Europameister Rätzel: "Sind genauso fußballbekloppt wie Heteros"

Sebastian Rätzel ist Europapokalsieger. Vor rund einer Woche gewann der 32-Jährige im Tor von Vorspiel Berlin die dritte schwul-lesbische Europameisterschaft für Vereine. In Hamburg holte sich erstmals eine deutsche Mannschaft den Titel. Mit Redakteur Thomas Hackbarth sprach Rätzel über das fußballerische Niveau und die politische Botschaft eines schwul-lesbischen Europacup.

DFB.de: Herr Rätzel, wie fühlt man sich so als Europameister?

Sebastian Rätzel: Für uns ist das natürlich ein einmaliges Erlebnis. Vorspiel Berlin ist einer der ältesten schwulen Fußballmannschaften Europas und so einen großen Titel haben wir bisher nicht gewonnen. Auch diesmal haben wir nicht damit gerechnet. Bisher waren die Engländer immer überlegen.

DFB.de: Wie lange gibt es schon Europameisterschaften für schwule und lesbische Fußballer?

Rätzel: Die IGLFA, der Internationale Fußballverband für schwule, lesbische, trans- und bisexuelle Sportler und Sportlerinnen veranstaltet schon seit 1992 Weltmeisterschaften. In Hamburg fand, nach Manchester 2011 und Dublin 2013, bereits die dritte Europameisterschaft statt. Zum ersten Mal wurde eine deutsche Mannschaft Europameister. Jetzt hoffen wir, dass sich daraus eine Strahlkraft entwickelt, unser Team bekannter wird und wir gute schwule Kicker in Berlin überzeugen können, bei uns mitzuspielen. Heterosexuelle sind übrigens auch willkommen!

DFB.de: Und wie lange gibt es den Verein schon?

Rätzel: Die Ursprünge von Vorspiel SSL Berlin gehen bereits auf Anfang der 1980er zurück und inzwischen werden dort 25 unterschiedliche Sportarten angeboten.

DFB.de: Wie war beim Turnier in Hamburg das fußballerische Niveau?

Rätzel: Ziemlich gut, so etwa Bezirksliga würde ich sagen. Darum geht es ja auch. Wir wollen uns als Schwule doch nicht abschotten. Wir wollen einfach deutlich zeigen, dass schwule Männer genauso gut Fußball spielen können wie andere. Es gibt keine schwulen Pässe und wir sind genauso fußballbekloppt wie Heteros.

DFB.de: Sie sprechen eine Normalisierung an…

Rätzel: Genau, und auf dem Weg dahin ist Sichtbarkeit wichtig. Beim Fußball herrscht immer noch ein großer Aufholbedarf, wenn es um den unverkrampften, offenen Umgang mit unterschiedlicher sexueller Identität geht. Und es soll ja auch kein Prädikat sein. Schwulsein ist doch nur ein Aspekt einer Persönlichkeit und niemand käme doch auf die Idee, dass etwa Linkshänder per se schlechter Fußballspielen.



Sebastian Rätzel ist Europapokalsieger. Vor rund einer Woche gewann der 32-Jährige im Tor von Vorspiel Berlin die dritte schwul-lesbische Europameisterschaft für Vereine. In Hamburg holte sich erstmals eine deutsche Mannschaft den Titel. Mit Redakteur Thomas Hackbarth sprach Rätzel über das fußballerische Niveau und die politische Botschaft eines schwul-lesbischen Europacup.

DFB.de: Herr Rätzel, wie fühlt man sich so als Europameister?

Sebastian Rätzel: Für uns ist das natürlich ein einmaliges Erlebnis. Vorspiel Berlin ist einer der ältesten schwulen Fußballmannschaften Europas und so einen großen Titel haben wir bisher nicht gewonnen. Auch diesmal haben wir nicht damit gerechnet. Bisher waren die Engländer immer überlegen.

DFB.de: Wie lange gibt es schon Europameisterschaften für schwule und lesbische Fußballer?

Rätzel: Die IGLFA, der Internationale Fußballverband für schwule, lesbische, trans- und bisexuelle Sportler und Sportlerinnen veranstaltet schon seit 1992 Weltmeisterschaften. In Hamburg fand, nach Manchester 2011 und Dublin 2013, bereits die dritte Europameisterschaft statt. Zum ersten Mal wurde eine deutsche Mannschaft Europameister. Jetzt hoffen wir, dass sich daraus eine Strahlkraft entwickelt, unser Team bekannter wird und wir gute schwule Kicker in Berlin überzeugen können, bei uns mitzuspielen. Heterosexuelle sind übrigens auch willkommen!

DFB.de: Und wie lange gibt es den Verein schon?

Rätzel: Die Ursprünge von Vorspiel SSL Berlin gehen bereits auf Anfang der 1980er zurück und inzwischen werden dort 25 unterschiedliche Sportarten angeboten.

DFB.de: Wie war beim Turnier in Hamburg das fußballerische Niveau?

Rätzel: Ziemlich gut, so etwa Bezirksliga würde ich sagen. Darum geht es ja auch. Wir wollen uns als Schwule doch nicht abschotten. Wir wollen einfach deutlich zeigen, dass schwule Männer genauso gut Fußball spielen können wie andere. Es gibt keine schwulen Pässe und wir sind genauso fußballbekloppt wie Heteros.

DFB.de: Sie sprechen eine Normalisierung an…

Rätzel: Genau, und auf dem Weg dahin ist Sichtbarkeit wichtig. Beim Fußball herrscht immer noch ein großer Aufholbedarf, wenn es um den unverkrampften, offenen Umgang mit unterschiedlicher sexueller Identität geht. Und es soll ja auch kein Prädikat sein. Schwulsein ist doch nur ein Aspekt einer Persönlichkeit und niemand käme doch auf die Idee, dass etwa Linkshänder per se schlechter Fußballspielen.

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DFB.de: Eugen Gehlenborg war in Hamburg bei der Eröffnung dabei. Dort sagte der DFB-Vizepräsident: "Wir müssen beim Thema Homophobie im übertragenen Sinn am Ball bleiben. Wir greifen solange an, bis es klappt." Was hat es für die IGLFA bedeutet, dass ein DFB-Vizepräsident vor Ort war?

Rätzel: Ich kann nicht für den IGLFA sprechen. Für uns Spieler ist es einfach ein schönes Signal, dass man wahrgenommen wird. Mir zeigt sich damit, dass auch der DFB sich bemüht, einen unverkrampfteren Umgang mit sexueller Identität im Fußball zu erreichen. Insofern ist es ein gutes Zeichen, wenn ein hoher Vertreter des DFB bei der Eröffnungsveranstaltung dabei ist.

DFB.de: Waren Sie selbst auch mal im regulären Spielbetrieb aktiv?

Rätzel: Ja sicher, ich komme eigentlich aus Magdeburg und habe dort u.a. in der A-Jugend in der Verbandsliga gespielt. Neun Jahre habe ich parallel in einer Freizeitmannschaft gespielt. Der separate Spielbetrieb wird vom Berliner Fußball-Verband organisiert. Zur neuen Saison wechsle ich jetzt nochmal in die Kreisliga A. Ich bin Torwart, da geht das auch mit 32 noch. (lacht)

DFB.de: Rund um die IGLFA-Europameisterschaft in Hamburg konnte man lesen, dass es für einen schwulen Mann oder eine lesbische Frau immer noch schwierig sei, in einem 'normalen' Verein Fußball zu spielen. Schwer vorstellbar…

Rätzel: Das ist tatsächlich bis heute leider so. Sicher nicht in jedem Verein, in Großstädten wie Berlin ist das sicher weniger ein Problem. Aber wir haben einen 23-jährigen Spieler in unserer Mannschaft, der als A-Jugendlicher recht hochklassig gespielt hat und vom Trainer nach seinem Outing aus der Mannschaft geworfen wurde. Das ist gerade mal vier Jahre her. Der hätte das Potenzial gehabt, später auch im Herrenbereich sehr hochklassig zu spielen. Wer weiß, wie viele Spieler darüber etwa auch dem Profifußball verloren gehen.

DFB.de: Hat Thomas Hitzlsperger mit seinem Coming Out vor über einem Jahr spürbar etwas verändert?

Rätzel: Das war sicher ein wichtiger Schritt. Gut war, dass Hitzlsperger es nicht bei dem einen Interview belassen hat, sondern weiterhin aktiv ist. Es wird noch einige Zeit brauchen, bis im Fußball, was dieses Thema angeht, Normalität eingekehrt ist. Wir schwulen Spieler wünschen uns doch, dass es kein Thema mehr ist, dass es niemanden mehr interessiert, ob jemand in der Mannschaft lesbisch oder schwul ist. Davon sind wir leider weit entfernt.

DFB.de: Wann kommt es zur Titelverteidigung?

Rätzel: Die nächste Europameisterschaft findet planmäßig 2017 statt. Wo steht noch nicht fest. Bei den Gay Games in Paris 2018 wird auch eine WM ausgetragen. Da wollen wir dann das Double holen.