Boateng: 200. Ligaspiel - nächster Rekord?

Regelmäßig stellt DFB.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: Jerome Boateng, der heute (ab 20.30 Uhr, live auf Sky) im Auswärtsspiel des FC Bayern München bei Eintracht Frankfurt zum 200. Mal in der Bundesliga auflaufen dürfte.

Wer nach hohem Flug tief gefallen ist, dem wird nicht selten voller Häme nachgerufen, dass er nun erst mal kleinere Brötchen backen muss. Eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, schließlich ist die Verkleinerung dem Brötchen bereits immanent. Mit Jerome Boateng hat dieser Satz viel zu tun, im ersten Teil. Denn "hoch geflogen" - dieser Aussage lässt sich beim gebürtigen Berliner mit einem Ausrufezeichen Nachdruck verleihen. Mittlerweile hat Boateng Sphären erreicht, in denen ernste Sorgen um seine Versorgung mit Sauerstoff angebracht sind. "Der weltbeste Innenverteidiger" - dieses Label haftet seit geraumer Zeit an ihm. Und weit und breit findet sich niemand, der den ernsthaften Versuch unternimmt, den Aufkleber abzuziehen.

Ein Mann für die großen Endspiele - und mehr als das

Seit Sommer 2014 ist die Liaison mit dem Label frei von Labilität. Zu Beginn seiner Karriere wurde sein Talent oft gepriesen und nicht selten über seine Aussetzer geschimpft. Später hat es bei ihm oft geheißen, dass er seine besten Spiele zum bestmöglichen Zeitpunkt darzuspielen pflegt. Das Champions-League-Finale im Jahr 2013 gegen Borussia Dortmund ist dafür ein ebenso gutes Beispiel wie das DFB-Pokalendspiel 2014 gegen denselben Kontrahenten, das WM-Finale 2014 gegen Argentinien ein noch besseres. Wenn es darauf ankommt, ist Boateng da - es gibt schlechtere Eigenschaften.

Und doch enthielt das große Kompliment kleine Mengen Gift. Denn wer beste Leistungen zeigen kann, hatte zuvor auch Leistungen in seinem Repertoire, die nicht die besten gewesen sein müssen. Das ist Vergangenheit. Spätestens mit und erst Recht nach Brasilien ist es schwer, bei Boateng beste Spiele ausfindig zu machen. Denn mehr als lediglich gut ist er fast immer. Früher galt er als Risikofaktor, heute ist er ein Muster an Konstanz. In vielen Bereichen.



Regelmäßig stellt DFB.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: Jerome Boateng, der heute (ab 20.30 Uhr, live auf Sky) im Auswärtsspiel des FC Bayern München bei Eintracht Frankfurt zum 200. Mal in der Bundesliga auflaufen dürfte.

Wer nach hohem Flug tief gefallen ist, dem wird nicht selten voller Häme nachgerufen, dass er nun erst mal kleinere Brötchen backen muss. Eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, schließlich ist die Verkleinerung dem Brötchen bereits immanent. Mit Jerome Boateng hat dieser Satz viel zu tun, im ersten Teil. Denn "hoch geflogen" - dieser Aussage lässt sich beim gebürtigen Berliner mit einem Ausrufezeichen Nachdruck verleihen. Mittlerweile hat Boateng Sphären erreicht, in denen ernste Sorgen um seine Versorgung mit Sauerstoff angebracht sind. "Der weltbeste Innenverteidiger" - dieses Label haftet seit geraumer Zeit an ihm. Und weit und breit findet sich niemand, der den ernsthaften Versuch unternimmt, den Aufkleber abzuziehen.

Ein Mann für die großen Endspiele - und mehr als das

Seit Sommer 2014 ist die Liaison mit dem Label frei von Labilität. Zu Beginn seiner Karriere wurde sein Talent oft gepriesen und nicht selten über seine Aussetzer geschimpft. Später hat es bei ihm oft geheißen, dass er seine besten Spiele zum bestmöglichen Zeitpunkt darzuspielen pflegt. Das Champions-League-Finale im Jahr 2013 gegen Borussia Dortmund ist dafür ein ebenso gutes Beispiel wie das DFB-Pokalendspiel 2014 gegen denselben Kontrahenten, das WM-Finale 2014 gegen Argentinien ein noch besseres. Wenn es darauf ankommt, ist Boateng da - es gibt schlechtere Eigenschaften.

Und doch enthielt das große Kompliment kleine Mengen Gift. Denn wer beste Leistungen zeigen kann, hatte zuvor auch Leistungen in seinem Repertoire, die nicht die besten gewesen sein müssen. Das ist Vergangenheit. Spätestens mit und erst Recht nach Brasilien ist es schwer, bei Boateng beste Spiele ausfindig zu machen. Denn mehr als lediglich gut ist er fast immer. Früher galt er als Risikofaktor, heute ist er ein Muster an Konstanz. In vielen Bereichen.

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Boateng spielt und spielt und spielt

Es ist ja nicht so, dass es an Konkurrenz mangeln würde. Nicht im Kader der Bayern, nicht im Kader der Nationalmannschaft. Ein paar Namen, mit denen sich Boateng messen muss: Javi Martinez, Medhi Benatia, David Alaba, Holger Badstuber, Mats Hummels, Benedikt Höwedes, Shkodran Mustafi - große Namen, bei allen ist das Prädikat internationale oder gar Weltklasse nicht unberechtigt. Gleichwohl: Boateng spielt und spielt und spielt. Und spielt.

Im Kader der Nationalmannschaft ist Boateng der einzige Spieler, der im Rahmen der Qualifikation für die EM 2016 bei allen Spielen von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz gestanden hat. Im Kader der Bayern gehört er zu den Spielern, die der Rotation widerstehen. Beim FCB fehlt sein Name nur im Spielberichtsbogen, wenn er verletzt oder gesperrt ist. Ansonsten gilt auch beim Rekordmeister: Boateng spielt immer. So sammelt er Einsatz um Einsatz, und so steht er heute vor einem Jubiläum: Das Spiel in Frankfurt wird sein 200. Auftritt in der höchsten deutschen Spielklasse.

Löw lobt Boateng: Herausragende Spieleröffnung

Bayern-Trainer Pep Guardiola hat uneingeschränktes Vertrauen in seinen Abwehrchef, genauso ist es bei Joachim Löw. Der Bundestrainer sagt über Boateng: "Jerome hat in den vergangenen zwei Jahren extreme Fortschritte gemacht. Ich bin begeistert von ihm, weil er mit einer unglaublichen Konstanz spielt und eine sehr gute Spieleröffnung hat. Seine Pässe durch die erste Linie hindurch sind hervorragend, rechts wie links."

Boatengs Spieleröffnung ist exzellent, dies gilt nicht weniger für die Tugenden, die bei einem Verteidiger in der klassischen Stellenbeschreibung gefragt sind. Als Kronzeuge dafür dient Manuel Neuer. Neuer sagt: "Man kann sich als Torwart auf ihn verlassen. Jerome ist großgewachsen, kopfballstark, zweikampfstark, schnell. Und verfügt über die nötige spielerische Klasse."

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Ein Mann der Superlative

Es gibt ein paar Statistiken, die Boatengs Bedeutung für die Mannschaft unterstreichen. Abseits von gewonnenen Zweikämpfen und verhinderten Tormöglichkeiten. Im Laufe der Qualifikation für die EURO hat Boateng 87,84 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler gebracht. Ein beeindruckender Wert, der noch beeindruckender wird vor diesem Hintergrund: Mit seinen Pässen macht Boateng das Spiel schnell, auf zwei Weisen. Seine Pässe sind überdurchschnittlich lang, im Schnitt 21,13 Meter, und überdurchschnittlich schnell, im Schnitt 43,44 Stundenkilometer. Boateng ist so sehr am Aufbau des Spiels der eigenen Mannschaft beteiligt, dass viele in ihm einen verkappten Spielgestalter sehen. Das belegt auch die Anzahl der von ihm gespielten Pässe. Im Schnitt kommt er auf 72,4 Pässe pro Spiel. Damit liegt er nur knapp unter dem Mittelwert der Mannschaft (74,39) - als Verteidiger.

Boatengs Wert für die Mannschaft ist auch neben dem Platz gestiegen. Er gehört zu den Führungsspielern, und er nimmt diese Rolle gerne an. Dazu gehört, Fehler zu benennen, Boateng ist keiner, der unschöne Dinge als anmutig bezeichnet. Im Anschluss an das 2:1 im finalen Qualifikationsspiel gegen Georgien gehörte er zu denjenigen, die ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck brachten. Hauptsache gewonnen, Hauptsache qualifiziert - so denkt Boateng nicht. Er sagte: "Mit der Form brauchen wir gar nicht zur EM nach Frankreich zu fahren. Wir haben keine Superstars, wir müssen alle mehr arbeiten - jeder an sich. So geht das nicht." Bundestrainer Löw freut sich über diese Kritik des Verteidigers, er sieht Boateng als Führungsspieler, und ein Führungsspieler soll sich einbringen, wenn er den Zeitpunkt für richtig hält. "Ich lege Wert auf seine Meinung", sagt Löw.

Brötchen für lau - daheim aber Fischstäbchen

Ein tiefer Fall ist bei Boateng also ausgeblieben, und ist auch nicht in Sicht. Kleinere Brötchen muss Boateng also nicht backen. Bei ihm geht die Gleichung anders auf. Brötchen muss er gar nicht backen - und wenn er zum Bäcker geht, dann muss er die Brötchen nicht mal bezahlen. Das hat der 27-Jährige jüngst in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt erzählt, als er danach gefragt wurde, inwieweit der Titel "Weltmeister" Einfluss auf das Leben im Alltag genommen habe. "Der hat vieles verändert, selbst in dieser Hinsicht", sagte Boateng, meistens müsse er die Brötchen nicht bezahlen.

Boateng freut sich bei seinen Bäckerei-Besuchen mehr über die Geste als über das Gesparte. Schließlich ist er ein Mensch, der seine Brötchen mit einem sehr lukrativen Job verdient. In existenzielle Nöte brächte ihn die Aneignung eines Brötchens gegen Entgelt nicht. Boateng weiß zu schätzen, dass ihm der Fußball Unabhängigkeit verschafft hat. Luxus hat für ihn aber nur am Rande etwas mit finanziellen Möglichkeiten zu tun. Er definiert Luxus auf andere Weise: "Ich empfinde es als Luxus zu teilen. Ich finde, es ist wichtig, etwas zurückzugeben an Menschen, denen es nicht so gut geht, die nicht so viel Glück hatten." Der größte Luxus ist für ihn, Zeit mit seiner Familie zu verbringen, seine Kinder um sich zu haben, seinen Vater zu treffen, seine Mutter zu sehen.

Es gibt dazu eine schöne Geschichte, sie drückt auch aus, wie geerdet Boateng trotz seines fortwährenden Höhenflugs ist. Sie handelt vom Tag der WM-Feier, in seiner Heimatstadt Berlin. Nach der Feier vor Millionen Fans am Brandenburger Tor fuhr Boateng zu seiner Mutter nach Charlottenburg. Wie er es schon tausende Male zuvor gemacht hatte, ganz so, als wäre nichts Besonderes geschehen. Seine Mutter bewirtete ihren Sohn, wie tausende Male zuvor. Und was gab es für den frischgebackenen Weltmeister? "Mein Lieblingsgericht: Fischstäbchen mit Kartoffelpüree." Wie tausende Male zuvor.