Assimiou Touré: Endlich wieder Fußball spielen

Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Urgestein. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison eine Menge Charakterköpfe zu bieten, Figuren und Protagonisten, die ihren Vereinen und der Liga Profil verleihen. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner neuen Serie vor. Heute: Babelsbergs Abwehrspieler Assimiou Touré.

Als Assimiou Touré über den schlimmsten Moment seines Lebens spricht, redet er plötzlich leiser. Er habe das alles gut verkraftet, er habe keine Albträume mehr, er müsse kaum noch daran denken. Aber natürlich könne er sich noch an jedes Detail erinnern - und zwar ganz genau. An die Schüsse von beiden Seiten, an die dabei getöteten Kollegen, an das Glück, das er in diesem Moment hatte. "Das war im Januar 2010, ich war mit der togoischen Nationalmannschaft auf dem Weg nach Angola", sagt Touré.

Eine Busfahrt, zwei Tage vor Beginn des Afrika-Cups. Touré berichtet: "Plötzlich werden wir von beiden Seiten angegriffen, es knallt unglaublich laut, wir schmeißen uns sofort unter die Sitze. Zwei schaffen das leider nicht mehr rechtzeitig, weil sie gerade im Gang stehen. Sie überleben den Angriff nicht." Für Togo ist das Turnier natürlich beendet, bevor es überhaupt begonnen hat. Keiner kann in so einem Moment mehr an Fußball denken.

Abstiegskampf mit neuer Bedeutung

Wer solche Ereignisse erlebt hat, für den hat Abstiegskampf in der 3. Liga plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Denn das ist im Moment das Thema des 24-Jährigen. Der Abwehrspieler ist inzwischen beim SV Babelsberg 03 gelandet. Am Samstag (ab 14 Uhr) steht das Duell bei Rot-Weiß Erfurt auf dem Programm, Vorletzter gegen Viertletzter.

"Wir wollen dort gewinnen", sagt Touré. "Es ist ein ganz wichtiges Spiel für uns. Mit einem Sieg können wir uns etwas aus dem Tabellenkeller befreien. Bei einer Niederlage stecken wir ganz tief unten drin, und Erfurt zieht sogar an uns vorbei. Wir haben auf jeden Fall viel mehr Potenzial, als die Tabelle im Moment aussagt."

Nun also Babelsberg. Assimiou Touré ist glücklich, endlich wieder Fußball spielen zu können, täglich mit Kollegen auf dem Platz üben zu können, am Wochenende um Punkte kämpfen zu können. Was für einen Mannschaftssportler eigentlich normal ist, ist für den Defensivspezialisten längst keine Selbstverständlichkeit. Denn das Attentat auf den Mannschaftsbus war nicht der einzige große Rückschlag in seinem Leben.

Das Highlight: WM-Teilnahme 2006



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Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Urgestein. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison eine Menge Charakterköpfe zu bieten, Figuren und Protagonisten, die ihren Vereinen und der Liga Profil verleihen. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner neuen Serie vor. Heute: Babelsbergs Abwehrspieler Assimiou Touré.

Als Assimiou Touré über den schlimmsten Moment seines Lebens spricht, redet er plötzlich leiser. Er habe das alles gut verkraftet, er habe keine Albträume mehr, er müsse kaum noch daran denken. Aber natürlich könne er sich noch an jedes Detail erinnern - und zwar ganz genau. An die Schüsse von beiden Seiten, an die dabei getöteten Kollegen, an das Glück, das er in diesem Moment hatte. "Das war im Januar 2010, ich war mit der togoischen Nationalmannschaft auf dem Weg nach Angola", sagt Touré.

Eine Busfahrt, zwei Tage vor Beginn des Afrika-Cups. Touré berichtet: "Plötzlich werden wir von beiden Seiten angegriffen, es knallt unglaublich laut, wir schmeißen uns sofort unter die Sitze. Zwei schaffen das leider nicht mehr rechtzeitig, weil sie gerade im Gang stehen. Sie überleben den Angriff nicht." Für Togo ist das Turnier natürlich beendet, bevor es überhaupt begonnen hat. Keiner kann in so einem Moment mehr an Fußball denken.

Abstiegskampf mit neuer Bedeutung

Wer solche Ereignisse erlebt hat, für den hat Abstiegskampf in der 3. Liga plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Denn das ist im Moment das Thema des 24-Jährigen. Der Abwehrspieler ist inzwischen beim SV Babelsberg 03 gelandet. Am Samstag (ab 14 Uhr) steht das Duell bei Rot-Weiß Erfurt auf dem Programm, Vorletzter gegen Viertletzter.

"Wir wollen dort gewinnen", sagt Touré. "Es ist ein ganz wichtiges Spiel für uns. Mit einem Sieg können wir uns etwas aus dem Tabellenkeller befreien. Bei einer Niederlage stecken wir ganz tief unten drin, und Erfurt zieht sogar an uns vorbei. Wir haben auf jeden Fall viel mehr Potenzial, als die Tabelle im Moment aussagt."

Nun also Babelsberg. Assimiou Touré ist glücklich, endlich wieder Fußball spielen zu können, täglich mit Kollegen auf dem Platz üben zu können, am Wochenende um Punkte kämpfen zu können. Was für einen Mannschaftssportler eigentlich normal ist, ist für den Defensivspezialisten längst keine Selbstverständlichkeit. Denn das Attentat auf den Mannschaftsbus war nicht der einzige große Rückschlag in seinem Leben.

Das Highlight: WM-Teilnahme 2006

Eigentlich lief zunächst alles perfekt. Vom SSV Bergneustadt ging es zu Bayer 04 Leverkusen. Touré galt als riesiges Talent. Er war überqualifiziert, spielte deshalb meist schon in den älteren Nachwuchsteams. "Ich hatte eine tolle Zeit in der Jugend, alles war bestens", sagt Touré. 2006 kam dann die völlig überraschende Berufung des damals 18-Jährigen in den Kader Togos für die Weltmeisterschaft in Deutschland: "Es war ein Traum, ein unglaubliches Erlebnis. Das wichtigste Fußballturnier der Welt. Und ich war dabei."

In dem Land, in dem er groß geworden ist. In dem Land, in dem er sich zu Hause fühlt. Und dabei die Flagge Togos auf der Brust. Dass die WM für seine Auswahl schon nach der Vorrunde ohne Punktgewinn beendet war, kann die Erinnerungen nicht negativ beeinflussen. Denn es ging fast Schlag auf Schlag weiter: Mit 18 der erste Einsatz im UEFA-Cup, wenig später die Premiere in der Bundesliga. Es folgte eine Ausleihe zum VfL Osnabrück - und plötzlich nahm das Unheil seinen Lauf.

Schien- und Wadenbeinbruch 2007: Karriere auf der Kippe

Ende September 2007 kommt der erste heftige Rückschlag. Meisterschaftsspiel mit dem VfL Osnabrück gegen den FC St. Pauli. Die sechste Minute, ein unglücklicher Zweikampf, ein Knacken im Bein, später die bittere Diagnose: Schien- und Wadenbeinbruch. "Dass etwas kaputt ist, wusste ich sofort", erinnert sich Touré. "Dass es so schlimm ist, hatte ich nicht erwartet."

Seine Karriere steht auf der Kippe, zwei Jahre Leidenszeit. Als während des Heilungsprozesses Komplikationen auftreten, wird darüber diskutiert, ob das Bein abgenommen werden muss. "Es war der Horror", sagt Touré. "Nur dank einer großen Operation konnte das verhindert werden."

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Tödliches Drama in Angola

Aber er kämpft sich wieder heran. Zunächst bleibt er noch ein Jahr in Osnabrück, dann kehrt er nach Leverkusen zurück. Dort kann sich der zweimalige deutsche U 18-Nationalspieler nicht durchsetzen. Er wechselt nach Bielefeld. Es folgt das tödliche Drama auf der Länderspielreise nach Angola. Touré kehrt zurück zur Arminia. Auch dort klappt es nicht wie gewünscht. Er muss bei der zweiten Mannschaft aushelfen. Als der Klub aus der 2. Bundesliga absteigt, erhält er keinen neuen Vertrag mehr.

Plötzlich ist das riesige Talent, der Nationalspieler, der WM-Teilnehmer arbeitslos - und zwar nicht ein paar Tage, ein paar Wochen, ein paar Monate. Touré hat ein Jahr lang keinen neuen Verein. "Ich habe mich in Leverkusen fit gehalten", sagt er. "Ich bin dankbar über die Möglichkeit, weil es einfach nicht das richtige Angebot gab." Eine ganze Saison lang nur trainieren, trainieren, trainieren. "Mir hat alles gefehlt, was ein Fußballer braucht. Besonders der Teamgeist und die Wettkämpfe am Wochenende."

Neuanfang in Babelsberg

Deshalb war die Anfrage des SV Babelsberg in diesem Sommer wie ein kleiner Lottogewinn. In der Vorbereitung hat ihn eine Operation nach einer Zehenentzündung noch etwas zurückgeworfen. "Auch die fehlende Spielpraxis habe ich gemerkt, mir haben die Automatismen gefehlt", sagt Touré. "Aber jetzt wird es besser, mit jedem Spiel. Ich hoffe, dass meine Leidenszeit nun vorbei ist. Irgendwann muss es doch wieder aufwärts gehen."

Und dabei ist er auf einem guten Weg. Endlich darf er wieder das machen, was er am liebsten macht, was er am besten kann. Endlich kann er wieder siegen, verlieren, jubeln, Tore schießen, Gegentreffer verhindern - es ist ganz einfach: Endlich kann er wieder Fußball spielen.