Bachs Programm: "Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit, Partizipation"

Dr. Thomas Bach, DOSB-Präsident und Fecht-Olympiasieger von 1976 in Montréal, kandidiert für das höchste Amt im Weltsport. Tag X ist der 10. September, Ort der Entscheidung Buenos Aires, wo die 125. Session des IOC stattfindet. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Thomas Hackbarth redet der 59-Jährige über den Wahlkampf und den finalen Countdown vor der Wahl zum IOC-Präsidenten.

DFB.de: Herr Bach, beneiden Sie Jacques Rogge?

Dr. Thomas Bach: Warum sollte ich?

DFB.de: Der IOC-Präsident hatte bei seiner Wahl 2001 nur zwei Widersacher, den Koreaner Kim Un Yong und den Kanadier Dick Pound. Bei Ihnen sind es fünf: Sergej Bubka, Richard Carrion, Ser Miang Ng, Denis Oswald und Ching-Kuo Wu.

Bach: Das stimmt so nicht. 2001, zu Beginn bei Jacques Rogge, waren es auch insgesamt fünf Kandidaten. Im Übrigen führe ich den Wahlkampf für meine Ideen und meine Person und eine eigene Mehrheit - und eben nicht gegen andere.

DFB.de: Sechs Kandidaten für das Präsidentenamt sind dennoch olympischer Rekord.

Bach: Überrascht hat mich das nicht. Schon bei den Olympischen Spielen 2012 in London brachten sich die Kandidaten in Position. Das war absehbar.

DFB.de: Das IOC hat strenge Beschränkungen für den Wahlkampf. Sie dürfen kein IOC-Mitglied besuchen, Geschenke sind natürlich verboten und auch andere Formen der Publicity. Wie haben Sie seit Bekanntgabe der Kandidatur dennoch für sich geworben?



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Dr. Thomas Bach, DOSB-Präsident und Fecht-Olympiasieger von 1976 in Montréal, kandidiert für das höchste Amt im Weltsport. Tag X ist der 10. September, Ort der Entscheidung Buenos Aires, wo die 125. Session des IOC stattfindet. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Thomas Hackbarth redet der 59-Jährige über den Wahlkampf und den finalen Countdown vor der Wahl zum IOC-Präsidenten.

DFB.de: Herr Bach, beneiden Sie Jacques Rogge?

Dr. Thomas Bach: Warum sollte ich?

DFB.de: Der IOC-Präsident hatte bei seiner Wahl 2001 nur zwei Widersacher, den Koreaner Kim Un Yong und den Kanadier Dick Pound. Bei Ihnen sind es fünf: Sergej Bubka, Richard Carrion, Ser Miang Ng, Denis Oswald und Ching-Kuo Wu.

Bach: Das stimmt so nicht. 2001, zu Beginn bei Jacques Rogge, waren es auch insgesamt fünf Kandidaten. Im Übrigen führe ich den Wahlkampf für meine Ideen und meine Person und eine eigene Mehrheit - und eben nicht gegen andere.

DFB.de: Sechs Kandidaten für das Präsidentenamt sind dennoch olympischer Rekord.

Bach: Überrascht hat mich das nicht. Schon bei den Olympischen Spielen 2012 in London brachten sich die Kandidaten in Position. Das war absehbar.

DFB.de: Das IOC hat strenge Beschränkungen für den Wahlkampf. Sie dürfen kein IOC-Mitglied besuchen, Geschenke sind natürlich verboten und auch andere Formen der Publicity. Wie haben Sie seit Bekanntgabe der Kandidatur dennoch für sich geworben?

Bach: Zwei streng formelle Vorgänge waren hierbei entscheidend. Zuerst die Übermittlung meines Programms per Brief an alle IOC-Mitglieder und Anfang Juli dann die persönliche Präsentation vor den IOC-Mitgliedern in Lausanne. Auf Konferenzen und Sportveranstaltungen habe ich zudem eine Fülle von Gesprächen mit den IOC-Mitgliedern geführt.

DFB.de: Auf der 125. Session des IOC in Buenos Aires fällt die Entscheidung. Die meisten der 100 stimmberechtigten Mitglieder kennen Sie seit Jahrzehnten. Wie kann man da noch jemanden auf die eigene Seite rüberziehen?

Bach: Wenn man sich lange kennt und schätzt, heißt das nicht unbedingt, dass man auch mit der Stimme der IOC-Kollegin oder des IOC-Kollegen rechnen kann. In diesem Wahlkampf kommt es sehr darauf an, dass man sich also authentisch präsentiert. Programm und Person müssen deckungsgleich sein.

DFB.de: Großes Thema, kurze Frage: Warum wollen Sie Präsident des Weltsportverbandes werden?

Bach: Es gibt ein paar Headlines in meinem Programm, unter denen sich dann vieles subsummiert. Eine Headline ist dem Thema "Glaubwürdigkeit" und "Integrität" gewidmet. Das gilt für die sportlichen Wettbewerbe wie auch für die Organisation. Die Nachhaltigkeit der Olympischen Spiele ist ein zentrales Thema, das reicht dann von der Phase des Bewerbungsverfahrens bis hin zum Programm der Spiele selbst. Partizipation, eine stärkere Beteiligung der IOC-Mitglieder, ist mir ein weiteres, wichtiges Anliegen. Wir wollen die Idee der Olympischen Jugendspiele weiter entwickeln. Und an der Basis müssen wir Jugendliche wieder stärker zum Sporttreiben motivieren.

DFB.de: Vor mehr als 30 Jahren kandidierte Willi Daume gegen Juan Antonio Samaranch und war chancenlos. Hat es ein Deutscher bis heute schwerer, gewählt zu werden?

Bach: Das glaube ich gar nicht, und unter uns beiden, wenn es so wäre, würde ich es nicht sagen. (lacht)

DFB.de: Bisher stammten - bis auf den Amerikaner Avery Brundage - alle zehn Präsidenten aus Europa. Doch die Spiele gehören der Welt. Schmälert das Ihre Wahlchancen?

Bach: Nein, das wird keine Rolle spielen. Im IOC wird nicht so stark kontinental gedacht wie in vielen anderen Sportorganisationen. Mein Programm heißt "Einheit in Vielfalt". Dafür stehe ich auch mit meiner Person.

DFB.de: Der Puerto Ricaner Ricardo Carrion, ein Banker, und Ng Ser Miang, der 2010 die ersten Olympischen Jugendspiele organisiert hat - sind das die schärfsten Rivalen?

Bach: Wie schon erwähnt, mein Bestreben ist es, eine Mehrheit für meine Person zu gewinnen, und darauf konzentriere ich mich. Ich schaue nicht auf die Konkurrenten.

DFB.de: Wie bewerten Sie die Proteste rund um den Confed Cup in Brasilien?

Bach: Große Sportorganisationen sind generell gefordert, den Menschen im jeweiligen Gastgeberland zu zeigen, welche Vorteile mit der Ausrichtung einer WM oder eben der Olympischen Spiele einhergehen. Mit dem Bau des Olympischen Dorfes in Rio de Janeiro wird zum Beispiel der Wohnungsbau vorangetrieben, dadurch entsteht Wohnraum, der auch für einkommensschwächere Bürger erschwinglich wird. Die Infrastruktur des jeweiligen Gastgeberlandes wird durch Sport-Großveranstaltungen deutlich gestärkt. Viele Innovationsfaktoren entstehen. Auch die weichen Faktoren sollte man nicht vernachlässigen: Eine WM oder Olympische Spiele schaffen ungeheuer viel Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie sind gesellschaftlicher Kitt - so wie wir das zuletzt während der WM 2006 in Deutschland erleben durften.

DFB.de: Rein wirtschaftlich betrachtet: Refinanzieren sich moderne Sportgroßereignisse?

Bach: Das operative Budget bei Olympischen Spielen schließt bekanntermaßen regelmäßig mit einer schwarzen Null ab, oft genug mit einem Gewinn. Man kann sicher nicht eine stattfindende Erweiterung eines Flughafens den Kosten einer WM oder von Olympia zuschlagen. Solche Großveranstaltungen wirken doch als Katalysator, um Infrastrukturprojekte in einem überschaubaren Zeitrahmen fertigzustellen.

DFB.de: Wie zufrieden sind Sie mit dem olympischen Fußballturnier, dem in Deutschland nicht immer die größte Aufmerksamkeit geschenkt wird?

Bach: Ich hoffe zumindest, dass sich mal wieder eine deutsche Mannschaft für die Spiele qualifiziert und der deutsche Fußball auch bei Olympischen Spielen seine unbestrittenen Qualitäten demonstriert. Von daher freue ich mich sehr, dass Horst Hrubesch die Olympiaqualifikation zum Ziel seiner U 21 erklärt hat.

DFB.de: Ringen ringt um den Fortbestand bei Olympia. Wie ist Ihre Position?

Bach: Ringen ist neben Squash und Baseball/Softball eine von drei Sportarten, die sich zur Wahl stellen. Es wird sehr auf die Präsentationen in Buenos Aires ankommen. Nur eine der drei Sportarten kann in das Programm für 2020 aufgenommen werden.

DFB.de: Im Frühjahr beschloss der Bundestag auf Bestreben von DOSB und DFB zahlreiche Änderungen beim Ehrenamt. So wurde die Übungsleiterpauschale um 300 Euro auf jährlich 2400 Euro angehoben. Die Freigrenze für Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen wurde sogar um 10.000 auf 45.000 Euro erhöht.

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Bach: Das war ein guter Tag für den Sport, eine richtige Entscheidung der Politik und vor allem ein Signal, dass das Ehrenamt geschätzt wird. Denn oft kommt es beim Ehrenamt nicht so sehr auf die Vergütung an, sondern vielmehr auf den Respekt vor dem, was hier geleistet wird. Fast 8,8 Millionen Menschen engagieren sich unter dem Dach des DOSB freiwillig und ehrenamtlich. Das macht deutlich, welche große Bedeutung das Ehrenamt hat, nicht nur für das Funktionieren des Sports, sondern für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft insgesamt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter verdienen hierfür eine hohe Anerkennung. Wir dürfen nicht aufhören, immer wieder Erleichterungen für diese Tätigkeit zu erwirken. Der Übungsleiter sollte in der Halle oder auf dem Fußballplatz stehen, und nicht Zeit damit verbringen müssen, Formulare am Schreibtisch auszufüllen.

DFB.de: Wie sieht Ihr Countdown für die Wahl in Buenos Aires am 10. September aus?

Bach: Wenn ich in Buenos Aires angekommen sein werde, wird zuerst die Sitzung der IOC-Exekutive stattfinden. Am 6. September beginnt schon die IOC-Session mit der Wahl der Gastgeberstadt für die Olympischen Spiele 2020. Darüber hinaus werde ich sicher noch einmal viele Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen führen. Der Wahlkampf endet erst am 10. September.

DFB.de: Im Grunde ist die Wahl ohnehin schon gelaufen. Franz Beckenbauer hat gesagt, er betet für Sie. Damit ist doch alles klar, oder?

Bach: (lacht) Über die Unterstützung von Franz Beckenbauer, aber auch insgesamt aus dem Fußball, von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball, freue ich mich sehr. Ich bin dankbar dafür.