"Auf das Herz": Integration mit Hartwig

Jimmy Hartwigs Anfang der 80er-Jahre einzigartige Qualitäten, seine Torgefährlichkeit und sein Tackling, waren mitentscheidend, dass der Hamburger SV einmal als beste Mannschaft Europas ganz oben stand, 1983 war das. Man muss sich das vorstellen: der HSV! Dreimal Deutscher Meister wurde er damals auch noch. Hartwig war ein moderner Sechser, bevor diese Position überhaupt erfunden wurde. Er lief Räume zu. Er klebte am Gegner. Und er schoss Tore. In der Saison 1981/1982 erzielte er 14 Tore bei 31 Einsätzen. Zweimal trug er den Adler auf der Brust.

So ein Spiel aber, das hat er noch nicht erlebt. "Hartwig abschießen" heißt es und rund zwei Dutzend Kinder der Langener Sonnenblumenschule hämmern drauf, so wie Sechs- oder Achtjährige eben draufhämmern können. Er spielt mit, stöhnt "Uuuhh", ruft gespielt verärgert "Mann!" Die Kinder haben einen Heidenspaß. "Ich mache das gerne, weil ich das kann. Ich erreiche die Kids", sagt er.

Als DFB-Integrationsbotschafter unterwegs in Deutschland

Der ehemalige Nationalspieler ist heute immer noch für den DFB im Einsatz, als Handlungsreisender in Sachen Vielfalt. Als DFB-Integrationsbotschafter besucht er Vereine, Projekte und Schulen in ganz Deutschland. Heute also die Sonnenblumenschule, eine Grundschule im hessischen Langen. Die riesige Turnhalle ist mit 130 Grundschulkindern gefüllt, auf den Tribünen sitzt mit Gerhard Hilgers der Geschäftsführer des Hessischen Fußball-Verbandes, sitzen Vertreter der Stadt und kooperierender Fußballvereine, viele Eltern. 250 Jungen und Mädchen werden an der Sonnenblumenschule unterrichtet, acht von zehn haben einen Migrationshintergrund. In Langen ist man stolz auf die Grundschule. Einer sagt: "Normal ist das hier alles nicht."

Als er Ende der 80er-Jahre den Rasen verließ, machte er viele andere Sachen. Bis heute steht Jimmy Hartwig sporadisch auf der Theaterbühne, sein Mentor Thomas Thieme sagte mal über ihn, er habe "die Kraft eines Stieres und die Seele eines kleinen Jungen". Hartwig verkörpert große Figuren. Als er Büchners Woyzeck oder den Kaufmann Mäch in Brechts Baal spielte, ärgerte er diejenigen, die schon geifernd bereitstanden, sich das Maul zu zerreißen. Zuletzt überzeugte er in Albert Ostermaiers "Spiel ohne Ball". Eine renommierte Theaterkritikerin urteilte mal über ihn: "Seine Konzentration ist fast greifbar, seine Stimme trägt auch in den Rang. Wer auf eine Blamage gehofft hatte, wird enttäuscht. So merkwürdig es klingen mag: Jimmy Hartwig macht seinen Job." Mindestens dreimal schon hat er den Krebs besiegt. Hartwig ist ein Sieger.



Jimmy Hartwigs Anfang der 80er-Jahre einzigartige Qualitäten, seine Torgefährlichkeit und sein Tackling, waren mitentscheidend, dass der Hamburger SV einmal als beste Mannschaft Europas ganz oben stand, 1983 war das. Man muss sich das vorstellen: der HSV! Dreimal Deutscher Meister wurde er damals auch noch. Hartwig war ein moderner Sechser, bevor diese Position überhaupt erfunden wurde. Er lief Räume zu. Er klebte am Gegner. Und er schoss Tore. In der Saison 1981/1982 erzielte er 14 Tore bei 31 Einsätzen. Zweimal trug er den Adler auf der Brust.

So ein Spiel aber, das hat er noch nicht erlebt. "Hartwig abschießen" heißt es und rund zwei Dutzend Kinder der Langener Sonnenblumenschule hämmern drauf, so wie Sechs- oder Achtjährige eben draufhämmern können. Er spielt mit, stöhnt "Uuuhh", ruft gespielt verärgert "Mann!" Die Kinder haben einen Heidenspaß. "Ich mache das gerne, weil ich das kann. Ich erreiche die Kids", sagt er.

Als DFB-Integrationsbotschafter unterwegs in Deutschland

Der ehemalige Nationalspieler ist heute immer noch für den DFB im Einsatz, als Handlungsreisender in Sachen Vielfalt. Als DFB-Integrationsbotschafter besucht er Vereine, Projekte und Schulen in ganz Deutschland. Heute also die Sonnenblumenschule, eine Grundschule im hessischen Langen. Die riesige Turnhalle ist mit 130 Grundschulkindern gefüllt, auf den Tribünen sitzt mit Gerhard Hilgers der Geschäftsführer des Hessischen Fußball-Verbandes, sitzen Vertreter der Stadt und kooperierender Fußballvereine, viele Eltern. 250 Jungen und Mädchen werden an der Sonnenblumenschule unterrichtet, acht von zehn haben einen Migrationshintergrund. In Langen ist man stolz auf die Grundschule. Einer sagt: "Normal ist das hier alles nicht."

Als er Ende der 80er-Jahre den Rasen verließ, machte er viele andere Sachen. Bis heute steht Jimmy Hartwig sporadisch auf der Theaterbühne, sein Mentor Thomas Thieme sagte mal über ihn, er habe "die Kraft eines Stieres und die Seele eines kleinen Jungen". Hartwig verkörpert große Figuren. Als er Büchners Woyzeck oder den Kaufmann Mäch in Brechts Baal spielte, ärgerte er diejenigen, die schon geifernd bereitstanden, sich das Maul zu zerreißen. Zuletzt überzeugte er in Albert Ostermaiers "Spiel ohne Ball". Eine renommierte Theaterkritikerin urteilte mal über ihn: "Seine Konzentration ist fast greifbar, seine Stimme trägt auch in den Rang. Wer auf eine Blamage gehofft hatte, wird enttäuscht. So merkwürdig es klingen mag: Jimmy Hartwig macht seinen Job." Mindestens dreimal schon hat er den Krebs besiegt. Hartwig ist ein Sieger.

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DFB-Integrationspreis für Sonnenblumenschule Langen

Die Sonnenblumenschule auch, die vor ein paar Monaten mit dem DFB- und Mercedes-Benz Integrationspreis ausgezeichnet wurde. Den Fußball nutzen - das machen sie hier vorbildlich. 130 Kinder nehmen an den fünf Fußball-AGs teil, die von einem Sozialpädagogen und Karin Krenn geleitet werden. Die ehemalige Volleyball-Bundesligaspielerin sagt über ihre kleinen Fußballerinnen und Fußballer: "Spätestens ab der dritten Klasse sind sie für ihr Alter sozial hochkompetent. Unsere Kinder sind fair, sie stehen füreinander ein, sie übernehmen Verantwortung."

Die Fußballstunden werden sozialpädagogisch begleitet. Nach Fouls entschuldigen sich die Kinder und diskutieren darüber, wie das andernorts funktioniert - auf dem Spielplatz, in der eigenen Familie. Gemeinsam entwickeln sie ihre Regeln für den mittäglichen AG-Kick. Schulleiterin Dominique Franzke: "Fast alle Kinder begeistert der Fußball, egal woher sie kommen. Dabei reden wir gar nicht über Integration. Es geht darum, dass wir die Potenziale aller Kinder entwickeln. Und dabei hilft uns gerade auch der Fußball."

Die Interkulturelle Gemeinschaft in Deutschland entwickelt sich überall weiter. Eine neue Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) legt Zahlen vor. So haben nur noch acht Prozent aller Jugendlichen keinerlei Kontakt zu Muslimen. Bei älteren Erwachsenen liegt der Anteil dagegen bei 22 Prozent. Und: 48,3 Prozent der Jugendlichen ziehen ihr Wissen über Muslime aus direkten Gesprächen. Bei über 25-Jährigen ist Fernsehen mit 46,3 Prozent der Topwert. Die Zahlen der Studie "Deutschland postmigrantisch II" scheinen auch zu belegen: Gerade für junge Leute sind Vielfalt und Teilhabe ziemlich normal gelebte Dinge. Die Zukunft hat begonnen, auch in Langen.

"Wir sprechen Fußball"

Natürlich kennen sie Hartwig nicht, als er die Halle betritt, sie wissen nur, ein großer Fußballer kommt auf Besuch. Aber er erzählt ihnen, dass er einmal die Champions League gewonnen hat - und die Kinder werden still. Schauen Hartwig mit großen Augen an. Einige tragen Trikots von Messi, Neymar, den Bayern, Borussia Dortmund. Der Beliebtsheitssieger: das WM-Trikot der Mannschaft. Sie stellen sich in einer Reihe auf und sagen in der Sprache des Landes, aus dem sie oder ihre Eltern nach Deutschland kamen "Wir sprechen Fußball." Indonesisch, Thailändisch, Ungarisch, Marokkanisch, Chinesisch, Russisch. Espana habla football. Italia parla calcio. Senegal speaks football. 30 verschiedene Sprachen. Die Vereinten Nationen von Langen.

Mehrere Hochhausblöcke türmen sich auf im Langener Norden. Viele Jahre wurde hier das hessische Übergangswohnheim betrieben. Die Sonnenblumenschule rangiert ein paar Prozentpunkte hinter anderen Langener Schulen, wenn es um den Transfer an ein Gymnasium geht. Manche Nachteile sind nicht für jedes Kind zu kompensieren. Vor kurzem hat eine Schülerin den Vorlesewettbewerb der Stadt gewonnen. Und immer wieder besuchen Ehemalige die Sonnenblumenschule.

Jimmy, wie ihn alle inzwischen in der Halle nennen, steht mitten in einem riesigen Pulk Kinder, verteilt Autogramme und sagt dann noch mal: "Ich würde mir wünschen, dass es in noch mehr Schulen so cool hergeht wie bei Euch." Auf die Herkunft sollen sie stolz sein, sagt ihnen der DFB-Integrationsbotschafter, aber es käme eben auch auf andere Dinge an. Worauf denn, fragt er dann die Kinder. Ein kleiner Knirps meldet sich und weiß, nachdem er das Mikro bekommen hat, tatsächlich eine starke Antwort: "Auf das Herz".