Cacau: "Ein neuer Lebensabschnitt beginnt"

Claudemir Jeronimo Barreto - oder kurz: Cacau - beendet seine Profikarriere. Im Team des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wird der 23-malige Nationalspieler aber weiter eine wichtige Rolle spielen. Cacau will den DFB beim hochaktuellen Thema Integration stark unterstützen. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit dem 35 Jahre alten ehemaligen VfB Stuttgart-Stürmer, der 2010 zum deutschen WM-Aufgebot gehört hatte, über seine Zukunft.

DFB.de: Cacau, Sie sind schon seit einiger Zeit als Integrationsbotschafter des Deutschen Fußball-Bundes aktiv und haben sich vor einigen Tagen mit DFB-Präsident Reinhard Grindel in Frankfurt getroffen.

Cacau: Das stimmt. Und wir haben ein sehr gutes Gespräch geführt. Er hat mich gebeten, den Deutschen Fußball-Bund künftig verstärkt bei Terminen und Projekten zum Thema Integration zu vertreten. Ich bin selbst 1999 von Brasilien nach Deutschland eingewandert und habe 2009 die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Mein Motiv damals war nicht, irgendwann für die Nationalmannschaft spielen zu können, sondern meine Liebe für Deutschland. Meine Kinder sind hier geboren worden und aufgewachsen. Ich kenne die Schwierigkeiten und die Prüfungen von Einwanderern. Als ich damals in München ankam, konnte ich kein Wort Deutsch. Dennoch wurde ich total offen von den Leuten empfangen. Viele Menschen haben mir damals uneigennützig und sehr herzlich weitergeholfen. Ich glaube, ich kann Einwanderern glaubwürdig vermitteln, welche Chance einem offenstehen. Und wieviel man dafür auch leisten muss.

DFB.de: Die Anzahl rechtsextremer Straftaten gerade auch gegen Flüchtlinge hat zugenommen. Verfolgen Sie solche Nachrichten?

Cacau: Mit Sorge. Das ist nicht das Deutschland, das ich kenne. Aber man darf sich auch nicht zu sehr ängstigen lassen. Das ist nicht die Mehrheit, es sind radikale Einzeltäter oder radikale Gruppen, von denen die Gefahr ausgeht. Solche Übergriffe schaden dem Bild des Landes, auch international. Deutschland hat sich auf einen Weg begeben, viele Flüchtlinge aufzunehmen und hier zu integrieren. Das ist kein einfacher Weg, aber ich blicke mit Zuversicht auf die kommenden Jahre.

DFB.de: Welche konkreten Initiativen verfolgt der DFB, um Integration mit den Mitteln des Fußballs voranzutreiben?

Cacau: Fußball ist ideal geeignet, gerade Menschen anzusprechen, die neu hier ankommen. Die Sprache ist erst einmal kein Problem. 2015 hat der DFB mehr als 40.000 Spielberechtigungen für Ausländer ausgestellt. Üblich waren bisher etwa 10.000 Spielerpässe pro Jahr. Man sieht also, dass auch viele Flüchtlinge sehr gerne Fußball spielen. Der DFB und die Bundesregierung fördern Amateurvereine, die Flüchtlinge zum Fußballspielen einladen. Die Initiative "1:0 für ein Willkommen!" ist eine ebenso großartige Sache wie der DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis, der jährlich an Vereine und Einzelpersonen verliehen wird, die sich für Integration vorbildlich engagieren.

DFB.de: Was ist Ihr nächster Termin als DFB-Integrations-Botschafter?

Cacau: Für den 25. Oktober hat mich Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu einer Podiumsdiskussion nach Köln eingeladen. Das Thema lautet: "Wie gelingt Integration? Was hält eine Gesellschaft zusammen?" Ich freue mich darauf, meine Erfahrungen und Erlebnisse einzubringen als Fußballer und gebürtiger Brasilianer, der nun ein deutschen Pass hat.



Claudemir Jeronimo Barreto - oder kurz: Cacau - beendet seine Profikarriere. Im Team des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wird der 23-malige Nationalspieler aber weiter eine wichtige Rolle spielen. Cacau will den DFB beim hochaktuellen Thema Integration stark unterstützen. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit dem 35 Jahre alten ehemaligen VfB Stuttgart-Stürmer, der 2010 zum deutschen WM-Aufgebot gehört hatte, über seine Zukunft.

DFB.de: Cacau, Sie sind schon seit einiger Zeit als Integrationsbotschafter des Deutschen Fußball-Bundes aktiv und haben sich vor einigen Tagen mit DFB-Präsident Reinhard Grindel in Frankfurt getroffen.

Cacau: Das stimmt. Und wir haben ein sehr gutes Gespräch geführt. Er hat mich gebeten, den Deutschen Fußball-Bund künftig verstärkt bei Terminen und Projekten zum Thema Integration zu vertreten. Ich bin selbst 1999 von Brasilien nach Deutschland eingewandert und habe 2009 die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Mein Motiv damals war nicht, irgendwann für die Nationalmannschaft spielen zu können, sondern meine Liebe für Deutschland. Meine Kinder sind hier geboren worden und aufgewachsen. Ich kenne die Schwierigkeiten und die Prüfungen von Einwanderern. Als ich damals in München ankam, konnte ich kein Wort Deutsch. Dennoch wurde ich total offen von den Leuten empfangen. Viele Menschen haben mir damals uneigennützig und sehr herzlich weitergeholfen. Ich glaube, ich kann Einwanderern glaubwürdig vermitteln, welche Chance einem offenstehen. Und wieviel man dafür auch leisten muss.

DFB.de: Die Anzahl rechtsextremer Straftaten gerade auch gegen Flüchtlinge hat zugenommen. Verfolgen Sie solche Nachrichten?

Cacau: Mit Sorge. Das ist nicht das Deutschland, das ich kenne. Aber man darf sich auch nicht zu sehr ängstigen lassen. Das ist nicht die Mehrheit, es sind radikale Einzeltäter oder radikale Gruppen, von denen die Gefahr ausgeht. Solche Übergriffe schaden dem Bild des Landes, auch international. Deutschland hat sich auf einen Weg begeben, viele Flüchtlinge aufzunehmen und hier zu integrieren. Das ist kein einfacher Weg, aber ich blicke mit Zuversicht auf die kommenden Jahre.

DFB.de: Welche konkreten Initiativen verfolgt der DFB, um Integration mit den Mitteln des Fußballs voranzutreiben?

Cacau: Fußball ist ideal geeignet, gerade Menschen anzusprechen, die neu hier ankommen. Die Sprache ist erst einmal kein Problem. 2015 hat der DFB mehr als 40.000 Spielberechtigungen für Ausländer ausgestellt. Üblich waren bisher etwa 10.000 Spielerpässe pro Jahr. Man sieht also, dass auch viele Flüchtlinge sehr gerne Fußball spielen. Der DFB und die Bundesregierung fördern Amateurvereine, die Flüchtlinge zum Fußballspielen einladen. Die Initiative "1:0 für ein Willkommen!" ist eine ebenso großartige Sache wie der DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis, der jährlich an Vereine und Einzelpersonen verliehen wird, die sich für Integration vorbildlich engagieren.

DFB.de: Was ist Ihr nächster Termin als DFB-Integrations-Botschafter?

Cacau: Für den 25. Oktober hat mich Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu einer Podiumsdiskussion nach Köln eingeladen. Das Thema lautet: "Wie gelingt Integration? Was hält eine Gesellschaft zusammen?" Ich freue mich darauf, meine Erfahrungen und Erlebnisse einzubringen als Fußballer und gebürtiger Brasilianer, der nun ein deutschen Pass hat.

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DFB.de: Und was macht Ihr Projekt "Sports for life", das sie in Ihrer Geburtsregion bei Sao Paulo initiiert haben?

Cacau: Ich bin sehr zufrieden, was dort in Zusammenarbeit mit der internationalen Hilfsorganisation "World Vision" bewegt werden und was ich ganz individuell mitgestalten konnte. Durch vielfältige Angebote, bei denen sportliche Aktivitäten in der Freizeit und auch das Vermitteln von Werten für das soziale Miteinander im Mittelpunkt stehen, hat sich unter anderem die Mentalität der Kinder verändert, sie sind mutiger und selbstsicherer geworden. Ihre Chance, einmal der Armut zu entkommen, ist durch das Projekt größer geworden. Mein persönliches Engagement im Rahmen der Cacau-Kinderstiftung möchte ich in Zukunft mit neuen Partnern in Brasilien intensivieren. Und natürlich freue ich mich, dafür auch weiter finanzielle Unterstützung aus Deutschland zu erhalten, sowie durch die Nationalmannschaft und die DFB-Stiftungen anlässlich des Besuchs bei der WM 2014.

DFB.de: Sie sind 1999 nach Deutschland gekommen. Dann spielten Sie für den Landesligaklub Türk Gücü München. Ihre Chancen, in der Bundesliga oder sogar bei einer Weltmeisterschaft zu spielen, standen damals nicht unbedingt günstig. Wie haben Sie damals den Glauben an sich bewahren können?

Cacau: Es war immer mein Traum gewesen, Profifußballer zu werden, und als ich damals nach Deutschland kam, habe ich wirklich alles getan, um diesen Traum zu verwirklichen. Ich hatte meinen Glauben an Gott, auf den ich mich stützen konnte. Ich habe nie auch nur einen Moment aufgegeben, um mir meinen großen Traum zu erfüllen.

DFB.de: Wie schlimm war der erste Winter in Deutschland?

Cacau: Furchtbar. Schon im Oktober dachte ich, dass es jetzt wirklich nicht mehr kälter werden könne. Am zweiten Tag habe ich mir ein Deutschbuch und eine CD gekauft, um die Sprache zu erlernen. Wenn ich ein neues Wort gehört hatte, habe ich es in ein Vokabelheft eingetragen. Die Fußballbegriffe konnte ich natürlich als erstes.

DFB.de: Sie haben mehr als 300 Bundesligaspiele und insgesamt 23 Länderspiele bestritten, gehörten zum deutschen Team bei der WM 2010. Die drei schönsten Momente in ihrer Karriere?

Cacau: Meine ersten Tore für Nürnberg gegen Leverkusen im Jahr 2001. In meinem zweiten Einsatz schoss ich zwei Tore und wurde in die "Kicker-Elf" gewählt. Dann die Deutsche Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart im Jahr 2007 und natürlich die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Wenn ich daran denke, dass ich damals kurz nach meiner Einwechslung auch noch ein Tor im Vorrundenspiel gegen Australien geschossen habe, bekomme ich jetzt noch Gänsehaut.

DFB.de: Vergangene Saison haben Sie noch für die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart in der 3. Liga gespielt, konnten den Abstieg aber nicht verhindern. Werden Sie nochmal bei einem Profiverein unterschreiben?

Cacau: Nein, ich habe mich in den vergangenen Wochen entschieden, meine Karriere offiziell zu beenden. Es gab zwar bei meinem Berater Dietmar Ness einige Angebote aus unteren Ligen in Deutschland und aus dem exotischen Ausland, aber so echt interessantes war nicht dabei. Es ist mir wichtiger, gemeinsam mit meiner Familie in Korb bei Stuttgart leben zu können und wollte die Kinder nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. Es beginnt gerade für mich und meine Familie ein neuer Lebensabschnitt, die Zeit nach der aktiven Laufbahn. Meinen ersten Trainerschein habe ich schon im Sommer gemacht, weitere werden folgen. Parallel dazu möchte ich in Vereinen ganz praktisch lernen, wie etwa die Scouting-Abteilung arbeitet oder die Nachwuchsförderung funktioniert. Und in dieser Woche beginne ich ein Sportmanagement-Fernstudium an der ESM-Academy in Nürnberg, die erste Vorlesung habe ich gestern Abend schon gehört. Am Ende dieser Entwicklung kann ich mir vorstellen, die Aufgabe als Sportdirektor bei einem Verein zu übernehmen. Und – das ist mir ganz wichtig und deshalb wiederhole ich es nochmals - künftig werde ich meine Aufgaben als Integrations-Botschafter des DFB verstärkt wahrnehmen.