Chiles Arturo Vidal: Hier geht der Punk ab

Er ist Chiles Superstar, er ist einer der begehrtesten Mittelfeldspieler überhaupt. Und er ist einer, von dem seine Gegner noch lange träumen. In vier Jahren bei Bayer 04 Leverkusen reifte Arturo Vidal zum Klassespieler, bei Juventus Turin haben sie ihrem Vorzeigekämpfer den Spitznamen "König Artur" gegeben. Am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) will er mit Chile in Stuttgart gegen Deutschland bestehen. Und dann seine schon jetzt beeindruckenden Karriere krönen - bei der WM in Brasilien. Das DFB.de-Porträt.

Für das Jahr 2014 hat sich Arturo Vidal opulente Ziele gesetzt. Den Gewinn der Europa League im heimischen Juventus-Stadion, die dritte Meisterschaft mit den Turinern in Serie, eine herausragende WM-Endrunde und den Goldenen Ball. Der Chilene muss also eine Menge erledigen. Ganz so hoch hängen die Ziele dann doch nicht, denn der 26-Jährige zählt gegenwärtig zu den fraglos besten Mittelfeldspielern weltweit. Unnachgiebige Balleroberung, sausende Offensivstärke – derartige Qualitäten kombinieren nur ganz wenige.

Vidal ist überall

Neulich sinnierte die italienische Sportzeitung "Gazzetta dello Sport" über Vidals imposantes Pensum: "Manchmal erscheint es, als erobert er den Ball, schlägt ihn prompt nach vorne zu sich selbst und sorgt für Gefahr im gegnerischen Strafraum. Dann steht Vidal auf einmal wieder inmitten der Defensivreihe zum nächsten Ballgewinn." Der primären Abwehr-Direktive stehen in 108 Juventus-Einsätzen beeindruckende 37 Treffer gegenüber, dabei erzielte er 17-mal das wichtige 1:0. "Oft redet man lediglich über die Stürmer. Doch Arturo ist die wahrlich unverzichtbare Waffe im Team, ein kompletter Ausnahmeprofi", analysierte der ehemalige Juve-Angreifer und 82er-Weltmeister Paolo Rossi. Selbst im Training kann sich Vidal selten zügeln, kreuz und quer über das Feld zu toben. Dann überreicht der Trainer ihm bisweilen einfach die Trillerpfeife, um das Konditionsprogramm der Mitspieler zu dirigieren.

Die Tifosi honorierten die Spielweise des Chilenen rasch und tauften ihn "König Artur" und "Celia Punk" (in Anlehnung an seine Lieblings- Sängerin Celia Cruz). Dank seiner unermüdlichen Anstrengungen erfanden die Medien das Juventus-Attribut "Vidalität". Ihm selbst gefällt der Spitzname "Krieger" am besten. "Das ist eben seit jeher mein Stil", sagt Vidal. "Meine Mutter nenne ich Kriegerin, weil mein Vater uns verließ, als ich fünf war, und sie in harten Verhältnissen alleine sechs Kinder großgezogen hat – auf dem Rasen werde ich dann ebenfalls in jeder Partie zum Krieger."

Juventus-Vertrag bis 2017 verlängert

Die Heimat verließ er 2007 als damals historisch teuerster Transfer der chilenischen Meistermannschaft für kolportierte elf Millionen Dollar in Richtung Leverkusen. "Deutschland half mir sehr. In der Heimat war ich bei Colo-Colo häufig ein Hitzkopf. In der Bundesliga, einer der stärksten Ligen überhaupt, war ich gezwungen, reifer zu werden." Die letzte Bayer-Saison schloss er mit seinem Ligabestwert von zehn Toren ab. 2011 klopften deshalb die Bayern an, doch Vidal gab Juventus den Zuschlag und begründete: "Juve ist eine Institution, für uns Südamerikaner einer der größten Vereine der Geschichte. Außerdem liegt Italien meinem Latino-Gemüt eben besser." Für lediglich knapp elf Millionen Euro Ablöse gewannen die Turiner zweifelsohne den Jackpot. Erst im letzten Sommer überboten sich die Top-Teams aus Spanien und England mit pompösen Offerten, doch Vidal blieb und verlängerte bis 2017. "Diese Nachricht ist besser als ein Neuzugang. Ohne Arturo hätte ich sicherlich eine Menge mehr zu tun", jubelte Italiens Nationalkeeper und Juve-Kapitän Gianluigi Buffon.

"Ich erlebe die beste Phase meiner Karriere, und Juventus ist für mich wie eine Familie. Wenn die Fans meinen Namen skandieren, bekomme ich Gänsehaut. Also stand ein Wechsel für mich nicht zur Debatte", kommentierte Vidal. Dabei drohte ihm in Turin anfangs die Rolle des Edel- Jokers, weil die Pläne von Trainer Antonio Conte für den Chilenen keinen Platz in der Startformation bereithielten. "Arturo stieß wegen der Copa América als Letzter zum Kader", erinnert sich der Coach. "Es ist eine Sache, Spieler auf Videos zu analysieren, eine andere, sie live zu begutachten. Man sah gleich, was für ein Riesenspieler und wichtiger Baustein er war." In Contes beabsichtigtem Schema musste der Chilene auf der Bank Platz nehmen – kurzfristig. "Das konnte ich nicht lange durchziehen. Für Arturo änderte ich die taktische Ausrichtung, denn man wäre ja wahnsinnig, Arturo zu ignorieren." So modifizierte der Coach das System in der Folge zunächst in ein 4-3-3, später zum 3-5-2 und erntete überzeugende Resultate, sprich: jeweils zwei Meisterschaften und Superpokale, aktuell befindet man sich auf dem besten Weg, den dritten Scudetto zu erreichen.

Auch die Nationalmannschaft beugte sich seiner Unverzichtbarkeit. Ende 2011 überzogen Vidal und vier Teamkollegen den Zapfenstreich um 45 Minuten. Vidals Version klang kaum überraschend differenzierter: "Wir waren bei der Tauffeier des Sohnes eines Teamkollegen und kamen 30 Minuten zu spät. Aber ich hatte keinen Tropfen Alkohol getrunken." Der Verband erteilte eine heftige Sperre über zehn Partien, die man im April 2012 auf fünf reduzierte. "König Artur" auf lange Zeit zu ignorieren, wäre halt nicht so einfach.

Der beste Chilene seit Zamorano und Salas?

Nun ist er bald dabei bei der WM-Endrunde in Brasilien, die eine verzwickte Auslosung mit Spanien, den Niederlanden und Australien beschert hat. Vidal nennt das Turnier "die Weltmeisterschaft unseres Lebens. Vielleicht verfügen wir über die stärkste Generation Chiles aller Zeiten. Eine einzigartige Truppe, vor der sich alle in Acht nehmen sollten." "La Roja" blickt schließlich auf keine imposante Vergangenheit: Vor dem Achtelfinal-Aus in Südafrika 2010 nahm Chile seit 1970 nur an drei Endrunden teil.

Ob er dabei der beste Chilene seit den Idolen Marcelo Salas und Ivan Zamorano sei, überlässt Vidal den Kritikern. Sein Vereinscoach Antonio Conte besitzt eine eindeutige, wenn auch eher martialische Überzeugung: "Wenn ich in eine Schlacht ziehen müsste, würde ich allein Arturo mitnehmen – der reicht völlig." Brasilien darf sich im Sommer also auf einiges gefasst machen.

[dfb]

Er ist Chiles Superstar, er ist einer der begehrtesten Mittelfeldspieler überhaupt. Und er ist einer, von dem seine Gegner noch lange träumen. In vier Jahren bei Bayer 04 Leverkusen reifte Arturo Vidal zum Klassespieler, bei Juventus Turin haben sie ihrem Vorzeigekämpfer den Spitznamen "König Artur" gegeben. Am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) will er mit Chile in Stuttgart gegen Deutschland bestehen. Und dann seine schon jetzt beeindruckenden Karriere krönen - bei der WM in Brasilien. Das DFB.de-Porträt.

Für das Jahr 2014 hat sich Arturo Vidal opulente Ziele gesetzt. Den Gewinn der Europa League im heimischen Juventus-Stadion, die dritte Meisterschaft mit den Turinern in Serie, eine herausragende WM-Endrunde und den Goldenen Ball. Der Chilene muss also eine Menge erledigen. Ganz so hoch hängen die Ziele dann doch nicht, denn der 26-Jährige zählt gegenwärtig zu den fraglos besten Mittelfeldspielern weltweit. Unnachgiebige Balleroberung, sausende Offensivstärke – derartige Qualitäten kombinieren nur ganz wenige.

Vidal ist überall

Neulich sinnierte die italienische Sportzeitung "Gazzetta dello Sport" über Vidals imposantes Pensum: "Manchmal erscheint es, als erobert er den Ball, schlägt ihn prompt nach vorne zu sich selbst und sorgt für Gefahr im gegnerischen Strafraum. Dann steht Vidal auf einmal wieder inmitten der Defensivreihe zum nächsten Ballgewinn." Der primären Abwehr-Direktive stehen in 108 Juventus-Einsätzen beeindruckende 37 Treffer gegenüber, dabei erzielte er 17-mal das wichtige 1:0. "Oft redet man lediglich über die Stürmer. Doch Arturo ist die wahrlich unverzichtbare Waffe im Team, ein kompletter Ausnahmeprofi", analysierte der ehemalige Juve-Angreifer und 82er-Weltmeister Paolo Rossi. Selbst im Training kann sich Vidal selten zügeln, kreuz und quer über das Feld zu toben. Dann überreicht der Trainer ihm bisweilen einfach die Trillerpfeife, um das Konditionsprogramm der Mitspieler zu dirigieren.

Die Tifosi honorierten die Spielweise des Chilenen rasch und tauften ihn "König Artur" und "Celia Punk" (in Anlehnung an seine Lieblings- Sängerin Celia Cruz). Dank seiner unermüdlichen Anstrengungen erfanden die Medien das Juventus-Attribut "Vidalität". Ihm selbst gefällt der Spitzname "Krieger" am besten. "Das ist eben seit jeher mein Stil", sagt Vidal. "Meine Mutter nenne ich Kriegerin, weil mein Vater uns verließ, als ich fünf war, und sie in harten Verhältnissen alleine sechs Kinder großgezogen hat – auf dem Rasen werde ich dann ebenfalls in jeder Partie zum Krieger."

Juventus-Vertrag bis 2017 verlängert

Die Heimat verließ er 2007 als damals historisch teuerster Transfer der chilenischen Meistermannschaft für kolportierte elf Millionen Dollar in Richtung Leverkusen. "Deutschland half mir sehr. In der Heimat war ich bei Colo-Colo häufig ein Hitzkopf. In der Bundesliga, einer der stärksten Ligen überhaupt, war ich gezwungen, reifer zu werden." Die letzte Bayer-Saison schloss er mit seinem Ligabestwert von zehn Toren ab. 2011 klopften deshalb die Bayern an, doch Vidal gab Juventus den Zuschlag und begründete: "Juve ist eine Institution, für uns Südamerikaner einer der größten Vereine der Geschichte. Außerdem liegt Italien meinem Latino-Gemüt eben besser." Für lediglich knapp elf Millionen Euro Ablöse gewannen die Turiner zweifelsohne den Jackpot. Erst im letzten Sommer überboten sich die Top-Teams aus Spanien und England mit pompösen Offerten, doch Vidal blieb und verlängerte bis 2017. "Diese Nachricht ist besser als ein Neuzugang. Ohne Arturo hätte ich sicherlich eine Menge mehr zu tun", jubelte Italiens Nationalkeeper und Juve-Kapitän Gianluigi Buffon.

"Ich erlebe die beste Phase meiner Karriere, und Juventus ist für mich wie eine Familie. Wenn die Fans meinen Namen skandieren, bekomme ich Gänsehaut. Also stand ein Wechsel für mich nicht zur Debatte", kommentierte Vidal. Dabei drohte ihm in Turin anfangs die Rolle des Edel- Jokers, weil die Pläne von Trainer Antonio Conte für den Chilenen keinen Platz in der Startformation bereithielten. "Arturo stieß wegen der Copa América als Letzter zum Kader", erinnert sich der Coach. "Es ist eine Sache, Spieler auf Videos zu analysieren, eine andere, sie live zu begutachten. Man sah gleich, was für ein Riesenspieler und wichtiger Baustein er war." In Contes beabsichtigtem Schema musste der Chilene auf der Bank Platz nehmen – kurzfristig. "Das konnte ich nicht lange durchziehen. Für Arturo änderte ich die taktische Ausrichtung, denn man wäre ja wahnsinnig, Arturo zu ignorieren." So modifizierte der Coach das System in der Folge zunächst in ein 4-3-3, später zum 3-5-2 und erntete überzeugende Resultate, sprich: jeweils zwei Meisterschaften und Superpokale, aktuell befindet man sich auf dem besten Weg, den dritten Scudetto zu erreichen.

Auch die Nationalmannschaft beugte sich seiner Unverzichtbarkeit. Ende 2011 überzogen Vidal und vier Teamkollegen den Zapfenstreich um 45 Minuten. Vidals Version klang kaum überraschend differenzierter: "Wir waren bei der Tauffeier des Sohnes eines Teamkollegen und kamen 30 Minuten zu spät. Aber ich hatte keinen Tropfen Alkohol getrunken." Der Verband erteilte eine heftige Sperre über zehn Partien, die man im April 2012 auf fünf reduzierte. "König Artur" auf lange Zeit zu ignorieren, wäre halt nicht so einfach.

Der beste Chilene seit Zamorano und Salas?

Nun ist er bald dabei bei der WM-Endrunde in Brasilien, die eine verzwickte Auslosung mit Spanien, den Niederlanden und Australien beschert hat. Vidal nennt das Turnier "die Weltmeisterschaft unseres Lebens. Vielleicht verfügen wir über die stärkste Generation Chiles aller Zeiten. Eine einzigartige Truppe, vor der sich alle in Acht nehmen sollten." "La Roja" blickt schließlich auf keine imposante Vergangenheit: Vor dem Achtelfinal-Aus in Südafrika 2010 nahm Chile seit 1970 nur an drei Endrunden teil.

Ob er dabei der beste Chilene seit den Idolen Marcelo Salas und Ivan Zamorano sei, überlässt Vidal den Kritikern. Sein Vereinscoach Antonio Conte besitzt eine eindeutige, wenn auch eher martialische Überzeugung: "Wenn ich in eine Schlacht ziehen müsste, würde ich allein Arturo mitnehmen – der reicht völlig." Brasilien darf sich im Sommer also auf einiges gefasst machen.