"Cacaus Bekenntnis zu Deutschland gefällt mir"

Als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration ist Prof. Dr. Maria Böhmer seit November 2005 Gesicht und Stimme für ein wichtiges Zukunftsthema.

Jedes dritte Kind wird heute in eine Zuwandererfamilie hineingeboren. Die Staatsministerin setzt sich dafür ein, „dass Migranten sich auf das Leben in Deutschland einlassen. Und dass wir, die hier schon lange leben, sie herzlich willkommen heißen. Beide Seiten müssen bereit sein, sich zu verändern.“

Die Integrationsabeauftragte, die 1990 für die CDU in den Bundestag einzog, hat den Auftritt der DFB-Auswahl in Südafrika genau verfolgt und ist überzeugt: „Die Nationalmannschaft, wie sie aufgestellt wurde und wie sie zusammen gespielt hat, ist ein Modell für Deutschland“.

DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit Maria Böhmer über die neue Nationalmannschaft, eine sich verändernde Bevölkerungsstruktur und über das Singen der Hymne.

DFB.de.: Frau Böhmer, haben Ihnen Ihre Amtsgeschäfte genug Zeit gelassen, die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika zu verfolgen?

Prof. Dr. Maria Böhmer: Immerhin konnte ich mir alle Spiele der deutschen Mannschaft im Fernsehen anschauen, dazu auch das Endspiel zwischen Spanien und Holland. Bei unserer Mannschaft habe ich mitgefiebert und mitgezittert. Und habe mit großer Freude gesehen, wie sich der Spielstil unserer Mannschaft verändert hat.

DFB.de: Ihnen muss auch gefallen haben, wie gut Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira im defensiven Mittelfeld, Arne Friedrich und Jerome Boateng in der Abwehr, oder Thomas Müller und Lukas Podolski im Sturm harmoniert haben. Ist die Nationalmannschaft bei der Integration so etwas wie der Prototyp für den Rest von Deutschland?

Böhmer: In der Tat, das denke ich. Die WM hat gezeigt, die Nationalmannschaft ist ein Modell für Deutschland. So wie diese Mannschaft aufgestellt wurde und dann zusammen gespielt hat, das ist schon im Wortsinn vorbildlich. Mit Erfolgswillen und vor allem Teamgeist, der Bereitschaft zum Zusammenspiel, kann vieles gelingen. Das klappte auf dem Fußballfeld, und kann so auch für unser Land funktionieren.



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Als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration ist Prof. Dr. Maria Böhmer seit November 2005 Gesicht und Stimme für ein wichtiges Zukunftsthema.

Jedes dritte Kind wird heute in eine Zuwandererfamilie hineingeboren. Die Staatsministerin setzt sich dafür ein, „dass Migranten sich auf das Leben in Deutschland einlassen. Und dass wir, die hier schon lange leben, sie herzlich willkommen heißen. Beide Seiten müssen bereit sein, sich zu verändern.“

Die Integrationsabeauftragte, die 1990 für die CDU in den Bundestag einzog, hat den Auftritt der DFB-Auswahl in Südafrika genau verfolgt und ist überzeugt: „Die Nationalmannschaft, wie sie aufgestellt wurde und wie sie zusammen gespielt hat, ist ein Modell für Deutschland“.

DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit Maria Böhmer über die neue Nationalmannschaft, eine sich verändernde Bevölkerungsstruktur und über das Singen der Hymne.

DFB.de.: Frau Böhmer, haben Ihnen Ihre Amtsgeschäfte genug Zeit gelassen, die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika zu verfolgen?

Prof. Dr. Maria Böhmer: Immerhin konnte ich mir alle Spiele der deutschen Mannschaft im Fernsehen anschauen, dazu auch das Endspiel zwischen Spanien und Holland. Bei unserer Mannschaft habe ich mitgefiebert und mitgezittert. Und habe mit großer Freude gesehen, wie sich der Spielstil unserer Mannschaft verändert hat.

DFB.de: Ihnen muss auch gefallen haben, wie gut Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira im defensiven Mittelfeld, Arne Friedrich und Jerome Boateng in der Abwehr, oder Thomas Müller und Lukas Podolski im Sturm harmoniert haben. Ist die Nationalmannschaft bei der Integration so etwas wie der Prototyp für den Rest von Deutschland?

Böhmer: In der Tat, das denke ich. Die WM hat gezeigt, die Nationalmannschaft ist ein Modell für Deutschland. So wie diese Mannschaft aufgestellt wurde und dann zusammen gespielt hat, das ist schon im Wortsinn vorbildlich. Mit Erfolgswillen und vor allem Teamgeist, der Bereitschaft zum Zusammenspiel, kann vieles gelingen. Das klappte auf dem Fußballfeld, und kann so auch für unser Land funktionieren.

DFB.de: Einige Nationalspieler mit Migrationshintergrund singen bei der Hymne nicht mit. Wie bewerten Sie diese stumme Anteilnahme beim Deutschland-Lied?

Böhmer: Richtig war jedenfalls, es den Spielern frei zu stellen, ob sie singen oder nicht. Man sollte die Nationalhymne nur aus vollem Herzen singen, das ist auch ein gewissermaßen persönlicher Moment. Ich habe jedenfalls beobachtet, dass sich alle Spieler stark mit dieser Mannschaft und unserem Land identifizieren. Mesut Özil hätte auch für die Türkei spielen können, aber er hat sich für die deutsche Mannschaft entschieden, das ist doch wichtig.

DFB.de: Wie sehr sollten sich Einwanderer denn generell den gesellschaftlichen Normen und Bräuchen anpassen?

Böhmer: Auch beim Fußball muss man bestimmte Regeln beherrschen und einhalten. Einzelkämpfer kommen selten weiter. Die Ausgangsbasis für ein gutes Zusammenleben ist ein Anerkennen der Werteordnung, die wir in unserem Land haben. Man muss schon „Ja“ sagen zu dem Land, in dem man auf Dauer leben und arbeiten möchte, und in dem man die Zukunft für sich und die eigenen Kinder gestallten möchte. Mir hat Cacaus Bekenntnis zu Deutschland gefallen, gerade auch weil er betont hat, wie wichtig es ihm ist, die deutsche Sprache zu beherrschen. Damit wird ein Rahmen gesetzt, den es durchaus einzuhalten gilt. Gleichzeitig muss niemand seine Herkunft vergessen oder gar verleugnen. Unser Land wird durch das Zusammenkommen verschiedener kultureller Erfahrungen bereichert, was man übrigens auch in Südafrika beobachten konnte. Dass im Spiel der Mannschaft von Joachim Löw neben der Kampfkraft und der taktischen Ordnung auch Leichtigkeit und Spielfreude noch stärker als früher Betonung finden, hat mir jedenfalls sehr gefallen. Vielfalt ist ein Gewinn, beim Fußball und auch anderswo.

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DFB.de: Was entgegnen Sie denjenigen, die kritisieren, dass überhaupt Spieler mit einer Zuwanderungsgeschichte in einer deutschen Nationalmannschaft spielen?

Böhmer: Wer heute mit offenen Augen durch Deutschland geht, nicht nur durch die Städte, sondern auch durch die ländlichen Regionen, der wird erkennen, dass sich das Land verändert hat. In manchen Schulklassen ist der Lehrer der einzige Deutsche ohne jeden Migrationshintergrund. Der DFB ist in Frankfurt beheimatet, dort wachsen von den Kindern unter sechs Jahren mehr als 65 Prozent in einer Zuwandererfamilie auf. Die Nationalmannschaft ist also auch ein Spiegelbild deutscher Realität und Gegenwart. Sie zeigt, dass Aufstieg jedem möglich sein kann und dient damit gerade auch unter Migranten als ein wichtiges Vorbild. Für einen guten Zusammenhalt in unserem Land erfüllt sie damit eine nicht unwichtige Funktion. Das sollten sich auch die angesprochenen kritischen Fans vor Augen führen.

DFB.de: Sie haben Frankfurt angesprochen. Wie sehen die Zahlen für Deutschland aus?

Böhmer: Uber 16 Millionen Migranten leben inzwischen in Deutschland, die Hälfte davon etwa mit einem deutschen Pass. Gerade der Anteil bei den Kindern wächst. Perspektivisch ist es so, dass trotz steigender durchschnittlicher Lebenserwartung die Gesamtbevölkerungszahl zurückgehen wird, während die Zahl der im Schnitt auch jüngeren Migranten noch steigt. Auch deshalb ist es eminent wichtig, dass die Talente der jungen Generation der Migranten in die Zukunft unseres Landes eingebracht werden. Das ist der DFB-Auswahl in Südafrika schon hervorragend gelungen.

DFB.de: Zwei Plätze nach oben waren noch Luft.

Böhmer: Wenn ich an den Bildungsbereich denke, haben wir eine größere Aufholjagd vor uns als die Nationalmannschaft. Mit den Bildungs- und Ausbildungsergebnissen bei jugendlichen Migranten bin ich noch nicht zufrieden. Doch auch bei dort gibt es positive Entwicklungen. Immer mehr Schülerinnen und Schüler aus Zuwandererfamilien machen das Abitur. Unter dieser Gruppe der Abiturienten entscheiden sich immer mehr für ein Studium. Dieser Trend muss sich fortsetzen, denn wir brauchen jedes Talent in Deutschland.

DFB.de: Wie bewerten Sie die neuen Zahlen der OECD zum deutschen Arbeitsmarkt?

Böhmer: Zwei Studien der vergangenen Monate machen Mut. Die Zahlen von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung machen deutlich, dass die Befürchtung, Migranten haben unter der Wirtschaftskrise mehr zu leiden als Deutsche, sich nicht bewahrheitet hat. Wir legen großen Wert auf Bildung und Ausbildung, das zahlt sich jetzt aus. Deutschland ist ein hochindustrialisiertes Land, das exzellente Fachkräfte benötigt, weil die einfachen Jobs bedingt durch den Strukturwandel in der Indusrie weggefallen sind.

DFB.de: Und die zweite Studie?

Böhmer: Das Gutachten des Sachverständigenrates der deutschen Stiftungen bestätigt ebenfalls, dass die Integration viel besser läuft als das viele vermuten. Das sollte uns alle ermutigen. Der DFB hat es mit seiner Botschaft „Integration fängt bei mir an“ auf den Punkt gebracht. Daran müssen viele mitarbeiten, nicht nur der Staat. Der Deutsche Fußball-Bund jedenfalls hat alle seine Selbstverpflichtungen aus dem Nationalen Integrationsplan eingelöst.