Duelle mit Österreich: Simsalabim und ein Bussi für den Pfosten

Nur gegen die Schweiz und die Niederlande hat Deutschland mehr Länderspiele bestritten als gegen den Nachbarn aus Österreich. Von den 38 Partien wurden nur acht verloren, aber die meisten Niederlagen setzte es vor dem Krieg. Seit 1986 ist die DFB-Auswahl ungeschlagen, und das gilt auch für die Bilanz in Qualifikationsspielen. In München versuchen es die Österreicher am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) nun schon zum zehnten Mal, DFB.de blickt zurück.

Erst 60 Jahre nach dem ersten Länderspiel trafen sich die Nachbarn in einem Qualifikationsduell. Vor der WM 1970 in Mexiko waren Deutschland und Österreich in eine Gruppe gelost worden. Für die Österreicher war es kein Glückslos, 37 Jahre hatten sie nicht mehr gegen Deutschland gewonnen, und so schleppte Trainer Stastny seine Spieler im Oktober 1968 zur Vorbereitung in eine spiritistische Sitzung. Der Magier trug den verheißungsvollen Künstlernamen Allan Simsalabim.

1968: Gerd Müller trifft, Sepp Maier etabliert sich im Tor

Geholfen hat es nichts. Die von Helmut Schön trainierten Deutschen siegten in Wien 2:0. Gerd Müller schoss sein obligatorisches Tor (16.), und der vereinslose Österreicher Eigenstiller lenkte kurz nach der Pause eine Flanke von Siggi Held ins eigene Tor. Beim Sieger gab es zwei Gewinner: Sepp Maier etablierte sich als neue Nummer eins im deutschen Tor, und Regisseur Günter Netzer eroberte sich einen Stammplatz. Fazit des Kicker: "Man kann das 2:0 freilich auch als den Triumph der kaltblütigen Taktik deuten."

Kaltblütig waren sie auch im Rückspiel im Nürnberger Frankenstadion. Es lief bereits die 88. Minute, und noch immer warteten offiziell 67.892 Zuschauer auf ein Tor, zwei Pfostenschüsse waren die einzigen Aufreger. Da flankte der Gladbacher Jupp Heynckes mit links vor das Tor, wo natürlich Gerd Müller lauerte. Stark bedrängt köpfte er das Tor des Tages, Gegenspieler Norbert Hof sagte konsterniert über Müller: "Außerhalb des Strafraums ist er wie ein Lamm, innerhalb wird er zum reißenden Wolf."

1981: "Debütant Littbarski war die Sensation"

Vor der WM 1982 in Spanien wurden die Rivalen wieder in eine Qualifikationsgruppe gelost. Am 29. April 1981 standen in Hamburg drei Männer im Blickpunkt: auf deutscher Seite die Rückkehrer Paul Breitner (nach fünf Jahren) und Klaus Fischer (nach 14 Monaten) und aufseiten der Gäste der Deutsche Bernd Krauss. Der Westfale, als Spieler und Trainer in Gladbach und Dortmund tätig, kickte damals für Rapid Wien und hatte die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen. Ausgerechnet gegen Deutschland gab er sein Debüt –und ausgerechnet ihm unterlief in der 30. Minute ein Eigentor.

Krauss wurde in den Medien beider Länder mit Häme überschüttet, dabei war er gewiss nicht allein schuld an der Niederlage. Die Deutschen mit dem wohl offensivsten Mittelfeld aller Zeiten – Antreiber Paul Breitner wurde von den Kreativen Hansi Müller, Felix Magath und Bernd Schuster flankiert – boten eine starke Leistung. Klaus Fischer erhöhte noch vor der Pause auf 2:0, weitere Tore verhinderten Torwart Friedl Koncilia und der Pfosten. Bei Österreich standen fünf Bundesliga-Legionäre auf dem Platz.

Im Rückspiel von Wien löste die Derwall-Auswahl bereits das WM-Ticket. 70.000 Zuschauer erlebten das Traumdebüt des 21-jährigen Kölners Pierre Littbarski, der zwei Tore erzielte. "Der Debütant war die Sensation", überschrieb der Kicker in dicken Lettern seine Analyse. Sein 1:1 fiel direkt im Gegenzug nach Österreichs Führung durch Walter Schachner. Felix Magath glückte dann eines seiner seltenen Kopfball-Tore, und "Litti" sorgte in der 77. Minute für die Entscheidung. Österreichs Bernd Krauss traf keine Schuld, er blieb diesmal auf der Bank. Beide Teams qualifizierten sich schließlich für die WM.

1983: Erstmals torlos

1983 sah man sich erstmals bei EM-Qualifikationsspielen, und ebenfalls erstmals geschah es, dass Deutschland zumindest ein paar Federn ließ: Am 27. April 1983 fielen in Wien keine Tore. In einem harten und nicht immer fairen Spiel mit vier Gelben Karten rettete Toni Schumacher den Gästen einen Punkt, Hans-Peter Briegel musste noch vor der Pause verletzt raus. Hinterher beklagten beide Seiten, dass sie nicht gewonnen hatten. "Wir hatten die Deutschen doch im Sack, sie hatten reichlich Dusel", meinte Rapid-Stürmer Hans Krankl. Karl-Heinz Rummenigge erzielte ein Kopfball-Tor, das sogar Bernd Krauss "absolut korrekt" fand. Jedoch: Der schottische Schiedsrichter entschied auf Abseits.

Im Rückspiel (3:0) auf Schalke wurde Rummenigge entschädigt: Schon nach vier Minuten traf er. Sein Sturmpartner Rudi Völler legte mit einem Doppelschlag nach – 3:0 nach 21 Minuten. Die Luft war früh raus, der Sieg im Parkstadion souverän eingefahren.

2011: Gomez küsst den Pfosten

28 Jahre vergingen, ehe es am 3. Juni 2011 in Wien wieder zu einem Qualispiel kam. Deutschland gewann 2:1. Es war der Tag des Mario Gomez, der nach dem 1:0 (44.) in letzter Minute erneut traf und Versöhnung mit dem Tor feierte, das er bei der EM 2008 gegen die Gastgeber noch auf spektakuläre Weise verfehlt hatte. Nun küsste er erleichtert den Pfosten.

Im Rückspiel von Gelsenkirchen tat sich das Löw-Team leichter. Schon nach einer halben Stunde war klar, wer die Punkte bekommt: Da stand es nach Toren von Miroslav Klose, Mesut Özil und Lukas Podolski 3:0, dann verkürzte der Bremer Marko Arnautovic zum 3:1-Pausenstand. Am Ende kam gar der höchste Heimsieg gegen den Nachbarn zustande. Zum 6:2 steuerten erneut Özil sowie die Joker André Schürrle und Mario Götze weitere Tore bei. Das EM-Ticket war somit gelöst.

2012: "Wir haben höhere Ansprüche"

Weit mehr Mühe hatte Löws Auswahl im Hinspiel der aktuellen Qualifikationsrunde am 11. September 2012 in Wien, als das 2:1 in der Schlussphase am seidenen Faden hing. Philipp Lahm gab zu: "Wir haben höhere Ansprüche." Nach Toren von Marco Reus (44.) und Mesut Özil (52./Foulelfmeter) verkürzte der Bremer Zlatko Junuzovic, und drei Minuten vor Schluss versiebte Arnautovic frei stehend eine Riesenchance. "Ich will Entschuldigung sagen ans ganze Land, das war allein mein Fehler", bedauerte der Pechvogel.

So blieb die deutsche Bilanz in Qualifikationsspielen gegen Österreich fast makellos: neun Spiele, acht Siege, ein Unentschieden, 21:5 Tore. Ganz ohne Zauberei.

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Nur gegen die Schweiz und die Niederlande hat Deutschland mehr Länderspiele bestritten als gegen den Nachbarn aus Österreich. Von den 38 Partien wurden nur acht verloren, aber die meisten Niederlagen setzte es vor dem Krieg. Seit 1986 ist die DFB-Auswahl ungeschlagen, und das gilt auch für die Bilanz in Qualifikationsspielen. In München versuchen es die Österreicher am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) nun schon zum zehnten Mal, DFB.de blickt zurück.

Erst 60 Jahre nach dem ersten Länderspiel trafen sich die Nachbarn in einem Qualifikationsduell. Vor der WM 1970 in Mexiko waren Deutschland und Österreich in eine Gruppe gelost worden. Für die Österreicher war es kein Glückslos, 37 Jahre hatten sie nicht mehr gegen Deutschland gewonnen, und so schleppte Trainer Stastny seine Spieler im Oktober 1968 zur Vorbereitung in eine spiritistische Sitzung. Der Magier trug den verheißungsvollen Künstlernamen Allan Simsalabim.

1968: Gerd Müller trifft, Sepp Maier etabliert sich im Tor

Geholfen hat es nichts. Die von Helmut Schön trainierten Deutschen siegten in Wien 2:0. Gerd Müller schoss sein obligatorisches Tor (16.), und der vereinslose Österreicher Eigenstiller lenkte kurz nach der Pause eine Flanke von Siggi Held ins eigene Tor. Beim Sieger gab es zwei Gewinner: Sepp Maier etablierte sich als neue Nummer eins im deutschen Tor, und Regisseur Günter Netzer eroberte sich einen Stammplatz. Fazit des Kicker: "Man kann das 2:0 freilich auch als den Triumph der kaltblütigen Taktik deuten."

Kaltblütig waren sie auch im Rückspiel im Nürnberger Frankenstadion. Es lief bereits die 88. Minute, und noch immer warteten offiziell 67.892 Zuschauer auf ein Tor, zwei Pfostenschüsse waren die einzigen Aufreger. Da flankte der Gladbacher Jupp Heynckes mit links vor das Tor, wo natürlich Gerd Müller lauerte. Stark bedrängt köpfte er das Tor des Tages, Gegenspieler Norbert Hof sagte konsterniert über Müller: "Außerhalb des Strafraums ist er wie ein Lamm, innerhalb wird er zum reißenden Wolf."

1981: "Debütant Littbarski war die Sensation"

Vor der WM 1982 in Spanien wurden die Rivalen wieder in eine Qualifikationsgruppe gelost. Am 29. April 1981 standen in Hamburg drei Männer im Blickpunkt: auf deutscher Seite die Rückkehrer Paul Breitner (nach fünf Jahren) und Klaus Fischer (nach 14 Monaten) und aufseiten der Gäste der Deutsche Bernd Krauss. Der Westfale, als Spieler und Trainer in Gladbach und Dortmund tätig, kickte damals für Rapid Wien und hatte die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen. Ausgerechnet gegen Deutschland gab er sein Debüt –und ausgerechnet ihm unterlief in der 30. Minute ein Eigentor.

Krauss wurde in den Medien beider Länder mit Häme überschüttet, dabei war er gewiss nicht allein schuld an der Niederlage. Die Deutschen mit dem wohl offensivsten Mittelfeld aller Zeiten – Antreiber Paul Breitner wurde von den Kreativen Hansi Müller, Felix Magath und Bernd Schuster flankiert – boten eine starke Leistung. Klaus Fischer erhöhte noch vor der Pause auf 2:0, weitere Tore verhinderten Torwart Friedl Koncilia und der Pfosten. Bei Österreich standen fünf Bundesliga-Legionäre auf dem Platz.

Im Rückspiel von Wien löste die Derwall-Auswahl bereits das WM-Ticket. 70.000 Zuschauer erlebten das Traumdebüt des 21-jährigen Kölners Pierre Littbarski, der zwei Tore erzielte. "Der Debütant war die Sensation", überschrieb der Kicker in dicken Lettern seine Analyse. Sein 1:1 fiel direkt im Gegenzug nach Österreichs Führung durch Walter Schachner. Felix Magath glückte dann eines seiner seltenen Kopfball-Tore, und "Litti" sorgte in der 77. Minute für die Entscheidung. Österreichs Bernd Krauss traf keine Schuld, er blieb diesmal auf der Bank. Beide Teams qualifizierten sich schließlich für die WM.

1983: Erstmals torlos

1983 sah man sich erstmals bei EM-Qualifikationsspielen, und ebenfalls erstmals geschah es, dass Deutschland zumindest ein paar Federn ließ: Am 27. April 1983 fielen in Wien keine Tore. In einem harten und nicht immer fairen Spiel mit vier Gelben Karten rettete Toni Schumacher den Gästen einen Punkt, Hans-Peter Briegel musste noch vor der Pause verletzt raus. Hinterher beklagten beide Seiten, dass sie nicht gewonnen hatten. "Wir hatten die Deutschen doch im Sack, sie hatten reichlich Dusel", meinte Rapid-Stürmer Hans Krankl. Karl-Heinz Rummenigge erzielte ein Kopfball-Tor, das sogar Bernd Krauss "absolut korrekt" fand. Jedoch: Der schottische Schiedsrichter entschied auf Abseits.

Im Rückspiel (3:0) auf Schalke wurde Rummenigge entschädigt: Schon nach vier Minuten traf er. Sein Sturmpartner Rudi Völler legte mit einem Doppelschlag nach – 3:0 nach 21 Minuten. Die Luft war früh raus, der Sieg im Parkstadion souverän eingefahren.

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2011: Gomez küsst den Pfosten

28 Jahre vergingen, ehe es am 3. Juni 2011 in Wien wieder zu einem Qualispiel kam. Deutschland gewann 2:1. Es war der Tag des Mario Gomez, der nach dem 1:0 (44.) in letzter Minute erneut traf und Versöhnung mit dem Tor feierte, das er bei der EM 2008 gegen die Gastgeber noch auf spektakuläre Weise verfehlt hatte. Nun küsste er erleichtert den Pfosten.

Im Rückspiel von Gelsenkirchen tat sich das Löw-Team leichter. Schon nach einer halben Stunde war klar, wer die Punkte bekommt: Da stand es nach Toren von Miroslav Klose, Mesut Özil und Lukas Podolski 3:0, dann verkürzte der Bremer Marko Arnautovic zum 3:1-Pausenstand. Am Ende kam gar der höchste Heimsieg gegen den Nachbarn zustande. Zum 6:2 steuerten erneut Özil sowie die Joker André Schürrle und Mario Götze weitere Tore bei. Das EM-Ticket war somit gelöst.

2012: "Wir haben höhere Ansprüche"

Weit mehr Mühe hatte Löws Auswahl im Hinspiel der aktuellen Qualifikationsrunde am 11. September 2012 in Wien, als das 2:1 in der Schlussphase am seidenen Faden hing. Philipp Lahm gab zu: "Wir haben höhere Ansprüche." Nach Toren von Marco Reus (44.) und Mesut Özil (52./Foulelfmeter) verkürzte der Bremer Zlatko Junuzovic, und drei Minuten vor Schluss versiebte Arnautovic frei stehend eine Riesenchance. "Ich will Entschuldigung sagen ans ganze Land, das war allein mein Fehler", bedauerte der Pechvogel.

So blieb die deutsche Bilanz in Qualifikationsspielen gegen Österreich fast makellos: neun Spiele, acht Siege, ein Unentschieden, 21:5 Tore. Ganz ohne Zauberei.