Fußball auf den Färöern: Klein, aber fein

22 Jahre sind vergangen, seit die Färöer in ihrem ersten EM-Qualifikationsspiel die Fußballwelt kurzfristig aus den Angeln hoben. Gegen Österreich gab es einen 1:0-Sieg, und in beiden Ländern spricht man noch heute davon. Seither gab es einige Aufs und Abs, hohe Niederlagen und kleine Erfolge, aber das Wichtigste ist: Das Nationalteam entwickelt sich. Und das gilt auch ganz allgemein für den Fußball auf den Inseln. Terji Nielsen, Sportredakteur der färöischen Tageszeitung „Dimmalætting“, über großen Fußball in einem kleinen Land.

So schön es damals begann mit dem 1:0 gegen Österreich. Es war klar, dass die Färöer im Fußball auf Dauer nicht die ganz große Rolle spielen würden. Zu klein das Land, zu rückständig zunächst die Bedingungen. Heimspiele wurden damals noch in Schweden ausgetragen. Bittere Niederlagen gab es in den Anfangsjahren, ein 0:7 gegen Jugoslawien, ein 0:7 gegen Rumänien, ein 0:7 gegen Norwegen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Wer auf die Färöer kommt, darf das Spiel nicht als lockeren Trainingsausflug angehen, an dessen Ende so oder so die drei Punkte stehen. Die Italiener gewannen hier nur knapp 1:0, die Deutschen 2003 erst kurz vor Schluss mit 2:1. Gegen Nordirland gab es ein Remis, Estland und Litauen wurden mit Niederlagen zurück ins Baltikum geschickt. Auf den Färöern ist man sicher: Die nächste Sensation ist nicht mehr weit, zu positiv ist die Entwicklung des Fußballs auf den Inseln und damit auch der Nationalmannschaft.

Jeder Siebte spielt Fußball

Auf den sturmgepeitschten Inseln im Nordatlantik ist der Fußball Volkssport – und das mit Abstand. Jeder siebte Färinger tritt in einem Verein gegen den Ball, das sind rund 7.000 der insgesamt nur 49.000 Einwohner. Selbst in Deutschland ist der Anteil der Fußballer an der Gesamtbevölkerung nicht so hoch. Wenn Spitzenspiele in der heimischen Liga anstehen, kann es durchaus sein, dass 2.500 Zuschauer ins Stadion kommen, also fünf Prozent aller Färinger. Um beim Vergleich mit Deutschland zu bleiben: Das hieße, dass sich vier Millionen Menschen vor Ort das Spiel Dortmund gegen Bayern anschauen würden. Die Zuschauer sind sehr leidenschaftlich, und natürlich gibt es auch lokale Rivalitäten – auch oder vielleicht gerade, weil man so nah beieinander wohnt.

Profis sucht man in der färöischen Liga vergebens. Die Spieler sind zwar keine reinen Amateure mehr, haben aber auch Full-Time-Jobs außerhalb des Fußballs. Auch in der Nationalmannschaft gibt es nur einige Profis, wie den erfahrenen Christian Lamhauge Holst vom dänischen Klub Silkeborg IF oder den jungen Verteidiger René S. Joensen, der bei Brøndby IF unter Vertrag steht, außerdem den Reservetorwart von Manchester City, Gunnar Nielsen, und Angreifer Joan Símun Edmundsson von Viking Stavanger aus Norwegen. Die anderen arbeiten ganz normal oder studieren. Mannschaftskapitän Fróði Benjaminsen ist Schreiner und baut und renoviert Häuser, bevor er zum Training geht. Stürmer Símun Samuelsen macht eine Banklehre, und der erfahrene Torwart Jákup Mikkelsen, der mit Anfang 40 immer noch zum Team gehört, ist im Hauptberuf Lehrer und außerdem Mitglied im Rat seiner Heimatstadt Klaksvík. Einige studieren auch: Abwehrspieler Jónas Tór Næs spielt bei Valur Rejkjavik auf Island Fußball, hat aber nebenbei noch sein Jura-Examen an der Universität Kopenhagen vor Augen, und Mittelfeldspieler Súni Olsen will Lehrer werden.

Der Käpt'n ist Schreiner

Man kennt sich auf den Färöern, bei einer Gesamtfläche von nicht einmal 1.400 Quadratkilometern kann man sich halt nur schwer aus dem Weg gehen. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass Spieler der ersten Liga bei der Arbeit Kollegen und auf dem Platz Rivalen sind. Schreiner und Mannschaftskapitän Benjaminsen ist das beste Beispiel dafür. Er spielt für HB Tórshavn in der Hauptstadt der Inselgruppe. Unter seinen Kollegen sind Spieler von noch zwei anderen Klubs, und der Geschäftsführer der Baufirma ist Trainer in der zweiten Liga. Einen Starkult um die besten Kicker des Landes gibt es auf den Färöern nicht. Wieso auch? Man läuft ihnen doch auch täglich über den Weg. Am Sonntag sieht man einen Fußball spielen und am nächsten Tag trifft man ihn, wenn er seine Kinder in den Kindergarten bringt oder sich im Supermarkt eine Cola kauft. Alles ganz normal.

Ein paar Färinger Spieler haben es immer ins Ausland geschafft. Gemessen an der Einwohnerzahl sogar ziemlich viele. Als alles begann im Herbst 1990, verdiente noch keiner Geld mit Fußball. Doch in den Jahren darauf wagten einige den Schritt ins Ausland. Oder anders ausgedrückt: Das Ausland wurde auf sie aufmerksam. Der erste war Todi Jónsson, ein Stürmer und eine Zeitlang Top-Torjäger der Inseln. Er ging 1993 nach Dänemark zum Spitzenteam Lyngby BK. Erst spielte er nur in der zweiten Mannschaft, doch dann arbeitete er sich hoch und avancierte zum Torjäger. Vier Jahre später schloss er sich dem FC Kopenhagen an, mit dem er dreimal Meister und zweimal Pokalsieger wurde. Noch immer ist er der erfolgreichste ausländische Torschütze in der dänischen Liga.



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22 Jahre sind vergangen, seit die Färöer in ihrem ersten EM-Qualifikationsspiel die Fußballwelt kurzfristig aus den Angeln hoben. Gegen Österreich gab es einen 1:0-Sieg, und in beiden Ländern spricht man noch heute davon. Seither gab es einige Aufs und Abs, hohe Niederlagen und kleine Erfolge, aber das Wichtigste ist: Das Nationalteam entwickelt sich. Und das gilt auch ganz allgemein für den Fußball auf den Inseln. Terji Nielsen, Sportredakteur der färöischen Tageszeitung „Dimmalætting“, über großen Fußball in einem kleinen Land.

So schön es damals begann mit dem 1:0 gegen Österreich. Es war klar, dass die Färöer im Fußball auf Dauer nicht die ganz große Rolle spielen würden. Zu klein das Land, zu rückständig zunächst die Bedingungen. Heimspiele wurden damals noch in Schweden ausgetragen. Bittere Niederlagen gab es in den Anfangsjahren, ein 0:7 gegen Jugoslawien, ein 0:7 gegen Rumänien, ein 0:7 gegen Norwegen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Wer auf die Färöer kommt, darf das Spiel nicht als lockeren Trainingsausflug angehen, an dessen Ende so oder so die drei Punkte stehen. Die Italiener gewannen hier nur knapp 1:0, die Deutschen 2003 erst kurz vor Schluss mit 2:1. Gegen Nordirland gab es ein Remis, Estland und Litauen wurden mit Niederlagen zurück ins Baltikum geschickt. Auf den Färöern ist man sicher: Die nächste Sensation ist nicht mehr weit, zu positiv ist die Entwicklung des Fußballs auf den Inseln und damit auch der Nationalmannschaft.

Jeder Siebte spielt Fußball

Auf den sturmgepeitschten Inseln im Nordatlantik ist der Fußball Volkssport – und das mit Abstand. Jeder siebte Färinger tritt in einem Verein gegen den Ball, das sind rund 7.000 der insgesamt nur 49.000 Einwohner. Selbst in Deutschland ist der Anteil der Fußballer an der Gesamtbevölkerung nicht so hoch. Wenn Spitzenspiele in der heimischen Liga anstehen, kann es durchaus sein, dass 2.500 Zuschauer ins Stadion kommen, also fünf Prozent aller Färinger. Um beim Vergleich mit Deutschland zu bleiben: Das hieße, dass sich vier Millionen Menschen vor Ort das Spiel Dortmund gegen Bayern anschauen würden. Die Zuschauer sind sehr leidenschaftlich, und natürlich gibt es auch lokale Rivalitäten – auch oder vielleicht gerade, weil man so nah beieinander wohnt.

Profis sucht man in der färöischen Liga vergebens. Die Spieler sind zwar keine reinen Amateure mehr, haben aber auch Full-Time-Jobs außerhalb des Fußballs. Auch in der Nationalmannschaft gibt es nur einige Profis, wie den erfahrenen Christian Lamhauge Holst vom dänischen Klub Silkeborg IF oder den jungen Verteidiger René S. Joensen, der bei Brøndby IF unter Vertrag steht, außerdem den Reservetorwart von Manchester City, Gunnar Nielsen, und Angreifer Joan Símun Edmundsson von Viking Stavanger aus Norwegen. Die anderen arbeiten ganz normal oder studieren. Mannschaftskapitän Fróði Benjaminsen ist Schreiner und baut und renoviert Häuser, bevor er zum Training geht. Stürmer Símun Samuelsen macht eine Banklehre, und der erfahrene Torwart Jákup Mikkelsen, der mit Anfang 40 immer noch zum Team gehört, ist im Hauptberuf Lehrer und außerdem Mitglied im Rat seiner Heimatstadt Klaksvík. Einige studieren auch: Abwehrspieler Jónas Tór Næs spielt bei Valur Rejkjavik auf Island Fußball, hat aber nebenbei noch sein Jura-Examen an der Universität Kopenhagen vor Augen, und Mittelfeldspieler Súni Olsen will Lehrer werden.

Der Käpt'n ist Schreiner

Man kennt sich auf den Färöern, bei einer Gesamtfläche von nicht einmal 1.400 Quadratkilometern kann man sich halt nur schwer aus dem Weg gehen. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass Spieler der ersten Liga bei der Arbeit Kollegen und auf dem Platz Rivalen sind. Schreiner und Mannschaftskapitän Benjaminsen ist das beste Beispiel dafür. Er spielt für HB Tórshavn in der Hauptstadt der Inselgruppe. Unter seinen Kollegen sind Spieler von noch zwei anderen Klubs, und der Geschäftsführer der Baufirma ist Trainer in der zweiten Liga. Einen Starkult um die besten Kicker des Landes gibt es auf den Färöern nicht. Wieso auch? Man läuft ihnen doch auch täglich über den Weg. Am Sonntag sieht man einen Fußball spielen und am nächsten Tag trifft man ihn, wenn er seine Kinder in den Kindergarten bringt oder sich im Supermarkt eine Cola kauft. Alles ganz normal.

Ein paar Färinger Spieler haben es immer ins Ausland geschafft. Gemessen an der Einwohnerzahl sogar ziemlich viele. Als alles begann im Herbst 1990, verdiente noch keiner Geld mit Fußball. Doch in den Jahren darauf wagten einige den Schritt ins Ausland. Oder anders ausgedrückt: Das Ausland wurde auf sie aufmerksam. Der erste war Todi Jónsson, ein Stürmer und eine Zeitlang Top-Torjäger der Inseln. Er ging 1993 nach Dänemark zum Spitzenteam Lyngby BK. Erst spielte er nur in der zweiten Mannschaft, doch dann arbeitete er sich hoch und avancierte zum Torjäger. Vier Jahre später schloss er sich dem FC Kopenhagen an, mit dem er dreimal Meister und zweimal Pokalsieger wurde. Noch immer ist er der erfolgreichste ausländische Torschütze in der dänischen Liga.

Saison von März bis Oktober

Nach ihm versuchten noch einige ihr Glück im Ausland, meistens in Dänemark. Wobei das ja nur bedingt Ausland ist, denn politisch gehören die Färöer ja zu diesem Land. Andere gingen nach Norwegen oder Island, wieder andere nach Schottland. Im Moment sind färöische Spieler nicht so zahlreich in anderen Ligen vertreten, und wenn, tun sie sich oft schwer, einen Stammplatz zu bekommen.

Auf den Färöern läuft die Saison in der Regel von März bis Oktober, also so lange, wie das Wetter einigermaßen gut ist. Die Mannschaften trainieren weitaus mehr als früher, nämlich das ganze Jahr hindurch. Das war vor zehn bis 15 Jahren noch ganz anders, als einige Monate schlicht gar nicht trainiert wurde. Auch sonst hat sich einiges geändert. Um in der höchsten Liga „Effodeildin“ zu spielen, braucht man einen Vertrag, und jeder bekommt zumindest ein bisschen Geld. Die besten Spieler verdienen bis 4.000 Euro im Monat, andere müssen mit 100 Euro auskommen.

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Verbesserung durch ausländische Spieler

In den vergangenen 20 Jahren sind immer wieder ausländische Spieler und Trainer auf die Inseln gekommen. Früher, in den späten 80er-Jahren, kamen einige aus osteuropäischen Ländern wie Polen oder Jugoslawien, inzwischen kommen die meisten Ausländer aus Skandinavien, einige aus Dänemark, vor allem aber aus Island. Kein Zweifel: Die ausländischen Spieler und Trainer haben dazu beigetragen, das Niveau des Fußballs auf den Färöern anzuheben, weil sie ihre Erfahrungen auch in den Trainings- und Spielbetrieb der Klubs einbrachten. Mittlerweile wird verstärkt auf Kondition geachtet. Pausen gibt es im Winter nicht mehr. Auch in der Trainerausbildung hat sich einiges getan. Der Fußball-Verband erfüllt die Standards der UEFA, und man benötigt eine A-Lizenz, um einen Erstligisten trainieren zu dürfen.

Die Entwicklung ist also überall spürbar, auch wenn es immer noch ein großer Erfolg ist, wenn die Nationalmannschaft mal ein Unentschieden oder, noch seltener, einen Sieg erringt. Seit einigen Jahren schon nehmen auch die U-Mannschaften des Verbandes an Qualifikationswettbewerben zu Europameisterschaften teil. Seit 2007 geht auch eine U 21 an den Start, der es immerhin gelang, Russland mit 1:0 zu schlagen. Das Tor erzielte Jóan Símun Edmundsson, inzwischen A-Nationalspieler. Und erst vor ein paar Wochen gab es ein 1:1 gegen Dänemark. Was besonders bemerkenswert ist, wenn man bedenkt, dass alle dänischen Kicker Stammspieler in der ersten Liga Dänemarks waren. Mit Ausnahme von Jannik Vestergaard: Der spielt bei 1899 Hoffenheim in der Bundesliga.

Hoffnung aufs Revival von 1990

Diese Altersklasse ist für die färöischen Spieler enorm wichtig, denn so können sie ihre ersten internationalen Erfahrungen auf diesem Niveau machen, ehe sie in die A-Nationalmannschaft kommen. Man muss sich nur den Kader für das Spiel gegen Deutschland in Hannover anschauen. Von den 19 Spielern, die Nationaltrainer Lars Olsen, der 1992 als Kapitän mit Dänemark durch einen 2:0-Sieg gegen Deutschland Europameister wurde, nominiert hat, spielten immerhin zwölf in den vergangenen fünf Jahren in der U 21. Und sechs sind so jung, dass sie gar in beiden Mannschaften spielen. So können sich die Spieler frühzeitig an das internationale Tempo und die internationale Härte gewöhnen. Das haben sie früheren Generationen voraus, und deshalb werden die Färöer auch mehr und mehr ein durchaus ernstzunehmender Gegner.

Kurzum: Es sieht gut aus. Für ein Land mit derart wenigen Einwohnern ist im färöischen Fußball eine Menge passiert und entstanden: strukturell wie sportlich. Lars Olsen hat viele junge interessante Spieler in sein Team für das Deutschland-Spiel eingebaut. Hoffnung und Optimismus sind vorhanden. Und vielleicht gelingt ja in naher Zukunft wieder so ein Coup wie gegen Österreich. Damals, vor 22 Jahren.