Flick im Video: "Elan auf die Straße bringen"

Weltmeister und nun? Hansi Flick kann die Frage ohne Probleme beantworten. Für ihn ging es nach Rio de Janeiro in Frankfurt am Main weiter. Aus dem Assistenztrainer des Weltmeisterteams wurde der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes. Im Interview mit DFB-TV, dem Videoportal des DFB, spricht er über Projekte im Juniorenbereich und die wichtigen Turniere der U 21- und U 19-Nationalmannschaft in diesem Jahr.

Und was hat die WM-Analyse ergeben? "Das Eins-gegen-Eins-Verhalten wichtig, in der Offensive und Defensive", sagt der Sportdirektor, der professionelle Arbeit in allen Bereich fordert, bis hin zur "Ernährung und Regeneration". Außerdem redet Hansi Flick im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke über Errungenschaften, Erinnerungen und Entwicklungen.

DFB.de: Herr Flick, Weihnachten ist vorbei. Wie haben Sie die Feiertage verbracht?

Hansi Flick: Ganz klassisch, wie in jedem Jahr. Weihnachten feiern wir mit der Familie, ganz gemütlich, mit gutem Essen und guten Gesprächen. Für uns alle ist dies eine sehr wertvolle Zeit, so geht es, denke ich, den meisten Menschen. Meine Familie ist in diesem Jahr zu kurz gekommen, umso schöner ist es nun, mit ihr eine entspannte Zeit zu verbringen.

DFB.de: Sie hatten nach der WM so gut wie keine Pause. Fast unmittelbar nach der Ankunft in Berlin ging es für Sie weiter zur U 19-EM nach Ungarn. Auch danach war Ihr Zeitplan eng getaktet. Am 1. September haben Sie Ihren neuen Job als Sportdirektor des DFB offiziell angetreten, mit vielen Terminen gerade in der Anfangszeit. Hatten Sie überhaupt die Gelegenheit, die Ereignisse in Brasilien richtig zu verarbeiten?

Flick: Das ist nichts, was man sich vornehmen kann. Ich setze mich ja nicht hin und sage: 'So, jetzt verarbeite ich die WM.' Ich fand es auch nicht sonderlich belastend, dass es für mich nach Brasilien fast ohne Pause weiterging. Mich hat die neue Aufgabe wahnsinnig gereizt, ich bin sehr neugierig und habe mich deswegen auf alles gefreut, was mich erwartet. Und nach den ersten Monaten kann ich sagen, dass sich meine Erwartungen bestätigt haben. Mir macht der Job als DFB-Sportdirektor großen Spaß, ich arbeite mit großartigen Menschen in einem spannenden Umfeld an tollen Projekten. Natürlich war das Jahr für mich intensiv, aber vor allem war es faszinierend und erfolgreich.

DFB.de: Aber müde werden Sie am Jahresende schon sein.

Flick: Nein, überhaupt nicht. Natürlich habe ich mich über Weihnachten auf die Möglichkeit gefreut, die Füße mal hochzulegen. Die Ereignisse von 2014 haben mich aber nicht müde gemacht, sie haben mich motiviert. Ich bin voller Elan, Power und Tatendrang. 2015 und darüber hinaus haben wir im DFB viel vor.

DFB.de: Aus Brasilien ist allen das Tor von Mario Götze noch sehr präsent, der Jubel im Maracana. Haben Sie abseits dieses großen Augenblicks kleine Momente der WM, an die Sie sich besonders gerne erinnern?

Flick: Der Abpfiff im Maracana und alles, was sich danach abgespielt hat, war schon sehr besonders. Ich habe eine tiefe Zufriedenheit gespürt, und ich weiß, dass dies Joachim Löw, Oliver Bierhoff und Andy Köpke genauso gegangen ist. Während des Turniers gab es viele spezielle Augenblicke. Es war einfach großartig zu erleben, wie sich alles entwickelt hat, insbesondere die Stimmung innerhalb des gesamten Teams im Campo Bahia. Ich erinnere mich noch gut an einen Nachmittag, an dem die Familien der Spieler zu Gast waren. Zwischen den Spielen gegen Frankreich und Brasilien war das. Es war überall eine große Herzlichkeit und Harmonie zu spüren. An diesem Abend habe ich mich mit Oliver Bierhoff unterhalten und zu ihm gesagt: 'Oliver, das ist genau so, wie wir uns das vorgestellt haben. Wie eine große Familie.'



Weltmeister und nun? Hansi Flick kann die Frage ohne Probleme beantworten. Für ihn ging es nach Rio de Janeiro in Frankfurt am Main weiter. Aus dem Assistenztrainer des Weltmeisterteams wurde der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes. Im Interview mit DFB-TV, dem Videoportal des DFB, spricht er über Projekte im Juniorenbereich und die wichtigen Turniere der U 21- und U 19-Nationalmannschaft in diesem Jahr.

Und was hat die WM-Analyse ergeben? "Das Eins-gegen-Eins-Verhalten wichtig, in der Offensive und Defensive", sagt der Sportdirektor, der professionelle Arbeit in allen Bereich fordert, bis hin zur "Ernährung und Regeneration". Außerdem redet Hansi Flick im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke über Errungenschaften, Erinnerungen und Entwicklungen.

DFB.de: Herr Flick, Weihnachten ist vorbei. Wie haben Sie die Feiertage verbracht?

Hansi Flick: Ganz klassisch, wie in jedem Jahr. Weihnachten feiern wir mit der Familie, ganz gemütlich, mit gutem Essen und guten Gesprächen. Für uns alle ist dies eine sehr wertvolle Zeit, so geht es, denke ich, den meisten Menschen. Meine Familie ist in diesem Jahr zu kurz gekommen, umso schöner ist es nun, mit ihr eine entspannte Zeit zu verbringen.

DFB.de: Sie hatten nach der WM so gut wie keine Pause. Fast unmittelbar nach der Ankunft in Berlin ging es für Sie weiter zur U 19-EM nach Ungarn. Auch danach war Ihr Zeitplan eng getaktet. Am 1. September haben Sie Ihren neuen Job als Sportdirektor des DFB offiziell angetreten, mit vielen Terminen gerade in der Anfangszeit. Hatten Sie überhaupt die Gelegenheit, die Ereignisse in Brasilien richtig zu verarbeiten?

Flick: Das ist nichts, was man sich vornehmen kann. Ich setze mich ja nicht hin und sage: 'So, jetzt verarbeite ich die WM.' Ich fand es auch nicht sonderlich belastend, dass es für mich nach Brasilien fast ohne Pause weiterging. Mich hat die neue Aufgabe wahnsinnig gereizt, ich bin sehr neugierig und habe mich deswegen auf alles gefreut, was mich erwartet. Und nach den ersten Monaten kann ich sagen, dass sich meine Erwartungen bestätigt haben. Mir macht der Job als DFB-Sportdirektor großen Spaß, ich arbeite mit großartigen Menschen in einem spannenden Umfeld an tollen Projekten. Natürlich war das Jahr für mich intensiv, aber vor allem war es faszinierend und erfolgreich.

DFB.de: Aber müde werden Sie am Jahresende schon sein.

Flick: Nein, überhaupt nicht. Natürlich habe ich mich über Weihnachten auf die Möglichkeit gefreut, die Füße mal hochzulegen. Die Ereignisse von 2014 haben mich aber nicht müde gemacht, sie haben mich motiviert. Ich bin voller Elan, Power und Tatendrang. 2015 und darüber hinaus haben wir im DFB viel vor.

DFB.de: Aus Brasilien ist allen das Tor von Mario Götze noch sehr präsent, der Jubel im Maracana. Haben Sie abseits dieses großen Augenblicks kleine Momente der WM, an die Sie sich besonders gerne erinnern?

Flick: Der Abpfiff im Maracana und alles, was sich danach abgespielt hat, war schon sehr besonders. Ich habe eine tiefe Zufriedenheit gespürt, und ich weiß, dass dies Joachim Löw, Oliver Bierhoff und Andy Köpke genauso gegangen ist. Während des Turniers gab es viele spezielle Augenblicke. Es war einfach großartig zu erleben, wie sich alles entwickelt hat, insbesondere die Stimmung innerhalb des gesamten Teams im Campo Bahia. Ich erinnere mich noch gut an einen Nachmittag, an dem die Familien der Spieler zu Gast waren. Zwischen den Spielen gegen Frankreich und Brasilien war das. Es war überall eine große Herzlichkeit und Harmonie zu spüren. An diesem Abend habe ich mich mit Oliver Bierhoff unterhalten und zu ihm gesagt: 'Oliver, das ist genau so, wie wir uns das vorgestellt haben. Wie eine große Familie.'

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DFB.de: Ein gutes Gefühl, wenn Pläne funktionieren.

Flick: Planen kann man das nicht. Nicht in dieser Form. Aber gehofft hatten wir natürlich, dass es so werden würde. Aber es war nicht ganz so sicher, ob alles funktionieren würde. Es war lange nicht mal ganz klar, ob das Campo überhaupt rechtzeitig fertig wird. Und dann weiß man auch nicht, wie die Gruppe reagiert, ob sie wirklich diesen Spirit entwickelt. Ob sich alle unterordnen, ob alle ihr Ego zurückstellen. Und sie haben es getan. Und ich glaube, dass das Gemeinschaftsgefühl im Campo dabei eine große Rolle gespielt hat. Da kann man nur allen Spielern, aber auch allen Betreuern, ein großes Kompliment machen.

DFB.de: Die WM ist vorbei. Für Sie ging es fast nahtlos über ins neue Amt des Sportdirektors. Wie war das Ankommen in der Otto-Fleck-Schneise? Wie wurden Sie vom Verband begrüßt?

Flick: Ich war dort ja kein Fremder, viele Mitarbeiter kannte ich bereits. Dennoch: Es war großartig, wie ich begrüßt wurde. Alle haben mir das Gefühl gegeben, dass sie sich freuen, dass ich nun da bin und die Tätigkeit als Sportdirektor übernommen habe. Die Mitarbeiter in der Zentralverwaltung unterstützen mich wo sie können, nicht nur die aus meinem unmittelbaren Team.

DFB.de: Ein neuer Sportdirektor kommt mit neuen Ideen. Wie viel Gegenwind spüren Sie?

Flick: Ich spüre keinen Gegenwind, denn alles, was ich vorhabe, ist im Interesse des Verbandes. Mein zentrales Anliegen ist der sportliche Bereich, den will ich stärken. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns hinter der DFB-Akademie zu verstecken. Dass wir dieses Leistungszentrum bauen, ist phantastisch, aber bis 2018 ist noch ein weiter Weg. Wir müssen die Dinge jetzt ins Laufen bringen, nicht erst in vier Jahren. Auch personell. Die Formel ist simpel, eigentlich ist es eine Art Kreislauf. Der DFB in der Breite lebt von den Erfolgen in der Spitze. Und die A-Mannschaft lebt von der Ausbildung im U-Bereich. Also müssen wir hier ansetzen, wenn wir als Verband weiter erfolgreich sein wollen. Ich bin froh, dass wir mit Präsident Wolfgang Niersbach und Generalsekretär Helmut Sandrock eine Führung haben, die mich in diesem Vorhaben voll unterstützt, auch den Stellvertretenden Generalsekretär Stefan Hans will ich nennen. Die gesamte Struktur im DFB ist gut.

DFB.de: Als Sie noch Assistent des Bundestrainers waren, standen Sie in der zweiten Reihe. Das Rampenlicht gehörte Joachim Löw. Sie haben gesagt, dass Sie dies nie gestört hat. Wie ist es jetzt – haben Sie sich schon daran gewöhnt, als Sportdirektor nun in der ersten Reihe zu stehen?

Flick: Daran muss ich mich nicht gewöhnen, ich kannte das vorher auch schon. Zu meiner Zeit als Spieler, als Trainer in Hoffenheim ebenfalls, wenn auch nicht in dieser Ausprägung. Und auch als Assistent war es ja nicht so, dass ich mich versteckt hätte. Ich kann nicht sagen, dass ich die Öffentlichkeit suchen würde, aber ich weiß, dass der Job gesteigertes Interesse mit sich bringt. Und ich habe damit kein Problem, ich mag Verantwortung.

DFB.de: Nach der WM hatte der Weltmeister in den ersten Spielen eine Ergebniskrise. Wie sehr hat Sie dies beunruhigt. Hatten Sie die Sorge, dass die Mannschaft ohne den Co-Trainer Hansi Flick nicht funktioniert?

Flick: Es war doch klar, dass die Mannschaft ohne mich nicht funktionieren kann. (lacht) Spaß beiseite: so wichtig nehme ich mich nicht. Es war zu erwarten, dass das Team nach dem Turnier ein wenig Zeit benötigen würde. Drei zentrale Spieler haben aufgehört, Spieler, die die Nationalmannschaft im vergangenen Jahrzehnt geprägt haben. Dazu gab es einige Verletzte. Wenn man die Spiele gegen Polen und Irland bewertet, muss man die Umstände berücksichtigen. Mit meiner Person hat das nichts zu tun.

DFB.de: Sie haben die Mannschaft bei einigen Partien am Morgen des Spiels besucht. Wie hat es sich für Sie angefühlt, in diesen Kreis zurückzukehren?

Flick: Ehrliche Antwort?

DFB.de: Bitte schön.

Flick: Unwohl, ist das falsche Wort. Ich weiß, dass ich dort gerne gesehen bin. Und die Einladungen sind immer nett gemeint, deswegen bin ich ihnen auch gefolgt. Aber ich weiß auch, dass ich ein wenig im Weg bin. Ich kenne die Abläufe, ich weiß, wie beschäftigt, wie fokussiert alle sind. Gerade an Spieltagen. Alles, was von außerhalb kommt, und da nehme ich mich nicht von aus, ist also problematisch. Ich war deswegen jeweils nur ziemlich kurz da, ich will keinen stören.

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DFB.de: Auf der Veranstaltung DFB 2024 wurde als ein zentraler Baustein vorgestellt, dass U-Bereich und A-Team enger zusammenwachsen müssen. Wie kein anderer stehen Sie mit Ihrer Vita genau dafür. Mit welchen Maßnahmen soll dies umgesetzt werden?

Flick: Kommunikation. Ich bin mit Jogi Löw und Thomas Schneider in ständigem Kontakt, genauso mit den U-Trainern. Es ist geplant, dass unsere U-Trainer künftig häufiger beim A-Team hospitieren, die Scouting-Abteilungen werden verschmelzen. Und alles wird dann noch einmal auf ein völlig neues Level gestellt, wenn die Akademie bezogen ist.

DFB.de: Nach der WM waren Sie ständig auf Reisen, Sie haben die Leistungszentren der Bundesligisten besucht, DFB-Stützpunkte, 16 Spiele der U-Mannschaften gesehen. Warum dieser hohe Aufwand?

Flick: Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig. Als DFB-Sportdirektor sehe ich es als meine Pflicht an, mich mit allen Akteuren auszutauschen. Ich will wissen, wie die Vereine ticken, wie sie im Nachwuchs arbeiten, welche Personen im Nachwuchs arbeiten. Auch wie in den Landes- und Regionalverbänden auf den Stützpunkten mit den Talenten gearbeitet wird. Ich muss mir einen Überblick verschaffen, und das geht nicht, wenn ich nicht vor Ort bin. Deswegen war es für mich auch keine Frage, dass ich so viele Spiele unserer U-Mannschaften wie möglich anschaue. Ich will mir ein eigenes Bild von den Spielern machen, um mit den Trainern besser diskutieren zu können.

DFB.de: Gibt es einen Jahrgang im U-Bereich, dem Sie in Zukunft verstärkt Aufmerksamkeit zukommen lassen werden?

Flick: Die U 21. Dieses Team bildet den Abschluss der Nachwuchskarriere, auch der Ausbildungszeit. Es ist die Mannschaft, deren Spieler am nächsten an der A-Mannschaft dran sind. Deswegen werde ich diese Mannschaft häufig begleiten. Das soll aber nicht im Ansatz Misstrauen gegenüber Horst Hrubesch bedeuten. An der Qualität seiner Arbeit gibt es nicht den geringsten Zweifel, er macht das überragend. Es ist eher so, dass ich wichtig finde, dass ich an dieser Schnittstelle zwischen A- und U-Bereich mit meinem Wissen und meiner Erfahrung präsent bin.

DFB.de: Die besten Trainer müssen mit den jüngsten Spielern arbeiten, weil diese noch formbar sind. Sagt Johan Cruyff. Wir dachten, Sie nennen die U 15 als besonders wichtig.

Flick: Cruyff hat recht. Und das ist bei uns so. André Schubert, unser U 15-Trainer, verfügt über unglaublich viel Erfahrung. Er hat richtig gute Ideen, er packt an, er begeistert, er arbeitet akribisch. Ich brauche für den U-Bereich die besten Jugendtrainer. Und ich kann sagen, dass wir in diesem Bereich mittlerweile exzellent aufgestellt sind. André Schubert ist dafür das beste Beispiel, genauso aber auch Meikel Schönweitz, Christian Wück, Guido Streichsbier, Marcus Sorg, Frank Wormuth und Horst Hrubesch.

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DFB.de: Ergebnis der WM-Analyse war u.a., dass es in der Spitze einen Mangel an Außenverteidigern und klassischen Stürmern gibt. Sie haben sich einen Überblick über Deutschlands Talente verschafft - wie sieht es auf diesen Positionen perspektivisch aus?

Flick: In den U-Teams spielen in mehreren Mannschaften richtig gute Außenverteidiger. Wobei es noch immer so ist, dass die fußballerisch besten Spieler überwiegend im Zentrum agieren, auch bei ihren Vereinen. Es geht für uns nun darum, zu erkennen, welche dieser Spieler auch auf den Außenpositionen Qualität haben. Und dann Überzeugungsarbeit zu leisten.

DFB.de: Und? Wie geht das? Wie machen Sie einem Spielmacher klar, dass er besser als Rechtsverteidiger aufgehoben ist?

Flick: Die Außen sind attraktiv, nicht nur wegen der vermeintlich guten Perspektive. Man kann sich ins Spiel einbringen, man kann den letzten Pass spielen, man kann nach innen ziehen und selber Tore machen. Aber wie gesagt: Ich mache mir keine großen Sorgen, es sind gute Jungs dabei. Und wenn die Jungs und wir in der Ausbildung keine großen Fehler machen, dann werden wir auch künftig gute Außenverteidiger haben.

DFB.de: Und Mittelstürmer?

Flick: Auch hier sehe ich Potenzial, aber nicht im Überfluss. Dabei haben wir mit Miro Klose ein Musterbeispiel und damit ein großartiges Vorbild für das, was von einem Stürmer erwartet wird. Er ist technisch überragend, hat ein Auge, ist immer anspielbar, kopfballstark. Und vor dem Tor eiskalt. Dieser Stürmertyp wird immer gefragt sein.

DFB.de: Dann geht die Entwicklung weg von der falschen neun? Müssen Spieler nicht, wie beispielsweise Philipp Lahm, fähig sein, mehrere Positionen spielen zu können?

Flick: Doch, genau das wollen wir. Auch klassische Stürmer müssen ja defensive Aufgaben übernehmen. Für alle anderen Positionen gilt diese Flexibilität noch mehr. Deswegen werden wir weiter variabel ausbilden. Die Spieler müssen über einen großen Fundus an technisch-taktischen Ausbildungsinhalten verfügen. Wichtig ist, dass sie das Spiel in allen Facetten verstehen und beherrschen. Nur dann sind sie in der Lage, auch während eines Spiels auf verschiedene Anforderungen zu reagieren. Spieler müssen auf unterschiedlichen Positionen spielen können und mehrere Systeme beherrschen.

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DFB.de: Ergebnis der WM-Analyse war die gestiegene Bedeutung der Qualität in Eins-gegen-Eins-Situationen. Können Sie dies näher erklären?

Flick: Ich rede von allen Mannschaften, nicht zuerst von unserer. Unser Eindruck war, dass viele Spieler das Gefühl hatten, dass das System ihre Fehler auffängt. Nach dem Motto: Wenn ich den Zweikampf verliere, kann ich mich auf den Mitspieler verlassen, der hinter mir steht und das Problem löst. Wir müssen wieder eine andere Einstellung fördern, nämlich: An mir kommt Du mit Ball nicht vorbei! Teil unserer Spielphilosophie muss sein, dass die Spieler Spaß daran haben, sich Mann gegen Mann zu messen. Genauso in der Offensive. Sie müssen das Selbstbewusstsein entwickeln, Eins-gegen-Eins-Situationen anzustreben. Weil sie alle Möglichkeiten haben, vorbei zu gehen, weil sie ein großes Repertoire an Finten haben, weil sie über die Geschwindigkeit und technische Qualität verfügen.

DFB.de: Künftig wird also mehr Wert auf individuelle Qualität gelegt.

Flick: Ja. Die Qualität der Mannschaft ist immer abhängig von der individuellen Qualität der Spieler. Das beste System nützt nichts, wenn die Spieler nicht gut sind. Deswegen muss es immer der erste Schritt sein, über eine gute Ausbildung gute Spieler zu entwickeln.

DFB.de: 2018 wird die DFB-Akademie bezogen. Im welchen Bereichen erhoffen Sie sich den größten Mehrwert?

Flick: Es werden alle profitieren. Ziel ist es, dass wir den Fußball auf neuem Niveau analysieren und verbessern können. Wir wollen Tendenzen erkennen und Trends setzen. Gemeinsam mit den Vereinen, gemeinsam mit der Liga, gemeinsam mit den Verbänden, gemeinsam mit unseren Experten. Es geht darum, Wissen zu bündeln, zu generieren und weiterzugeben. An den deutschen Fußball in der Breite - und auch an die gesamte Fußballwelt.

DFB.de: Wissen weitergeben auch an andere Nationalverbände? Heißt das nicht, dass ein hart erarbeiteter Wissensvorsprung freiwillig aufgegeben wird?

Flick: Mit der Qualität der Wettbewerber steigt die Qualität des Wettbewerbs, und je höher das Niveau desto größer die Befriedigung im Falle des Erfolgs. Ich bin ein Freund des Zusammenarbeitens auf allen Ebenen, nur so wird Wissen bezogen und lassen sich Dinge voranbringen. Wir geben unser Wissen gerne an Verbände, die noch einen kleinen Rückstand haben. Aber genauso wollen wir kommunizieren mit den Ländern, die sich auf Augenhöhe befinden. Wir wollen den Fußball entwickeln, das geht nur im Austausch mit anderen.