Fairplay: Till Bartlog - Vorbild schon mit elf

Bereits seit 1997 zeichnet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) besonders faire Spieler, Mannschaften und Vorstände aus. Die Initiative "Fair ist mehr" soll dazu beitragen, dass faires Verhalten positiv gesehen wird - und nicht als Hemmschuh des Erfolgs. Seit dem Start der Kampagne gingen fast 7000 Meldungen beim DFB und seinen Landesverbänden ein.

Die aktuellen Sieger werden beim EM-Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft gegen Gibraltar in Nürnberg am 14. November (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) geehrt. DFB.de stellt vorab die fünf Amateure und zwei Profis vor, die sich in diesem Jahr vorbildlich fair auf dem Fußballplatz verhalten haben. Heute: der elfjährige Till Bartlog vom 1. FC 08 Haßloch.

Trend bei Junioren zur "Moral des fairen Fouls"

Durchsetzen soll sich die Tochter oder der Sohn, selbstbewusst den eigenen Weg gehen, aber genauso später mal teamfähig sein und nicht immer nur eigene Interessen auf Kosten anderer durchdrücken wollen. Erziehung ist keine einfache Sache, und so erhoffen sich viele Eltern beim Setzen von Leitlinien Rückendeckung durch den Sport. Nicht nur einen besseren Fußballer, gleich einen besseren Menschen soll das Vereinsleben aus der Tochter oder dem Sohn machen.

Dass diese Hoffnung sich nicht automatisch ohne eigenes Zutun erfüllt, belegt eine Studie aus Niedersachsen, die bei rund 4700 C- und B-Jugendspielern aus vier Bezirksklassen das Verständnis vom Fairplay nachfragte. Das ernüchternde Ergebnis: Je länger Kinder und Jugendliche im Verein spielen, desto mehr entwickelt sich die "Moral des fairen Fouls" und ersetzt schließlich klassische Fairplay-Vorstellungen.

Die Forscher der Uni Hannover bilanzierten: "Spätestens in der B-Jugend lernen Jugendliche im Verein, dass es im Interesse des Erfolges wichtig und richtig ist, Regeln zu verletzen." Nach einem bis sechs Jahren im Verein bejahen 38,5 Prozent die Aussage, im Fußball zähle zuerst das Gewinnen, wenn nötig auch durch Foulspiel. Nach neun Jahren im Wettbewerbsfußball stimmt jeder zweite Befragte zu.

Ehrung beim Gibraltar-Länderspiel in Nürnberg

Till Bartlog hat anders entschieden. Der damals zehnjährige Stürmer des 1. FC 08 Haßloch aus dem Südwestdeutschen Fußballverband spielte vor einem Jahr lieber fair als erfolgreich. Dafür zeichnet ihn nun eine Jury des Deutschen Fußball-Bundes als einen von nur fünf Bundessiegern der Kampagne "Fair ist mehr" aus. Beim EM-Qualifikationsspiel in Nürnberg gegen Gibraltar wird Till Bartlog ausgezeichnet werden.

Tills Vater Dirk erinnert sich an einen Oktobernachmittag vor fast genau einem Jahr: "Wir waren zu Gast beim FC Speyer 09. Ein langer Ball landete beim Speyrer Abwehrspieler, doch dem fiel genau in diesem Moment die Brille von der Nase. Mein Sohn hatte nun den Ball, direkt an der Speyrer Strafraumgrenze. Er macht viele Tore, ich denke schon, dass er getroffen hätte." Stattdessen wartete Till fair, bis sein Gegenspieler die Brille wieder aufgehoben und aufgesetzt hatte.

Der Trainer lobt: "Till, das war sehr fair!"

Till Bartlog, der den Überblick behielt, als es drauf ankam, hat Talent. Einmal die Woche darf er am Stützpunkt Hanhofen trainieren, so viel Potenzial steckt in dem heute Elfjährigen. Sein Vater Dirk hat "ein bisschen Judo gemacht", auch von seiner Mutter wurde ihm das Fußballtalent wohl nicht in die Wiege gelegt. "Aber recht früh haben wir mitgekriegt, dass Till einfach gerne gegen Bälle tritt", sagt sein Vater. "Er war vier, da hat er mich jeden Abend mit dem Ball unterm Arm am Gartentor erwartet. Sein Großvater hat tagsüber stundenlang mit ihm auf der Straße gekickt. Till war unersättlich, zuviel Fußball gab's für ihn nicht. Irgendwann mussten wir die Notbremse ziehen und Till im Verein anmelden."

Direkt nach seinem fairen Warten, rief Ingo Reich, Tills Trainer, von der Seitenlinie: "Till, das war sehr fair!" Und nach dem Abpfiff lobten ihn auch Speyers Trainer und viele Eltern. Tills Reaktion: "Wieso? Das ist doch ganz normal."

"Trainer sind Sozialisationsagenten"

Normal aber war der Moment nur für Till, das jedenfalls lassen die Ergebnisse der Studie "Erziehung zum Fairplay im Wettkampfsport" des sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Hannover vermuten. Das Verständnis von Fairplay nehme eben nicht mit jedem Tritt gegen den Ball einfach so zu. Und Wettbewerb im Fußball ermutige die Spieler auf dem Platz eben nicht per se zu einem sozialen, fairen oder kameradschaftlichen Verhalten. Der Sport, so argumentieren die Forscher, könne diese positiven Werte vermitteln, er könne aber genauso gut junge Fußballer darin bestärken, Sieg und Erfolg zum Maß aller Dinge zu machen, höherwertig als die eigene Gesundheit oder die des Gegenspielers. In der Studie heißt es: "Die Trainer spielen die zentrale Rolle des Sozialisationsagenten."

Die von DFB-Ausrüster adidas geförderte Kampagne "Komm mit" zeichnete Hasslochs Jugendtrainer Ingo Reich vor kurzem als einen von 100 Stillen Helden aus. Direktes Lob spendet Dirk Bartlog: "Die Jugend beim FC 08 Haßloch wird aktiv zum fairen Spiel angehalten. Ingo Reich ist ein fabelhafter Mensch, sein Engagement für den Jugendfußball sucht sicher seinesgleichen. Und fairer Umgang miteinander wird auch von uns Eltern am Spielfeldrand vorgelebt. Das alles passiert mit System."

Und hat an einem Oktobernachmittag vor einem Jahr schönste Wirkung gezeigt. Zur Nachahmung empfohlen.

[th]

Bereits seit 1997 zeichnet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) besonders faire Spieler, Mannschaften und Vorstände aus. Die Initiative "Fair ist mehr" soll dazu beitragen, dass faires Verhalten positiv gesehen wird - und nicht als Hemmschuh des Erfolgs. Seit dem Start der Kampagne gingen fast 7000 Meldungen beim DFB und seinen Landesverbänden ein.

Die aktuellen Sieger werden beim EM-Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft gegen Gibraltar in Nürnberg am 14. November (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) geehrt. DFB.de stellt vorab die fünf Amateure und zwei Profis vor, die sich in diesem Jahr vorbildlich fair auf dem Fußballplatz verhalten haben. Heute: der elfjährige Till Bartlog vom 1. FC 08 Haßloch.

Trend bei Junioren zur "Moral des fairen Fouls"

Durchsetzen soll sich die Tochter oder der Sohn, selbstbewusst den eigenen Weg gehen, aber genauso später mal teamfähig sein und nicht immer nur eigene Interessen auf Kosten anderer durchdrücken wollen. Erziehung ist keine einfache Sache, und so erhoffen sich viele Eltern beim Setzen von Leitlinien Rückendeckung durch den Sport. Nicht nur einen besseren Fußballer, gleich einen besseren Menschen soll das Vereinsleben aus der Tochter oder dem Sohn machen.

Dass diese Hoffnung sich nicht automatisch ohne eigenes Zutun erfüllt, belegt eine Studie aus Niedersachsen, die bei rund 4700 C- und B-Jugendspielern aus vier Bezirksklassen das Verständnis vom Fairplay nachfragte. Das ernüchternde Ergebnis: Je länger Kinder und Jugendliche im Verein spielen, desto mehr entwickelt sich die "Moral des fairen Fouls" und ersetzt schließlich klassische Fairplay-Vorstellungen.

Die Forscher der Uni Hannover bilanzierten: "Spätestens in der B-Jugend lernen Jugendliche im Verein, dass es im Interesse des Erfolges wichtig und richtig ist, Regeln zu verletzen." Nach einem bis sechs Jahren im Verein bejahen 38,5 Prozent die Aussage, im Fußball zähle zuerst das Gewinnen, wenn nötig auch durch Foulspiel. Nach neun Jahren im Wettbewerbsfußball stimmt jeder zweite Befragte zu.

Ehrung beim Gibraltar-Länderspiel in Nürnberg

Till Bartlog hat anders entschieden. Der damals zehnjährige Stürmer des 1. FC 08 Haßloch aus dem Südwestdeutschen Fußballverband spielte vor einem Jahr lieber fair als erfolgreich. Dafür zeichnet ihn nun eine Jury des Deutschen Fußball-Bundes als einen von nur fünf Bundessiegern der Kampagne "Fair ist mehr" aus. Beim EM-Qualifikationsspiel in Nürnberg gegen Gibraltar wird Till Bartlog ausgezeichnet werden.

Tills Vater Dirk erinnert sich an einen Oktobernachmittag vor fast genau einem Jahr: "Wir waren zu Gast beim FC Speyer 09. Ein langer Ball landete beim Speyrer Abwehrspieler, doch dem fiel genau in diesem Moment die Brille von der Nase. Mein Sohn hatte nun den Ball, direkt an der Speyrer Strafraumgrenze. Er macht viele Tore, ich denke schon, dass er getroffen hätte." Stattdessen wartete Till fair, bis sein Gegenspieler die Brille wieder aufgehoben und aufgesetzt hatte.

Der Trainer lobt: "Till, das war sehr fair!"

Till Bartlog, der den Überblick behielt, als es drauf ankam, hat Talent. Einmal die Woche darf er am Stützpunkt Hanhofen trainieren, so viel Potenzial steckt in dem heute Elfjährigen. Sein Vater Dirk hat "ein bisschen Judo gemacht", auch von seiner Mutter wurde ihm das Fußballtalent wohl nicht in die Wiege gelegt. "Aber recht früh haben wir mitgekriegt, dass Till einfach gerne gegen Bälle tritt", sagt sein Vater. "Er war vier, da hat er mich jeden Abend mit dem Ball unterm Arm am Gartentor erwartet. Sein Großvater hat tagsüber stundenlang mit ihm auf der Straße gekickt. Till war unersättlich, zuviel Fußball gab's für ihn nicht. Irgendwann mussten wir die Notbremse ziehen und Till im Verein anmelden."

Direkt nach seinem fairen Warten, rief Ingo Reich, Tills Trainer, von der Seitenlinie: "Till, das war sehr fair!" Und nach dem Abpfiff lobten ihn auch Speyers Trainer und viele Eltern. Tills Reaktion: "Wieso? Das ist doch ganz normal."

"Trainer sind Sozialisationsagenten"

Normal aber war der Moment nur für Till, das jedenfalls lassen die Ergebnisse der Studie "Erziehung zum Fairplay im Wettkampfsport" des sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Hannover vermuten. Das Verständnis von Fairplay nehme eben nicht mit jedem Tritt gegen den Ball einfach so zu. Und Wettbewerb im Fußball ermutige die Spieler auf dem Platz eben nicht per se zu einem sozialen, fairen oder kameradschaftlichen Verhalten. Der Sport, so argumentieren die Forscher, könne diese positiven Werte vermitteln, er könne aber genauso gut junge Fußballer darin bestärken, Sieg und Erfolg zum Maß aller Dinge zu machen, höherwertig als die eigene Gesundheit oder die des Gegenspielers. In der Studie heißt es: "Die Trainer spielen die zentrale Rolle des Sozialisationsagenten."

Die von DFB-Ausrüster adidas geförderte Kampagne "Komm mit" zeichnete Hasslochs Jugendtrainer Ingo Reich vor kurzem als einen von 100 Stillen Helden aus. Direktes Lob spendet Dirk Bartlog: "Die Jugend beim FC 08 Haßloch wird aktiv zum fairen Spiel angehalten. Ingo Reich ist ein fabelhafter Mensch, sein Engagement für den Jugendfußball sucht sicher seinesgleichen. Und fairer Umgang miteinander wird auch von uns Eltern am Spielfeldrand vorgelebt. Das alles passiert mit System."

Und hat an einem Oktobernachmittag vor einem Jahr schönste Wirkung gezeigt. Zur Nachahmung empfohlen.