Bierhoff: Titel wäre "Belohnung für acht Jahre Arbeit"

Seit 2004 arbeitet Oliver Bierhoff als Manager der Nationalmannschaft für den DFB. Bei der Europameister 1996 gewann der Schütze des Golden Goals im Finale gegen Tschechien im Londoner Wembley-Stadion den EM-Titel als Spieler. Nun hofft er darauf, dass ihm als Manager der gleiche Coup gelingt. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke hat er über das Turnier in Polen und der Ukraine gesprochen.

team.dfb.de: Herr Bierhoff, waren Sie mal in Griechenland im Urlaub?

Oliver Bierhoff: Einmal, als Kind, aber das ist so lange her, dass ich kaum noch Erinnerungen daran habe. Griechenland ist ein schönes Urlaubsland, die Menschen sind herzlich.

team.dfb.de: Spielt die Finanzkrise in Griechenland beim EM-Viertelfinale morgen Abend eine Rolle?

Bierhoff: Das griechische Volk hat in den vergangenen Monaten viel Kritik einstecken müssen, es hat viel Druck erfahren. Die Griechen müssen jetzt viele Entbehrungen hinnehmen für Dinge in ihrem Land, die nicht so gut gelaufen sind. Viele von ihnen empfinden die aktuellen Maßnahmen als ungerecht. So etwas schweißt zusammen. Die Menschen in Griechenland - und damit auch die Nationalmannschaft. Die sportliche Motivation ist aber ohnehin groß, wenn man die Chance hat, das EM-Halbfinale zu erreichen.

team.dfb.de: Motivation kann beflügeln, aber auch blockieren.

Bierhoff: Zu große Motivation kann zu Überreaktion und Verkrampfung führen. Darauf würde ich für morgen aber nicht setzen. Das griechische Team spielt bislang sehr selbstbewusst seinen Stil, es weiß, was es kann. Die Mannschaft besticht durch ihre Effizienz. Die Griechen wissen, dass sie in diesem Spiel Außenseiter sind, aber in dieser Rolle haben sie sich bisher ganz wohl gefühlt. Unsere Aufgabe wird sein, sie nicht unnötig durch mangelnde Konzentration oder Fehler aufzubauen und von Anfang an deutlich zu machen, dass wir Herr des Spiels sind.

team.dfb.de: Der Gegensatz könnte größer kaum sein, die offensiven Deutschen, die kreativ und begeisternd Fußball spielen können auf der einen Seite, auf der anderen die eher destruktiven, defensiven Griechen...

Bierhoff: Beide Teams haben konträre Philosophien, das stimmt. Beide sind aber auch mit ganz unterschiedlichen Erwartungshaltungen in das Turnier gegangen. Griechenland hat mit dem Einzug ins Viertelfinale sein Soll bereits übererfüllt. Sie haben die Gruppenphase überstanden und mit viel Engagement und Leidenschaft eine kleine Sensation geschafft. Es ist ihnen damit gelungen, erfolgreich Fußball zu spielen, das zeichnet sie aus.

team.dfb.de: Sie haben als Spieler vor vielen großen Spielen gestanden. Wie aufgeregt waren Sie vor solchen Spielen? Wie ist es jetzt?

Bierhoff: Auch ich merke an Spieltagen den Druck. Ich spüre die Intensität, ich blende viele andere Dinge aus. Mit dieser Situation geht jeder anders um. Thomas Müller beispielsweise ist immer entspannt und locker und macht bis kurz vor Spielbeginn noch seine Späße. Ich selbst bin am Tag des Spiels eher schweigsam und konzentriert.

team.dfb.de: Gibt es in den Spielen noch Situation, in denen Sie ein Kribbeln in den Füßen oder ein Zucken im Kopf spüren und am Liebsten auf den Platz laufen würden?

Bierhoff: Ich durfte als Stürmer viele Tore erzielen, auch entscheidende. Daran erinnere ich mich manchmal zurück, ich weiß, wie toll es ist, wenn man mit einem Treffer die Mannschaft und eine ganze Nation erfreuen kann. Aber, den Drang, auf den Platz zu gehen, den spüre ich nicht mehr.

team.dfb.de: Bastian Schweinsteiger sagt, dass es einen Plan gegen Griechenland braucht. Können Sie bei der Erstellung helfen? Sie sind ja mittlerweile auch Trainer, haben im vergangenen Jahr den A-Schein erworben...

Bierhoff: Ich bin bei den Trainergesprächen häufig dabei, auch oft, wenn unsere Scouts sich unterhalten. Ich höre zu, für mich ist das toll, weil ich von den Fachleuten unglaublich viel lernen kann. Ich gebe aber auch meine Eindrücke wieder, vom Training und von den Spielen. Von der Tribüne aus habe ich eine andere Perspektive als die Trainer. Dabei geht es häufig um Körperhaltung und andere Reaktionen der Spieler. Auch Andreas Köpke macht das. Wir haben beide während unseren aktiven Karrieren an einigen großen Turnieren teilgenommen, sowohl als Stammspieler als auch als Ersatzspieler. Wir können deswegen viele Dinge, die die Spieler empfinden, aus eigenem Erleben nachvollziehen und unsere Erfahrungen einbringen. Was die Trainingsgestaltung und die unmittelbare Spielvorbereitung angeht - da halte ich mich raus. Ich habe inzwischen gelernt, dass es besser ist, wenn ich da ruhig bin - trotz Trainerschein. (lacht)

team.dfb.de: Ein großer Teil Ihres Aufgabenfeldes liegt im Vorfeld des Turniers. Das Teambasecamp beispielsweise trägt ganz wesentlich Ihre Handschrift, um einen Aspekt zu nennen. Welche Aufgaben haben Sie während des Turniers?

Bierhoff: Für mich ist jetzt die schönste Phase. Im Vorfeld musste viel organisiert und geplant werden, die ganze Vorbereitung, Teammaßnahmen, Personalplanung. Beim Turnier ist es für mich das Wichtigste, nah bei den Trainern und Spielern zu sein. Außerdem bin ich natürlich Ansprechpartner für alle Mitarbeiter. Äußerst positiv ist wieder, dass hier in allen Abteilungen des Teams hinter dem Team alles reibungslos funktioniert. Mein Credo ist immer, dass ich für alle da sein will, ohne jemandem im Weg zu stehen. Wir sind ein Team von vielen Fachleuten, in deren Arbeit ich volles Vertrauen habe. Priorität hat für mich aber die Unterstützung der Trainer. Vor diesem Hintergrund wurde die Position des Nationalmannschafts-Managers ja einst geschaffen. In einer druckvollen und stressigen Phase wie der EM st es am Wichtigsten, den Trainern den Rücken freizuhalten, damit sie sich optimal auf ihre sportliche Aufgabe konzentrieren können.

team.dfb.de: Nach dem WM 2006 haben Sie gesagt, dass Ihnen das Turnier zwar Spaß gemacht hat, dass es aber auch sehr anstrengend war. Die EM 2012 ist für Sie weniger anstrengend?

Bierhoff: Bei der WM in Deutschland kamen viele Dinge zusammen. Es war die Heim-WM, für die Verantwortlichen an der Spitze der Nationalmannschaft war es das erste große Turnier. Jetzt ist es so, dass das gesamte Team eingespielt ist, die Sportliche Leitung mit Jogi, Hansi und Andi, und auch das Team hinter der Team. Und man muss zudem sagen, dass die Spieler absolut pflegeleicht sind. Für mich sind die Turniere also weniger stressig. Dennoch ist die EM für alle Beteiligten eine hohe Belastung, zeitlich und mental. Ich werde das aber erst hinterher spüren, wenn die notwendige Anspannung nachlässt. Dann kommt die Müdigkeit, dann merkt man, dass man über sieben, acht Wochen ständig unter Strom war.

team.dfb.de: Wie bewerten Sie das Turnier bislang sportlich und organisatorisch?

Bierhoff: Es passt, alles läuft bisher ohne Reibungen. Die Organisation ist super, die Stadien sind top. Für mich sind die Begegnungen mit den Menschen immer schön. In der Ukraine und in Polen tritt man uns sehr positiv entgegen. Alle freuen sich, dass wir da sind. In der Stadt und auf den Straßen spürt man Begeisterung, allerdings nicht in den Dimensionen, die es insbesondere bei der WM in Deutschland gegeben hat. Man muss auch sagen, dass die Qualität der Spiele gut, aber nicht überragend ist. Vom technischen Niveau hat die EM nicht alles gehalten, was man sich im Vorfeld von ihr versprochen hat.

team.dfb.de: Wie viel bekommt die Mannschaft von der Begeisterung in Deutschland mit?

Bierhoff: In der Heimat muss sehr viel los sein. Wir bekommen das rational mit, über Zahlen, über Bilder. 27 Millionen Menschen vor den Fernsehern, 500.000 Fans beim Publik Viewing, das ist Wahnsinn. Aber man kann es irgendwie nicht greifen. Wir leben hier in unserer eigenen abgeschlossenen Welt. Das ist aber gut so, dass muss so sein. Wir sind dadurch total fokussiert.

team.dfb.de: Ihr Anliegen ist es immer, die Marke Nationalmannschaft zu stärken und zu positionieren. Was ist für die Marke Nationalmannschaft wichtiger: Erfolg oder Spielweise und Auftreten des Teams?

Bierhoff: Es gab deutsche Nationalmannschaften, die Vizeweltmeister geworden sind, die aber in der Wahrnehmung von heute nicht so hoch in der Gunst der Fans stehen. Im Idealfall verbindet man alles: Attraktive Spielweise, Erfolg und eine positive Ausstrahlung. Das wollen wir aktuell schaffen. Unsere Mannschaft kommt sympathisch rüber, sie hat ein gutes Auftreten. Und wenn dann der sportliche Erfolg hinzukommt, haben wir die Idealkonstellation.

team.dfb.de: Was würde ein EM-Titel für die Marke Nationalmannschaft bedeuten?

Bierhoff: Für die Mannschaft wäre es eine große Bestätigung. Es wäre eine Auszeichnung für den deutschen Fußball. Die nationale Premium-Marke Nationalmannschaft wäre dann das Premium-Produkt in Europa. Im Blick auf die Vermarktung des Teams wäre es noch einmal ein Schub, weil Partner und Sponsoren sich dann mit dem ersten Titelgewinn seit 1996 schmücken könnten.

team.dfb.de: Was würde der EM-Titel für Sie persönlich bedeuten?

Bierhoff: Absolute Zufriedenheit. Und es wäre auch für mich die Belohnung von acht Jahren Arbeit, die wir in dieses System investiert haben.

Das meinen DFB.de-User:

"Ich wünsch´ euch für heute den vollen Erfolg - bis zum Titel. Schließlich drück´ ich euch seit 20 Jahren die Daumen. Also ab die Post, ein ereignisreiches Spiel wirft seine Schatten voraus! MfG Peter" (Peter Wiewiora, Vreden)

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Seit 2004 arbeitet Oliver Bierhoff als Manager der Nationalmannschaft für den DFB. Bei der Europameister 1996 gewann der Schütze des Golden Goals im Finale gegen Tschechien im Londoner Wembley-Stadion den EM-Titel als Spieler. Nun hofft er darauf, dass ihm als Manager der gleiche Coup gelingt. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke hat er über das Turnier in Polen und der Ukraine gesprochen.

team.dfb.de: Herr Bierhoff, waren Sie mal in Griechenland im Urlaub?

Oliver Bierhoff: Einmal, als Kind, aber das ist so lange her, dass ich kaum noch Erinnerungen daran habe. Griechenland ist ein schönes Urlaubsland, die Menschen sind herzlich.

team.dfb.de: Spielt die Finanzkrise in Griechenland beim EM-Viertelfinale morgen Abend eine Rolle?

Bierhoff: Das griechische Volk hat in den vergangenen Monaten viel Kritik einstecken müssen, es hat viel Druck erfahren. Die Griechen müssen jetzt viele Entbehrungen hinnehmen für Dinge in ihrem Land, die nicht so gut gelaufen sind. Viele von ihnen empfinden die aktuellen Maßnahmen als ungerecht. So etwas schweißt zusammen. Die Menschen in Griechenland - und damit auch die Nationalmannschaft. Die sportliche Motivation ist aber ohnehin groß, wenn man die Chance hat, das EM-Halbfinale zu erreichen.

team.dfb.de: Motivation kann beflügeln, aber auch blockieren.

Bierhoff: Zu große Motivation kann zu Überreaktion und Verkrampfung führen. Darauf würde ich für morgen aber nicht setzen. Das griechische Team spielt bislang sehr selbstbewusst seinen Stil, es weiß, was es kann. Die Mannschaft besticht durch ihre Effizienz. Die Griechen wissen, dass sie in diesem Spiel Außenseiter sind, aber in dieser Rolle haben sie sich bisher ganz wohl gefühlt. Unsere Aufgabe wird sein, sie nicht unnötig durch mangelnde Konzentration oder Fehler aufzubauen und von Anfang an deutlich zu machen, dass wir Herr des Spiels sind.

team.dfb.de: Der Gegensatz könnte größer kaum sein, die offensiven Deutschen, die kreativ und begeisternd Fußball spielen können auf der einen Seite, auf der anderen die eher destruktiven, defensiven Griechen...

Bierhoff: Beide Teams haben konträre Philosophien, das stimmt. Beide sind aber auch mit ganz unterschiedlichen Erwartungshaltungen in das Turnier gegangen. Griechenland hat mit dem Einzug ins Viertelfinale sein Soll bereits übererfüllt. Sie haben die Gruppenphase überstanden und mit viel Engagement und Leidenschaft eine kleine Sensation geschafft. Es ist ihnen damit gelungen, erfolgreich Fußball zu spielen, das zeichnet sie aus.

team.dfb.de: Sie haben als Spieler vor vielen großen Spielen gestanden. Wie aufgeregt waren Sie vor solchen Spielen? Wie ist es jetzt?

Bierhoff: Auch ich merke an Spieltagen den Druck. Ich spüre die Intensität, ich blende viele andere Dinge aus. Mit dieser Situation geht jeder anders um. Thomas Müller beispielsweise ist immer entspannt und locker und macht bis kurz vor Spielbeginn noch seine Späße. Ich selbst bin am Tag des Spiels eher schweigsam und konzentriert.

team.dfb.de: Gibt es in den Spielen noch Situation, in denen Sie ein Kribbeln in den Füßen oder ein Zucken im Kopf spüren und am Liebsten auf den Platz laufen würden?

Bierhoff: Ich durfte als Stürmer viele Tore erzielen, auch entscheidende. Daran erinnere ich mich manchmal zurück, ich weiß, wie toll es ist, wenn man mit einem Treffer die Mannschaft und eine ganze Nation erfreuen kann. Aber, den Drang, auf den Platz zu gehen, den spüre ich nicht mehr.

team.dfb.de: Bastian Schweinsteiger sagt, dass es einen Plan gegen Griechenland braucht. Können Sie bei der Erstellung helfen? Sie sind ja mittlerweile auch Trainer, haben im vergangenen Jahr den A-Schein erworben...

Bierhoff: Ich bin bei den Trainergesprächen häufig dabei, auch oft, wenn unsere Scouts sich unterhalten. Ich höre zu, für mich ist das toll, weil ich von den Fachleuten unglaublich viel lernen kann. Ich gebe aber auch meine Eindrücke wieder, vom Training und von den Spielen. Von der Tribüne aus habe ich eine andere Perspektive als die Trainer. Dabei geht es häufig um Körperhaltung und andere Reaktionen der Spieler. Auch Andreas Köpke macht das. Wir haben beide während unseren aktiven Karrieren an einigen großen Turnieren teilgenommen, sowohl als Stammspieler als auch als Ersatzspieler. Wir können deswegen viele Dinge, die die Spieler empfinden, aus eigenem Erleben nachvollziehen und unsere Erfahrungen einbringen. Was die Trainingsgestaltung und die unmittelbare Spielvorbereitung angeht - da halte ich mich raus. Ich habe inzwischen gelernt, dass es besser ist, wenn ich da ruhig bin - trotz Trainerschein. (lacht)

team.dfb.de: Ein großer Teil Ihres Aufgabenfeldes liegt im Vorfeld des Turniers. Das Teambasecamp beispielsweise trägt ganz wesentlich Ihre Handschrift, um einen Aspekt zu nennen. Welche Aufgaben haben Sie während des Turniers?

Bierhoff: Für mich ist jetzt die schönste Phase. Im Vorfeld musste viel organisiert und geplant werden, die ganze Vorbereitung, Teammaßnahmen, Personalplanung. Beim Turnier ist es für mich das Wichtigste, nah bei den Trainern und Spielern zu sein. Außerdem bin ich natürlich Ansprechpartner für alle Mitarbeiter. Äußerst positiv ist wieder, dass hier in allen Abteilungen des Teams hinter dem Team alles reibungslos funktioniert. Mein Credo ist immer, dass ich für alle da sein will, ohne jemandem im Weg zu stehen. Wir sind ein Team von vielen Fachleuten, in deren Arbeit ich volles Vertrauen habe. Priorität hat für mich aber die Unterstützung der Trainer. Vor diesem Hintergrund wurde die Position des Nationalmannschafts-Managers ja einst geschaffen. In einer druckvollen und stressigen Phase wie der EM st es am Wichtigsten, den Trainern den Rücken freizuhalten, damit sie sich optimal auf ihre sportliche Aufgabe konzentrieren können.

team.dfb.de: Nach dem WM 2006 haben Sie gesagt, dass Ihnen das Turnier zwar Spaß gemacht hat, dass es aber auch sehr anstrengend war. Die EM 2012 ist für Sie weniger anstrengend?

Bierhoff: Bei der WM in Deutschland kamen viele Dinge zusammen. Es war die Heim-WM, für die Verantwortlichen an der Spitze der Nationalmannschaft war es das erste große Turnier. Jetzt ist es so, dass das gesamte Team eingespielt ist, die Sportliche Leitung mit Jogi, Hansi und Andi, und auch das Team hinter der Team. Und man muss zudem sagen, dass die Spieler absolut pflegeleicht sind. Für mich sind die Turniere also weniger stressig. Dennoch ist die EM für alle Beteiligten eine hohe Belastung, zeitlich und mental. Ich werde das aber erst hinterher spüren, wenn die notwendige Anspannung nachlässt. Dann kommt die Müdigkeit, dann merkt man, dass man über sieben, acht Wochen ständig unter Strom war.

team.dfb.de: Wie bewerten Sie das Turnier bislang sportlich und organisatorisch?

Bierhoff: Es passt, alles läuft bisher ohne Reibungen. Die Organisation ist super, die Stadien sind top. Für mich sind die Begegnungen mit den Menschen immer schön. In der Ukraine und in Polen tritt man uns sehr positiv entgegen. Alle freuen sich, dass wir da sind. In der Stadt und auf den Straßen spürt man Begeisterung, allerdings nicht in den Dimensionen, die es insbesondere bei der WM in Deutschland gegeben hat. Man muss auch sagen, dass die Qualität der Spiele gut, aber nicht überragend ist. Vom technischen Niveau hat die EM nicht alles gehalten, was man sich im Vorfeld von ihr versprochen hat.

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team.dfb.de: Wie viel bekommt die Mannschaft von der Begeisterung in Deutschland mit?

Bierhoff: In der Heimat muss sehr viel los sein. Wir bekommen das rational mit, über Zahlen, über Bilder. 27 Millionen Menschen vor den Fernsehern, 500.000 Fans beim Publik Viewing, das ist Wahnsinn. Aber man kann es irgendwie nicht greifen. Wir leben hier in unserer eigenen abgeschlossenen Welt. Das ist aber gut so, dass muss so sein. Wir sind dadurch total fokussiert.

team.dfb.de: Ihr Anliegen ist es immer, die Marke Nationalmannschaft zu stärken und zu positionieren. Was ist für die Marke Nationalmannschaft wichtiger: Erfolg oder Spielweise und Auftreten des Teams?

Bierhoff: Es gab deutsche Nationalmannschaften, die Vizeweltmeister geworden sind, die aber in der Wahrnehmung von heute nicht so hoch in der Gunst der Fans stehen. Im Idealfall verbindet man alles: Attraktive Spielweise, Erfolg und eine positive Ausstrahlung. Das wollen wir aktuell schaffen. Unsere Mannschaft kommt sympathisch rüber, sie hat ein gutes Auftreten. Und wenn dann der sportliche Erfolg hinzukommt, haben wir die Idealkonstellation.

team.dfb.de: Was würde ein EM-Titel für die Marke Nationalmannschaft bedeuten?

Bierhoff: Für die Mannschaft wäre es eine große Bestätigung. Es wäre eine Auszeichnung für den deutschen Fußball. Die nationale Premium-Marke Nationalmannschaft wäre dann das Premium-Produkt in Europa. Im Blick auf die Vermarktung des Teams wäre es noch einmal ein Schub, weil Partner und Sponsoren sich dann mit dem ersten Titelgewinn seit 1996 schmücken könnten.

team.dfb.de: Was würde der EM-Titel für Sie persönlich bedeuten?

Bierhoff: Absolute Zufriedenheit. Und es wäre auch für mich die Belohnung von acht Jahren Arbeit, die wir in dieses System investiert haben.

Das meinen DFB.de-User:

"Ich wünsch´ euch für heute den vollen Erfolg - bis zum Titel. Schließlich drück´ ich euch seit 20 Jahren die Daumen. Also ab die Post, ein ereignisreiches Spiel wirft seine Schatten voraus! MfG Peter" (Peter Wiewiora, Vreden)