Bicakcic: Einst Balljunge, jetzt mit Bosnien zur WM

Keine Frage, wenn am 12. Juni die WM 2014 beginnt, werden viele Spieler dabei sein, die sich in Deutschland für die Nominierung empfohlen haben. Die Bundesligen bieten eine gute Plattform, um den erforderlichen Leistungsnachweis für das Turnier in Brasilien zu erbringen. Bis zu 24 Teilnehmernationen könnten auf Spieler zurückgreifen, die derzeit ihre sportliche Heimat in Deutschland haben. DFB.de stellt in einer neuen Serie einige Kandidaten vor. Heute: der Bosnier Ermin Bicakcic von Eintracht Braunschweig.

2006 stand er an der Seitenlinie. Weltmeisterschaft. Spiel um Platz drei. Deutschland gegen Portugal. Er warf als Balljunge seinen Idolen die Bälle zu und träumte den Traum so vieler junger Fußballer. Einmal selber auf dem Platz spielen. Als Nationalspieler bei einer WM. Der Traum könnte wahr werden für Ermin Bicakcic, Nationalspieler Bosnien-Herzegowinas. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Norman Arnold spricht der 24 Jahre alte Innenverteidiger über die Fußballleidenschaft in seinem Heimatland, seine Ausbildung in Deutschland und die Ziele Bosnien-Herzegowinas bei der WM.

DFB.de: Herr Bicakcic, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem ersten Bundesligator am vergangenen Wochenende! Sie hatten schon in den Spielen zuvor gute Torchancen, haben in Nürnberg sogar einen Elfmeter verschossen. Haben Sie extra auf das Spiel gegen Stuttgart gewartet?

Ermin Bicakcic: Ich hätte natürlich vorher auch gern ein Tor gemacht. Aber so eine Geschichte schreibt natürlich nur der Fußball, dass mir ausgerechnet gegen meinen Ex-Klub das erste Bundesligator gelingt. Das passt schon alles.

DFB.de: Welche Bedeutung hat der VfB Stuttgart für Ihre persönliche Karriere?

Bicakcic: Ich bin ein Stuttgarter Junge, wurde da jahrelang ausgebildet und habe in der Jugendabteilung bis hin zu den Profis gespielt. Es war von vornherein klar, dass es für mich ein ganz besonderes Spiel ist.

DFB.de: Was haben Sie in Stuttgart für Ihre fußballerische Karriere gelernt?

Bicakcic: Der VfB gehört in Deutschland zu den führenden Vereinen, was die Jugendausbildung angeht. Da habe ich eine sehr gute, vielleicht sogar die beste Ausbildung genießen dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar. Angefangen bei der nötigen Disziplin bis zu vielen taktischen Dingen, die man im frühen Alter sonst nicht so lernt. Das war definitiv der Grundstein meiner Karriere.

DFB.de: Wann und wie kamen Sie eigentlich nach Deutschland?

Bicakcic: Im September 1992 ist meine Familie vor dem Balkan-Krieg geflohen und über ein paar Zwischenstationen, darunter ein gutes Jahr in Wien, nach Deutschland in die Heilbronner Gegend gekommen. Ich bin dann relativ früh mit 15 Jahren aus dem Elternhaus ausgezogen und habe mir eine eigene Wohnung gesucht.

DFB.de: Wo haben Sie das Fußballspielen gelernt, bevor Sie zum VfB Stuttgart wechselten?

Bicakcic: Ich habe beim FC Heilbronn und in der Heilbronner Bezirksauswahl gespielt. Ich hatte ganz normales Mannschaftstraining mit dem FC Heilbronn und meistens montags noch das zusätzliche DFB-Stützpunkttraining. Mein Trainer war Günter Major, der sehr viel herumkommen ist und viele Leute kannte, auch mit heutigen Bundesligaprofis zusammengearbeitet hat. Während beim FC Heilbronn die Vorbereitung auf die Spiele im Vordergrund stand, wurde im Stützpunkttraining Wert auf individuelle Dinge wie zum Beispiel die technische Ausbildung gelegt. Die Trainer hatten ein sehr gutes Auge dafür, wo man sich noch verbessern und Dinge herauskitzeln konnte.

DFB.de: Sie kamen bis in die Junioren-Nationalmannschaft. Wie war es dort?

Bicakcic: Ich bin damals über den Stützpunkt zur Württembergischen Auswahl gekommen, mit der wir dann am großen Turnier der Landesverbände in Duisburg teilnahmen. Dort haben wir sogar den ersten Platz erreicht. Der damalige U 18-Nationaltrainer Heiko Herrlich hat mich gesichtet und zum DFB-Lehrgang eingeladen. Mein erstes Länderspiel mit der U 18 war gegen die Türkei, André Schürrle gehörte zu meinen Mitspielern. Auch zu Lewis Holtby hatte ich einen sehr guten Draht.

DFB.de: Wie kamen Sie zu der Entscheidung, für Bosnien-Herzegowina und nicht für Deutschland zu spielen?

Bicakcic: Ich bin schon immer offen damit umgegangen. Die eine Sache ist das Heimatland und die Herkunft. Andererseits bin ich in Deutschland aufgewachsen und groß geworden. Ich habe daher zu beiden Ländern eine starke Verbundenheit. Irgendwann war der Punkt erreicht, wo ich mich entscheiden musste. Deutschland hatte zu dieser Zeit aufstrebende Innenverteidiger, da habe ich weniger Chancen auf eine Einladung gesehen. Ich war sowieso noch weit davon entfernt. Als ich die Einladung von der A-Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowinas bekam, habe ich nicht lange gezögert. Es war eine zweischneidige Sache. Es hätte genausogut sein können, dass ich jetzt hier sitze und über die deutsche Nationalmannschaft rede, aber so spreche ich über Bosnien-Herzegowina. Es sollte wohl so kommen.

DFB.de: Was bedeutet es für Sie, das Trikot von Bosnien-Herzegowina zu tragen?

Bicakcic: Es erfüllt mich natürlich mit Ehre und Stolz. Meine Familie lebt dort, ich bin dort geboren. Da existiert definitiv ein enger Bezug zu dem Land.

DFB.de: Aus welchen Typen setzt sich die Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowinas zusammen? Haben viele Spieler ein ähnliches Schicksal wie Sie und sind fernab der Heimat aufgewachsen?

Bicakcic: Klar, wir sind alle irgendwie geprägt von dem Bürgerkrieg auf dem Balkan damals. Jeder hat seine eigene Story, aber im Endeffekt trifft uns alle das gleiche Schicksal. Von den Typen her haben wir in der Mannschaft alles dabei, eine gute Mischung.

DFB.de: Als sich Bosnien-Herzegowina für die WM qualifiziert hatte, sahen wir die Mannschaft mit den beiden Fernsehmoderatoren vor laufender Kamera singen und feiern. Beschreiben Sie uns doch mal die Stimmung, die im Land herrschte!

Bicakcic: Die beiden jubelnden Moderatoren sind typisch für unsere Mentalität. Es ist ja auch verständlich, da war kein Halten mehr. Wir hatten etwas Historisches erreicht. Seit der Teilung Jugoslawiens haben wir uns noch nie für ein großes Turnier qualifiziert, die Nachbarländer wie Kroatien und Serbien waren schon dabei. Für Bosnien-Herzegowina war das bis dahin noch nicht der Fall, insofern war es ein umso schönerer und größerer Moment. Das ganze Land stand Kopf, es herrschte Ausnahmezustand, wie man auch in den Bildern sehen konnte. Die Leute geben ihren letzten Cent für die Eintrittskarte aus, der Fußball verbindet sie. Es war schön, diesen Leuten so eine große Freude machen zu können. Für uns alle war es ein riesiger Moment.

DFB.de: Was ist Ihrem Team bei der WM in einer Gruppe mit Argentinien, Nigeria und Iran zuzutrauen?

Bicakcic: Jede Mannschaft, die sich für die WM qualifiziert, muss Qualität haben. Das Ticket hat keiner geschenkt bekommen, es gibt kein Kanonenfutter. Aber man kann auch mit breiter Brust sagen, dass wir eine machbare Gruppe erwischt haben. Klar ist Argentinien auf dem Papier der Favorit, aber es ist alles möglich. Wir haben eine lange Vorbereitungszeit und werden uns optimal vorbereiten, um dann auch weiterzukommen. Wir müssen an unsere Stärken und unsere Qualität glauben, die wir definitiv in unseren Reihen haben - sei es individuell, aber auch als Mannschaft.

DFB.de: Sie persönlich sind ja gar nicht zum ersten Mal bei einer WM dabei…

Bicakcic: (zögert)...

DFB.de: 2006 waren Sie doch als Balljunge beim Spiel um Platz drei in Stuttgart im Einsatz.

Bicakcic: (lacht) Ich dachte schon, da habe ich was verpasst.

DFB.de: Hatten Sie damals davon zu träumen gewagt, acht Jahre später selber auf dem Platz zu stehen?

Bicakcic: Mit der WM geht natürlich auch für mich ein Traum in Erfüllung. Wenn du in einem gewissen Alter anfängst, Fußball zu spielen, und gefragt wirst, was du mal werden willst, kommt als erstes die Antwort: "Fußballprofi’" Davon träumt jeder. Jetzt hier zu sitzen und über die eigenen WM-Perspektiven zu reden, ist unbeschreiblich. Das hätte man damals nicht zu träumen gewagt. Ich stand 2006 bei allen WM-Spielen in Stuttgart an der Seitenlinie und habe den Jungs die Bälle zugeworfen. Jetzt selber dabei zu sein, ist unbeschreiblich.

DFB.de: Kürzlich haben Sie getwittert: "A big "THANK YOU" goes out to those "REAL"fans, who supported me and who will support me in good & less good times <3". Was bedeutet Ihnen die Unterstützung der Fans?

Bicakcic: Ich erfahre eine riesige Anerkennung der Fans, die ich sehr genieße. Sei es bei der Eintracht oder auch in meinem Heimatland. Es gibt einfach Momente, wo ich den Leuten zeigen will: Ich bin einer von euch, ein ganz normaler Typ wie ihr alle auch. Jetzt war es gerade für mich ein schönes Erlebnis, dass ich meinen ersten Bundesligatreffer erzielt habe. Da wollte ich mich einfach bei den Leuten für die Unterstützung bedanken. Sie stehen zu mir, haben mir auch nach dem Nürnbergspiel (mit einem verschossenen Elfmeter; Anm. d. Red.) Mut zugesprochen und versucht, mich zu trösten. Das honoriere ich sehr, und es freut mich, dass ich die Leute hinter mir habe. Das versuche ich zurückzugeben. Auf jeden Fall damit, dass ich jedesmal auf dem Platz 120 Prozent gebe.

DFB.de: Welcher Spitzname ist Ihnen eigentlich lieber: "Eisen-Ermin" oder der "David Beckham Bosniens"?

Bicakcic: (lacht) Ach, die Leute können mich nennen, wie sie wollen. Sie sollen einfach nur wissen: Ich bin nicht nur der Fußballprofi, sondern ich bin einfach der Ermin.

[na]

[bild1]

Keine Frage, wenn am 12. Juni die WM 2014 beginnt, werden viele Spieler dabei sein, die sich in Deutschland für die Nominierung empfohlen haben. Die Bundesligen bieten eine gute Plattform, um den erforderlichen Leistungsnachweis für das Turnier in Brasilien zu erbringen. Bis zu 24 Teilnehmernationen könnten auf Spieler zurückgreifen, die derzeit ihre sportliche Heimat in Deutschland haben. DFB.de stellt in einer neuen Serie einige Kandidaten vor. Heute: der Bosnier Ermin Bicakcic von Eintracht Braunschweig.

2006 stand er an der Seitenlinie. Weltmeisterschaft. Spiel um Platz drei. Deutschland gegen Portugal. Er warf als Balljunge seinen Idolen die Bälle zu und träumte den Traum so vieler junger Fußballer. Einmal selber auf dem Platz spielen. Als Nationalspieler bei einer WM. Der Traum könnte wahr werden für Ermin Bicakcic, Nationalspieler Bosnien-Herzegowinas. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Norman Arnold spricht der 24 Jahre alte Innenverteidiger über die Fußballleidenschaft in seinem Heimatland, seine Ausbildung in Deutschland und die Ziele Bosnien-Herzegowinas bei der WM.

DFB.de: Herr Bicakcic, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem ersten Bundesligator am vergangenen Wochenende! Sie hatten schon in den Spielen zuvor gute Torchancen, haben in Nürnberg sogar einen Elfmeter verschossen. Haben Sie extra auf das Spiel gegen Stuttgart gewartet?

Ermin Bicakcic: Ich hätte natürlich vorher auch gern ein Tor gemacht. Aber so eine Geschichte schreibt natürlich nur der Fußball, dass mir ausgerechnet gegen meinen Ex-Klub das erste Bundesligator gelingt. Das passt schon alles.

DFB.de: Welche Bedeutung hat der VfB Stuttgart für Ihre persönliche Karriere?

Bicakcic: Ich bin ein Stuttgarter Junge, wurde da jahrelang ausgebildet und habe in der Jugendabteilung bis hin zu den Profis gespielt. Es war von vornherein klar, dass es für mich ein ganz besonderes Spiel ist.

DFB.de: Was haben Sie in Stuttgart für Ihre fußballerische Karriere gelernt?

Bicakcic: Der VfB gehört in Deutschland zu den führenden Vereinen, was die Jugendausbildung angeht. Da habe ich eine sehr gute, vielleicht sogar die beste Ausbildung genießen dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar. Angefangen bei der nötigen Disziplin bis zu vielen taktischen Dingen, die man im frühen Alter sonst nicht so lernt. Das war definitiv der Grundstein meiner Karriere.

DFB.de: Wann und wie kamen Sie eigentlich nach Deutschland?

Bicakcic: Im September 1992 ist meine Familie vor dem Balkan-Krieg geflohen und über ein paar Zwischenstationen, darunter ein gutes Jahr in Wien, nach Deutschland in die Heilbronner Gegend gekommen. Ich bin dann relativ früh mit 15 Jahren aus dem Elternhaus ausgezogen und habe mir eine eigene Wohnung gesucht.

DFB.de: Wo haben Sie das Fußballspielen gelernt, bevor Sie zum VfB Stuttgart wechselten?

Bicakcic: Ich habe beim FC Heilbronn und in der Heilbronner Bezirksauswahl gespielt. Ich hatte ganz normales Mannschaftstraining mit dem FC Heilbronn und meistens montags noch das zusätzliche DFB-Stützpunkttraining. Mein Trainer war Günter Major, der sehr viel herumkommen ist und viele Leute kannte, auch mit heutigen Bundesligaprofis zusammengearbeitet hat. Während beim FC Heilbronn die Vorbereitung auf die Spiele im Vordergrund stand, wurde im Stützpunkttraining Wert auf individuelle Dinge wie zum Beispiel die technische Ausbildung gelegt. Die Trainer hatten ein sehr gutes Auge dafür, wo man sich noch verbessern und Dinge herauskitzeln konnte.

DFB.de: Sie kamen bis in die Junioren-Nationalmannschaft. Wie war es dort?

Bicakcic: Ich bin damals über den Stützpunkt zur Württembergischen Auswahl gekommen, mit der wir dann am großen Turnier der Landesverbände in Duisburg teilnahmen. Dort haben wir sogar den ersten Platz erreicht. Der damalige U 18-Nationaltrainer Heiko Herrlich hat mich gesichtet und zum DFB-Lehrgang eingeladen. Mein erstes Länderspiel mit der U 18 war gegen die Türkei, André Schürrle gehörte zu meinen Mitspielern. Auch zu Lewis Holtby hatte ich einen sehr guten Draht.

DFB.de: Wie kamen Sie zu der Entscheidung, für Bosnien-Herzegowina und nicht für Deutschland zu spielen?

Bicakcic: Ich bin schon immer offen damit umgegangen. Die eine Sache ist das Heimatland und die Herkunft. Andererseits bin ich in Deutschland aufgewachsen und groß geworden. Ich habe daher zu beiden Ländern eine starke Verbundenheit. Irgendwann war der Punkt erreicht, wo ich mich entscheiden musste. Deutschland hatte zu dieser Zeit aufstrebende Innenverteidiger, da habe ich weniger Chancen auf eine Einladung gesehen. Ich war sowieso noch weit davon entfernt. Als ich die Einladung von der A-Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowinas bekam, habe ich nicht lange gezögert. Es war eine zweischneidige Sache. Es hätte genausogut sein können, dass ich jetzt hier sitze und über die deutsche Nationalmannschaft rede, aber so spreche ich über Bosnien-Herzegowina. Es sollte wohl so kommen.

DFB.de: Was bedeutet es für Sie, das Trikot von Bosnien-Herzegowina zu tragen?

Bicakcic: Es erfüllt mich natürlich mit Ehre und Stolz. Meine Familie lebt dort, ich bin dort geboren. Da existiert definitiv ein enger Bezug zu dem Land.

DFB.de: Aus welchen Typen setzt sich die Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowinas zusammen? Haben viele Spieler ein ähnliches Schicksal wie Sie und sind fernab der Heimat aufgewachsen?

Bicakcic: Klar, wir sind alle irgendwie geprägt von dem Bürgerkrieg auf dem Balkan damals. Jeder hat seine eigene Story, aber im Endeffekt trifft uns alle das gleiche Schicksal. Von den Typen her haben wir in der Mannschaft alles dabei, eine gute Mischung.

DFB.de: Als sich Bosnien-Herzegowina für die WM qualifiziert hatte, sahen wir die Mannschaft mit den beiden Fernsehmoderatoren vor laufender Kamera singen und feiern. Beschreiben Sie uns doch mal die Stimmung, die im Land herrschte!

Bicakcic: Die beiden jubelnden Moderatoren sind typisch für unsere Mentalität. Es ist ja auch verständlich, da war kein Halten mehr. Wir hatten etwas Historisches erreicht. Seit der Teilung Jugoslawiens haben wir uns noch nie für ein großes Turnier qualifiziert, die Nachbarländer wie Kroatien und Serbien waren schon dabei. Für Bosnien-Herzegowina war das bis dahin noch nicht der Fall, insofern war es ein umso schönerer und größerer Moment. Das ganze Land stand Kopf, es herrschte Ausnahmezustand, wie man auch in den Bildern sehen konnte. Die Leute geben ihren letzten Cent für die Eintrittskarte aus, der Fußball verbindet sie. Es war schön, diesen Leuten so eine große Freude machen zu können. Für uns alle war es ein riesiger Moment.

DFB.de: Was ist Ihrem Team bei der WM in einer Gruppe mit Argentinien, Nigeria und Iran zuzutrauen?

[bild2]

Bicakcic: Jede Mannschaft, die sich für die WM qualifiziert, muss Qualität haben. Das Ticket hat keiner geschenkt bekommen, es gibt kein Kanonenfutter. Aber man kann auch mit breiter Brust sagen, dass wir eine machbare Gruppe erwischt haben. Klar ist Argentinien auf dem Papier der Favorit, aber es ist alles möglich. Wir haben eine lange Vorbereitungszeit und werden uns optimal vorbereiten, um dann auch weiterzukommen. Wir müssen an unsere Stärken und unsere Qualität glauben, die wir definitiv in unseren Reihen haben - sei es individuell, aber auch als Mannschaft.

DFB.de: Sie persönlich sind ja gar nicht zum ersten Mal bei einer WM dabei…

Bicakcic: (zögert)...

DFB.de: 2006 waren Sie doch als Balljunge beim Spiel um Platz drei in Stuttgart im Einsatz.

Bicakcic: (lacht) Ich dachte schon, da habe ich was verpasst.

DFB.de: Hatten Sie damals davon zu träumen gewagt, acht Jahre später selber auf dem Platz zu stehen?

Bicakcic: Mit der WM geht natürlich auch für mich ein Traum in Erfüllung. Wenn du in einem gewissen Alter anfängst, Fußball zu spielen, und gefragt wirst, was du mal werden willst, kommt als erstes die Antwort: "Fußballprofi’" Davon träumt jeder. Jetzt hier zu sitzen und über die eigenen WM-Perspektiven zu reden, ist unbeschreiblich. Das hätte man damals nicht zu träumen gewagt. Ich stand 2006 bei allen WM-Spielen in Stuttgart an der Seitenlinie und habe den Jungs die Bälle zugeworfen. Jetzt selber dabei zu sein, ist unbeschreiblich.

DFB.de: Kürzlich haben Sie getwittert: "A big "THANK YOU" goes out to those "REAL"fans, who supported me and who will support me in good & less good times <3". Was bedeutet Ihnen die Unterstützung der Fans?

Bicakcic: Ich erfahre eine riesige Anerkennung der Fans, die ich sehr genieße. Sei es bei der Eintracht oder auch in meinem Heimatland. Es gibt einfach Momente, wo ich den Leuten zeigen will: Ich bin einer von euch, ein ganz normaler Typ wie ihr alle auch. Jetzt war es gerade für mich ein schönes Erlebnis, dass ich meinen ersten Bundesligatreffer erzielt habe. Da wollte ich mich einfach bei den Leuten für die Unterstützung bedanken. Sie stehen zu mir, haben mir auch nach dem Nürnbergspiel (mit einem verschossenen Elfmeter; Anm. d. Red.) Mut zugesprochen und versucht, mich zu trösten. Das honoriere ich sehr, und es freut mich, dass ich die Leute hinter mir habe. Das versuche ich zurückzugeben. Auf jeden Fall damit, dass ich jedesmal auf dem Platz 120 Prozent gebe.

DFB.de: Welcher Spitzname ist Ihnen eigentlich lieber: "Eisen-Ermin" oder der "David Beckham Bosniens"?

Bicakcic: (lacht) Ach, die Leute können mich nennen, wie sie wollen. Sie sollen einfach nur wissen: Ich bin nicht nur der Fußballprofi, sondern ich bin einfach der Ermin.