracht, ein scharfer Wind fegt Regen durchs Olympiastadion, das 94.600 Zuschauer restlos füllen. Darunter auch viele aus Ost-Berlin, das die Nordiren im Rahmen einer Stadtrundfahrt auch besichtigen. Noch steht die Mauer nicht. Auf der Anfahrt ins Stadion kollidiert der Bus der Nordiren mit einer Straßenbahn, von ihrem Kurs bringt sie der kleine Unfall aber nicht ab. Sie leisten großen Widerstand.

"Welches Bangen, welches Zittern um dieses heißersehnte 2:1. Unsere Elf mußte sich gewaltig steigern, sich mannschaftlich finden, um diese beiden wertvollen Punkte… zu sichern", findet das Sport Magazin. Auch diesmal ist sie kaum erfahrener: die Hamburger Jürgen Werner und Klaus Stürmer laufen erst zum zweiten Mal für Deutschland auf, drei weitere haben keine sieben Länderspiele auf dem Buckel. Einer von ihnen ist dennoch wieder der Senior im Team und er schießt das erste Tor: Richard Kreß aus Frankfurt, 36jährig, nutzt nach 29 Minuten seine bereits dritte Torchance auf Vorlage Uwe Seelers.

Das nächste fällt nach der Pause – durch Linksaußen Brülls, der schon in Belfast traf. Der Gladbacher schließt eine Kombination über vier Stationen zum 2:0 ab (58.), die Massen feiern und fordern Zugabe: "Deutschland vor, noch ein Tor." Es fällt jedoch auf der Gegenseite, McIlroy überwindet den leicht angeschlagenen Hans Tilkowski aus spitzem Winkel (70.). Nun wird es dramatisch, im Sport Magazin ist die Erregung des Reporters noch zwei Tage später zu spüren: "Die Iren haben nichts mehr zu verlieren. Tilkowski hechtet wie ein Panther durch den Torraum. Wir überstehen auch diese gefährlichen Sekunden."Dann kommt der Schlusspfiff, der den ersten Länderspielsieg in Berlin nach dem Krieg besiegelt. Immer wieder schreibt Deutschland gegen Nordirland Geschichte.

07. Mai 1966: Der WM-Test (0:2)

In Vorbereitung auf die WM in England reist die Nationalelf im Mai auf die Insel und kommt drei Tage nach einem 4:0 bei den Iren in Belfast zu einem weiteren Sieg. Diesmal fallen die Kritiken schlechter aus. "Unser Angriff enttäuschte in Belfast auf der ganzen Linie", tadelt das Sport Magazin. Dennoch schießt er die Tore: durch Uwe Seeler (21.) und den Linksaußen des kommenden Meisters 1860 München, Alfred Heiß (57.). Beide Tore fallen per Volleyschuss nach Standards. Horst-Dieter Höttges, obwohl selbst ein "Eisenfuß", scheidet verletzt zur Pause aus und wird vom Bremer Teamkamerad Sepp Piontek ersetzt.

Bundestrainer Helmut Schön entschuldigt die spielerisch schwache Vorstellung trotz der Anwesenheit von Ausnahmekönnern wie Franz Beckenbauer und Wolfgang Overath mit dem holprigen Platz: "Der Ball konnte gar nicht so laufen wie er wollte."

Auf der Tribüne saß auch FIFA-Präsident Sir Stanley Rous, der die Deutschen beruhigt: "Das Spiel sollte man schnell vergessen. Ich bin sicher, dass bei der Weltmeisterschaft eine andere deutsche Mannschaft kämpft." Das stimmte im doppelten Sinn, denn Schön nahm drei Spieler aus der Startelf (Bernard, Grosser und Heiß) nicht mit nach England.

27. April 1977: Das Fischer-Debüt (5:0)

Wieder wird Geschichte geschrieben, wenn sie auch kein internationales Aufsehen erregt. Ebenso wenig wie ein 5:0-Sieg des Weltmeisters über die kleinen Nordiren. Aber an diesem April-Mittwoch wird ein dunkles Kapitel der DFB-Historie endgültig geschlossen. Erstmals darf ein verurteilter Skandal-Sünder wieder das deutsche Trikot tragen. Der DFB hat die gesperrten Schalker, die 1971 ein Spiel manipuliert hatten, begnadigt. Als erstes profitiert davon Torjäger Klaus Fischer, der bei seinem Debüt prompt zwei Tore erzielt (58., 84.). Nicht minder spektakulär das Debüt von Rechtsaußen Rüdiger Abramczik, der Fischer auch im Verein mit Flanken füttert. Mit dem Skandal hatte er nichts zu tun, aber erst Fischers Begnadigung spült ihn mit in die Elf. Er schafft es auch auf die Titelseite des Kicker. "5:0! Abramczik riß die neue Elf mit!" Er legt Fischer das 4:0 auf und Heinz Flohe das 5:0 (90.). Alle deutschen Tore fallen nach der Pause, Rainer Bonhof bricht den Bann mit einem Handelfmeter (55.), nach Fischers 2:0 erhöht Lokal-Matador Dieter Müller auf 3:0 (65.).

Es ist buchstäblich ein Spiel mit zwei verschiedenen Halbzeiten. Die Nordiren gehen regelrecht unter, auch Weltstar George Best, dem der Kicker bescheinigt: "ein Ästhet am Ball, aber zu launisch, zu einseitig Standfußball spielend." Der Weltstar der Deutschen fehlt erstmals seit fast sieben Jahren. Es ist das Spiel eins nach Franz Beckenbauer, der wenige Wochen später nach New York wechselt, weshalb nicht mehr mit ihm geplant wird.

17. November 1982: Die EM-Qualifikation 1984 (1:0)

Auch in diesem Spiel startet eine große Stürmer-Karriere in der Nationalmannschaft. Nach 72 Minuten wechselt Jupp Derwall den 22-Jährigen Bremer Rudi Völler für Bernd Schuster ein. Auch Schuster ist quasi Neuling, der Querkopf hat nach einem Streit mit Derwall 18 Monate pausiert. Weder der namhafte Rückkehrer noch der talentierte Debütant können die erste deutsche Niederlage gegen die Nordiren verhindern. Das Tor des Tages fällt schon nach 18 Minuten durch Ian Stewart, 30.000 Fans jubeln begeistert. Der Vizeweltmeister verliert verdient, aber Derwall nicht seine Zuversicht: "Das Spiel bringt uns nicht um, wirklich nicht."

16. November 1983: Das Rückspiel in Hamburg (0:1)

Weit gedrückter ist die Stimmung nach dem Rückspiel. Wieder ist es ein historischer Tag, aber keiner, den man im Kalender anstreicht. Deutschland verliert erstmals ein Heimspiel in der Qualifikation zu WM- oder EM-Endrunden. Die Serie schwacher Länderspiele 1982/83 wird fortgesetzt, manche sehen einen neuen Tiefpunkt. Die vorzeitige Qualifikation für Frankreich wird im Hamburger Nebel vergeben, das Tor eines 18-Jährigen löst eine große Krise aus. Norman Whiteside, Super-Talent von Manchester United, trifft aus der Drehung zum Entsetzen der 61.000 nach 50 Minuten in Toni Schumachers Kasten. Zu viel für diese DFB-Elf, in deren Mittelfeld um Klaus Augenthaler und Wolfgang Rolff es an Kreativität mangelt. "Derwall raus"-Rufe schallen durch den Volkspark, als er den gebürtigen Hamburger Norbert Meier auswechselt. Ein Matthäus-Schuss wird von der Linie geschlagen, es ist die letzte Chance (84.). Abpfiff. Kapitän Karl-Heinz Rummenigge gesteht: "Man muss es so hart sagen, es war eine Blamage." Derwall wird ungewohnt deutlich und macht Libero Ulli Stielike zum Sündenbock ("Er hat zu lasch begonnen, seine Auswechslung war angebracht.")

Fassungslosigkeit allenthalben. Übrigens auch bei den Nordiren, nur anderer Art. Denn Whiteside bescherte ihnen ihr historisch erstes Auswärtstor in der EM-Quali und die Tabellenführung in der Gruppe. Und Trainer Billy Bingham, 1958 noch als Spieler dabei, behält Recht. Er versprach: "Den Deutschen werden wir ein Spiel liefern, an das sie noch lange denken werden."

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02. Juni 1992: Die EM-Generalprobe I (1:1)

In einem Spiel ohne Gelbe Karten gibt es auch keinen Sieger. Die Gäste-Führung durch Hughes (22.) gleicht der Frankfurter Libero Manfred Binz mit seinem einzigen Länderspieltor aus (40.). Nach der Pause warten 30.000 vergeblich auf weitere Tore. Die Leistung stimmt jedoch zuversichtlich, Bundestrainer Berti Vogts findet sein Wunsch-Mittelfeld für die EM in Schweden – Stefan Effenberg überzeut alle, sogar Mitspieler Thomas Häßler: "Dafür gibt es nur eine Bezeichnung, und die heißt Weltklasse." Der Kicker schreibt: "Das Fazit der Generalprobe lautet: Die EM-Elf für das erste Spiel in Schweden ist gefunden."

29. Mai 1996: Die EM-Generalprobe II (1:1)

Auch dieses Testspiel ist nicht ganz normal. Zum zweiten Mal in der DFB-Historie verschießt die Nationalmannschaft in einem Spiel zwei Elfmeter. Den Anfang macht Jürgen Klinsmann (4.), dann eifert ihm Andy Möller nach (33.). Beide schießen am Tor vorbei. So hätte es gleich zwei Sündenböcke für eine Niederlage gegeben, die nach Mulryne (76.) droht. Aber Mehmet Scholl gleicht schon im Gegenzug aus. Wie 1992 überwiegt die Zufriedenheit über die Leistung gegenüber dem Ergebnis-Frust. Nie sehen weniger Zuschauer diese Paarung (10.000).

9. November 1996: Die WM-Qualifikation 1998 (1:1)

Das dritte 1:1 in Folge und das schon fünfte sieglose Spiel gegen die Nordiren wiegt dagegen schwerer. Der amtierende Europameister lässt Federn in der WM-Qualifikation. Der Kicker titelt: "Der Rückschlag"

Wieder jagen sich die Tore, auf Taggarts 0:1 (39.) folgt postwendend der Ausgleich durch Möller (41.) mit herrlichem 18-Meter-Schuss. 40.718 Zuschauer hoffen nach der Pause in einem unterhaltsamen Spiel vergebens auf weitere Tore, am Ende verbarrikadieren neun Nordiren ihren Strafraum. "Wie die Nordiren wird sich kaum noch ein Gegner verschanzen", beschwichtigt der Kicker und Vogts sagt: "Wirklich nachdenklich müsste ich nur werden, wenn wir diese Chanen nicht herausgespielt hätten." Davon gibt es neun, aber nur ein Tor. Eine Niederlage setzt es in den deutschen Wohnstuben, das Spiel konkurriert am Samstagabend mit "Wetten dass" und verliert mit 12,85 Millionen zu 15,21 Millionen – nach Zuschauern.

20. August 1997: Das Rückspiel (1:3)

Oliver Bierhoff musste dieser Tage Fragen zu der denkwürdigen Partie beantworten, die – natürlich – auch wieder in die Geschichte einging. Wieder mal ist es ein harter Fight, wie im Hinspiel gehen die Nordiren in Führung: Hughes trifft nach einer Stunde ins deutsche Tor. Vogts daraufhin zwei goldrichtige Entscheidungen: er bringt erst Thomas Häßler (64.), dann Oliver Bierhoff (70.). Bessere Joker hat es wohl nie gegeben. Zwischen der 73. und 79. Minute erzielt Bierhoff nach Häßler-Vorarbeit drei Tore! Es ist der schnellste Hattrick der DFB-Historie und es ist der Sieg. Der Lange und der Kleine sind das neue Traumpaar des deutschen Fußballs. Bierhoff witzelt: "Wir geben unsere Vermählung bekannt."

27. März 1999: Die EM-Qualifikation 2000 (0:3)

In der Ribbeck-Ära sind hohe Siege selten, umso erstaunlicher dass der höchste bei den Nordiren nun gelingt. Zwar weiß der Bundestrainer auch, "dass dieser Sieg nicht makellos war". Denn die drei Tore schafft man mit nur einer erspielten Chance, die Marco Bode per Kopf zum 0:1 (11.) nutzt. Bodes zweites Tor resultiert aus einem 23-Meter-Freistoß (43.), auch Ditmar Hamanns 0:3 ist von dieser Art – nur dass es 25 Meter sind. Nach 62 Minuten ist das Spiel entschieden, auch das ein Novum gegen Nordirland.

8. September 1999: Das Rückspiel (4:0)

Im Rückspiel kommt es noch besser. Und wieder überrascht ein Mann die Nation mit Toren, von dem man es nicht gewohnt ist. Christian Ziege trifft in seinem womöglich besten Länderspiel gleich dreimal. Nach Bierhoffs Führung (3.) legt der damals für den FC Middlesbrough spielende Mittelfeldspieler drei Treffer nach – ein echter Hattrick, denn sie fallen vor der Pause (16., 33., 45.). Das Westfalen-Stadion bleibt ein Garant für deutsche Erfolge, wenn auch wegen Umbaumaßnahmen nur 41.000 hineingehen. Sie sehen den fünften Sieg in Folge in der Qualifikation, 13 Jahre hat es das nicht mehr gegeben. Fast schon historisch…

4. Juni 2005: Der Confed-Cup-Test (1:4)

Deutschland spielt in der Klinsmann-Zeit auswärts schon mal in Rot und sieht auch früh Rot – Robert Huth muss schon nach 15 Minuten gehen. Der von ihm verursachte Handelfmeter führt zum 0:1 durch Healy. In Unterzahl schießt die Elf noch vier Tore durch Gerald Asamoah (17.), zweimal Michael Ballack (62., 66.) und Lukas Podolski (81.). Ein Novum – natürlich.

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21. Juni 2016: Die ganz große Bühne (0:1)

Joachim Löw saß im Studio der ARD und zog ein langes Gesicht. Eben noch hatten die Zuschauer Bilder jubelnder deutscher Spieler gesehen und auch den Beifall der Fans im Stadion wahrgenommen, ein ganzes Land war erleichtert. Da lieferte die Laune des Bundestrainers ein ziemliches Kontrastprogramm. Löw: "Mit dem Ergebnis bin ich nicht zufrieden. Wir hätten schon zur Halbzeit 3:0 oder 4:0 führen müssen. Ich kann mich nur schwer erinnern, dass ich schon mal so ein Spiel erlebt habe."

Gruppensieger Deutschland hatte sein Ziel erreicht, aber nicht alle Geister vertrieben, die nach den ersten beiden Spielen im Lager des Weltmeisters herumspukten. Noch immer blieb das Sturmproblem, drei Tore nach drei Vorrundenspielen sprachen Bände. Aber etwas Wesentliches hatte sich gebessert: es gab nun Chancen, herausgespielte zudem. Und es gab sie im Übermaß: 26 Torschüsse zählten die Statistiker nach den 90 Minuten von Paris, während die Nordiren bei wohlmeinender Betrachtung auf zwei kamen.

Manuel Neuer dagegen musste wie schon gegen Polen keinen Ball halten. Grund der spielerischen Verbesserung: die Umstellungen fruchteten, die Analysen auch. Mehr Tempo, mehr Strafraumpräsenz wurden gefordert und geliefert. Mit EM-Debütant Joshua Kimmich (zweites Länderspiel) hatte man plötzlich einen Außenverteidiger moderner Prägung, der auch Flanken zu schlagen verstand. Er war ein belebendes Element. Löw: "Mit ihm war ich absolut zufrieden."

Und Mario Gomez war der Brecher im Sturm, dessen pure Anwesenheit die Nordiren nie durchatmen ließ und Räume öffnete. Löw: "Weil Mario Leute gebunden hat, kam Mesut Özil zum Abschluss und deshalb war auch Thomas Müller gut." Mario Götze rückte nach links, Julian Draxler musste auf die Bank. Gomez schoss nach 30 Minuten das Tor des Tages, vorbereitet vom kolossal verbesserten, aber schon tragikomisch erfolglos spielenden Thomas Müller. Müller traf Pfosten (27., per Kopf) und Latte (34.), schoss den überragenden McGovern an (7.) oder knapp vorbei (23.). Die Jagd nach seinem ersten Tor blieb auch im achten EM-Spiel seiner Karriere nicht von Erfolg gekrönt.

Müller sprach offen davon, es sei auch Unvermögen dabei gewesen. "Immerhin bin ich zu mehr Chancen gekommen als in den letzten acht Spielen", sagte er. Weil er und alle anderen, die sich nach dem 1:0 noch versuchten, aber nicht trafen (wie Götze, Özil, Kroos), musste der Weltmeister bis zuletzt zittern. Erst recht, als Abwehrchef Jerome Boateng nach 76 Minuten mit Wadenproblemen vom Platz humpelte.

Aber es brannte nichts mehr an gegen harmlose Nordiren, deren Fans unentwegt sangen und die knappe Niederlage feierten. Auch sie kamen ins Achtelfinale. Spätestens ab dann, mahnte Löw an, "muss man die wenigeren Chancen, die man jetzt bekommt, konsequenter nutzen. Wenn ich fünfmal allein vor dem Torhüter bin, dann erwarte ich auch mal von unseren Leuten, dass sie ein Tor machen."

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