EM-Duelle mit Italien: Niederlage, Remis und ein gefühlter Sieg

Zum 34. Mal heißt es am Samstag (ab 21 Uhr, live in der ARD und im Fan-Club-Radio) Deutschland gegen Italien, dieses Mal im Viertelfinale der EURO 2016 in Frankreich. Die deutsche Bilanz ist negativ (8-10-15), aber der letzte Sieg noch in frischer Erinnerung. Am 29. März hieß es in München 4:1 - in einem Testspiel. In den acht Pflichtspielen, etwa dem WM-Finale 1982 (1:3), gab es nie einen Sieg, auch bei der letzten EM war Italien Endstation für die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw. Aber es gab auch einen gefühlten Sieg gegen Italien bei der EM 1996. Für DFB.de blickt der Historiker Udo Muras blickt auf die drei EM-Begegnungen mit der Squadra Azzurra zurück.

Düsseldorf, 10. Juni 1988: Deutschland - Italien 1:1

Gleich die Eröffnungspartie der EM im eigenen Land führte Vizeweltmeister Deutschland und seinen alten Rivalen Italien zusammen. Teamchef Franz Beckenbauer hatte noch geunkt: "Wer hier verliert, kann sich gleich per Handschlag verabschieden." Zur Pause des Klassikers stand es noch 0:0, schon bis dahin war es jedoch ein gutes Spiel. Dann unterlief dem an diesem Tage indisponierten und gnadenlos ausgepfiffenen Libero Matthias Herget ein Leichtsinnsfehler, den Roberto Mancini zur Gästeführung nutzte. Herget: "Mehr kann man gar nicht verkehrt machen, das Tor war mein Fehler." Und es raubte ihm den Schlaf, der in der Folgenacht erst kam, "als die Vögel schon zwitscherten". Beckenbauer grollte: "So ein Tor darf es einfach nicht geben."

Das dachten sich die Italiener drei Minuten später auch, als der englische Schiedsrichter Keith Hackett beim Abschlag von Torwart Walter Zenga einen Schrittfehler erkannte - drei erlaubte die längst überholte Regel, Zenga machte vier. So gab es mitten im Strafraum indirekten Freistoß. Pierre Littbarski tickte an, Andreas Brehme schoss flach und fand ein Loch in der Mauer (56.) - der Ausgleich. Bei diesem 1:1 blieb es, 68.000 Zuschauer im Rheinstadion und 300 Millionen vor den Bildschirmen in 73 Ländern sahen ausnahmsweise ein gutes Eröffnungsspiel - mit etwas Schatten. Bezeichnend fiel Beckenbauers Fazit aus: "Wir haben 25 Minuten lang das Spiel bestimmt, ein richtiges Powerplay aufgezogen. Dann haben wir den Faden verloren, ihn wieder gefunden und wieder verloren. So ging es das ganze Spiel."

Die Gruppe 1 beendeten beide Teams punktgleich mit fünf Zählern, Deutschland kam wegen der besseren Tordifferenz als Erster ins Halbfinale. Dort verloren schließlich beide Teams, obwohl als Favoriten ins Rennen gegangen. Das Beckenbauer-Team musste sich dem späteren Europameister Niederlande mit 1:2 beugen, Italien unterlag der UdSSR mit 0:2.



Zum 34. Mal heißt es am Samstag (ab 21 Uhr, live in der ARD und im Fan-Club-Radio) Deutschland gegen Italien, dieses Mal im Viertelfinale der EURO 2016 in Frankreich. Die deutsche Bilanz ist negativ (8-10-15), aber der letzte Sieg noch in frischer Erinnerung. Am 29. März hieß es in München 4:1 - in einem Testspiel. In den acht Pflichtspielen, etwa dem WM-Finale 1982 (1:3), gab es nie einen Sieg, auch bei der letzten EM war Italien Endstation für die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw. Aber es gab auch einen gefühlten Sieg gegen Italien bei der EM 1996. Für DFB.de blickt der Historiker Udo Muras blickt auf die drei EM-Begegnungen mit der Squadra Azzurra zurück.

Düsseldorf, 10. Juni 1988: Deutschland - Italien 1:1

Gleich die Eröffnungspartie der EM im eigenen Land führte Vizeweltmeister Deutschland und seinen alten Rivalen Italien zusammen. Teamchef Franz Beckenbauer hatte noch geunkt: "Wer hier verliert, kann sich gleich per Handschlag verabschieden." Zur Pause des Klassikers stand es noch 0:0, schon bis dahin war es jedoch ein gutes Spiel. Dann unterlief dem an diesem Tage indisponierten und gnadenlos ausgepfiffenen Libero Matthias Herget ein Leichtsinnsfehler, den Roberto Mancini zur Gästeführung nutzte. Herget: "Mehr kann man gar nicht verkehrt machen, das Tor war mein Fehler." Und es raubte ihm den Schlaf, der in der Folgenacht erst kam, "als die Vögel schon zwitscherten". Beckenbauer grollte: "So ein Tor darf es einfach nicht geben."

Das dachten sich die Italiener drei Minuten später auch, als der englische Schiedsrichter Keith Hackett beim Abschlag von Torwart Walter Zenga einen Schrittfehler erkannte - drei erlaubte die längst überholte Regel, Zenga machte vier. So gab es mitten im Strafraum indirekten Freistoß. Pierre Littbarski tickte an, Andreas Brehme schoss flach und fand ein Loch in der Mauer (56.) - der Ausgleich. Bei diesem 1:1 blieb es, 68.000 Zuschauer im Rheinstadion und 300 Millionen vor den Bildschirmen in 73 Ländern sahen ausnahmsweise ein gutes Eröffnungsspiel - mit etwas Schatten. Bezeichnend fiel Beckenbauers Fazit aus: "Wir haben 25 Minuten lang das Spiel bestimmt, ein richtiges Powerplay aufgezogen. Dann haben wir den Faden verloren, ihn wieder gefunden und wieder verloren. So ging es das ganze Spiel."

Die Gruppe 1 beendeten beide Teams punktgleich mit fünf Zählern, Deutschland kam wegen der besseren Tordifferenz als Erster ins Halbfinale. Dort verloren schließlich beide Teams, obwohl als Favoriten ins Rennen gegangen. Das Beckenbauer-Team musste sich dem späteren Europameister Niederlande mit 1:2 beugen, Italien unterlag der UdSSR mit 0:2.

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Manchester, 19. Juni 1996: Deutschland - Italien 0:0

Vor dem letzten Gruppenspiel bei der EURO in England war die Lage brisant. Bei einer Niederlage gegen Italien und einem hohen tschechischen Sieg gegen schon ausgeschiedene Russen wären selbst sechs Punkte nicht genug gewesen für die Deutschen. Italien aber musste gewinnen, um sicher weiter zu sein. So lag knisternde Spannung in der Luft, als der alte Rivale in Manchester die Auswahl von Bundestrainer Berti Vogts forderte. Auf der Tribüne fieberte auch Bundeskanzler Helmut Kohl mit. Es wurde das erwartet schwere Spiel, erstmals waren die Deutschen bei dieser EM nicht überlegen. Und Italien fühlte sich schwach. "Verdammt, meine Spieler haben Angst", unkte Italiens Trainer Arrigo Sacchi. "Das wird unser großes Problem." Und das Toreschießen.

Am Ende eines zähen Kampfes hieß es 0:0. Dank der Torhüter. Andreas Köpke verhinderte einen frühen Rückstand und hielt nach neun Minuten einen Elfmeter von Gianfranco Zola. Nach dem Platzverweis von Thomas Strunz (59.), der für Markus Babbel gekommen war, verteidigte das DFB-Team in Unterzahl den einen Punkt, den es letztlich gar nicht brauchte - Italien dagegen schon. Die Squadra Azzura reiste heim, weil die Tschechen parallel gegen Russland 3:3 spielten.

Italien also weinte, auf Papier. Die Gazzetta dello Sport schrieb: "Italien, perfekter Mord. Zu viele Fehler - wir kehren heim. Auf der Anklagebank sitzt Sacchi. Und Sacchi endet an der Klagemauer." Natürlich wurde der "Mister" entlassen. Und so wurde ein 0:0 gegen Deutschland zu einer der bittersten Niederlagen Italiens.

Für Deutschland war das Remis dagegen wie ein Sieg. Die Nationalmannschaft, 1992 noch in Schweden im Finale mit 0:2 an Nachrücker Dänemark gescheitert, kam als Gruppensieger ins Viertelfinale, wo sie Kroatien mit 2:1 besiegte. Nach dem 7:6 nach Elfmeterschießen gegen Gastgeber England im Halbfinale traf die DFB-Auswahl im Endspiel erneut auf die Tschechische Republik - und siegte wie schon zum EM-Auftakt (2:0), diesmal mit 2:1 durch Oliver Bierhoffs Golden Goal.

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Warschau, 28. Juni 2012: Deutschland - Italien 1:2

Die Weltgeschichte kennt den schwarzen Freitag, der deutsche Fußball erfand am 28. Juni 2012 den schwarzen Donnerstag. Und Italiens dunkelhäutiger Stürmer Mario Balotelli, ein Exzentriker mit ghanaischen Wurzeln, wurde zum Schreckgespenst des Löw-Teams und zum Totengräber der deutschen Titelträume. Seine zwei Tore bremsten jäh den deutschen Weg nach Kiew, dem Finalort. Löw stellte nach dem 4:2 im Viertelfinale gegen Griechenland um: Lukas Podolski und Mario Gómez kehrten zurück, und erstmals bei dieser EM stand Toni Kroos in der Startformation. Marco Reus, André Schürrle und Miroslav Klose rückten dafür auf die Bank.

Es war das gute Recht des Bundestrainers, eine andere Taktik mit neuem Personal anzuschlagen. Allerdings brachten einige Spieler an diesem Tag nicht ihre Leistung. Joachim Löw verteidigte sich: "Ich wollte die Zentrale mit Toni Kroos stärken, weil Italien in der Achse stark war mit Pirlo und de Rossi. Mario Gómez hatte vorher drei Tore geschossen, Lukas Podolski hatte auch getroffen. Die ersten drei Spiele haben wir auch mit den beiden gewonnen. Einen zentralen Mittelfeldspieler zu bringen, war eine Maßnahme. Die Fehler sind hinten passiert, wo wir nicht präsent waren." Kapitän Philipp Lahm sah es ebenso: "Wir machen dumme Fehler, kassieren so unsere Gegentore. Wenn man in gewissen Situationen nicht clever genug ist, verliert man so ein Spiel."

In der Tat. Nach gutem Anfang mit einem leichten Chancenplus schlug Antonio Cassano eine Maßflanke auf Mario Balotelli, der nach 20 Minuten per Kopf für den ersten deutschen Rückstand bei jener EM sorgte. Dem Modellathleten von Manchester City reichte das noch nicht. Nach einem langen Pass von Ricardo Montolivo enteilte der athletische Stürmer auch Philipp Lahm. Aus 16 Metern gab er Neuer erneut das Nachsehen (36.) und zeigte der Welt seine Muskeln. Das Bild des in Drohgebärde posierenden Balotelli mit bloßem Oberkörper ging um die Welt. Und als Symbol der deutschen Niederlage ging es in die DFB-Historie ein.

"Wenn Italien 2:0 führt, wird es schwer", wusste Löw und versuchte zu retten, was zu retten war. Gomez und Podolski blieben in der Kabine, aber auch Klose, Reus und später noch Thomas Müller, der WM-Torschützenkönig von 2010, konnten das Aus nicht mehr abwenden. Das ersehnte Anschlusstor fiel, als es nicht mehr half: In der 92. Minute verwandelte Mesut Özil einen Handelfmeter, danach war Schluss. "In der Kabine fließen Tränen, es ist mucksmäuschenstill", berichtete Löw im ARD-Studio, um Sachlichkeit bemüht. "Ich will jetzt nicht alles kritisch sehen. Die Mannschaft hat ein gutes Turnier gespielt. Die Mannschaft wird aus diesen Dingen lernen."

Die mediale Kritik am Bundestrainer wehrte der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach noch auf dem abendlichen Bankett ab: "Jogi, du hast einen Klassejob gemacht. Wir sind unheimlich froh, dich als Bundestrainer zu haben. Wir wollen in der Konstellation weitermachen, immer von der Hoffnung getragen, dass es bald mal zu einem Titel reicht." Sie sollte bekanntlich nicht trügen - zwei Jahre später führte Löw das DFB-Team in Brasilien zum vierten WM-Titel.

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