Deutschland fährt zur Blindenfußball-WM: Big in Japan?

Erstmals hat sich die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft für eine WM qualifiziert. Nachdem der Weltverband IBSA das Teilnehmerfeld von zehn auf zwölf Teams aufstockte, steht nun fest: Der EM-Vierte Deutschland wird ab 13. November in Tokio dabei sein.

Bundespräsident Joachim Gauck ist Schirmherr der Blindenfußball-Bundesliga, gefördert wird sie seit 2008 vom DFB, mehr als 10.000 Zuschauer verfolgen jährlich die Spieltage in den Städten. Nun spielt man erstmals um den WM-Titel. Ein weiterer riesiger Erfolg für die in Deutschland noch junge Sportart. Alexander Fangmann ist Kapitän der deutschen Blindenfußballer. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth hat der 29-jährige Stuttgarter über die deutschen Chancen in Japan gesprochen.

DFB.de: Herr Fangmann, was wird möglich sein in Japan?

Alexander Fangmann: Weltmeister Brasilien werden wir wohl nicht schlagen können. Schließlich hat sich die deutsche Blindennationalmannschaft zum ersten Mal überhaupt für eine WM qualifiziert. Andererseits: Vor einem halben Jahr konnten wir dem brasilianischen Meister in einem hochklassigen Spiel ein 3:3 abtrotzen. An einem guten Tag ist alles drin. Warten wir es ab.

DFB.de: Wie bereitet sich das Nationalteam auf die WM vor?

Fangmann: Leider allzu kurz nur, wie so oft fehlt das Geld. Unsere WM-Vorbereitung wird sich auf vier Wochenendlehrgänge beschränken. Das klingt nicht nach viel und ist es auch nicht. Mitte März fliegen wir immerhin für ein paar Tage nach Japan, um die Gegebenheiten kennenzulernen. Dort spielen wir gegen die Japaner und zwei Klubs. Ende April testen wir dann in Dortmund gegen Rumänien.

DFB.de: Die Nationalmannschaft war früher praktisch identisch mit ihrem Klub, dem Rekordmeister MTV Stuttgart. Jetzt besteht die deutsche Auswahl aus zwei Blöcken, nämlich Spielern des Meisters Stuttgart und des Tabellenzweiten Blau-Gelb Blista Marburg. Ist die Nationalmannschaft dadurch stärker geworden?

Fangmann: Mit Alican Pektas und Taime Kuttig sind junge Spieler auf einem sehr guten Niveau dazugestoßen. Beide bringen ungeheuer viel Qualität mit und gehören einfach in die deutsche Mannschaft, genauso wie Robert Warzecha. Insgesamt sind wir unberechenbarer geworden. Im Blindenfußball sind oft auch die Topteams total abhängig von ein oder zwei Spielern. Wir sind jetzt breiter aufgestellt, das ist ein Vorteil.



Erstmals hat sich die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft für eine WM qualifiziert. Nachdem der Weltverband IBSA das Teilnehmerfeld von zehn auf zwölf Teams aufstockte, steht nun fest: Der EM-Vierte Deutschland wird ab 13. November in Tokio dabei sein.

Bundespräsident Joachim Gauck ist Schirmherr der Blindenfußball-Bundesliga, gefördert wird sie seit 2008 vom DFB, mehr als 10.000 Zuschauer verfolgen jährlich die Spieltage in den Städten. Nun spielt man erstmals um den WM-Titel. Ein weiterer riesiger Erfolg für die in Deutschland noch junge Sportart. Alexander Fangmann ist Kapitän der deutschen Blindenfußballer. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth hat der 29-jährige Stuttgarter über die deutschen Chancen in Japan gesprochen.

DFB.de: Herr Fangmann, was wird möglich sein in Japan?

Alexander Fangmann: Weltmeister Brasilien werden wir wohl nicht schlagen können. Schließlich hat sich die deutsche Blindennationalmannschaft zum ersten Mal überhaupt für eine WM qualifiziert. Andererseits: Vor einem halben Jahr konnten wir dem brasilianischen Meister in einem hochklassigen Spiel ein 3:3 abtrotzen. An einem guten Tag ist alles drin. Warten wir es ab.

DFB.de: Wie bereitet sich das Nationalteam auf die WM vor?

Fangmann: Leider allzu kurz nur, wie so oft fehlt das Geld. Unsere WM-Vorbereitung wird sich auf vier Wochenendlehrgänge beschränken. Das klingt nicht nach viel und ist es auch nicht. Mitte März fliegen wir immerhin für ein paar Tage nach Japan, um die Gegebenheiten kennenzulernen. Dort spielen wir gegen die Japaner und zwei Klubs. Ende April testen wir dann in Dortmund gegen Rumänien.

DFB.de: Die Nationalmannschaft war früher praktisch identisch mit ihrem Klub, dem Rekordmeister MTV Stuttgart. Jetzt besteht die deutsche Auswahl aus zwei Blöcken, nämlich Spielern des Meisters Stuttgart und des Tabellenzweiten Blau-Gelb Blista Marburg. Ist die Nationalmannschaft dadurch stärker geworden?

Fangmann: Mit Alican Pektas und Taime Kuttig sind junge Spieler auf einem sehr guten Niveau dazugestoßen. Beide bringen ungeheuer viel Qualität mit und gehören einfach in die deutsche Mannschaft, genauso wie Robert Warzecha. Insgesamt sind wir unberechenbarer geworden. Im Blindenfußball sind oft auch die Topteams total abhängig von ein oder zwei Spielern. Wir sind jetzt breiter aufgestellt, das ist ein Vorteil.

DFB.de: Vedat Sarikaya ist ein aggressiver, torgefährlicher Stürmer, aber laboriert immer wieder an Knöchelverletzungen. Rechnen Sie mit ihm für die WM in Japan?

Fangmann: Operationsbedarf besteht nicht, aber er hat halt immer wieder Malaissen mit den Knöcheln, auch wegen seiner kompromisslosen Spielweise. Wenn er wieder richtig einen draufbekommt, schwellen die Knöchel an, da helfen die besten Bandagen nicht. Als Offensivspieler kriegt man im Blindenfußball häufiger was ab. Aber ich denke schon, dass Vedat in Japan dabei sein kann. Er ist und bleibt mit seinen Abschlussqualitäten ein wichtiger Bestandteil unseres Spiels.

DFB.de: Zum Saisonfinale in Stuttgart wurde die Kooperation mit der DFB-Stiftung Sepp Herberger um weitere drei Jahre verlängert. Rund 250.000 Euro wird die Herberger-Stiftung wieder in die Blindenfußball-Bundesliga stecken. Wie sehr hilft das?

Fangmann: Ich bin Blindenfußballer, für Geld also der falsche Ansprechpartner. (lacht) Wir bestreiten einige Bundesliga-Spieltage mitten in den Fußgängerzonen. Damit erreichen wir mehr als 10.000 Zuschauer pro Saison, die Bekanntheit des Blindenfußballs ist seit 2008, als die Stiftung einstieg, enorm gewachsen. Aber alleine der Auf- und Abbau des Platzes kostet eine Menge Geld. Danach bleibt nicht viel übrig. Jedes Bundesligateam erhält zum Beispiel lediglich 1500 Euro Reisekostenzuschuss für eine ganze Saison. Das reicht fürs Benzin, aber nicht für die Übernachtungen. Mir ist klar, dass die Stiftung nur eine Anschubfinanzierung gewährleisten kann. Die Vereine müssen sich selbst tragen. Aber wenn die Nationalmannschaft schon starke Einschnitte machen muss, fällt es den Teams nicht leichter.

DFB.de: Was muss besser werden?

Fangmann: Die frühzeitige Bekanntgabe der Spielorte könnte die Gestaltung des Jahresfinanzplans der oftmals bei kleinen Vereinen angesiedelten Blindenfußballer wesentlich vereinfachen. Auch eine ausgewogene Verteilung der Spielorte würde zu einer gerechteren finanziellen Belastung der Teams beitragen. Große Sponsoren hat der attraktive Blindenfußball bisher kaum gewinnen können, obwohl hierin meiner Meinung nach ein ungeheures Potenzial schlummert.

DFB.de: Sie sind gerade so in Fahrt. Gibt es weitere Verbesserungsvorschläge?

Fangmann: Im internationalen Vergleich können wir vom reinen Trainingsaufwand als Nationalteam nicht mithalten. Einige Topspieler anderer Nationen betreiben den Sport sogar als Full-Time-Job. Blindenfußballweltstars wie Jefferson Goncalves, genannt Jefinho, aus Brasilien beziehen durch erfolgsorientierte Prämien und Sponsoringverträge mit Großunternehmen wie Coca-Cola oder IBM mehrere Tausend Euro monatlich. Damit können wir uns als intensive Hobbysportler nicht ansatzweise vergleichen. Umso höher ist das bisher Erreichte einzuschätzen - und es lässt vermuten, was noch möglich wäre.

DFB.de: Seit 2008 fördert die Sepp-Herberger-Stiftung den Blindenfußball. Wie bewerten Sie hier die Zusammenarbeit?

Fangmann: Absolut positiv. Das soziale Engagement der Stiftung hat der breiten Öffentlichkeit unseren Sport an prominenten Stellen der Republik als Multiplikator präsentiert. Wir warten jedoch noch auf fußballbegeisterte Partner, die vor Ort, bei den Teams auf den Zug aufspringen, damit die Entwicklung weiter in dem Tempo vorangeht.

DFB.de: Auf dem Schlossplatz in Stuttgart verfolgten 3500 Zuschauer den Spieltag. Ist die "Städteserie" sinnvoll?

Fangmann: Auch wenn unser mobiles Kunstrasenfeld ausgelegt wird, bleiben die Spieltage in den Fußgängerzonen oder auf den großen Plätzen eine harte Angelegenheit. Wenn man zwei Spiele pro Tag bestreitet, geht es auf die Knochen. Die Zuschauer sind natürlich super. Unser gemeinsames Ziel - das der Spieler, der Herberger-Stiftung, des Behinderten-Sportverbandes - muss es sein, dass Blindenfußball als Sportart wahrgenommen wird, nicht als ein paar sehbehinderte Menschen, die zufällig in einer Fußgängerzone einen Rasselball rumkicken. Der erste und letzte Spieltag der neuen Saison werden in Innenstädten sein, der Rest direkt bei den Vereinen - das empfinde ich persönlich als eine sinnvolle Verteilung.

DFB.de: In der Berliner taz erschien vor ein paar Wochen eine abfällige Glosse über Blindenfußball, in der auch Nationalspieler Robert Warzecha genannt wurde. Wie haben Sie den Vorgang erlebt?

Fangmann: Ich war nicht beleidigt, Robert war nicht beleidigt, aber man würde schon denken, dass jemand, der für eine Zeitung schreibt, sich auch zumindest ein wenig in der Materie auskennt. Wieso macht sich einer über einen Sport lustig, den er gar nicht kennt? Da fehlt einfach der Respekt vor dem Sport generell, das hat mit Behinderung nichts zu tun. Blau-Gelb Marburg hat die Redaktion zu einem Freundschaftsspiel eingeladen, soweit ich weiß, hat die taz auch zugesagt. Ich denke, unsere Reaktion als Blindenfußball auf den Artikel war okay. Wir haben gelernt, uns zu positionieren.

DFB.de: Was bedeutet es Ihnen, trotz Ihrer Blindheit Fußball zu spielen?

Fangmann: Es ist immer wieder eine Herausforderung, aufs Feld zu gehen. Ich habe jetzt ein paar Wochen weniger trainiert, weil ich meine Abschlussarbeit fertigschreiben musste. Ich bin richtig heiß. Fußball zu spielen, bedeutet mir wirklich sehr viel. Und fünf Jahre will ich mindestens noch auf diesem Niveau dabei sein. Um dann noch einen Titel mit den Jungs zu gewinnen. Deutschland will sich als Ausrichter für die EM 2017 bewerben - das wäre natürlich genial.