DFB verteilt Ordnerwesten im Amateurbereich: Wichtig und sinnvoll

In Verbindung mit der Amateurfußballkampagne "Unsere Amateure – Echte Profis" kümmern sich DFB und Landesverbände auch auf den Kreisligaplätzen um mehr Sicherheit. Im Juli erhielten rund 22.000 Fußballklubs jeweils vier Ordnerwesten für ihre Spiele. Denn ein Modellversuch im Württembergischen Fußballverband hat bewiesen: Diese Maßnahme zeigt positive Wirkung. Nun bietet der DFB auch das Online-Seminar "Ordnungsdienst" an.

Hier wird geschwäbelt, da klingt alles ein wenig weicher und netter als anderswo. Die Sprache klopft einem aufmunternd auf die Schulter. Stuttgart-Ost, der Speckgürtel einer reichen Stadt, viel Grün, Selbstständige und leitende Angestellte residieren hier, idyllisch und doch nur eine kurze Autofahrt entfernt von den Angeboten der Großstadt. Auf wenigen Quadratkilometern drängen sich hier im Osten Stuttgarts die Amateurvereine. Fitness ist wichtig, das Miteinander auch.

Einer dieser Klubs ist die Spvgg. Stuttgart-Ost. Thomas Wildermuth und Uwe Mowlai sind ziemlich beste Freunde, und das schon viele Jahre. Wildermuth, 54 Jahre alt und Besitzer eines Autohauses, leitet die Fußballabteilung des Klubs. Mowlai, 52 Jahre und leitender Angestellter in einem Technikunternehmen, ist sein Stellvertreter. Wildermuth war einmal ein guter Fußballer, Mowlai nie. Die Kinder brachten ihn in den Verein. Gemeinsam verbringen sie seitdem viel Zeit bei der Spvgg. Stuttgart-Ost. Und immer sonntags ziehen sie sich die gelbe Weste an, um bei den Spielen der ersten und zweiten "Männer" selbst den Ordnungsdienst zu übernehmen.

Verteilen der Westen gehört zum Masterplan Amateurfußball

Wildermuth lacht und sagt: "Das ist vielleicht nicht glamourös und anspruchsvoll, aber auch das gehört dazu. Wir haben einen Verein mit 700 Mitgliedern, über die Hälfte ist älter als 50 Jahre, ein Drittel gehört zum Jugendbereich. Jeder muss mal anpacken." Vor vier Jahren hatte der Württembergische Fußballverband seine Vereine verpflichtet, auch in den untersten Ligen einen mit Signalwesten gekennzeichneten Ordnungsdienst zu stellen. Westen wurden verschickt, auf rund 40 Infoabenden geschult. Nun wurde mit einer Studie die Wirksamkeit der Maßnahme untersucht und bestätigt. 76 Prozent der 2600 befragten Schiedsrichter fühlten sich durch den Einsatz der Ordner deutlich sicherer. Keine ganz so unwichtige Entwicklung angesichts rückläufiger Zahlen bei den Unparteiischen. Der DFB sorgt nun mit dem Versand von knapp 100.000 Ordnerwesten für die Verbreitung einer wirksamen Maßnahme.

"Meistens ist es ruhig, oft steht das Spiel nicht mal im Mittelpunkt", sagt Wildermuth. In Stuttgart ist es wie überall. Der Fußball liefert oft den Vorwand für den Plausch, das gemeinsame Bier oder den gemeinsamen Kaffee im Gartenrestaurant des Klubs. Vor rund einem halben Jahr passierte doch etwas. "Unser Gegner spielte um den Aufstieg. Kurz vor Schluss verwehrte der Schiedsrichter ihnen einen Elfmeter. Es kam zu üblen Beschimpfungen, das Spiel wurde unterbrochen, ich lief mit dem bedrängten Schiedsrichter zum Vereinsheim, zehn Mann hinter uns her." Die Aufregung legte sich gottseidank, vielleicht auch weil der Referee einen Ordner in gelber Weste an seiner Seite hatte.

Die bundesweite Verteilung der Westen durch den DFB gehört zu den ersten umgesetzten Maßnahmen des Masterplans Amateurfußball, erklärt Dr. Rainer Koch, der 1. Vizepräsident für Amateure des Verbandes: "Durch den Einsatz von Ordnern, die dank der Westen klar erkennbar gekennzeichnet sind, sollen mögliche Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden. Auf diese Weise wollen wir Eskalationen und Gewaltvorfälle verhindern."

Seminar zur Online-Schulung

Weitere Maßnahmen zur Gewaltprävention werden folgen. Um diese entwickeln zu können, beschäftigt sich der Verband erstmals intensiv mit der Anzahl und der Entstehung von Konflikten. Ab dem nächsten Jahr werden dazu alle Gewaltvorfälle auf den Fußballplätzen im Land mittels eines bundesweiten Lagebilds erfasst. "Die tatsächliche Quote liegt bei nicht einmal einem Vorfall pro 1000 Spiele. Wir wollen exakte Zahlen, damit wir wissen, wovon wir sprechen", sagt Hendrik Große-Lefert, Sicherheitsbeauftragter des DFB.

Begleitend zum Versand der Ordnerwesten stellt der DFB Qualifizierungsmaßnahmen für alle Vereine zur Verfügung. Auf der verbandseigenen Webseite DFB.de wird seit neuestem ein Seminar zur Online-Schulung angeboten, zudem gibt es ein Faltblatt mit den Rechten und Pflichten der Ordner und Einsteckkarten mit den wichtigsten Fakten. Sie werden gemeinsam mit den Ordnerwesten verteilt und stehen auf der Internetseite zum Download bereit.

Momentan verpflichtet nur der Landesverband Württemberg seine Vereine, in allen Klassen zwei Ordner zu stellen, die mit Hilfe von Ordnerwesten sichtbar gekennzeichnet sind. Beginnend ab der Landesliga, sind es drei Landesverbände, die den Einsatz von Ordnerwesten vorschreiben. Doch der Trend geht in genau diese Richtung. 11 Freunde rümpfte anfangs die Nase, man "schieße mit Kanonen auf Spatzen" schrieb das Monatsmagazin. Inzwischen ist etabliert, dass die Ordner auch in der Kreisliga eine positive Wirkung haben.

Hausrecht des Vereins gilt

"Uwe und ich, wir machen das gerne", erzählt Wildermuth und er sagt auch: "Emotionen gehören einfach zum Fußball, selbst in der Kreisliga." Nein, die Gewalt in den untersten Klassen habe nicht zugenommen, verwehrt er sich gegen allzu platte Verurteilungen. Und auch die Jugend sei heute nicht schlechter als früher, aber - das meint er dann doch - "das Aggressivitätspotenzial bei den Jüngeren hat schon zugenommen".

Und wenn's auf dem Platz mal zu aufgeregt wird, müssen die mit Westen ausgestatteten Ordner frühzeitig einschreiten – auch in der Kreisliga. Juristische Grundlage ist dabei das Hausrecht des Vereins. Mit der Berufung wird dieses Recht auf den Ordner übertragen. Damit dürfen Ordner etwa:

+ bei drohenden Konflikten einen Beteiligten auffordern, einen anderen Zuschauerbereich aufzusuchen

+ das Spielfeld betreten, um Konflikte zu unterbinden

+ notfalls angemessene körperliche Härte einsetzen

Jede Maßnahme muss verhältnismäßig angewendet werden. Oder wie Thomas Wildermuth es sagt: "Man muss seine Ordner sensibel aussuchen. Wenn man da einen jähzornigen oder ängstlichen Menschen hinstellt, ist am Ende mehr verloren als gewonnen."

Bleibt die Frage, was die beiden Freunde nach einem Jahr als Ordner in der Kreisliga gelernt haben? "Man muss frühzeitig hingehen, wenn eine Situation sich entwickelt", sagt Thomas Wildermuth: "Nicht zu lange warten, sondern früh schon deeskalieren." Und dafür eignet sich das Schwäbische bekanntlich besonders gut.

[dfb]

In Verbindung mit der Amateurfußballkampagne "Unsere Amateure – Echte Profis" kümmern sich DFB und Landesverbände auch auf den Kreisligaplätzen um mehr Sicherheit. Im Juli erhielten rund 22.000 Fußballklubs jeweils vier Ordnerwesten für ihre Spiele. Denn ein Modellversuch im Württembergischen Fußballverband hat bewiesen: Diese Maßnahme zeigt positive Wirkung. Nun bietet der DFB auch das Online-Seminar "Ordnungsdienst" an.

Hier wird geschwäbelt, da klingt alles ein wenig weicher und netter als anderswo. Die Sprache klopft einem aufmunternd auf die Schulter. Stuttgart-Ost, der Speckgürtel einer reichen Stadt, viel Grün, Selbstständige und leitende Angestellte residieren hier, idyllisch und doch nur eine kurze Autofahrt entfernt von den Angeboten der Großstadt. Auf wenigen Quadratkilometern drängen sich hier im Osten Stuttgarts die Amateurvereine. Fitness ist wichtig, das Miteinander auch.

Einer dieser Klubs ist die Spvgg. Stuttgart-Ost. Thomas Wildermuth und Uwe Mowlai sind ziemlich beste Freunde, und das schon viele Jahre. Wildermuth, 54 Jahre alt und Besitzer eines Autohauses, leitet die Fußballabteilung des Klubs. Mowlai, 52 Jahre und leitender Angestellter in einem Technikunternehmen, ist sein Stellvertreter. Wildermuth war einmal ein guter Fußballer, Mowlai nie. Die Kinder brachten ihn in den Verein. Gemeinsam verbringen sie seitdem viel Zeit bei der Spvgg. Stuttgart-Ost. Und immer sonntags ziehen sie sich die gelbe Weste an, um bei den Spielen der ersten und zweiten "Männer" selbst den Ordnungsdienst zu übernehmen.

Verteilen der Westen gehört zum Masterplan Amateurfußball

Wildermuth lacht und sagt: "Das ist vielleicht nicht glamourös und anspruchsvoll, aber auch das gehört dazu. Wir haben einen Verein mit 700 Mitgliedern, über die Hälfte ist älter als 50 Jahre, ein Drittel gehört zum Jugendbereich. Jeder muss mal anpacken." Vor vier Jahren hatte der Württembergische Fußballverband seine Vereine verpflichtet, auch in den untersten Ligen einen mit Signalwesten gekennzeichneten Ordnungsdienst zu stellen. Westen wurden verschickt, auf rund 40 Infoabenden geschult. Nun wurde mit einer Studie die Wirksamkeit der Maßnahme untersucht und bestätigt. 76 Prozent der 2600 befragten Schiedsrichter fühlten sich durch den Einsatz der Ordner deutlich sicherer. Keine ganz so unwichtige Entwicklung angesichts rückläufiger Zahlen bei den Unparteiischen. Der DFB sorgt nun mit dem Versand von knapp 100.000 Ordnerwesten für die Verbreitung einer wirksamen Maßnahme.

"Meistens ist es ruhig, oft steht das Spiel nicht mal im Mittelpunkt", sagt Wildermuth. In Stuttgart ist es wie überall. Der Fußball liefert oft den Vorwand für den Plausch, das gemeinsame Bier oder den gemeinsamen Kaffee im Gartenrestaurant des Klubs. Vor rund einem halben Jahr passierte doch etwas. "Unser Gegner spielte um den Aufstieg. Kurz vor Schluss verwehrte der Schiedsrichter ihnen einen Elfmeter. Es kam zu üblen Beschimpfungen, das Spiel wurde unterbrochen, ich lief mit dem bedrängten Schiedsrichter zum Vereinsheim, zehn Mann hinter uns her." Die Aufregung legte sich gottseidank, vielleicht auch weil der Referee einen Ordner in gelber Weste an seiner Seite hatte.

Die bundesweite Verteilung der Westen durch den DFB gehört zu den ersten umgesetzten Maßnahmen des Masterplans Amateurfußball, erklärt Dr. Rainer Koch, der 1. Vizepräsident für Amateure des Verbandes: "Durch den Einsatz von Ordnern, die dank der Westen klar erkennbar gekennzeichnet sind, sollen mögliche Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden. Auf diese Weise wollen wir Eskalationen und Gewaltvorfälle verhindern."

Seminar zur Online-Schulung

Weitere Maßnahmen zur Gewaltprävention werden folgen. Um diese entwickeln zu können, beschäftigt sich der Verband erstmals intensiv mit der Anzahl und der Entstehung von Konflikten. Ab dem nächsten Jahr werden dazu alle Gewaltvorfälle auf den Fußballplätzen im Land mittels eines bundesweiten Lagebilds erfasst. "Die tatsächliche Quote liegt bei nicht einmal einem Vorfall pro 1000 Spiele. Wir wollen exakte Zahlen, damit wir wissen, wovon wir sprechen", sagt Hendrik Große-Lefert, Sicherheitsbeauftragter des DFB.

Begleitend zum Versand der Ordnerwesten stellt der DFB Qualifizierungsmaßnahmen für alle Vereine zur Verfügung. Auf der verbandseigenen Webseite DFB.de wird seit neuestem ein Seminar zur Online-Schulung angeboten, zudem gibt es ein Faltblatt mit den Rechten und Pflichten der Ordner und Einsteckkarten mit den wichtigsten Fakten. Sie werden gemeinsam mit den Ordnerwesten verteilt und stehen auf der Internetseite zum Download bereit.

Momentan verpflichtet nur der Landesverband Württemberg seine Vereine, in allen Klassen zwei Ordner zu stellen, die mit Hilfe von Ordnerwesten sichtbar gekennzeichnet sind. Beginnend ab der Landesliga, sind es drei Landesverbände, die den Einsatz von Ordnerwesten vorschreiben. Doch der Trend geht in genau diese Richtung. 11 Freunde rümpfte anfangs die Nase, man "schieße mit Kanonen auf Spatzen" schrieb das Monatsmagazin. Inzwischen ist etabliert, dass die Ordner auch in der Kreisliga eine positive Wirkung haben.

Hausrecht des Vereins gilt

"Uwe und ich, wir machen das gerne", erzählt Wildermuth und er sagt auch: "Emotionen gehören einfach zum Fußball, selbst in der Kreisliga." Nein, die Gewalt in den untersten Klassen habe nicht zugenommen, verwehrt er sich gegen allzu platte Verurteilungen. Und auch die Jugend sei heute nicht schlechter als früher, aber - das meint er dann doch - "das Aggressivitätspotenzial bei den Jüngeren hat schon zugenommen".

Und wenn's auf dem Platz mal zu aufgeregt wird, müssen die mit Westen ausgestatteten Ordner frühzeitig einschreiten – auch in der Kreisliga. Juristische Grundlage ist dabei das Hausrecht des Vereins. Mit der Berufung wird dieses Recht auf den Ordner übertragen. Damit dürfen Ordner etwa:

+ bei drohenden Konflikten einen Beteiligten auffordern, einen anderen Zuschauerbereich aufzusuchen

+ das Spielfeld betreten, um Konflikte zu unterbinden

+ notfalls angemessene körperliche Härte einsetzen

Jede Maßnahme muss verhältnismäßig angewendet werden. Oder wie Thomas Wildermuth es sagt: "Man muss seine Ordner sensibel aussuchen. Wenn man da einen jähzornigen oder ängstlichen Menschen hinstellt, ist am Ende mehr verloren als gewonnen."

Bleibt die Frage, was die beiden Freunde nach einem Jahr als Ordner in der Kreisliga gelernt haben? "Man muss frühzeitig hingehen, wenn eine Situation sich entwickelt", sagt Thomas Wildermuth: "Nicht zu lange warten, sondern früh schon deeskalieren." Und dafür eignet sich das Schwäbische bekanntlich besonders gut.