Bensemann: DFB-Gründungsmitglied und Fußballpionier

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Am Donnerstag vor 110 Jahren wurde der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Leipzig von 86 Vereinsvertretern gegründet - einer davon war Walther Bensemann. DFB.de erinnert an das Gründungsmitglied - einen echten Fußballpionier und den Erfinder des "Kicker".

Leipzig, am 28. Januar 1900. Im Restaurant "Zum Mariengarten" in Leipzig gibt es russischen Stör in Gemüsesulz, Rehbock garniert auf reiche Art mit Welschkraut und eine Mokka-Nougateisbombe auf Leipziger Art. Es treffen sich Delegierte aus 86 Vereinen zum "ersten deutschen Fußballtag". Es ist die Geburtsstunde des Deutschen Fußball-Bundes.

Auf der Tagesordnung stehen wichtige Fragen: Was ist ein Fußballspiel? Auf welchen Regeln baut sich das Fußballspiel auf? Bis dahin wird das Spiel auf unterschiedlichste Weise gespielt. Mit 15 bis 20 Spielern in einer Mannschaft und einem Tor, das zumeist aus zwei Besenstielen und einer Leine besteht. Die Delegierten müssen sich auf wichtige Antworten einigen, um einen wohl-organisierten Dachverband ins Leben zu rufen und dem Fußballsport das Ansehen und die Achtung zu verschaffen, die ihm gebührt.

In der Runde meldet sich Walther Bensemann zu Wort. Er dringt auf die Wahl eines Vorstandes und meint, zuerst müsse dem Verband ein Name gegeben werden. Bensemann fordert dabei den Fortfall des Wortes "Allgemeiner", welchem die Sitzung auch sofort nachkommt und hierauf den Begriff "Deutschen Fußball-Bund" annimmt.

Mit 14 ersten Fußballverein gegründet

Zu dieser Zeit hat Walther Bensemann bereits eines der bekanntesten Gesichter in der noch sehr jungen deutschen Fußballfamilie. Der Sohn einer jüdischen Familie aus Berlin besucht im Alter von zehn Jahren ein Internat in Montreux in der Schweiz. Hier kommt er erstmals mit dem aus England stammenden Sport in Kontakt. Die Begeisterung für das Spiel lässt Bensemann nicht mehr ruhen. Als Vierzehnjähriger gründet er seinen ersten Fußballverein "Footballclub Montreux", und auch nach seinem Abitur in Deutschland nimmt die Fußballwanderung ihren Lauf.

Wie ein Missionar zieht Bensemann von Ort zu Ort und von Stadt zu Stadt, um Werbung für den Fußball zu machen. Bensemann sieht im Fußball den Gedanken von Fairplay und Toleranz verwirklicht und betrachtet ihn als ein Mittel zur Völkerverständigung. Er organisiert und vermittelt Spiele zwischen Vereins- und Auswahlmannschaften im In- und Ausland.

Dabei gelingt es Bensemann nach anfänglichen Schwierigkeiten, am 12. Dezember 1898 das erste inoffizielle "Ur-Länderspiel" zu veranstalten. Das von ihm zusammengestellte Team - eine Auswahlmannschaft, bestehend aus Fußballern aus Hamburg, Karlsruhe und Berlin - tritt gegen eine Mannschaft in Paris an. Und gewinnt das Spiel prompt mit 7:0.

Bilderbogen: 110 Jahre DFB

Im Januar 1900 wird schließlich der DFB als landesweiter Dachverband ins Leben gerufen. In den Jahren zwischen den Jahrhunderten setzt Bensemann seine Wanderung durch Deutschland fort: Baden-Baden, Frankfurt, Freiburg, Gießen, Heidelberg, Mannheim, Marburg, München und Saarburg.

Die aus heutiger Sicht prominentesten Gründungen, an denen er maßgeblich beteiligt ist, sind die der Frankfurter Kickers, eines der Vorläufervereine von Eintracht Frankfurt, sowie der Fußballabteilung des MTV München, aus der später der FC Bayern München hervorgeht.

Bensemann gründet den Kicker

In seinem Bemühen, den Fußball in Deutschland populär zu machen, engagiert sich Bensemann auch als Lehrer und Journalist. Benseman versteht es, den Sport gesellschaftlich zu machen. Vor allem während seiner Zeit im Ausland findet Bensemann Gefallen daran, Texte und Spielberichte zu schreiben.

Bekannt werden seine Artikel zu den deutsch-englischen Fußballbeziehungen und der sozialen Rolle des Fußballs in England, die in den Jahren 1909 und 1910 veröffentlicht werden. Die Affinität zum Journalismus veranlasst ihn auch zu einem weiteren Erfolgsprojekt: 1920 gründet Walther Bensemann die Fachzeitschrift Kicker und erlangt Bekanntheit durch seine Fußball-Glossen.

Vision von Frieden und Völkerverständigung

Nachdem der DFB 1925 entscheidet, Begegnungen mit Profiteams aus der Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich zu verbieten, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Bensemann und dem Deutschen Fußball-Bund. Der Fußballpionier ist enttäuscht und sieht seine Vision eines völkerverbindenden Sports in Gefahr.

Bei ihm reift die Idee, einen internationalen Dachverband zu gründen, der fernab vom politischen Geschehen den Fußball für Frieden und Völkerverständigung nutzt. Dazu wird Bensemann 1932 zum FIFA-Kongress nach Stockholm eingeladen.

Zwanziger: "Bensemann war ein bemerkenswerter Vordenker"

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 wandert der Jude Walther Bensemann in die Schweiz aus. Nur wenige Tage nach seiner Abreise veröffentlichen die großen Sportvereine eine Erklärung, in der versichert wird, der nationalsozialistischen Regierung "mit allen Kräften" zu folgen, "insbesondere in der Frage der Entfernung der Juden aus den Sportvereinen".

Zu den Mitträgern zählen zahlreiche Vereine wie der Karlsruher FV, 1. FC Nürnberg, Bayern München und Eintracht Frankfurt, die Walther Bensemann selbst mitgegründet hat oder zu denen er enge Kontakte gepflegt hat. Kurze Zeit darauf ergeht eine ähnliche Erklärung des Deutschen Fußball-Bundes. Walther Bensemann stirbt nur ein Jahr später, am 12. November 1934, ruhm- und mittellos.

DFB Präsident Dr. Theo Zwanziger würdigt die Lebensleistung des Fußballpioniers: "Walther Bensemann hat als bemerkenswerter Vordenker erkannt, welche soziale und integrative Kraft im Fußball steckt und diese Meinung auch gegen die Widerstände der elitären Obrigkeit immer vertreten. In Erinnerung an Walther Bensemann möchte sich der Deutsche Fußball-Bund auch im 110. Jahr seiner Gründung weiterhin seiner sozialen Verantwortung stellen."

[rr/dfb]

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Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Am Donnerstag vor 110 Jahren wurde der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Leipzig von 86 Vereinsvertretern gegründet - einer davon war Walther Bensemann. DFB.de erinnert an das Gründungsmitglied - einen echten Fußballpionier und den Erfinder des "Kicker".

Leipzig, am 28. Januar 1900. Im Restaurant "Zum Mariengarten" in Leipzig gibt es russischen Stör in Gemüsesulz, Rehbock garniert auf reiche Art mit Welschkraut und eine Mokka-Nougateisbombe auf Leipziger Art. Es treffen sich Delegierte aus 86 Vereinen zum "ersten deutschen Fußballtag". Es ist die Geburtsstunde des Deutschen Fußball-Bundes.

Auf der Tagesordnung stehen wichtige Fragen: Was ist ein Fußballspiel? Auf welchen Regeln baut sich das Fußballspiel auf? Bis dahin wird das Spiel auf unterschiedlichste Weise gespielt. Mit 15 bis 20 Spielern in einer Mannschaft und einem Tor, das zumeist aus zwei Besenstielen und einer Leine besteht. Die Delegierten müssen sich auf wichtige Antworten einigen, um einen wohl-organisierten Dachverband ins Leben zu rufen und dem Fußballsport das Ansehen und die Achtung zu verschaffen, die ihm gebührt.

In der Runde meldet sich Walther Bensemann zu Wort. Er dringt auf die Wahl eines Vorstandes und meint, zuerst müsse dem Verband ein Name gegeben werden. Bensemann fordert dabei den Fortfall des Wortes "Allgemeiner", welchem die Sitzung auch sofort nachkommt und hierauf den Begriff "Deutschen Fußball-Bund" annimmt.

Mit 14 ersten Fußballverein gegründet

Zu dieser Zeit hat Walther Bensemann bereits eines der bekanntesten Gesichter in der noch sehr jungen deutschen Fußballfamilie. Der Sohn einer jüdischen Familie aus Berlin besucht im Alter von zehn Jahren ein Internat in Montreux in der Schweiz. Hier kommt er erstmals mit dem aus England stammenden Sport in Kontakt. Die Begeisterung für das Spiel lässt Bensemann nicht mehr ruhen. Als Vierzehnjähriger gründet er seinen ersten Fußballverein "Footballclub Montreux", und auch nach seinem Abitur in Deutschland nimmt die Fußballwanderung ihren Lauf.

Wie ein Missionar zieht Bensemann von Ort zu Ort und von Stadt zu Stadt, um Werbung für den Fußball zu machen. Bensemann sieht im Fußball den Gedanken von Fairplay und Toleranz verwirklicht und betrachtet ihn als ein Mittel zur Völkerverständigung. Er organisiert und vermittelt Spiele zwischen Vereins- und Auswahlmannschaften im In- und Ausland.

Dabei gelingt es Bensemann nach anfänglichen Schwierigkeiten, am 12. Dezember 1898 das erste inoffizielle "Ur-Länderspiel" zu veranstalten. Das von ihm zusammengestellte Team - eine Auswahlmannschaft, bestehend aus Fußballern aus Hamburg, Karlsruhe und Berlin - tritt gegen eine Mannschaft in Paris an. Und gewinnt das Spiel prompt mit 7:0.

Bilderbogen: 110 Jahre DFB

Im Januar 1900 wird schließlich der DFB als landesweiter Dachverband ins Leben gerufen. In den Jahren zwischen den Jahrhunderten setzt Bensemann seine Wanderung durch Deutschland fort: Baden-Baden, Frankfurt, Freiburg, Gießen, Heidelberg, Mannheim, Marburg, München und Saarburg.

Die aus heutiger Sicht prominentesten Gründungen, an denen er maßgeblich beteiligt ist, sind die der Frankfurter Kickers, eines der Vorläufervereine von Eintracht Frankfurt, sowie der Fußballabteilung des MTV München, aus der später der FC Bayern München hervorgeht.

Bensemann gründet den Kicker

In seinem Bemühen, den Fußball in Deutschland populär zu machen, engagiert sich Bensemann auch als Lehrer und Journalist. Benseman versteht es, den Sport gesellschaftlich zu machen. Vor allem während seiner Zeit im Ausland findet Bensemann Gefallen daran, Texte und Spielberichte zu schreiben.

Bekannt werden seine Artikel zu den deutsch-englischen Fußballbeziehungen und der sozialen Rolle des Fußballs in England, die in den Jahren 1909 und 1910 veröffentlicht werden. Die Affinität zum Journalismus veranlasst ihn auch zu einem weiteren Erfolgsprojekt: 1920 gründet Walther Bensemann die Fachzeitschrift Kicker und erlangt Bekanntheit durch seine Fußball-Glossen.

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Vision von Frieden und Völkerverständigung

Nachdem der DFB 1925 entscheidet, Begegnungen mit Profiteams aus der Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich zu verbieten, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Bensemann und dem Deutschen Fußball-Bund. Der Fußballpionier ist enttäuscht und sieht seine Vision eines völkerverbindenden Sports in Gefahr.

Bei ihm reift die Idee, einen internationalen Dachverband zu gründen, der fernab vom politischen Geschehen den Fußball für Frieden und Völkerverständigung nutzt. Dazu wird Bensemann 1932 zum FIFA-Kongress nach Stockholm eingeladen.

Zwanziger: "Bensemann war ein bemerkenswerter Vordenker"

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 wandert der Jude Walther Bensemann in die Schweiz aus. Nur wenige Tage nach seiner Abreise veröffentlichen die großen Sportvereine eine Erklärung, in der versichert wird, der nationalsozialistischen Regierung "mit allen Kräften" zu folgen, "insbesondere in der Frage der Entfernung der Juden aus den Sportvereinen".

Zu den Mitträgern zählen zahlreiche Vereine wie der Karlsruher FV, 1. FC Nürnberg, Bayern München und Eintracht Frankfurt, die Walther Bensemann selbst mitgegründet hat oder zu denen er enge Kontakte gepflegt hat. Kurze Zeit darauf ergeht eine ähnliche Erklärung des Deutschen Fußball-Bundes. Walther Bensemann stirbt nur ein Jahr später, am 12. November 1934, ruhm- und mittellos.

DFB Präsident Dr. Theo Zwanziger würdigt die Lebensleistung des Fußballpioniers: "Walther Bensemann hat als bemerkenswerter Vordenker erkannt, welche soziale und integrative Kraft im Fußball steckt und diese Meinung auch gegen die Widerstände der elitären Obrigkeit immer vertreten. In Erinnerung an Walther Bensemann möchte sich der Deutsche Fußball-Bund auch im 110. Jahr seiner Gründung weiterhin seiner sozialen Verantwortung stellen."