Erfolgstrainer Neuhaus: "Auch mal Seele baumeln lassen"

Die Bilanz von Uwe Neuhaus, Trainer von Spitzenreiter Dynamo Dresden, in der eingleisigen 3. Liga ist beeindruckend. Den 1. FC Union Berlin führte der heute 56-Jährige in der Premierensaison 2008/2009 als Meister zum Aufstieg in die 2. Bundesliga, nun ist der gebürtige Hattinger auf dem besten Weg, dieses Kunststück mit der SG Dynamo zu wiederholen. Schon elf Punkte trennen die Schwarz-Gelben von Platz zwei und drei. Neuhaus, der zuvor auch schon Rot-Weiss Essen in das Unterhaus des deutschen Fußballs geführt hatte (damals noch aus der Regionalliga Nord), kommt nach 59 Drittliga-Partien mit seinen Vereinen auf 34 Siege, 20 Remis und nur fünf Niederlagen.

Im DFB.de-Drittligainterview der Woche spricht Uwe Neuhaus mit dem Journalisten Ralf Debat über seine Hinrundenbilanz, die entscheidenden Erfolgsfaktoren, einen Gänsehautmoment und eine mögliche Bundesligakarriere als Trainer.

DFB.de: Trainer sind bekanntlich selten zufrieden. Was haben Sie am Verlauf der ersten Serie mit Dynamo Dresden auszusetzen, Herr Neuhaus?

Uwe Neuhaus: Ich würde schon sagen, dass ich fast zu 100 Prozent zufrieden sein kann. Wenn uns im Sommer jemand prophezeit hätte, dass wir als Spitzenreiter in die Winterpause gehen und das auch noch mit diesem Vorsprung, dem hätten wir das mit Sicherheit nicht abgenommen. Unter dem Strich ist es nahezu optimal gelaufen.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Faktoren für den Erfolg?

Neuhaus: Es war schon ein Vorteil, dass ich nach meiner Verpflichtung im April noch einige Wochen Zeit hatte, die Mannschaft intensiv zu beobachten. Das hat bei der Kaderplanung zweifellos geholfen. Während der Vorbereitung hat die Mannschaft dann schnell zusammengefunden, ist sehr homogen. Vom ersten Training an war eine große Begeisterung zu spüren. Was Bereitschaft und Mentalität angeht, hat die Truppe von Beginn an alles investiert. Die Erfolge waren hart erarbeitet. Hinzu kam, dass wir gerade in der Anfangsphase einige Partien in der Schlussphase noch drehen konnten. Dadurch ist das Selbstvertrauen immer weiter gewachsen.

DFB.de: Gibt es denn trotz der herausragenden Ausbeute noch Luft nach oben?

Neuhaus: In einigen Bereichen mit Sicherheit. Wir haben eine vergleichsweise junge Mannschaft, die noch entwicklungsfähig ist. Da fehlt bisweilen noch die nötige Ruhe in den Aktionen, wenn man unter Druck gerät. Da war unser letztes Spiel vor der Winterpause gegen die Würzburger Kickers ein gutes Beispiel. Dort ist es uns nicht mehr gelungen, konstruktiv nach vorne zu spielen. Umso größer war die Erleichterung, dass uns nach zuvor fünf Unentschieden hintereinander dennoch wieder ein Sieg geglückt ist.

DFB.de: Sehen Sie trotz der ausgezeichneten Ausgangsposition Bedarf, in der Winterpause noch einmal auf dem Transfermarkt tätig zu werden?

Neuhaus: Nach aktuellem Stand ist weder in die eine oder in die andere Richtung etwas geplant. Selbstverständlich sehen wir uns aber ganzjährig nach möglichen Verstärkungen um. Sollte eine Verpflichtung auch perspektivisch Sinn machen und zu unserem Geldbeutel passen, dann werden wir uns darüber Gedanken machen.

DFB.de: Mit Blick auf die Zukunft hätten Sie sicher nichts dagegen, den Aufstieg in die 2. Bundesliga im neuen Jahr möglichst nicht erst am letzten Spieltag perfekt zu machen, oder?

Neuhaus: Solche Rechenspiele werden wir ganz bestimmt nicht anstellen. Es sieht im Moment gut aus, keine Frage. Dennoch ist der Weg noch weit. Für uns geht es zunächst darum, die kurze Vorbereitung ab dem 3. Januar möglichst optimal zu nutzen, um bestens gerüstet in die Restrunde zu starten. Nach der Winterpause müssen wir unter anderem viele Derbys auswärts bestreiten. Außerdem haben wir jetzt schon gemerkt, dass fast jede Mannschaft gegen uns noch eine Schippe drauflegt. Darauf müssen wir uns einstellen, um unsere Position bis zum Saisonende zu behaupten. Wann wir letztlich unser Ziel erreichen, spielt für mich keine Rolle.

DFB.de: Mit Rot-Weiss Essen und dem 1. FC Union Berlin haben Sie schon zwei Vereine in die 2. Bundesliga geführt. Wie sehr hilft Ihnen diese Aufstiegserfahrung?

Neuhaus: Solche Erfahrungswerte sind nicht zu ersetzen. Wer diese Situationen schon erlebt hat, tut sich mit der einen oder anderen Entscheidung ganz sicher leichter.

DFB.de: Zum Ende eines Jahres lässt man die vergangenen zwölf Monate Revue passieren. Was waren für Sie die Höhepunkte aus 2015?

Neuhaus: Da fällt wir zuerst die sensationelle Choreographie unserer Fans vor dem Spitzenspiel gegen den 1. FC Magdeburg ein, die das gesamte Stadion ausgefüllt hatte. Das war ein Gänsehautmoment, den auch die Spieler und ich nicht so schnell vergessen werden. Sportlich muss ich vor allem die Partie bei Holstein Kiel nennen. Nachdem wir beim 0:1 gegen Energie Cottbus unsere erste und bislang einzige Niederlage einstecken mussten, hat die Mannschaft mit dem 2:1 in Kiel sofort die richtige Reaktion gezeigt. Das war sehr wichtig.

DFB.de: Wie nutzen Sie die trainingsfreie Zeit rund um die Feiertage zur Erholung?

Neuhaus: Ich verbringe einige Tage an der Ostsee, um mich zu entspannen und um die Familie zu kümmern. Sicherlich beschäftige ich mich auch in dieser Zeit mit Fußball, führe das eine oder andere Telefonat. Das bleibt aber alles im Rahmen. Um im neuen Jahr wieder voll durchstarten zu können, muss man auch mal die Seele baumeln lassen.

DFB.de: Im neuen Jahr 2016 ist für Sie der dritte Aufstieg in die 2. Bundesliga möglich. Dort hatten Sie bei Union Berlin schon über viele Jahre erfolgreiche Arbeit geleistet. Als Co-Trainer von Borussia Dortmund wurden Sie 2002 sogar Deutscher Meister. Würden Sie sich wünschen, es auch noch mal als Cheftrainer in die erste Liga zu schaffen?

Neuhaus: Jeder sollte das Ziel haben, das Höchste zu erreichen. Das gilt auch für mich. Obwohl sich im heutigen Profifußball fast schon ein ‚Jugendwahn‘ entwickelt hat, ist es ganz sicher nicht unmöglich, es mit harter und akribischer Arbeit zu schaffen. Als ich als Profi bei der SG Wattenscheid 09 Bundesliga-Spieler wurde, hatte ich meinen 30. Geburtstag jedenfalls schon hinter mir. Vielleicht muss ich als Trainer deshalb auch warten, bis ich 60 bin. (lacht)

[mspw]

Die Bilanz von Uwe Neuhaus, Trainer von Spitzenreiter Dynamo Dresden, in der eingleisigen 3. Liga ist beeindruckend. Den 1. FC Union Berlin führte der heute 56-Jährige in der Premierensaison 2008/2009 als Meister zum Aufstieg in die 2. Bundesliga, nun ist der gebürtige Hattinger auf dem besten Weg, dieses Kunststück mit der SG Dynamo zu wiederholen. Schon elf Punkte trennen die Schwarz-Gelben von Platz zwei und drei. Neuhaus, der zuvor auch schon Rot-Weiss Essen in das Unterhaus des deutschen Fußballs geführt hatte (damals noch aus der Regionalliga Nord), kommt nach 59 Drittliga-Partien mit seinen Vereinen auf 34 Siege, 20 Remis und nur fünf Niederlagen.

Im DFB.de-Drittligainterview der Woche spricht Uwe Neuhaus mit dem Journalisten Ralf Debat über seine Hinrundenbilanz, die entscheidenden Erfolgsfaktoren, einen Gänsehautmoment und eine mögliche Bundesligakarriere als Trainer.

DFB.de: Trainer sind bekanntlich selten zufrieden. Was haben Sie am Verlauf der ersten Serie mit Dynamo Dresden auszusetzen, Herr Neuhaus?

Uwe Neuhaus: Ich würde schon sagen, dass ich fast zu 100 Prozent zufrieden sein kann. Wenn uns im Sommer jemand prophezeit hätte, dass wir als Spitzenreiter in die Winterpause gehen und das auch noch mit diesem Vorsprung, dem hätten wir das mit Sicherheit nicht abgenommen. Unter dem Strich ist es nahezu optimal gelaufen.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Faktoren für den Erfolg?

Neuhaus: Es war schon ein Vorteil, dass ich nach meiner Verpflichtung im April noch einige Wochen Zeit hatte, die Mannschaft intensiv zu beobachten. Das hat bei der Kaderplanung zweifellos geholfen. Während der Vorbereitung hat die Mannschaft dann schnell zusammengefunden, ist sehr homogen. Vom ersten Training an war eine große Begeisterung zu spüren. Was Bereitschaft und Mentalität angeht, hat die Truppe von Beginn an alles investiert. Die Erfolge waren hart erarbeitet. Hinzu kam, dass wir gerade in der Anfangsphase einige Partien in der Schlussphase noch drehen konnten. Dadurch ist das Selbstvertrauen immer weiter gewachsen.

DFB.de: Gibt es denn trotz der herausragenden Ausbeute noch Luft nach oben?

Neuhaus: In einigen Bereichen mit Sicherheit. Wir haben eine vergleichsweise junge Mannschaft, die noch entwicklungsfähig ist. Da fehlt bisweilen noch die nötige Ruhe in den Aktionen, wenn man unter Druck gerät. Da war unser letztes Spiel vor der Winterpause gegen die Würzburger Kickers ein gutes Beispiel. Dort ist es uns nicht mehr gelungen, konstruktiv nach vorne zu spielen. Umso größer war die Erleichterung, dass uns nach zuvor fünf Unentschieden hintereinander dennoch wieder ein Sieg geglückt ist.

DFB.de: Sehen Sie trotz der ausgezeichneten Ausgangsposition Bedarf, in der Winterpause noch einmal auf dem Transfermarkt tätig zu werden?

Neuhaus: Nach aktuellem Stand ist weder in die eine oder in die andere Richtung etwas geplant. Selbstverständlich sehen wir uns aber ganzjährig nach möglichen Verstärkungen um. Sollte eine Verpflichtung auch perspektivisch Sinn machen und zu unserem Geldbeutel passen, dann werden wir uns darüber Gedanken machen.

DFB.de: Mit Blick auf die Zukunft hätten Sie sicher nichts dagegen, den Aufstieg in die 2. Bundesliga im neuen Jahr möglichst nicht erst am letzten Spieltag perfekt zu machen, oder?

Neuhaus: Solche Rechenspiele werden wir ganz bestimmt nicht anstellen. Es sieht im Moment gut aus, keine Frage. Dennoch ist der Weg noch weit. Für uns geht es zunächst darum, die kurze Vorbereitung ab dem 3. Januar möglichst optimal zu nutzen, um bestens gerüstet in die Restrunde zu starten. Nach der Winterpause müssen wir unter anderem viele Derbys auswärts bestreiten. Außerdem haben wir jetzt schon gemerkt, dass fast jede Mannschaft gegen uns noch eine Schippe drauflegt. Darauf müssen wir uns einstellen, um unsere Position bis zum Saisonende zu behaupten. Wann wir letztlich unser Ziel erreichen, spielt für mich keine Rolle.

DFB.de: Mit Rot-Weiss Essen und dem 1. FC Union Berlin haben Sie schon zwei Vereine in die 2. Bundesliga geführt. Wie sehr hilft Ihnen diese Aufstiegserfahrung?

Neuhaus: Solche Erfahrungswerte sind nicht zu ersetzen. Wer diese Situationen schon erlebt hat, tut sich mit der einen oder anderen Entscheidung ganz sicher leichter.

DFB.de: Zum Ende eines Jahres lässt man die vergangenen zwölf Monate Revue passieren. Was waren für Sie die Höhepunkte aus 2015?

Neuhaus: Da fällt wir zuerst die sensationelle Choreographie unserer Fans vor dem Spitzenspiel gegen den 1. FC Magdeburg ein, die das gesamte Stadion ausgefüllt hatte. Das war ein Gänsehautmoment, den auch die Spieler und ich nicht so schnell vergessen werden. Sportlich muss ich vor allem die Partie bei Holstein Kiel nennen. Nachdem wir beim 0:1 gegen Energie Cottbus unsere erste und bislang einzige Niederlage einstecken mussten, hat die Mannschaft mit dem 2:1 in Kiel sofort die richtige Reaktion gezeigt. Das war sehr wichtig.

DFB.de: Wie nutzen Sie die trainingsfreie Zeit rund um die Feiertage zur Erholung?

Neuhaus: Ich verbringe einige Tage an der Ostsee, um mich zu entspannen und um die Familie zu kümmern. Sicherlich beschäftige ich mich auch in dieser Zeit mit Fußball, führe das eine oder andere Telefonat. Das bleibt aber alles im Rahmen. Um im neuen Jahr wieder voll durchstarten zu können, muss man auch mal die Seele baumeln lassen.

DFB.de: Im neuen Jahr 2016 ist für Sie der dritte Aufstieg in die 2. Bundesliga möglich. Dort hatten Sie bei Union Berlin schon über viele Jahre erfolgreiche Arbeit geleistet. Als Co-Trainer von Borussia Dortmund wurden Sie 2002 sogar Deutscher Meister. Würden Sie sich wünschen, es auch noch mal als Cheftrainer in die erste Liga zu schaffen?

Neuhaus: Jeder sollte das Ziel haben, das Höchste zu erreichen. Das gilt auch für mich. Obwohl sich im heutigen Profifußball fast schon ein ‚Jugendwahn‘ entwickelt hat, ist es ganz sicher nicht unmöglich, es mit harter und akribischer Arbeit zu schaffen. Als ich als Profi bei der SG Wattenscheid 09 Bundesliga-Spieler wurde, hatte ich meinen 30. Geburtstag jedenfalls schon hinter mir. Vielleicht muss ich als Trainer deshalb auch warten, bis ich 60 bin. (lacht)