Gesichter der 3. Liga: Marcel Heller - endlich fit, aber ohne Glück

Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Newcomer. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison jede Menge Charakterköpfe zu bieten. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner Serie vor. Heute: Aachens Marcel Heller

Einfach ist es für Marcel Heller nicht. Schon seit Jahren nicht. Als die Saison losging, hatte der 27-Jährige, der für Eintracht Frankfurt in der Bundesliga gespielt hat, nur einen Wunsch: mal ein Jahr ohne gravierende Probleme erleben. Soll heißen: Ohne großes Theater. Und vor allem ohne nennenswerte Verletzungen.

Heute gegen Rostock: Abstiegskampf in Aachen

Das mit der Gesundheit klappt bisher ganz gut. Heller hat 30 von 31 Punktspielen für Alemannia Aachen in der 3. Liga bestritten. Im Vorjahr, als er bei Dynamo Dresden unter Vertrag stand, hatte ihn noch ein Riss des Syndesmosebandes mehr als zwei Monate außer Gefecht gesetzt. Ein anderer Riss, nämlich im Lendenwirbel, hatte ihn einst bei Eintracht Frankfurt sogar über ein Jahr lahm gelegt und seine Karriere maßgeblich beeinflusst.

Fit fühlt er sich jetzt, der schnelle Flügelspieler, der 1986 in Frechen geboren wurde und 2006 bei den Sportfreunden Siegen seinen Durchbruch als Fußballprofi schaffte. Nur der Wunsch nach Ruhe, der hat sich nicht erfüllt. Seit Monaten liegt die Sorge ums finanzielle Überleben wie ein Schleier über dem neuen Tivoli in Aachen.

Die Alemannia musste mitten in der Saison den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Die Mannschaft verlor im Zuge der Sparmaßnahmen in der Winterpause sportlich an Substanz, bekam zwei Punkte wegen Verstößen beim wirtschaftlichen Zulassungsverfahren abgezogen und ist vor dem richtungsweisenden Heimspiel heute Abend (ab 19 Uhr) gegen Hansa Rostock auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht.

"Eine schlimme Situation für den Verein"

Keine leichte Zeit. Weder für den Verein. Noch für die Fans. Noch für Heller. Der Spieler mag sich allerdings nicht zu sehr grämen. "Für den Verein ist es eine schlimme Situation, für mich selbst ist es weniger belastend", sagt er. Was nicht bedeuten soll, dass Heller das Schicksal der Alemannia gleichgültig ist. Sonst wäre er im Winter kaum geblieben. "Ich sehe das Privileg, dass ich weiterhin meinen Beruf als Fußballspieler ausüben kann", erklärt er.

Natürlich, gibt Heller zu, habe er im Dezember und Januar überlegt, ob ein schneller Vereinswechsel nicht die sinnvollere Alternative sei: "Aber ich wollte nicht einfach verschwinden." Er kennt das Umfeld, er fühlt sich wohl, seine Familie wohnt in der Nähe. Heller stammt aus Bergheim, knapp 50 Kilometer Luftlinie von Aachen. Das schafft Vertrautheit, das verbindet, selbst im harten Profigeschäft.

Knochenriss und Karrieknick

Marcel Heller hat gelernt, mit Enttäuschungen umzugehen. Er hat es auf die harte Tour gelernt. Als 21-jähriges Talent hatte er in Frankfurt kaum den Sprung in die Bundesliga geschafft, als ihm im Februar 2007 im Spiel gegen den Hamburger SV ein Gegenspieler in den Rücken sprang. Die erste Diagnose: Prellung. Harmlos - und ein Irrtum. Einige Monate später, er spielte mit der deutschen U 21-Auswahl gegen Japan, ging nichts mehr. Nationalmannschaftsarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt stellte einen Riss im Knochen fest.

Mit dem Knochen bekam auch Hellers Karriere einen Knacks. Er verpasste die U 21-Europameisterschaft ("Meine größte Enttäuschung"), wurde von der Eintracht an den MSV Duisburg ausgeliehen, kehrte nach einer Saison für zwei Jahre zur Eintracht zurück, ging 2011 zu Dynamo Dresden. Dort war ebenfalls nach einem Jahr Schluss.

"Leider habe ich mich gerade in den Situationen, in denen es gut lief, immer wieder verletzt", stellt Heller rückblickend fest. Darunter litten neben dem Selbstvertrauen die Unbekümmertheit und der wilde, zum Teil ungestüme Vorwärtsdrang, die ihn in jungen Jahren nach oben gebracht hatten.

"Nicht so schnell den Kopf hängen lassen"

Geblieben sind 34 Bundesligaspiele (zwei Tore), 33 Partien in der 2. Bundesliga (ein Tor) und 15 Einsätze in den U-Nationalmannschaften, elf davon in der U 21 (3 Tore). "Keiner weiß, was passiert wäre, wenn ich mich nicht am Rücken verletzt hätte", sagt Heller. Vielleicht hätte er sich in der Bundesliga durchgesetzt, vielleicht würde er heute trotzdem für Aachen in der 3. Liga spielen. "Anfangs habe ich viel gehadert", erzählt er. "Heute kann ich besser mit Schwierigkeiten umgehen und habe verinnerlicht, nicht so schnell den Kopf hängen zu lassen."

Das hilft in dieser schwierigen Zeit in Aachen. Und es hilft, positiv in die Zukunft zu blicken. "Selbstverständlich habe ich das Ziel, noch einmal höherklassig zu spielen", betont Heller. "Das Thema ist mit 27 noch nicht abgeschrieben." Einfach wird es nicht. Aber das ist Marcel Heller ja gewohnt.

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Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Newcomer. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison jede Menge Charakterköpfe zu bieten. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner Serie vor. Heute: Aachens Marcel Heller

Einfach ist es für Marcel Heller nicht. Schon seit Jahren nicht. Als die Saison losging, hatte der 27-Jährige, der für Eintracht Frankfurt in der Bundesliga gespielt hat, nur einen Wunsch: mal ein Jahr ohne gravierende Probleme erleben. Soll heißen: Ohne großes Theater. Und vor allem ohne nennenswerte Verletzungen.

Heute gegen Rostock: Abstiegskampf in Aachen

Das mit der Gesundheit klappt bisher ganz gut. Heller hat 30 von 31 Punktspielen für Alemannia Aachen in der 3. Liga bestritten. Im Vorjahr, als er bei Dynamo Dresden unter Vertrag stand, hatte ihn noch ein Riss des Syndesmosebandes mehr als zwei Monate außer Gefecht gesetzt. Ein anderer Riss, nämlich im Lendenwirbel, hatte ihn einst bei Eintracht Frankfurt sogar über ein Jahr lahm gelegt und seine Karriere maßgeblich beeinflusst.

Fit fühlt er sich jetzt, der schnelle Flügelspieler, der 1986 in Frechen geboren wurde und 2006 bei den Sportfreunden Siegen seinen Durchbruch als Fußballprofi schaffte. Nur der Wunsch nach Ruhe, der hat sich nicht erfüllt. Seit Monaten liegt die Sorge ums finanzielle Überleben wie ein Schleier über dem neuen Tivoli in Aachen.

Die Alemannia musste mitten in der Saison den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Die Mannschaft verlor im Zuge der Sparmaßnahmen in der Winterpause sportlich an Substanz, bekam zwei Punkte wegen Verstößen beim wirtschaftlichen Zulassungsverfahren abgezogen und ist vor dem richtungsweisenden Heimspiel heute Abend (ab 19 Uhr) gegen Hansa Rostock auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht.

"Eine schlimme Situation für den Verein"

Keine leichte Zeit. Weder für den Verein. Noch für die Fans. Noch für Heller. Der Spieler mag sich allerdings nicht zu sehr grämen. "Für den Verein ist es eine schlimme Situation, für mich selbst ist es weniger belastend", sagt er. Was nicht bedeuten soll, dass Heller das Schicksal der Alemannia gleichgültig ist. Sonst wäre er im Winter kaum geblieben. "Ich sehe das Privileg, dass ich weiterhin meinen Beruf als Fußballspieler ausüben kann", erklärt er.

Natürlich, gibt Heller zu, habe er im Dezember und Januar überlegt, ob ein schneller Vereinswechsel nicht die sinnvollere Alternative sei: "Aber ich wollte nicht einfach verschwinden." Er kennt das Umfeld, er fühlt sich wohl, seine Familie wohnt in der Nähe. Heller stammt aus Bergheim, knapp 50 Kilometer Luftlinie von Aachen. Das schafft Vertrautheit, das verbindet, selbst im harten Profigeschäft.

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Knochenriss und Karrieknick

Marcel Heller hat gelernt, mit Enttäuschungen umzugehen. Er hat es auf die harte Tour gelernt. Als 21-jähriges Talent hatte er in Frankfurt kaum den Sprung in die Bundesliga geschafft, als ihm im Februar 2007 im Spiel gegen den Hamburger SV ein Gegenspieler in den Rücken sprang. Die erste Diagnose: Prellung. Harmlos - und ein Irrtum. Einige Monate später, er spielte mit der deutschen U 21-Auswahl gegen Japan, ging nichts mehr. Nationalmannschaftsarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt stellte einen Riss im Knochen fest.

Mit dem Knochen bekam auch Hellers Karriere einen Knacks. Er verpasste die U 21-Europameisterschaft ("Meine größte Enttäuschung"), wurde von der Eintracht an den MSV Duisburg ausgeliehen, kehrte nach einer Saison für zwei Jahre zur Eintracht zurück, ging 2011 zu Dynamo Dresden. Dort war ebenfalls nach einem Jahr Schluss.

"Leider habe ich mich gerade in den Situationen, in denen es gut lief, immer wieder verletzt", stellt Heller rückblickend fest. Darunter litten neben dem Selbstvertrauen die Unbekümmertheit und der wilde, zum Teil ungestüme Vorwärtsdrang, die ihn in jungen Jahren nach oben gebracht hatten.

"Nicht so schnell den Kopf hängen lassen"

Geblieben sind 34 Bundesligaspiele (zwei Tore), 33 Partien in der 2. Bundesliga (ein Tor) und 15 Einsätze in den U-Nationalmannschaften, elf davon in der U 21 (3 Tore). "Keiner weiß, was passiert wäre, wenn ich mich nicht am Rücken verletzt hätte", sagt Heller. Vielleicht hätte er sich in der Bundesliga durchgesetzt, vielleicht würde er heute trotzdem für Aachen in der 3. Liga spielen. "Anfangs habe ich viel gehadert", erzählt er. "Heute kann ich besser mit Schwierigkeiten umgehen und habe verinnerlicht, nicht so schnell den Kopf hängen zu lassen."

Das hilft in dieser schwierigen Zeit in Aachen. Und es hilft, positiv in die Zukunft zu blicken. "Selbstverständlich habe ich das Ziel, noch einmal höherklassig zu spielen", betont Heller. "Das Thema ist mit 27 noch nicht abgeschrieben." Einfach wird es nicht. Aber das ist Marcel Heller ja gewohnt.