Berti Vogts - Entwicklungshelfer aus Leidenschaft

Vor 30 Jahren begann die Trainerkarriere von Berti Vogts. Damals übernahm er nach 96 Länderspielen und dem Ende seiner Profilaufbahn die erste deutsche U 21, die er später bis ins EM-Finale führte. Seitdem hat er alle Höhen und Tiefen des Trainerberufs erlebt. Vogts wurde 1996 mit der Nationalmannschaft Europameister, arbeitete kurzzeitig als Bundesligacoach für Bayer 04 Leverkusen und ging ins Ausland. Heute arbeitet er in Aserbaidschan und ist das, was er eigentlich immer am liebsten war: ein Entwicklungshelfer in Sachen Fußball, dem die kontinuierliche Arbeit mit Talenten viel mehr liegt als die große Bühne. DFB-Redakteur Wolfgang Tobien porträtiert den 62-jährigen Fußball-Lehrer.

Ich bin Fußball-Lehrer und habe eine Mission zu erfüllen. Mit dieser Botschaft führt Berti Vogts als National­­trainer von Aserbaidschan heute Abend sein Team in die AWD-Arena von Hannover. Wer Vogts kennt und diese Worte hört, fühlt sich in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Es ist die Botschaft, mit der seine Trainer-Karriere einst begann. „Ich bin Fußball-Lehrer und will den jungen Spielern den Übergang von den Junioren zu den Profis erleichtern; ich will Strukturen schaffen, in denen ich der Nationalmannschaft neue Talente zuführen kann. Das ist meine Aufgabe.“ Das sagte er vor fast genau 30 Jahren, am 10. Oktober 1979. Damals betreute er die U 21 in Thorn an der Weichsel bei seinem ersten Länderspiel als DFB-Trainer.

Fleiß und Härte, Energie und Akribie

Natürlich hat den jungen Trainer die damalige 0:1-Niederlage gegen Polen geärgert. Gerade erst hatte er selbst seine Spieler-Laufbahn beendet. Eine Karriere, in der er Welt- und Europameister, Europapokal-Sieger und fünfmal Deutscher Meister geworden war. Und in der Niederlagen für ihn immer etwas Vernichtendes gehabt hatten. Nieder­lagen, denen er sich als zäher und unerbittlicher Vertei­diger entgegenstemmte, mit allem was er hatte und gelernt hatte: Fleiß und Härte, Energie und Akribie, unbeugsamen Willen. Und: Der Spieler Berti Vogts war es gewohnt, stets das zu tun, was der Trainer sagte.

an der Weichsel stand Berti Vogts mit knapp 33 Jahren nun selbst als Trainer an der Seitenlinie. Als Fußball-Lehrer. Und es begann damit jener Balanceakt, den er bis heute vollführt. Aufbauarbeit leisten, Talente entwickeln, Struk­turen schaffen – und trotz allem „nebenher“ noch Siege erringen. Das 0:1 gegen Polen rumorte damals in ihm, das Resultat schmerzte. Doch die Mission, die ihm mit der Betreuung der ersten U 21-Auswahl des DFB übertragen wurde, war ihm letztlich wichtiger als dieses eine Ergebnis.

U 21-Jahrgang mit Zukunft

Auch wenn Vogts mit dem damaligen Kader am Ende das Finale um die Europa­meisterschaft erreichte (ein Erfolg, den erst Horst Hrubesch 30 Jahre später mit dem EM-Triumph im Juni noch steigern konnte), verlor er die Prioritäten nie aus den Augen. So konnte er schon über seinen ersten U 21-Jahrgang bilanzieren, dass die meisten seiner Spieler gestandene Profis und etliche sogar herausragende A-National­spieler wurden. Allen voran Rudi Völler, Lothar Matthäus und Pierre Littbarski. Aber auch beispielsweise Eike Immel, Wolfgang Rolff, Thomas Allofs oder Jonny Otten.

Thorn an der Weichsel markiert den Wendepunkt während der 31 Jahre, die Berti Vogts in DFB-Diensten verbracht hat. Aus dem „Terrier“, der 1967 sein erstes von 96 Länderspielen absolvierte, wurde der Fußball-Lehrer. Der Missionar und Spezialist für Aufbauarbeiten, der Talent-Förderer und Entwicklungshelfer im wahrsten Sinn des Wortes, der fortan nicht müde wurde, die Werte, mit denen er erzogen wurde, als die wahren Werte des Fußballs zu verteidigen: Ehrlichkeit und Gerechtigkeit, Leistung und Lernwilligkeit.



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Vor 30 Jahren begann die Trainerkarriere von Berti Vogts. Damals übernahm er nach 96 Länderspielen und dem Ende seiner Profilaufbahn die erste deutsche U 21, die er später bis ins EM-Finale führte. Seitdem hat er alle Höhen und Tiefen des Trainerberufs erlebt. Vogts wurde 1996 mit der Nationalmannschaft Europameister, arbeitete kurzzeitig als Bundesligacoach für Bayer 04 Leverkusen und ging ins Ausland. Heute arbeitet er in Aserbaidschan und ist das, was er eigentlich immer am liebsten war: ein Entwicklungshelfer in Sachen Fußball, dem die kontinuierliche Arbeit mit Talenten viel mehr liegt als die große Bühne. DFB-Redakteur Wolfgang Tobien porträtiert den 62-jährigen Fußball-Lehrer.

Ich bin Fußball-Lehrer und habe eine Mission zu erfüllen. Mit dieser Botschaft führt Berti Vogts als National­­trainer von Aserbaidschan heute Abend sein Team in die AWD-Arena von Hannover. Wer Vogts kennt und diese Worte hört, fühlt sich in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Es ist die Botschaft, mit der seine Trainer-Karriere einst begann. „Ich bin Fußball-Lehrer und will den jungen Spielern den Übergang von den Junioren zu den Profis erleichtern; ich will Strukturen schaffen, in denen ich der Nationalmannschaft neue Talente zuführen kann. Das ist meine Aufgabe.“ Das sagte er vor fast genau 30 Jahren, am 10. Oktober 1979. Damals betreute er die U 21 in Thorn an der Weichsel bei seinem ersten Länderspiel als DFB-Trainer.

Fleiß und Härte, Energie und Akribie

Natürlich hat den jungen Trainer die damalige 0:1-Niederlage gegen Polen geärgert. Gerade erst hatte er selbst seine Spieler-Laufbahn beendet. Eine Karriere, in der er Welt- und Europameister, Europapokal-Sieger und fünfmal Deutscher Meister geworden war. Und in der Niederlagen für ihn immer etwas Vernichtendes gehabt hatten. Nieder­lagen, denen er sich als zäher und unerbittlicher Vertei­diger entgegenstemmte, mit allem was er hatte und gelernt hatte: Fleiß und Härte, Energie und Akribie, unbeugsamen Willen. Und: Der Spieler Berti Vogts war es gewohnt, stets das zu tun, was der Trainer sagte.

an der Weichsel stand Berti Vogts mit knapp 33 Jahren nun selbst als Trainer an der Seitenlinie. Als Fußball-Lehrer. Und es begann damit jener Balanceakt, den er bis heute vollführt. Aufbauarbeit leisten, Talente entwickeln, Struk­turen schaffen – und trotz allem „nebenher“ noch Siege erringen. Das 0:1 gegen Polen rumorte damals in ihm, das Resultat schmerzte. Doch die Mission, die ihm mit der Betreuung der ersten U 21-Auswahl des DFB übertragen wurde, war ihm letztlich wichtiger als dieses eine Ergebnis.

U 21-Jahrgang mit Zukunft

Auch wenn Vogts mit dem damaligen Kader am Ende das Finale um die Europa­meisterschaft erreichte (ein Erfolg, den erst Horst Hrubesch 30 Jahre später mit dem EM-Triumph im Juni noch steigern konnte), verlor er die Prioritäten nie aus den Augen. So konnte er schon über seinen ersten U 21-Jahrgang bilanzieren, dass die meisten seiner Spieler gestandene Profis und etliche sogar herausragende A-National­spieler wurden. Allen voran Rudi Völler, Lothar Matthäus und Pierre Littbarski. Aber auch beispielsweise Eike Immel, Wolfgang Rolff, Thomas Allofs oder Jonny Otten.

Thorn an der Weichsel markiert den Wendepunkt während der 31 Jahre, die Berti Vogts in DFB-Diensten verbracht hat. Aus dem „Terrier“, der 1967 sein erstes von 96 Länderspielen absolvierte, wurde der Fußball-Lehrer. Der Missionar und Spezialist für Aufbauarbeiten, der Talent-Förderer und Entwicklungshelfer im wahrsten Sinn des Wortes, der fortan nicht müde wurde, die Werte, mit denen er erzogen wurde, als die wahren Werte des Fußballs zu verteidigen: Ehrlichkeit und Gerechtigkeit, Leistung und Lernwilligkeit.

Ab 1990 auf der Showbühne des Weltfußballs

Mit seiner Berufung zum Bundestrainer und Nachfolger von Franz Beckenbauer nach dem WM-Gewinn 1990 war Vogts bewusst, dass er neue Prioritäten für sich setzen musste. Sein Team wurde fortan daran gemessen, was es von den hohen öffentlichen Erwartungen auf dem Spielfeld zu zeigen vermochte. Und er selbst sah sich als Trainer des amtierenden Weltmeisters plötzlich auf der Showbühne des Weltfußballs in die Rolle des Frontmanns gedrängt. Eine Rolle, die er nicht so effektvoll spielen konnte und wollte wie manch anderer Kollege. Vogts war nicht willens, seinen Trainingsplatz zum Laufsteg zu machen.

Der Trainer machte das, was er als Spieler gemacht hatte. Vogts ackerte und rackerte, brachte eine Menge Sach­verstand und Detailversessenheit ein – und wurde doch immer nur am weltmännischen Auftreten und Charisma sei­nes Vorgängers gemessen. Dessen rhetorischer Lässig­keit setzte der oft verbissen wirkende Malocher vom Nieder­rhein Bescheidenheit und Wachsamkeit entgegen, die sich immer mehr in Argwohn und Misstrauen steigerten. Seine Mission war schon lange nicht mehr der Maßstab seiner Arbeit, sondern allein die Ergebnisse waren es, die zählten.

EM-Titel 1996 als Höhepunkt

Dem hervorragenden zweiten Platz bei der EM 1992 folgte die Enttäuschung mit dem Aus im Viertelfinale bei der WM 1994. Es kam jener wunderbare Sommer 1996, als Berti Vogts seine Mannschaft in England zum Gewinn der Europameisterschaft führte. Und es gab das Desaster bei der WM 1998 in Frankreich, als er mit vielen alten WM-Helden von 1990 ausgerechnet in seinem 100. Länderspiel im Viertelfinale an Kroatien scheiterte. Wenige Wochen später war seine Zeit beim DFB beendet. Nach 31 Jahren mit 96 Länderspielen, rund 75 Einsätzen als U 21-Fußball-Lehrer und 102 Begegnungen als Nationaltrainer.

Nun kehrt er nach seinem kurzfristigen Job als Bundes­ligatrainer bei Bayer Leverkusen in seine Heimat zurück. Zum zweiten Mal in offizieller Rolle seit seinem Gastspiel als Trainer der schottischen Nationalmannschaft beim EM-Qualifikationsspiel im September 2003 in Dortmund. Und wie damals im Westfalenstadion werden ihn die Fans auch in der AWD-Arena „freundlich empfangen“, das ist seine Überzeugung. Denn: „Ich glaube, dass ich beim DFB und für die Nationalmannschaft gute Arbeit geleistet und dort eine wunderschöne Zeit erlebt habe. Dem deutschen Fußball habe ich alles zu verdanken. Er wird immer ein großer Teil meines Lebens sein.“

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Zurück zu den Wurzeln

An seinen vorausgegangenen Stationen in Kuwait, Schottland, Nigeria und vor allem jetzt in Aserbaidschan hat Vogts inzwischen zu den Wurzeln zurückgefunden. Zu seinem Selbst­verständnis als Fußball-Lehrer, als Fußball-Missionar, als Entwicklungshelfer für jeden einzelnen Spieler. Längst kommt er nicht mehr in die Verlegenheit, gegen sich selbst anspielen zu müssen. Stattdessen sind Nach­sicht, Verständnis und Geduld wieder die Eckpfeiler seiner Arbeit geworden, die er zusammen mit seinen Assis­tenten Uli Stein und Olaf Janßen in und für Aserbaidschan ausübt.

„Meine Aufgabe ist es, die Mannschaft nach und nach zu verjüngen. Dabei stellen sich die Erfolge erst später ein. Das hat man in Schottland so gesehen und das wird man auch in Aserbaidschan in vier, fünf Jahren feststellen, wenn man Geduld hat“, sagt Vogts, und es scheint ihm Spaß zu machen. Gut gelaunt verteilte er in Baku nach der 0:2-Niederlage im Hinspiel Komplimente an seine Mannschaft. Locker und gelöst plauderte er im Kabinengang mit Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff und DFB-Torwart-Trainer Andreas Köpke, seinen EM-Helden von 1996. Und noch auf dem Spielfeld umarmte er seinen Kollegen Joachim Löw.

Wiedersehen mit einem alten Bekannten

Der heutige Bundestrainer hat den Anfang der Karriere des Fußball-Lehrers Vogts als Zeitzeuge miterlebt. Heute in Hannover wird Löw ein Stück entfernt von Vogts auf der anderen Trainerbank Platz nehmen. Damals, vor 30 Jahren in Thorn an der Weichsel, saß er fast direkt neben ihm - als späterer Einwechselspieler bei der U 21-Premiere gegen Polen. An jenem 10. Oktober 1979 hat der junge Joachim Löw hautnah mitbekommen, dass Berti Vogts für Gemeinschaftsgeist und Arbeitswillen steht. Und er hat erlebt, dass den Fußball-Lehrer bei aller Nachsicht und Geduld eines ganz besonders in Rage versetzt: Wenn seine Spieler nicht die Tugenden auf den Rasen zeigen, die den Spieler Vogts immer ausgezeichnet haben.