Fandel: "Es ist respektloser geworden"

Spielunterbrechung, verbale Fouls - bei der Partie zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund (0:1) geriet der Sport kurzzeitig in den Hintergrund. Verantwortliche von Bayer Leverkusen warfen Schiedsrichter Felix Zwayer absichtliche Benachteiligung vor. Die Weigerung von Bayer-Trainer Roger Schmidt, den Innenraum zu verlassen - inzwischen Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens durch den DFB-Kontrollausschuss -, hat eine Diskussion um Respekt im Fußball generell und insbesondere den Schiedsrichtern gegenüber verstärkt. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke stellt Herbert Fandel, der Vorsitzender des DFB-Schiedsrichterausschusses, seine Sicht dar.

DFB.de: Herr Fandel, mit einer Nacht Abstand - wie bewerten Sie die Ereignisse von Leverkusen und das Verhalten von Trainer Roger Schmidt und Sportchef Rudi Völler?

Herbert Fandel: Ich bin nach wie vor sprachlos. Wir haben gestern den Tiefpunkt einer leider erheblich negativen Entwicklung erlebt, die mich sehr nachdenklich stimmt.

DFB.de: Leverkusen ist für Sie keine Ausnahme?

Fandel: In dieser Ausprägung schon. Es ist aber nicht zu übersehen, dass sich das Verhalten gegenüber Schiedsrichtern, Assistenten und Vierten Offiziellen deutlich verändert hat. Es ist respektloser geworden, in einer Art und Weise, die nicht länger akzeptabel ist. Es müssen Verhaltensänderungen her, dringend. Wir müssen mehr für unsere Werte einstehen, und dabei sind Respekt, Fairplay und Anstand ganz zentral. Alle Akteure im Fußball müssen dahin wirken, dass der Profifußball seiner Vorbildrolle wieder mehr gerecht wird. Sonst zerstören wir unsere Fußballkultur.

DFB.de: Wie lange haben Sie diese Entwicklung schon wahrgenommen?

Fandel: Seit Beginn der aktuellen Spielzeit befinden wir uns sichtlich in einer Negativspirale. Die Schiedsrichter werden dabei immer häufiger zum Alibi. Jede kleinste Entscheidung wird kritisiert und überhöht. Einwürfe oder Eckstöße werden in den Mittelpunkt des Fußballs gestellt, Schiedsrichter können kaum noch Entscheidungen fällen, die nicht von allen Seiten sofort kommentiert und kritisiert werden.

DFB.de: Wie unmittelbar wirkt sich das Verhalten an der Spitze auch auf die Basis aus?

Fandel: Die Schaufensterwirkung der Bundesliga auf den Fußball insgesamt in Deutschland wird völlig unterschätzt. Es ist an der Zeit, dass wir uns darauf besinnen, welche Vorbildfunktion alle Akteure im Profibereich haben. Das ist eine große Verantwortung, und dieser Verantwortung wird immer weniger entsprochen. Die verbalen Entgleisungen häufen sich seit Monaten. Die Grenze dessen, was noch als akzeptabel gilt, wird immer mehr verschoben. Das hat unmittelbaren Einfluss auf das Verhalten der Trainer und Spieler auf den Amateurplätzen in Deutschland und damit auf die Arbeit der Schiedsrichter abseits des Profibereichs. Das muss jeder wissen. Wie bisher kann es nicht weitergehen.

DFB.de: Sehen Sie hier nur die Vereinsverantwortlichen in der Pflicht - oder müssen auch die Schiedsrichter ihrerseits Maßnahmen ergreifen?

Fandel: Es geht nur gemeinsam. Ich war nie ein Freund davon, mit dem Finger nur auf andere zu zeigen. Auch wir Schiedsrichter müssen die Geschehnisse von Leverkusen zum Anlass nehmen, diese in den Mittelpunkt unserer Besprechungen zu stellen, um nach anderen, neuen Lösungen in solchen unvorhergesehenen Extremsituationen zu suchen.

[sl]

Spielunterbrechung, verbale Fouls - bei der Partie zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund (0:1) geriet der Sport kurzzeitig in den Hintergrund. Verantwortliche von Bayer Leverkusen warfen Schiedsrichter Felix Zwayer absichtliche Benachteiligung vor. Die Weigerung von Bayer-Trainer Roger Schmidt, den Innenraum zu verlassen - inzwischen Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens durch den DFB-Kontrollausschuss -, hat eine Diskussion um Respekt im Fußball generell und insbesondere den Schiedsrichtern gegenüber verstärkt. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke stellt Herbert Fandel, der Vorsitzender des DFB-Schiedsrichterausschusses, seine Sicht dar.

DFB.de: Herr Fandel, mit einer Nacht Abstand - wie bewerten Sie die Ereignisse von Leverkusen und das Verhalten von Trainer Roger Schmidt und Sportchef Rudi Völler?

Herbert Fandel: Ich bin nach wie vor sprachlos. Wir haben gestern den Tiefpunkt einer leider erheblich negativen Entwicklung erlebt, die mich sehr nachdenklich stimmt.

DFB.de: Leverkusen ist für Sie keine Ausnahme?

Fandel: In dieser Ausprägung schon. Es ist aber nicht zu übersehen, dass sich das Verhalten gegenüber Schiedsrichtern, Assistenten und Vierten Offiziellen deutlich verändert hat. Es ist respektloser geworden, in einer Art und Weise, die nicht länger akzeptabel ist. Es müssen Verhaltensänderungen her, dringend. Wir müssen mehr für unsere Werte einstehen, und dabei sind Respekt, Fairplay und Anstand ganz zentral. Alle Akteure im Fußball müssen dahin wirken, dass der Profifußball seiner Vorbildrolle wieder mehr gerecht wird. Sonst zerstören wir unsere Fußballkultur.

DFB.de: Wie lange haben Sie diese Entwicklung schon wahrgenommen?

Fandel: Seit Beginn der aktuellen Spielzeit befinden wir uns sichtlich in einer Negativspirale. Die Schiedsrichter werden dabei immer häufiger zum Alibi. Jede kleinste Entscheidung wird kritisiert und überhöht. Einwürfe oder Eckstöße werden in den Mittelpunkt des Fußballs gestellt, Schiedsrichter können kaum noch Entscheidungen fällen, die nicht von allen Seiten sofort kommentiert und kritisiert werden.

DFB.de: Wie unmittelbar wirkt sich das Verhalten an der Spitze auch auf die Basis aus?

Fandel: Die Schaufensterwirkung der Bundesliga auf den Fußball insgesamt in Deutschland wird völlig unterschätzt. Es ist an der Zeit, dass wir uns darauf besinnen, welche Vorbildfunktion alle Akteure im Profibereich haben. Das ist eine große Verantwortung, und dieser Verantwortung wird immer weniger entsprochen. Die verbalen Entgleisungen häufen sich seit Monaten. Die Grenze dessen, was noch als akzeptabel gilt, wird immer mehr verschoben. Das hat unmittelbaren Einfluss auf das Verhalten der Trainer und Spieler auf den Amateurplätzen in Deutschland und damit auf die Arbeit der Schiedsrichter abseits des Profibereichs. Das muss jeder wissen. Wie bisher kann es nicht weitergehen.

DFB.de: Sehen Sie hier nur die Vereinsverantwortlichen in der Pflicht - oder müssen auch die Schiedsrichter ihrerseits Maßnahmen ergreifen?

Fandel: Es geht nur gemeinsam. Ich war nie ein Freund davon, mit dem Finger nur auf andere zu zeigen. Auch wir Schiedsrichter müssen die Geschehnisse von Leverkusen zum Anlass nehmen, diese in den Mittelpunkt unserer Besprechungen zu stellen, um nach anderen, neuen Lösungen in solchen unvorhergesehenen Extremsituationen zu suchen.

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