DFB-Wochenschau: Torflut und deutsches Europacup-Duell

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

3. Mai

Vor 40 Jahren endet die Bundesligasaison 1969/1970 wegen der anstehenden WM in Mexiko früher denn je. Zum Abschluss fallen noch mal 45 Tore, überall mindestens vier - nur Absteiger 1860 München und RW Essen trennen sich 0:0. Die Meisterfrage ist bereits entschieden, dennoch bietet Borussia Mönchengladbach auch in Oberhausen (4:3) noch ein Spektakel und dreht die Partie in den letzten acht Minuten durch Tore von Netzer und Le Fevre.

Vor 30 Jahren wechselt die Tabellenführung in der Bundesliga. Ausgerechnet Ex-Trainer Udo Lattek stürzt die Bayern am 31. Spieltag von der Spitze, seine Dortmunder gewinnen durch ein Tor von Mirko Votava mit 1:0. Verfolger HSV zieht durch ein 2:2 beim VfB Stuttgart durch zwei Hrubesch-Tore wieder vorbei. Eintracht Braunschweig steigt nach dem 1:1 gegen Schalke 04 zum zweiten Mal aus der Bundesliga ab.

Vor fünf Jahren zieht der FC Liverpool in einem rein englischen Halbfinale ins Endspiel der Champions League gegen den AC Mailand ein. Nach torlosem Hinspiel entscheidet ein Treffer von Luis Garcia die Partie, obwohl auch TV-Bilder nicht beweisen, ob der Ball die Linie überschritten hat. Aber in England wird in solchen Fällen eben gern auf Tor entschieden…

4. Mai

Vor 110 Jahren wird der 1. FC Nürnberg gegründet. Gründerväter sind 18 junge Männer, die Wiege des "Clubs" auf der Deutschherrenwiese ist die sogenannte Burenhütte.

Vor 100 Jahren veröffentlicht der DFB seinen Kassenbericht. Für das zu Ende gegangene Spieljahr 1909/1910 erwirtschaftete der Verband Einnahmen von 20.332,80 Reichsmark. Für die kommende Saison mit drei Heim-Länderspielen gegen die Schweiz, Holland und England rechnet der DFB mit 39.132,80 RM. Allein 6000 Mark kommen durch Beiträge der rund 100.000 Mitglieder hinein, die sechs Pfennig (!) im Jahr zahlen. Der FIFA-Beitrag beläuft sich auf 40,60 Reichsmark.

Vor 90 Jahren fällt der Verband Berlin-Brandenburg (VBB) ein drakonisches Urteil. Der Spieler Adolf Probst von Normannia Berlin hat im Auswärtsspiel bei Tasmania Schiedsrichter Kurt Greger während der Partie geschlagen. „Adolf Probst wird infolgedessen auf drei Jahre disqualifiziert“ und auf „die schwarze Liste des Verbands“ für unerwünschte Spieler gesetzt, da er mittlerweile aus dem Verein ausgetreten ist.

Vor 80 Jahren macht die Nationalmannschaft mit der Schweiz kurzen Prozess und feiert in einem Testspiel den bis heute höchsten Sieg im Nachbarland. In Zürich heißt es nach 90 Minuten 5:0. Das Toreschießen ist ein Fall für Zwei: Schalkes Kapitän Ernst Kuzorra trifft dreimal, der Dresdener Richard Hofmann zweimal.

Vor 50 Jahren gewinnt der FC Barcelona den Messe-Pokal, den Vorläufer des UEFA-Cups. Birmingham City wird nach einem 0:0 im Hinspiel daheim 4:1 geschlagen, der ungarische Vize-Weltmeister 1954, Czibor, erzielt zwei Tore.

Vor 25 Jahren reißt die längste Unentschieden-Serie der Bundesliga-Historie. Nach acht Punkteteilungen kann Waldhof Mannheim wieder mal gewinnen und schlägt Eintracht Frankfurt mit 3:1. In Bielefeld feiern die Fans Torjäger Siggi Reich, der als erster Armine beim 4:1 gegen Karlsruhe vier Treffer in einer Partie erzielt. Borussia Mönchengladbach bleibt auch im 20. Versuch bei den Münchner Bayern sieglos und geht im ausverkauften Olympia-Stadion mit 0:4 unter. Für die Entscheidung sorgt der im Vorjahr von Borussia nach München gewechselte Lothar Matthäus mit seinem Kopfball-Torpedo zum 2:0. „Endlich ist bei mir der Knoten geplatzt“, freut sich Matthäus.

5. Mai

Vor 75 Jahren finden Endrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft statt. Hertha BSC gewinnt auch ihr viertes Spiel in Gruppe eins und feiert ein Schützenfest: Beim Ostpreußen-Meister Yorck-Insterburg gewinnen die Berliner mit 9:0. „Das ist Hertha!“ jubelt die Fußball Woche in der Überschrift. Die 10.000 Zuschauer, meldet das Blatt, „schwenkten bald in das Lager des Gegners über. Denn Hertha spielte wundervoll, in solch überzeugend schöner und erfolgreicher Art haben die Königsberger den Verein vom Gesundbrunnen noch nicht spielen gesehen. Brausender Beifall und begeisterter Jubel dankte Hertha für ihr Auftreten.“ Nationalspieler Hanne Sobek überragt alle, aber auch der Teamgeist stimmt. „Hier ist es tatsächlich so: Alle für einen, einer für alle“ lobt die Zeitung Tugenden, die offenbar schon 1935 rar geworden waren.

In Gruppe zwei gewinnt Schalke 04 das Spitzenspiel gegen Hannover 96 auf neutralem Boden mit 4:1. In Braunschweig warten die Zuschauer jedoch 62 Minuten auf Tore, ehe Nationalspieler Adolf Urban den Bann bricht. Pörtgen, Kuzorra und Kalwitzki treffen für den Meister im Endspurt. „Die westfälischen Fußballfreunde, die Schalke begleitet hatten, brachten sich vor Freude nahezu um, als Schalke im Gewinnen war“, kündet die Fußball Woche schon vor 75 Jahren von der besonderen Leidenschaft echter Schalke-Fans.

In Gruppe drei wird es dramatisch; alle vier Teams haben nach den Ergebnissen des Sonntags 4:4 Punkte, die Tordifferenz spricht noch für Hanau 93 (1:2 beim VfB Stuttgart). Altmeister Spielvereinigung Fürth ist nach dem 1:0 beim 1. SV Jena wieder im Rennen, ein Freistoß-Tor von Kraus aus 40 Metern sichert den Sieg. „Der Ball muss unbedingt gehalten werden“, kritisiert die Fußball Woche den Jenenser Torwart Coburger- in Zeiten, als Bälle noch nicht flattern wohl zu Recht. In Gruppe vier sorgt das 3:2 von VfR Mannheim beim VfR Köln für Aufsehen, wird der Sieg doch mit einer Unterzahl von zwei Spieler errungen. Die Mannheimer kompensieren eine frühe Verletzung und einen Platzverweis nach der Pause. „Benehmen schlecht, Spiel gut“, schreibt die Fußball Woche den Siegern ins Stammbuch.

Vor 70 Jahren unterliegt die Nationalmannschaft Weltmeister Italien in Mailand mit 2:3. Nach 0:2-Rückstand gelingen dem Wiener Franz „Bimbo“ Binder zwei Tore, ehe Italien noch einmal zuschlägt und Revanche für das blamable 2:5 vom Herbst 1939 in Berlin nimmt.

Vor 50 Jahren findet das Rückspiel im Halbfinale um den Landesmeister-Pokal statt. Eintracht Frankfurt wirbelt die Glasgow Rangers nun auch in deren Stadion durcheinander und gewinnt mit 6:3 (Hinspiel 6:1). Im berühmten Ibrox-Park gewinnt der Deutsche Meister die Herzen der 70.000 Zuschauer, darunter 40 (!) aus Frankfurt. Die minimalen Hoffnungen der Schotten auf ein Wunder erstickt Dieter Lindner mit einem Tor aus 25 Meter schon in der achten Minute. Alfred Pfaff (2), Richard Kreß und Erich Meier (2) machen das halbe Dutzend voll. Das Sport Magazin lobt die Elf von Trainer Paul Oßwald: „Sie erwies als Vereinsmannschaft dem deutschen Fußball den größten Dienst nach dem Kriege.“ Und der ist an diesem Mai-Donnerstag 1960 schon 15 Jahre aus. Im Finale wartet Real Madrid.

6. Mai

Vor 40 Jahren gewinnt mit Feyenoord Rotterdam erstmals eine Mannschaft aus den Niederlanden den Europapokal der Landesmeister. Im Finale gegen Celtic Glasgow fällt die Entscheidung erst in der Verlängerung (2:1), 54.000 Zuschauer in Mailand sind Zeuge der Premiere.

Vor 15 Jahren wird der Frankfurter Rudi Bommer erstmals in seiner langen Karriere in der Bundesliga vom Platz gestellt. Das Novum ist auch in einer anderen Hinsicht einmalig: Er begeht die Tätlichkeit nicht gegen einen Bochumer Spieler, sondern gegen den Masseur des VfL: „Der ist mir zweimal auf den Fuß gestiegen. Beim ersten Mal dachte ich noch, das sei ein Versehen gewesen. Doch dann habe ich gemerkt, wie er mich fixiert und noch mal zutritt.“ Bommer tritt Majid Glatz gegen die Wade und provoziert so fast einen Spielabbruch. Das wäre fatal gewesen, denn die Eintracht führt 1:0 - und dabei bleibt es auch.

7. Mai

Vor 60 Jahren entscheidet sich der Titelkampf in der Oberliga Süd. Die Spielvereinigung Fürth wird durch ihren siebten Auswärtssieg, einem 3:1 bei den Münchner Löwen, Süddeutscher Meister vor dem VfB Stuttgart, der in Mühlburg ausrutscht (1:3). Fürths Spielausschuss verspricht den stolzen Champions vor den nun anstehenden Endrundenspielen um die Deutsche Meisterschaft acht Tage Urlaub in den bayerischen Bergen. Meister-Prämien anno 1950.

Im Westen fallen die Tore zum Saisonausklang wie reife Früchte - 46 in acht Partien. Schalke 04 gerät bei RW Essen mit 1:5 unter die Räder, Absteiger Arminia Bielefeld kassiert bei Hamborn 07 ein 3:7 und selbst Meister Borussia Dortmund bekommt in Oberhausen eine 3:5-Packung, obwohl Adi Preißler drei Tore schießt. Aber um etwas frei mit dem großen Fußball-Philosophen zu sprechen: „Was zählt, is auf´m Ergebnisblatt.“

Der Nord-Meister HSV hat seine Pflicht schon hinter sich und läuft an diesem Mai-Sonntag 1950 eine Kür - in New York wird eine deutsch-amerikanische Auswahl vor 20.000 Zuschauern mit 4:1 bezwungen. Nur fünf Jahre nach Kriegsende erhalten deutsche Sportler schon wieder Beifall in Amerika: „Die HSV-Spieler konnten sich kaum der Autogrammjäger erwehren“ schreibt das Sport Magazin. Auf dem abendlichen Bankett werden sie von FIFA-Vorstandsmitglied Dr. Gustav Manning als Gäste „aus dem besseren Teil Deutschlands“ begrüßt.

Vor 35 Jahren herrscht Ernüchterung bei Borussia Mönchengladbach. Im Hinspiel des UEFA-Cup-Finales gegen Twente Enschede kommt der angehende Meister nur zu einem 0:0. Das „Heimspiel“ findet in Düsseldorf statt, 42.000 Fans gehen enttäuscht nach Hause.

Vor 30 Jahren findet das erste rein deutsche Europapokalfinale statt. Am Gladbacher Bökelberg trifft im Hinspiel des UEFA-Cups die Borussia auf Eintracht Frankfurt. Überraschenderweise ist die Partie nicht ausverkauft, da Borussia die Preise teilweise verdoppelte. Der teuerste Tribünenplatz kostet statt 30 nun 60 Mark. Wer das zahlt, wird dennoch entschädigt. In der letzten Viertelstunde dreht Borussia die schon verloren geglaubte Partie und gewinnt durch Tore von Lothar Matthäus und Christian Kulik mit 3:2. Dennoch erntet die Eintracht viel Lob, und ihr Trainer Friedel Rausch verspricht: „Ich versichere, es wird ein herrliches Endspiel geben in Frankfurt. Wir gewinnen und kämpfen bis zum letzten Blutstropfen.“

Vor 25 Jahren präsentiert der 1. FC Kaiserslautern seinen neuen Trainer: Hannes Bongartz. Es ist sein erster Trainer-Job. Der 43jährige Ex-Nationalspieler ist voller Vorfreude und sagt in einem Interview: „Ich ertappe mich seit Tagen schon dabei, dass ich etwa beim Autofahren die verschiedensten Mannschaftsaufstellungen gedanklich durchspiele.“

Vor fünf Jahren verabschiedet sich Hansa Rostock am 32. Spieltag 2004/2005 nach zehn Jahren aus der Bundesliga. Das 0:3 bei Bayer Leverkusen besiegelt den Abstieg der Ostseestädter quasi, auch der VfL Bochum hat nach dem 1:2 in Nürnberg nur noch minimale Chancen. Mainz 05 dagegen feiert trotz einer 2:4-Heimniederlage gegen Meister Bayern München den Klassenverbleib nach seiner ersten Bundesligasaison.

8. Mai

Vor 75 Jahren feiert die Nationalmannschaft schon ihren siebten Sieg in Serie. In Dortmund wird Irland nach Rückstand mit 3:1 bezwungen. Der Karlsruher Ludwig Damminger (2) und Ernst Lehner treffen. Es ist das erste Länderspiel überhaupt gegen die Iren, für die sich im Stadion Rote Erde 35.000 Zuschauer interessieren.

Vor 40 Jahren muss Carl Zeiss Jena seine Meisterfeier verschieben. In der DDR-Oberliga vergeben die Thüringer den ersten Matchball auf den Titel und kommen gegen Abstiegskandidat 1. FC Magdeburg nur zu einem 1:1. Das Ausgleichstor Sekunden vor Schluss verdirbt den 15.000 Fans die Meisterfeier. Titelverteidiger Vorwärts Berlin hat nach dem 1:1 gegen Dynamo Dresden drei Runden vor Schluss aber nur noch theoretische Chancen.

Vor 25 Jahren steht eine ungarische Mannschaft im UEFA-Cup-Finale. Videoton Szekesfehervar ist krasser Außenseiter gegen Real Madrid und verliert schon das Heimspiel mit 0:3. Für Real treffen Michel, Santillana und der heutige Sport-Direktor Jorge Valdano.

Vor 20 Jahren wird die Abstiegsfrage auf den letzten Spieltag verschoben. Zwar kassiert Waldhof Mannheim (0:1 gegen Düsseldorf) seine fünfte Niederlage in Folge, aber der VfL Bochum (0:1 bei Absteiger FC Homburg) bleibt in Reichweite.

9. Mai

Vor 90 Jahren wird der 1. FC Nürnberg vor 10.000 Zuschauern durch ein 3:0 gegen den 1. FC Pfalz Ludwigshafen Süddeutscher Meister und erreicht die Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Das gleiche Kunststück gelingt im Norden Arminia Hannover (2:1 über Borussia Harburg) und den Sportfreunden Breslau für den Bereich Südostdeutschland nach einem 6:2 über Viktoria Forst.

Vor 40 Jahren besiegt die Nationalmannschaft in der WM-Vorbereitung Irland in Berlin mit 2:1. Ein Kopfball von Uwe Seeler und ein Abstauber von Hannes Löhr sorgen für die Tore, aber nicht für Zufriedenheit. „Ausgelaugte Spieler ohne Ideen, das war das Bild der Nationalelf in Berlin“, kritisiert der Kicker die Schön-Mannschaft.

Am gleichen Tag gibt die UEFA bekannt, dass es künftig für torlose Spiele keine Punkte mehr geben soll. Präsident Gustav Wiederkehr bestätigt entsprechende Planspiele. Zunächst soll diese Regelung nur für den Jugendfußball gelten.

Vor zehn Jahren scheitert Bayern München im Halbfinale der Champions League an Real Madrid. Nach einem 0:2 im Hinspiel ist das 2:1 in München zu wenig. Toren von Carsten Jancker und Giovane Elber steht das entscheidende 1:1 von Anelka entgegen.