DFB-Wochenschau: Fest in Dortmund und Pokalsensationen

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

14. November

Vor 30 Jahren fallen in der Bundesliga sagenhafte 44 Tore, so viele wie seit 17. Oktober 1973 nicht mehr. Es ist folgerichtig kein Tag für Torhüter, und einer erlebt einen besonders schwarzen Tag. Werder Bremens 21-jähriger Ersatzkeeper Hermann Rülander, der Dieter Burdenski vertritt, leitet „die Toreflut mit gravierenden Fehlern ein“, schreibt der "Kicker" nach dem 9:2 der Frankfurter Eintracht über den Aufsteiger. Rülander fabriziert unter anderem nach einer Nickel-Ecke ein Eigentor und lässt sich nach 78 Minuten beim Stand von 7:2 auswechseln. Der dritte Mann, Robert Frese, kassiert noch zwei Tore bei seinem einzigen Bundesligaeinsatz. Für die Eintracht trifft Ronny Borchers per Hattrick, Norbert Nachtweih und Bum-kun Cha schießen je zwei Tore beim höchsten Frankfurter Bundesligasieg. Der "Kicker" ruft am nächsten Tag im Hause Rülander an und erfährt von der Mutter des Unglücksraben: „Tscha, er war ein bisschen enttäuscht.“ Erst später wird bekannt, dass er vor dem Spiel einen Autounfall hatte und mit leichter Gehirnerschütterung aufgelaufen ist.

Torreich geht es auch anderswo zu: Tabellenführer HSV fertigt Aufsteiger Darmstadt 98 mit 6:1 ab, Manfred Kaltz verschießt noch einen Elfmeter. Verfolger 1. FC Köln verliert deshalb sogar trotz eines 3:0 gegen Fortuna Düsseldorf (zwei Tore: Anthony Woodcock) etwas an Boden. Das Rhein-Derby wird von Fan-Randalen überschattet. Meister FC Bayern überzeugt beim 3:0 in Stuttgart, wo der VfB „eine Lektion in Sachen Taktik“ ("Kicker") erhält. Bayern-Stürmer Dieter Hoeneß trifft gegen seinen Ex-Klub mit dem Fuß - und danach auch mit Worten: „Eigentlich hatten wir uns die Aufgabe gegen den VfB nicht so leicht vorgestellt.“ Mann des Tages ist Doppel-Torschütze Paul Breitner, der in der Torjägerliste als bester Mittelfeldspieler auf Platz vier liegt (neun Tore). Ganz oben: Dieter Hoeneß (elf) vor Horst Hrubesch und Gladbachs Frank Mill (je zehn).

Im Abstiegskampf herrscht viel Aufregung. Schlusslicht MSV Duisburg schlägt Bayer Leverkusen mit 2:1, weil Schiedsrichter Wahmann ein Handspiel von MSV-Verteidiger Frank Saborowski nicht ahndet. Er will zwar erst Elfmeter geben, lässt sich aber vom Linienrichter umstimmen – was Folgen hat. Wegen der heftigen Proteste der Leverkusener ist das Spiel fünf Minuten unterbrochen.

Vor zehn Jahren löst die Nationalmannschaft das WM-Ticket für Südkorea und Japan. Im zweiten Relegationsspiel gegen die Ukraine startet die Völler-Auswahl furios und führt schon nach 15 Minuten mit 3:0. Das Dortmunder Publikum geht begeistert mit und feiert Teamchef Rudi Völler nach einer der besten Darbietungen seiner Amtszeit in Sprechchören. Die Tore zum am Ende verdienten 4:1-Sieg erzielen Michael Ballack (2), Oliver Neuville und Marko Rehmer. Ukraine-Star Andrej Schewtschenko ist in der letzten Minute noch das Ehrentor vergönnt.

15. November

Vor 75 Jahren trifft die Nationalmannschaft in Berlin auf Weltmeister Italien. Erstmals in der Geschichte des Fußballs kommen mehr als 100.000 Zuschauer zu einem Länderspiel in Europa – das gerade erbaute Olympiastadion macht es möglich. Die Angaben schwanken zwischen 102.000 und 105.000 – und Tausende stehen im Regen noch vor den Toren um wenigstens etwas Atmosphäre zu schnuppern. Wer eine Karte bekommen hat, sieht großen Sport. Nach frühem Rückstand in der 2. Minute durch ein Colaussi-Tor liegt die Elf von Sepp Herberger zur Pause überraschend 2:1 vorne, dem Mannheimer Otto Siffling gelingt binnen fünf Minuten ein Doppelschlag (35., 40.). Colaussi gelingt noch der Ausgleich (56.) in der spannenden Partie. Die Berliner Morgenpost titelt: „Wir können stolz sein auf das 2:2!“

Vor 25 Jahren fallen in der Bundesliga 23 Tore, davon allein neun in Nürnberg. Der heimische 1. FCN schlägt Aufsteiger Blau-Weiß 90 Berlin mit 7:2 und setzt sich vom Keller-Trio ab. An der Bundesliga-Tauglichkeit der Aufsteiger FC Homburg und Blau-Weiß 90 sowie an der Düsseldorfer Fortuna gibt es erhebliche Zweifel. Fortuna verliert in Kaiserslautern (1:3) auch ihr siebtes Auswärtsspiel der Saison, Homburg ist bei Meister Bayern chancenlos (0:3). Die Bayern ziehen mit Tabellenführer Leverkusen gleich, der am Vortag gegen Waldhof Mannheim nur 0:0 spielt. Einen Punkt hinter dem Spitzenduo lauert der HSV, den Abwehrspieler Dietmar Beiersdorfer zum knappen Sieg schießt. Köln verliert nicht nur Punkte, sondern auch Stürmer Thomas Allofs mit Bänderriss. Dafür muss sich HSV-Verteidiger Manfred Kaltz einiges anhören, Paul Steiner droht: „Der soll sich vorsehen, wenn er nach Köln kommt.“

Jürgen Klinsmann sorgt mit seinem Tor in Bochum für den einzigen Auswärtssieg des 14. Spieltags. Kurios: Der VfB rutscht trotzdem einen Platz in der Tabelle ab, weil die zuvor punkt- und torgleichen Kaiserslauterer ein Tor höher gewinnen. VfB-Torwart Eike Immel hält überragend und wird von den Fans als „bester Mann der Welt“ gefeiert. Überragend ist auch die Vorstellung von Gladbachs Nationalspieler Uwe Rahn, der gegen Dortmund (2:2) beide Tore erzielt und damit die Torjägerliste anführt. Nur ein kleiner Trost für den entgangenen Sieg: In letzter Minute gleicht Dortmunds Bernd Storck noch am Bökelberg aus.

Vor 20 Jahren verliert Tabellenführer Eintracht Frankfurt bei Werder Bremen mit 0:1 und vergibt die Chance, vorzeitig Herbstmeister zu werden. Torwart Uli Stein, nach 82 Minuten von Klaus Allofs überwunden, warnt: „So geht es nicht weiter. Wenn wir jetzt nicht reagieren, dann können wir die Meisterschaft vergessen.“ Zumal die Konkurrenz nicht schläft: Auch Verfolger VfB Stuttgart spielt an diesem Freitag und liegt nach dem 3:1 in Wattenscheid nur noch einen Punkt zurück. Nur 3.200 Zuschauer bilden die geringste Bundesliga-Kulisse seit Mai 1984. Dagegen interessieren sich selbst für kriselnde Bayern in Duisburg 30.100 Menschen. Sie werden enttäuscht, weil der überlegene MSV noch spät den Ausgleich kassiert – ausgerechnet der Ex-Duisburger Roland Wohlfarth trifft zum 1:1. Bayern bleibt auf Platz 13, baut aber jetzt auf kaiserliche Hilfe. Der neue Vize-Präsident Franz Beckenbauer ist jedoch noch ein Suchender. Auf die Reporterfrage: „Wie helfen Sie?“ entgegnet er: „Das ist eine sehr gute Frage. Das weiß ich selbst nicht. Ich bin hier und spreche ab und zu mit der Mannschaft, ansonsten habe ich nichts zu tun.“ Das wird sich ändern.

16. November

Vor 70 Jahren trennt sich die Nationalelf in Dresden von Dänemark 1:1. Die Führung durch den Wiener Willi Hahnemann (38.) währt nur bis zur 56. Minute, zwei Lattentreffer verhindern einen möglichen deutschen Sieg. 45.000 Zuschauer im Ostra-Gehege sind ein bisschen enttäuscht, auch weil Lokalmatador Helmut Schön vom Dresdener SC nicht spielt, den Herberger wegen seiner Länge auf dem tiefen Boden nicht einsetzen will.

Vor 20 Jahren endet der 18. Bundesliga-Spieltag 1991/92, in zehn Spielen fallen nur 20 Tore. Die meisten verbuchen zwei Aufsteiger: Schalke 04 rutscht nach dem 3:0 gegen 1. FC Köln auf Platz sieben und demonstriert Orientierungsfähigkeit, denn dichter Nebel wabert übers Spielfeld im Park-Stadion. Die Stuttgarter verlassen nach einem 3:0 über Borussia Mönchengladbach die Abstiegsränge, die Gäste machen den Schuldigen nicht in den eigenen Reihen aus. „Es war der Ball. Ein Ei, da war kaum Luft drin“, entschuldigt Michael Klinkert fatale Rückpässe, die zu Toren führen.

Meister 1. FC Kaiserslautern vergibt die Chance auf die Tabellenführung fahrlässig und verliert bei Schlusslicht Fortuna Düsseldorf 0:1. So zieht Borussia Dortmund (2:0 in Leverkusen) mit dem FCK gleich. Das Spitzenquartett liegt am vorletzten Hinrunden-Spieltag nur einen Zähler auseinander, vier Klubs können Herbstmeister werden: Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, Kaiserslautern und Dortmund. Hansa Rostock ist dagegen längst aus der Spitzengruppe herausgefallen und nach dem 1:2 gegen den HSV nur noch Vierzehnter. Trainer Uwe Reinders hat den Gegner mit Interviewaussagen, die Kollege Gerd-Volker Schock an die Kabinenwand geheftet hat, so richtig heiß gemacht: „Nach 20 Minuten müssen drei HSVer schon am Boden liegen.“

17. November

Vor 60 Jahren gewinnt Tabellenführer Rot-Weiss Essen ein auf Samstag vorgezogenes Oberliga-Spiel gegen den Meidericher SV mit 4:2. Ein unpopulärer Termin im Revier, wo Zechen und Fabriken in der Regel erst um 14 Uhr schließen. Dennoch kommen 25.000 Zuschauer und freuen sich über zwei Tore von Berni Termath, der gemeinsam mit Helmut Rahn der erste RWE-Nationalspieler werden soll. Sie stehen unmittelbar vor ihrem Debüt in der Türkei, ihretwegen wird auf Bitten von Sepp Herberger das Spiel extra vorverlegt, damit sie rechtzeitig und entspannt zum Abflug kommen. Während Termath die Situation motiviert, spielt Rahn ungewohnt schwach.

Im Südwesten kommen 30.000 Zuschauer in den Saarbrücker Ludwigspark, wo Tabellenführer 1. FC auf Meister 1. FC Kaiserslautern trifft. In der 44. Minute fällt das einzige Tor durch Saarbrückens Herbert Martin, womit die Gastgeber auf stolze 18:0-Punkte kommen. Tribünengast Sepp Herberger weiß warum die Pfälzer verloren haben: „Mit Otmar (Walter) neben Fritz hätte es am Schluss anders ausgesehen.“ Der Mittelstürmer fehlt verletzt. Hinzu kommt, dass Horst Eckel nach 25 Minuten mit einer Kopfwunde ausscheidet.

Vor 40 Jahren zieht die Nationalmannschaft ins EM-Viertelfinale ein. Dazu reicht nach dem 3:1 in Warschau in Hamburg schon ein 0:0 gegen Polen, auch wenn es Pfiffe von den Rängen gibt. Wolfgang Overath kann die Chance nicht nutzen, die sich durch den Ausfall seines Rivalen Günter Netzer bietet, und so bleibt die Spielmacher-Frage auch nach den 90 Minuten von Hamburg, bei Schneeregen und heftigem Wind, offen.

Vor 20 Jahren bestreitet die Frauen-Nationalmannschaft erstmals ein WM-Spiel. Bei der ersten WM überhaupt trifft das Team von Gero Bisanz in Jiangmen/China auf Nigeria und kommt vor 13.000 Zuschauern zu einem glatten 4:0-Sieg. Silvia Neid schießt das historische erste WM-Tor einer deutschen Frau, Heidi Mohr lässt einen Doppelschlag binnen zwei Minuten folgen, und Gudrun Gottschlich sorgt nach der Pause für den Endstand. Dennoch gibt es Tränen bei Torschützin Neid, die nach 37 Minuten verletzt ausgewechselt wird: „Ich glaube, die WM ist für mich vorbei.“ Damit wird sie leider recht haben.

Am selben Tag überschattet eine tragische Meldung die Bundesliga: Kölns Stürmer Maurice Banach verunglückt auf der Autobahn zwischen Wuppertal und Remscheid tödlich. Kapitän Pierre Littbarski: „Wenn man dieses fürchterliche Unglück sieht, erkennt man, dass es andere Dimensionen als den Sport gibt.“

18. November

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden zieht das Spitzenduo einsame Kreise. Der 1. FC Nürnberg hält Eintracht Frankfurt vor eigenem Publikum auf Abstand, Max Morlock ist beim 4:0 zweimaliger Torschütze. Verfolger VfB Stuttgart lässt Schweinfurt 05 keine Chance (3:0), trotzdem verleitet auch der VfB-Torwart das "Sport Magazin" zu einer gewagten Prognose. „Bögelein wird – keine Kunst, das heute zu wiederholen – einmal Deutschlands Torhüter Nummer 1.“ In der Tat – Karl Bögelein wird schon bald im deutschen Tor stehen, aber eben auch nur einmal. Die meisten Zuschauer (15.000) strömen an den Bieberer Berg, auch Sepp Herberger und der junge Helmut Rahn sehen sich den 2:1-Sieg der Offenbacher Kickers gegen SpVgg. Fürth an. Die Kickers klettern damit auf Platz drei. Bayern München schöpft im Abstiegskampf Luft und feiert in Neckarau den ersten Auswärtssieg (3:1), Sepp Seemann schießt zwei Tore.

Im Norden gibt es nur Heimsiege, obwohl immerhin vier Gästeteams in Führung gehen. Selbst der HSV macht es spannend und kassiert gegen Eintracht Braunschweig schon in der 1. Minute ein Tor, triumphiert aber letztlich 3:1. Nach zwei Woitkowiak-Treffern sorgt der Elfmeter von Heinz Spundflasche für die Entscheidung. Tabellenführer aber bleibt Holstein Kiel, das Werder Bremen vor 10.000 Zuschauern 2:1 schlägt. Die meisten Zuschauer, 18.000, sehen auch die meisten Tore: VfL Osnabrück schlägt St. Pauli 4:2 und rückt in die Spitzengruppe vor – nur ein Punkt trennt Kiel von seinen drei Verfolgern.

Im Westen fallen in sieben Spielen 37 Tore, hier sehen die wenigsten Zuschauer (6.000) die meisten: Erkenschwick blamiert sich zu Hause gegen Katernberg und unterliegt nach 2:1-Führung mit 3:7! Für den Titelkampf sind andere Tore bedeutsamer, Schalke 04 etwa hält mit dem 2:1 über Leverkusen Anschluss an Rot-Weiss Essen und bringt es als erster Klub fertig, den Aufsteiger zu schlagen – nach elf Spieltagen. 30.000 sind Zeuge des Ereignisses, Hermann Eppenhoff spielt als zweimaliger Torschütze eine Hauptrolle in der Glückauf-Kampfbahn. Den höchsten Tagessieg meldet der 1. FC Köln – 6:0 gegen Rheydter SV, dreimal trifft Günther Schemmerling. Kunststück: Im Gästetor steht die meiste Zeit ein Feldspieler, Torwart Camphausen hat sich verletzt und humpelt auf Rechtsaußen als Statist. Ein Fehler von Nationaltorwart Toni Turek kostet Schlusslicht Fortuna Düsseldorf den Sieg gegen Schwarz-Weiß Essen (2:2).

Vor 30 Jahren hat die Nationalmannschaft leichtes Spiel. In der WM-Qualifikation trifft sie in Dortmund auf Albanien und gewinnt mit 8:0 (5:0). Bayern-Stürmer Karl-Heinz Rummenigge stillt schon vor der Pause seinen Torhunger (drei Treffer) und darf schon nach 51 Minuten duschen gehen. Wenig später folgt ihm der albanische Nationaltorwart Musta, der sich nach dem 6:0 entnervt auswechseln lässt. Die weiteren Tore markieren Klaus Fischer (2), Manfred Kaltz, Pierre Littbarski und, per Elfmeter, Paul Breitner. Als Joker kommt der 20-jährige Lothar Matthäus eineinhalb Jahre nach seinem Debüt wieder zum Einsatz.

Vor 25 Jahren fliegt Titelverteidiger Bayern München aus dem DFB-Pokal. Bei Abstiegskandidat Fortuna Düsseldorf geht der Meister mit 0:3 unter. Bayerns Ersatztorwart Robert Dekeyser erlebt ein unglückliches Debüt, halten kann er keines der Tore. Ralf Dusend eröffnet in der 70. Minute den Torreigen, Joker Michael Preetz (88.) und Manfred Bockenfeld (90.) lassen das gut gefüllte Rhein-Stadion (45.000 Zuschauer) erbeben. Auch Bayern-Manager Uli Hoeneß bebt – vor Zorn: „Man kann ja verlieren. Aber doch nicht so und dann auch noch gegen eine bessere Jugendmannschaft.“

Im zweiten Achtelfinalspiel des Tages gewinnt Eintracht Frankfurt bei Zweitligist Wattenscheid 09 mit 3:1, und Klub-Legende Charly Körbel sorgt sich um den 19-jährigen Doppel-Torschützen Andy Möller: „Ich hoffe nur, dass er nicht meint, er sei der kommende Platini.“ Wird er nicht, er wird Welt- und Europameister.

Vor zehn Jahren wechselt die Tabellenführung in der Bundesliga. Während Meister Bayern München in Bremen 0:1 verliert, ziehen die weiter ungeschlagenen Leverkusener dank eines 2:1 in Köln vorbei. Nach der Pleite in Bremen, das durch einen Elfmeter von Viktor Skripnik trifft, hat Bayern Anlass abergläubisch zu werden: es ist die dritte Niederlage in Serie am 13. Spieltag. Immerhin freut sich Bayern über die Rückkehr von Kapitän Stefan Effenberg nach 111-tägiger Verletzungspause, aber auch das ist eine wunderliche Sache. Bayern verlor bis dahin nur zwei Spiele 2001/02, und das waren die einzigen mit Effenberg. Trainer Ottmar Hitzfeld watscht entsprechende Hinweise als „lächerlich“ ab.

Auch Leverkusen-Trainer Klaus Toppmöller liefert der Presse nicht die gewünschten Zitate. „Die Tabellenführung bedeutet mir gar nichts“, verwundert er nach dem Sieg in Köln, den Tore von Ulf Kirsten und von Oliver Neuville möglich machen. Wesentlicher offensiver ist dagegen Felix Magath, der nach einem 3:0 seines VfB Stuttgart über SC Freiburg ankündigt, „in zwei, spätestens drei Jahre möchte ich um den Titel mitspielen.“

19. November

Vor 50 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden schwächeln die Spitzenklubs. Tabellenführer Eintracht Frankfurt rettet gegen den Vorletzten Schweinfurt 05 gerade noch einen Punkt, Lothar Schämer gleicht nach 72 Minuten aus. „Die 12000 Zuschauer kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus“, verkündet das "Sport Magazin". Doch Meister 1. FC Nürnberg sorgt für noch mehr Erstaunen, nach dem 0:1 bei Aufsteiger Schwaben Augsburg liegt der Club schon drei Punkte zurück. Das "Sport Magazin" stellt fest: „Der Deutsche Meister steckt in einer Formkrise.“ Auch der SSV Reutlingen patzt am Pechtag der Favoriten und unterliegt den noch ziemlich unbedeutenden Bayern zu Hause mit 1:3. Zum Tag der ungewöhnlichen Ergebnisse passt auch der 1:0-Sieg von Schlusslicht FSV Frankfurt in Fürth.

Im Norden dagegen sind die Favoriten auf Zack. Tabellenführer HSV verteidigt seinen Sechs-Punkte-Vorsprung und schlägt den VfL Osnabrück am heimischen Rothenbaum 2:0. Harry Bähre und Peter Wulf tragen sich in die Torschützenliste ein. Der scharf gedeckte Uwe Seeler nicht, aber er weiß, warum: „Es stand immer einer zu viel im Wege, aber was sollen wir ständig predigen dass diese doppelte Sicherung unpopulär ist.“ Werder Bremen gewinnt bei Hannover 96 mit 3:1 und rückt auf Platz zwei vor. Die größte Wende nimmt das Spiel in Kiel, wo Gastgeber Holstein nach 0:2-Pausenrückstand Eintracht Nordhorn noch 4:2 bezwingt.

Im Westen fallen in acht Spielen 32 Tore, trotz zweier Nullnummern am Gladbacher Bökelberg (gegen Borussia Dortmund) und in Sodingen (gegen Meiderich). Schalke 04 verteidigt mit einem 2:1 gegen Viktoria Köln die Spitze, Willi Schulz überragt alle. Diskussionen gibt es auch fünf Jahre vor dem legendären WM-Finale um ein "Wembley-Tor" des Schalkers Egon Horst. Vergeblich protestiert Kölns Trainer Hennes Weisweiler gegen die Anerkennung des letztlich entscheidenden Tores. Klarer gewinnt der Verfolger 1. FC Köln – 6:1 gegen Marl-Hüls. Der Tabellendritte Preußen Münster lässt auf dem Tivoli einen Punkt (3:3), womit er nach 1:3-Rückstand noch zufrieden sein kann. Alemannias Torwart Wladimir Beara bricht sich nach 20 Minuten Schien- und Wadenbein nach einem Zusammenprall mit Preuße Manfred Pohlschmidt. Feldspieler Jean Löring muss ins Tor und dreimal hinter sich greifen, aber er „machte seine Sache ausgezeichnet“ ("Sport Magazin"). Aufsteiger Schwarz Weiß Essen schlägt vor 20.000 Zuschauer am Uhlenkrug Rot-Weiß Oberhausen und „spielt sich in die Essener Herzen“. Manfred Rummel schießt alle ETB-Tore und seine Elf auf Platz fünf, nur einen Punkt hinter Westfalia Herne, das in Duisburg 5:1 gewinnt.

Im Südwesten kommen nur 36.000 Zuschauer, die Hälfte allein zum Spitzenspiel zwischen Borussia Neunkirchen und FK Pirmasens (2:2). Hier wird allerhand geboten: Tabellenführer FKP geht zweimal in Führung, verkraftet nach der Pause zwei Platzverweise gegen Ludwig Roos und Klaus Matischak – und hätte doch gewinnen können, aber Helmut Kapitulski verschießt noch einen Elfmeter. Der 1. FC Kaiserslautern kann die Punkteteilung des Spitzenduos nicht nutzen und lässt in Ludwigshafen einen Punkt (0:0). Im Keller feiert Mainz 05 gegen Vorjahres-Meister 1. FC Saarbrücken seinen ersten Heimsieg (3:1).

Vor 25 Jahren wird das DFB-Pokal-Achtelfinale komplettiert. Zwei Bundesligisten scheiden aus. Der 1. FC Köln verliert bei Bayer Uerdingen 1:3, auch Oliver Bierhoff überwindet Toni Schumacher. Aufsteiger Blau-Weiß 90 Berlin unterliegt zu Hause dem Karlsruher SC mit 1:2. Trainer Bernd Hoss klagt: „Dieses Aus war natürlich nicht eingeplant. Meine Spieler wirkten zu verkrampft.“ Keinen Grund zum Tadel hat HSV-Kollege Ernst Happel nach dem 6:0 im Lokal-Derby gegen FC St. Pauli, Thomas von Heesen überragt als dreifacher Torschütze beim „HSV-Spaziergang an der Alster“ ("Kicker") 58.000 Zuschauer haben sicher etwas mehr Spannung erwartet, doch der Zweitligist zeigt zu viel Respekt vor dem kommenden Pokalsieger. Viel spannender geht es am Aachener Tivoli zu, wo Borussia Mönchengladbach die Verlängerung braucht, um 2:0 bei Alemannia zu gewinnen, Dirk Bakalorz erzielt beide Tore. Weitere Resultate in reinen Zweitliga-Duellen: Stuttgarter Kickers – Hannover 96 2:0, Fortuna Köln – Darmstadt 98 0:2 n.V.

Vor 20 Jahren zieht die Frauen-Nationalmannschaft mit einem 3:0 über Taiwan bei der WM in China vorzeitig ins Viertelfinale ein. In Zhongsan treffen Heidi Mohr (zweimal) und per Strafstoß Bettina Wiegmann. Mohr ist dennoch nicht rundum zufrieden: „Das chinesische Essen liegt mir überhaupt nicht. Gut, dass wir von daheim Brot und Salami mitgenommen haben.“

20. November

Vor 25 Jahren wird bekannt, dass Werder Bremens Profi Benno Möhlmann eine „offizielle Spielergemeinschaft“ gründen will. Zu diesem Zwecke werde er alle Klubs der Bundesliga anschreiben. Es ist die Initialzündung für den Verband der Vertragsfußballer (VdV), der seit 1987 existiert. Der frühere Braunschweiger Trainer Helmut Johannsen kann daran nicht glauben. „Benno, Sie laufen einer Utopie nach“, sagt er.

Vor 20 Jahren gewinnt die Nationalmannschaft ein EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien. Auf schlammigem Boden in Brüssel gelingt Rudi Völler das goldene 1:0 (16.). Die EM-Teilnahme in Schweden ist vor dem letzten Heimspiel gegen Luxemburg damit fast gesichert, und der "Kicker" titelt: „Ab nach Schweden – Berti Vogts stolz wie ein Kaiser!“ In der Elf des Weltmeisters stehen sieben Italien-Legionäre, die Bestnote erhält der Neu-Turiner Jürgen Kohler.

Vor zehn Jahren beginnt die Zwischenrunde der Champions League. Bayern München trifft auf seinen Rivalen aus dem Finale von 1999, Manchester United. Vor 59.000 im Olympia-Stadion bringt Ruud van Nistelrooy die Gäste in Führung (74.), drei Minuten vor Schluss glückt Paulo Sergio der Ausgleich. Bayern tut sich schwer, aber auch die Gäste hat man schon besser gesehen. Uli Hoeneß sagt: „Manchester hat hier gespielt wie St. Pauli, mit zehn Mann in der eigenen Hälfte.“ Schwerer als das Ergebnis wiegt der Verlust von Hasan Salihamidzic, der mit Kreuzbandriss ausscheidet.

Das meinen DFB.de-User:

"Ja, das 4:1 gegen die Ukraine. Ich war soooo nervös!!" Eduardo Becerra, Lima (Peru)

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

14. November

Vor 30 Jahren fallen in der Bundesliga sagenhafte 44 Tore, so viele wie seit 17. Oktober 1973 nicht mehr. Es ist folgerichtig kein Tag für Torhüter, und einer erlebt einen besonders schwarzen Tag. Werder Bremens 21-jähriger Ersatzkeeper Hermann Rülander, der Dieter Burdenski vertritt, leitet „die Toreflut mit gravierenden Fehlern ein“, schreibt der "Kicker" nach dem 9:2 der Frankfurter Eintracht über den Aufsteiger. Rülander fabriziert unter anderem nach einer Nickel-Ecke ein Eigentor und lässt sich nach 78 Minuten beim Stand von 7:2 auswechseln. Der dritte Mann, Robert Frese, kassiert noch zwei Tore bei seinem einzigen Bundesligaeinsatz. Für die Eintracht trifft Ronny Borchers per Hattrick, Norbert Nachtweih und Bum-kun Cha schießen je zwei Tore beim höchsten Frankfurter Bundesligasieg. Der "Kicker" ruft am nächsten Tag im Hause Rülander an und erfährt von der Mutter des Unglücksraben: „Tscha, er war ein bisschen enttäuscht.“ Erst später wird bekannt, dass er vor dem Spiel einen Autounfall hatte und mit leichter Gehirnerschütterung aufgelaufen ist.

Torreich geht es auch anderswo zu: Tabellenführer HSV fertigt Aufsteiger Darmstadt 98 mit 6:1 ab, Manfred Kaltz verschießt noch einen Elfmeter. Verfolger 1. FC Köln verliert deshalb sogar trotz eines 3:0 gegen Fortuna Düsseldorf (zwei Tore: Anthony Woodcock) etwas an Boden. Das Rhein-Derby wird von Fan-Randalen überschattet. Meister FC Bayern überzeugt beim 3:0 in Stuttgart, wo der VfB „eine Lektion in Sachen Taktik“ ("Kicker") erhält. Bayern-Stürmer Dieter Hoeneß trifft gegen seinen Ex-Klub mit dem Fuß - und danach auch mit Worten: „Eigentlich hatten wir uns die Aufgabe gegen den VfB nicht so leicht vorgestellt.“ Mann des Tages ist Doppel-Torschütze Paul Breitner, der in der Torjägerliste als bester Mittelfeldspieler auf Platz vier liegt (neun Tore). Ganz oben: Dieter Hoeneß (elf) vor Horst Hrubesch und Gladbachs Frank Mill (je zehn).

Im Abstiegskampf herrscht viel Aufregung. Schlusslicht MSV Duisburg schlägt Bayer Leverkusen mit 2:1, weil Schiedsrichter Wahmann ein Handspiel von MSV-Verteidiger Frank Saborowski nicht ahndet. Er will zwar erst Elfmeter geben, lässt sich aber vom Linienrichter umstimmen – was Folgen hat. Wegen der heftigen Proteste der Leverkusener ist das Spiel fünf Minuten unterbrochen.

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Vor zehn Jahren löst die Nationalmannschaft das WM-Ticket für Südkorea und Japan. Im zweiten Relegationsspiel gegen die Ukraine startet die Völler-Auswahl furios und führt schon nach 15 Minuten mit 3:0. Das Dortmunder Publikum geht begeistert mit und feiert Teamchef Rudi Völler nach einer der besten Darbietungen seiner Amtszeit in Sprechchören. Die Tore zum am Ende verdienten 4:1-Sieg erzielen Michael Ballack (2), Oliver Neuville und Marko Rehmer. Ukraine-Star Andrej Schewtschenko ist in der letzten Minute noch das Ehrentor vergönnt.

15. November

Vor 75 Jahren trifft die Nationalmannschaft in Berlin auf Weltmeister Italien. Erstmals in der Geschichte des Fußballs kommen mehr als 100.000 Zuschauer zu einem Länderspiel in Europa – das gerade erbaute Olympiastadion macht es möglich. Die Angaben schwanken zwischen 102.000 und 105.000 – und Tausende stehen im Regen noch vor den Toren um wenigstens etwas Atmosphäre zu schnuppern. Wer eine Karte bekommen hat, sieht großen Sport. Nach frühem Rückstand in der 2. Minute durch ein Colaussi-Tor liegt die Elf von Sepp Herberger zur Pause überraschend 2:1 vorne, dem Mannheimer Otto Siffling gelingt binnen fünf Minuten ein Doppelschlag (35., 40.). Colaussi gelingt noch der Ausgleich (56.) in der spannenden Partie. Die Berliner Morgenpost titelt: „Wir können stolz sein auf das 2:2!“

Vor 25 Jahren fallen in der Bundesliga 23 Tore, davon allein neun in Nürnberg. Der heimische 1. FCN schlägt Aufsteiger Blau-Weiß 90 Berlin mit 7:2 und setzt sich vom Keller-Trio ab. An der Bundesliga-Tauglichkeit der Aufsteiger FC Homburg und Blau-Weiß 90 sowie an der Düsseldorfer Fortuna gibt es erhebliche Zweifel. Fortuna verliert in Kaiserslautern (1:3) auch ihr siebtes Auswärtsspiel der Saison, Homburg ist bei Meister Bayern chancenlos (0:3). Die Bayern ziehen mit Tabellenführer Leverkusen gleich, der am Vortag gegen Waldhof Mannheim nur 0:0 spielt. Einen Punkt hinter dem Spitzenduo lauert der HSV, den Abwehrspieler Dietmar Beiersdorfer zum knappen Sieg schießt. Köln verliert nicht nur Punkte, sondern auch Stürmer Thomas Allofs mit Bänderriss. Dafür muss sich HSV-Verteidiger Manfred Kaltz einiges anhören, Paul Steiner droht: „Der soll sich vorsehen, wenn er nach Köln kommt.“

Jürgen Klinsmann sorgt mit seinem Tor in Bochum für den einzigen Auswärtssieg des 14. Spieltags. Kurios: Der VfB rutscht trotzdem einen Platz in der Tabelle ab, weil die zuvor punkt- und torgleichen Kaiserslauterer ein Tor höher gewinnen. VfB-Torwart Eike Immel hält überragend und wird von den Fans als „bester Mann der Welt“ gefeiert. Überragend ist auch die Vorstellung von Gladbachs Nationalspieler Uwe Rahn, der gegen Dortmund (2:2) beide Tore erzielt und damit die Torjägerliste anführt. Nur ein kleiner Trost für den entgangenen Sieg: In letzter Minute gleicht Dortmunds Bernd Storck noch am Bökelberg aus.

Vor 20 Jahren verliert Tabellenführer Eintracht Frankfurt bei Werder Bremen mit 0:1 und vergibt die Chance, vorzeitig Herbstmeister zu werden. Torwart Uli Stein, nach 82 Minuten von Klaus Allofs überwunden, warnt: „So geht es nicht weiter. Wenn wir jetzt nicht reagieren, dann können wir die Meisterschaft vergessen.“ Zumal die Konkurrenz nicht schläft: Auch Verfolger VfB Stuttgart spielt an diesem Freitag und liegt nach dem 3:1 in Wattenscheid nur noch einen Punkt zurück. Nur 3.200 Zuschauer bilden die geringste Bundesliga-Kulisse seit Mai 1984. Dagegen interessieren sich selbst für kriselnde Bayern in Duisburg 30.100 Menschen. Sie werden enttäuscht, weil der überlegene MSV noch spät den Ausgleich kassiert – ausgerechnet der Ex-Duisburger Roland Wohlfarth trifft zum 1:1. Bayern bleibt auf Platz 13, baut aber jetzt auf kaiserliche Hilfe. Der neue Vize-Präsident Franz Beckenbauer ist jedoch noch ein Suchender. Auf die Reporterfrage: „Wie helfen Sie?“ entgegnet er: „Das ist eine sehr gute Frage. Das weiß ich selbst nicht. Ich bin hier und spreche ab und zu mit der Mannschaft, ansonsten habe ich nichts zu tun.“ Das wird sich ändern.

16. November

Vor 70 Jahren trennt sich die Nationalelf in Dresden von Dänemark 1:1. Die Führung durch den Wiener Willi Hahnemann (38.) währt nur bis zur 56. Minute, zwei Lattentreffer verhindern einen möglichen deutschen Sieg. 45.000 Zuschauer im Ostra-Gehege sind ein bisschen enttäuscht, auch weil Lokalmatador Helmut Schön vom Dresdener SC nicht spielt, den Herberger wegen seiner Länge auf dem tiefen Boden nicht einsetzen will.

Vor 20 Jahren endet der 18. Bundesliga-Spieltag 1991/92, in zehn Spielen fallen nur 20 Tore. Die meisten verbuchen zwei Aufsteiger: Schalke 04 rutscht nach dem 3:0 gegen 1. FC Köln auf Platz sieben und demonstriert Orientierungsfähigkeit, denn dichter Nebel wabert übers Spielfeld im Park-Stadion. Die Stuttgarter verlassen nach einem 3:0 über Borussia Mönchengladbach die Abstiegsränge, die Gäste machen den Schuldigen nicht in den eigenen Reihen aus. „Es war der Ball. Ein Ei, da war kaum Luft drin“, entschuldigt Michael Klinkert fatale Rückpässe, die zu Toren führen.

Meister 1. FC Kaiserslautern vergibt die Chance auf die Tabellenführung fahrlässig und verliert bei Schlusslicht Fortuna Düsseldorf 0:1. So zieht Borussia Dortmund (2:0 in Leverkusen) mit dem FCK gleich. Das Spitzenquartett liegt am vorletzten Hinrunden-Spieltag nur einen Zähler auseinander, vier Klubs können Herbstmeister werden: Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, Kaiserslautern und Dortmund. Hansa Rostock ist dagegen längst aus der Spitzengruppe herausgefallen und nach dem 1:2 gegen den HSV nur noch Vierzehnter. Trainer Uwe Reinders hat den Gegner mit Interviewaussagen, die Kollege Gerd-Volker Schock an die Kabinenwand geheftet hat, so richtig heiß gemacht: „Nach 20 Minuten müssen drei HSVer schon am Boden liegen.“

17. November

Vor 60 Jahren gewinnt Tabellenführer Rot-Weiss Essen ein auf Samstag vorgezogenes Oberliga-Spiel gegen den Meidericher SV mit 4:2. Ein unpopulärer Termin im Revier, wo Zechen und Fabriken in der Regel erst um 14 Uhr schließen. Dennoch kommen 25.000 Zuschauer und freuen sich über zwei Tore von Berni Termath, der gemeinsam mit Helmut Rahn der erste RWE-Nationalspieler werden soll. Sie stehen unmittelbar vor ihrem Debüt in der Türkei, ihretwegen wird auf Bitten von Sepp Herberger das Spiel extra vorverlegt, damit sie rechtzeitig und entspannt zum Abflug kommen. Während Termath die Situation motiviert, spielt Rahn ungewohnt schwach.

Im Südwesten kommen 30.000 Zuschauer in den Saarbrücker Ludwigspark, wo Tabellenführer 1. FC auf Meister 1. FC Kaiserslautern trifft. In der 44. Minute fällt das einzige Tor durch Saarbrückens Herbert Martin, womit die Gastgeber auf stolze 18:0-Punkte kommen. Tribünengast Sepp Herberger weiß warum die Pfälzer verloren haben: „Mit Otmar (Walter) neben Fritz hätte es am Schluss anders ausgesehen.“ Der Mittelstürmer fehlt verletzt. Hinzu kommt, dass Horst Eckel nach 25 Minuten mit einer Kopfwunde ausscheidet.

Vor 40 Jahren zieht die Nationalmannschaft ins EM-Viertelfinale ein. Dazu reicht nach dem 3:1 in Warschau in Hamburg schon ein 0:0 gegen Polen, auch wenn es Pfiffe von den Rängen gibt. Wolfgang Overath kann die Chance nicht nutzen, die sich durch den Ausfall seines Rivalen Günter Netzer bietet, und so bleibt die Spielmacher-Frage auch nach den 90 Minuten von Hamburg, bei Schneeregen und heftigem Wind, offen.

Vor 20 Jahren bestreitet die Frauen-Nationalmannschaft erstmals ein WM-Spiel. Bei der ersten WM überhaupt trifft das Team von Gero Bisanz in Jiangmen/China auf Nigeria und kommt vor 13.000 Zuschauern zu einem glatten 4:0-Sieg. Silvia Neid schießt das historische erste WM-Tor einer deutschen Frau, Heidi Mohr lässt einen Doppelschlag binnen zwei Minuten folgen, und Gudrun Gottschlich sorgt nach der Pause für den Endstand. Dennoch gibt es Tränen bei Torschützin Neid, die nach 37 Minuten verletzt ausgewechselt wird: „Ich glaube, die WM ist für mich vorbei.“ Damit wird sie leider recht haben.

Am selben Tag überschattet eine tragische Meldung die Bundesliga: Kölns Stürmer Maurice Banach verunglückt auf der Autobahn zwischen Wuppertal und Remscheid tödlich. Kapitän Pierre Littbarski: „Wenn man dieses fürchterliche Unglück sieht, erkennt man, dass es andere Dimensionen als den Sport gibt.“

18. November

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden zieht das Spitzenduo einsame Kreise. Der 1. FC Nürnberg hält Eintracht Frankfurt vor eigenem Publikum auf Abstand, Max Morlock ist beim 4:0 zweimaliger Torschütze. Verfolger VfB Stuttgart lässt Schweinfurt 05 keine Chance (3:0), trotzdem verleitet auch der VfB-Torwart das "Sport Magazin" zu einer gewagten Prognose. „Bögelein wird – keine Kunst, das heute zu wiederholen – einmal Deutschlands Torhüter Nummer 1.“ In der Tat – Karl Bögelein wird schon bald im deutschen Tor stehen, aber eben auch nur einmal. Die meisten Zuschauer (15.000) strömen an den Bieberer Berg, auch Sepp Herberger und der junge Helmut Rahn sehen sich den 2:1-Sieg der Offenbacher Kickers gegen SpVgg. Fürth an. Die Kickers klettern damit auf Platz drei. Bayern München schöpft im Abstiegskampf Luft und feiert in Neckarau den ersten Auswärtssieg (3:1), Sepp Seemann schießt zwei Tore.

Im Norden gibt es nur Heimsiege, obwohl immerhin vier Gästeteams in Führung gehen. Selbst der HSV macht es spannend und kassiert gegen Eintracht Braunschweig schon in der 1. Minute ein Tor, triumphiert aber letztlich 3:1. Nach zwei Woitkowiak-Treffern sorgt der Elfmeter von Heinz Spundflasche für die Entscheidung. Tabellenführer aber bleibt Holstein Kiel, das Werder Bremen vor 10.000 Zuschauern 2:1 schlägt. Die meisten Zuschauer, 18.000, sehen auch die meisten Tore: VfL Osnabrück schlägt St. Pauli 4:2 und rückt in die Spitzengruppe vor – nur ein Punkt trennt Kiel von seinen drei Verfolgern.

Im Westen fallen in sieben Spielen 37 Tore, hier sehen die wenigsten Zuschauer (6.000) die meisten: Erkenschwick blamiert sich zu Hause gegen Katernberg und unterliegt nach 2:1-Führung mit 3:7! Für den Titelkampf sind andere Tore bedeutsamer, Schalke 04 etwa hält mit dem 2:1 über Leverkusen Anschluss an Rot-Weiss Essen und bringt es als erster Klub fertig, den Aufsteiger zu schlagen – nach elf Spieltagen. 30.000 sind Zeuge des Ereignisses, Hermann Eppenhoff spielt als zweimaliger Torschütze eine Hauptrolle in der Glückauf-Kampfbahn. Den höchsten Tagessieg meldet der 1. FC Köln – 6:0 gegen Rheydter SV, dreimal trifft Günther Schemmerling. Kunststück: Im Gästetor steht die meiste Zeit ein Feldspieler, Torwart Camphausen hat sich verletzt und humpelt auf Rechtsaußen als Statist. Ein Fehler von Nationaltorwart Toni Turek kostet Schlusslicht Fortuna Düsseldorf den Sieg gegen Schwarz-Weiß Essen (2:2).

Vor 30 Jahren hat die Nationalmannschaft leichtes Spiel. In der WM-Qualifikation trifft sie in Dortmund auf Albanien und gewinnt mit 8:0 (5:0). Bayern-Stürmer Karl-Heinz Rummenigge stillt schon vor der Pause seinen Torhunger (drei Treffer) und darf schon nach 51 Minuten duschen gehen. Wenig später folgt ihm der albanische Nationaltorwart Musta, der sich nach dem 6:0 entnervt auswechseln lässt. Die weiteren Tore markieren Klaus Fischer (2), Manfred Kaltz, Pierre Littbarski und, per Elfmeter, Paul Breitner. Als Joker kommt der 20-jährige Lothar Matthäus eineinhalb Jahre nach seinem Debüt wieder zum Einsatz.

Vor 25 Jahren fliegt Titelverteidiger Bayern München aus dem DFB-Pokal. Bei Abstiegskandidat Fortuna Düsseldorf geht der Meister mit 0:3 unter. Bayerns Ersatztorwart Robert Dekeyser erlebt ein unglückliches Debüt, halten kann er keines der Tore. Ralf Dusend eröffnet in der 70. Minute den Torreigen, Joker Michael Preetz (88.) und Manfred Bockenfeld (90.) lassen das gut gefüllte Rhein-Stadion (45.000 Zuschauer) erbeben. Auch Bayern-Manager Uli Hoeneß bebt – vor Zorn: „Man kann ja verlieren. Aber doch nicht so und dann auch noch gegen eine bessere Jugendmannschaft.“

Im zweiten Achtelfinalspiel des Tages gewinnt Eintracht Frankfurt bei Zweitligist Wattenscheid 09 mit 3:1, und Klub-Legende Charly Körbel sorgt sich um den 19-jährigen Doppel-Torschützen Andy Möller: „Ich hoffe nur, dass er nicht meint, er sei der kommende Platini.“ Wird er nicht, er wird Welt- und Europameister.

Vor zehn Jahren wechselt die Tabellenführung in der Bundesliga. Während Meister Bayern München in Bremen 0:1 verliert, ziehen die weiter ungeschlagenen Leverkusener dank eines 2:1 in Köln vorbei. Nach der Pleite in Bremen, das durch einen Elfmeter von Viktor Skripnik trifft, hat Bayern Anlass abergläubisch zu werden: es ist die dritte Niederlage in Serie am 13. Spieltag. Immerhin freut sich Bayern über die Rückkehr von Kapitän Stefan Effenberg nach 111-tägiger Verletzungspause, aber auch das ist eine wunderliche Sache. Bayern verlor bis dahin nur zwei Spiele 2001/02, und das waren die einzigen mit Effenberg. Trainer Ottmar Hitzfeld watscht entsprechende Hinweise als „lächerlich“ ab.

Auch Leverkusen-Trainer Klaus Toppmöller liefert der Presse nicht die gewünschten Zitate. „Die Tabellenführung bedeutet mir gar nichts“, verwundert er nach dem Sieg in Köln, den Tore von Ulf Kirsten und von Oliver Neuville möglich machen. Wesentlicher offensiver ist dagegen Felix Magath, der nach einem 3:0 seines VfB Stuttgart über SC Freiburg ankündigt, „in zwei, spätestens drei Jahre möchte ich um den Titel mitspielen.“

19. November

Vor 50 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden schwächeln die Spitzenklubs. Tabellenführer Eintracht Frankfurt rettet gegen den Vorletzten Schweinfurt 05 gerade noch einen Punkt, Lothar Schämer gleicht nach 72 Minuten aus. „Die 12000 Zuschauer kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus“, verkündet das "Sport Magazin". Doch Meister 1. FC Nürnberg sorgt für noch mehr Erstaunen, nach dem 0:1 bei Aufsteiger Schwaben Augsburg liegt der Club schon drei Punkte zurück. Das "Sport Magazin" stellt fest: „Der Deutsche Meister steckt in einer Formkrise.“ Auch der SSV Reutlingen patzt am Pechtag der Favoriten und unterliegt den noch ziemlich unbedeutenden Bayern zu Hause mit 1:3. Zum Tag der ungewöhnlichen Ergebnisse passt auch der 1:0-Sieg von Schlusslicht FSV Frankfurt in Fürth.

Im Norden dagegen sind die Favoriten auf Zack. Tabellenführer HSV verteidigt seinen Sechs-Punkte-Vorsprung und schlägt den VfL Osnabrück am heimischen Rothenbaum 2:0. Harry Bähre und Peter Wulf tragen sich in die Torschützenliste ein. Der scharf gedeckte Uwe Seeler nicht, aber er weiß, warum: „Es stand immer einer zu viel im Wege, aber was sollen wir ständig predigen dass diese doppelte Sicherung unpopulär ist.“ Werder Bremen gewinnt bei Hannover 96 mit 3:1 und rückt auf Platz zwei vor. Die größte Wende nimmt das Spiel in Kiel, wo Gastgeber Holstein nach 0:2-Pausenrückstand Eintracht Nordhorn noch 4:2 bezwingt.

Im Westen fallen in acht Spielen 32 Tore, trotz zweier Nullnummern am Gladbacher Bökelberg (gegen Borussia Dortmund) und in Sodingen (gegen Meiderich). Schalke 04 verteidigt mit einem 2:1 gegen Viktoria Köln die Spitze, Willi Schulz überragt alle. Diskussionen gibt es auch fünf Jahre vor dem legendären WM-Finale um ein "Wembley-Tor" des Schalkers Egon Horst. Vergeblich protestiert Kölns Trainer Hennes Weisweiler gegen die Anerkennung des letztlich entscheidenden Tores. Klarer gewinnt der Verfolger 1. FC Köln – 6:1 gegen Marl-Hüls. Der Tabellendritte Preußen Münster lässt auf dem Tivoli einen Punkt (3:3), womit er nach 1:3-Rückstand noch zufrieden sein kann. Alemannias Torwart Wladimir Beara bricht sich nach 20 Minuten Schien- und Wadenbein nach einem Zusammenprall mit Preuße Manfred Pohlschmidt. Feldspieler Jean Löring muss ins Tor und dreimal hinter sich greifen, aber er „machte seine Sache ausgezeichnet“ ("Sport Magazin"). Aufsteiger Schwarz Weiß Essen schlägt vor 20.000 Zuschauer am Uhlenkrug Rot-Weiß Oberhausen und „spielt sich in die Essener Herzen“. Manfred Rummel schießt alle ETB-Tore und seine Elf auf Platz fünf, nur einen Punkt hinter Westfalia Herne, das in Duisburg 5:1 gewinnt.

Im Südwesten kommen nur 36.000 Zuschauer, die Hälfte allein zum Spitzenspiel zwischen Borussia Neunkirchen und FK Pirmasens (2:2). Hier wird allerhand geboten: Tabellenführer FKP geht zweimal in Führung, verkraftet nach der Pause zwei Platzverweise gegen Ludwig Roos und Klaus Matischak – und hätte doch gewinnen können, aber Helmut Kapitulski verschießt noch einen Elfmeter. Der 1. FC Kaiserslautern kann die Punkteteilung des Spitzenduos nicht nutzen und lässt in Ludwigshafen einen Punkt (0:0). Im Keller feiert Mainz 05 gegen Vorjahres-Meister 1. FC Saarbrücken seinen ersten Heimsieg (3:1).

Vor 25 Jahren wird das DFB-Pokal-Achtelfinale komplettiert. Zwei Bundesligisten scheiden aus. Der 1. FC Köln verliert bei Bayer Uerdingen 1:3, auch Oliver Bierhoff überwindet Toni Schumacher. Aufsteiger Blau-Weiß 90 Berlin unterliegt zu Hause dem Karlsruher SC mit 1:2. Trainer Bernd Hoss klagt: „Dieses Aus war natürlich nicht eingeplant. Meine Spieler wirkten zu verkrampft.“ Keinen Grund zum Tadel hat HSV-Kollege Ernst Happel nach dem 6:0 im Lokal-Derby gegen FC St. Pauli, Thomas von Heesen überragt als dreifacher Torschütze beim „HSV-Spaziergang an der Alster“ ("Kicker") 58.000 Zuschauer haben sicher etwas mehr Spannung erwartet, doch der Zweitligist zeigt zu viel Respekt vor dem kommenden Pokalsieger. Viel spannender geht es am Aachener Tivoli zu, wo Borussia Mönchengladbach die Verlängerung braucht, um 2:0 bei Alemannia zu gewinnen, Dirk Bakalorz erzielt beide Tore. Weitere Resultate in reinen Zweitliga-Duellen: Stuttgarter Kickers – Hannover 96 2:0, Fortuna Köln – Darmstadt 98 0:2 n.V.

Vor 20 Jahren zieht die Frauen-Nationalmannschaft mit einem 3:0 über Taiwan bei der WM in China vorzeitig ins Viertelfinale ein. In Zhongsan treffen Heidi Mohr (zweimal) und per Strafstoß Bettina Wiegmann. Mohr ist dennoch nicht rundum zufrieden: „Das chinesische Essen liegt mir überhaupt nicht. Gut, dass wir von daheim Brot und Salami mitgenommen haben.“

20. November

Vor 25 Jahren wird bekannt, dass Werder Bremens Profi Benno Möhlmann eine „offizielle Spielergemeinschaft“ gründen will. Zu diesem Zwecke werde er alle Klubs der Bundesliga anschreiben. Es ist die Initialzündung für den Verband der Vertragsfußballer (VdV), der seit 1987 existiert. Der frühere Braunschweiger Trainer Helmut Johannsen kann daran nicht glauben. „Benno, Sie laufen einer Utopie nach“, sagt er.

Vor 20 Jahren gewinnt die Nationalmannschaft ein EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien. Auf schlammigem Boden in Brüssel gelingt Rudi Völler das goldene 1:0 (16.). Die EM-Teilnahme in Schweden ist vor dem letzten Heimspiel gegen Luxemburg damit fast gesichert, und der "Kicker" titelt: „Ab nach Schweden – Berti Vogts stolz wie ein Kaiser!“ In der Elf des Weltmeisters stehen sieben Italien-Legionäre, die Bestnote erhält der Neu-Turiner Jürgen Kohler.

Vor zehn Jahren beginnt die Zwischenrunde der Champions League. Bayern München trifft auf seinen Rivalen aus dem Finale von 1999, Manchester United. Vor 59.000 im Olympia-Stadion bringt Ruud van Nistelrooy die Gäste in Führung (74.), drei Minuten vor Schluss glückt Paulo Sergio der Ausgleich. Bayern tut sich schwer, aber auch die Gäste hat man schon besser gesehen. Uli Hoeneß sagt: „Manchester hat hier gespielt wie St. Pauli, mit zehn Mann in der eigenen Hälfte.“ Schwerer als das Ergebnis wiegt der Verlust von Hasan Salihamidzic, der mit Kreuzbandriss ausscheidet.

Das meinen DFB.de-User:

"Ja, das 4:1 gegen die Ukraine. Ich war soooo nervös!!" Eduardo Becerra, Lima (Peru)