Asamoah: "Man kann immer etwas gegen Rassismus tun"

Erneut engagiert sich der Fußball für die "Internationalen Wochen gegen Rassismus" vom heutigen Montag bis zum 25. März 2012. In den Arenen werden entsprechende Durchsagen zu hören sein, die Stadionhefte zeigen Anzeigen zum Thema Rassismus und auf den Video-Leinwänden ist der Spot des Interkulturellen Rates zu sehen, dessen Motto lautet: "Rassismus fängt im Kopf an".

Gerald Asamoah hat Rassismus am eigenen Leib erfahren. Der gebürtige Ghanaer ist für Deutschland bei zwei Weltmeisterschaften angetreten (Vizeweltmeister 2002, WM-Dritter 2006), absolvierte 43 Länderspiele und wurde doch immer wieder zur Zielscheibe rassistischer Schmähungen.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Maximilian Geis spricht Gerald Asamoah über seine Erfahrungen als Afrikaner in Deutschland, die Entwicklung des Rassismus in den vergangenen Jahren und einen Rücktritt vom Rücktritt.

DFB.de: Gerald Asamoah, im Spot des Interkulturellen Rates zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus heißt es: "Rassismus fängt im Kopf an". Kennen Sie das Video schon?

Gerald Asamoah: Ich habe mir den Spot schon angesehen. Und ich denke, dass darin die richtigen Fragen gestellt werden und die Antworten das Thema gut vor Augen führen.

DFB.de: Gestellt werden Fragen, aus denen ersichtlich wird, dass Menschen, ihre Hautfarben, Religionen und Kulturen unterschiedlich sind und Rassismus daher im Kopf beginnt. Stimmen Sie dieser Beobachtung zu?

Asamoah: Na klar, aber gerade diese Vielfalt und diese Unterschiede machen uns doch aus. Und es wichtig, sich damit zu beschäftigen und sich dafür einzusetzen, dass darüber nachgedacht wird.

DFB.de: 2006 wurde Ihr Name von Neonazis für einen WM-Planer missbraucht. Hat Sie diese Attacke damals unvorbereitet getroffen?

Asamoah: Mit so etwas rechnet man doch nicht, das hat auch weh getan. Ich habe mich aber schnell dafür entschieden, dieser Sache keine Beachtung zu schenken. Denn es geht weiter.

DFB.de: Direkt nach der WM 2006 wurden Sie in Rostock mit Affengebrüll beleidigt und haben offen über Rücktritt gesprochen. Sind Sie heute froh, dass Sie Ihren Unmut anders gezeigt haben?

Asamoah: Man denkt viel nach, wenn so etwas passiert. Ich habe für Deutschland gespielt, wir haben eine tolle und erfolgreiche WM gespielt. Deutschland war ein super Gastgeber und hat der Fußballwelt gezeigt, dass die Deutschen sympathisch, locker, entspannt und vor allem weltoffen sind. Die deutsche Nationalmannschaft war und ist auch eine Multi-Kulti-Truppe. Keine Zweckgemeinschaft, sondern ein Team, das gerade mit den unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ein gutes Beispiel für gelebte Integration ist. Und alle Spieler sind stolz für ihre Heimat Deutschland zu spielen. Ein Rücktritt wäre ein Erfolg für die Minderheit gewesen, die sich rassistisch äußert. Und das wollte ich nicht. Ich bin froh, dass ich mich entschieden habe weiterzumachen. Fast sechs Jahre später spiele ich immer noch, ich habe eine Menge Spaß und kann mit der SpVgg Greuther Fürth nochmal um den Aufstieg in die Bundesliga spielen.

DFB.de: Woher kommt es, dass Sie diese Angriffe immer wieder verdaut haben? Liegt es an Ihrem frohen Gemüt oder daran, dass Sie mit Ihrem Vater, der vor dem Militärputsch 1978 als Oppositioneller aus Ghana über Italien und Polen nach Deutschland geflohen ist, ein gutes Vorbild hatten?

Asamoah: Natürlich hat mich mein Vater gut erzogen, und sicher bin ich deshalb ein positiver Typ. Und ich lasse mich von so etwas nicht runterziehen, lasse mir mein Leben nicht kaputtmachen. Ich versuche immer, nach vorne zu schauen.

DFB.de: Ganz aktuell ist das Thema "Rassismus im Fußball" in England, wo die Nationalspieler John Terry und Uruguays Luis Suarez beschuldigt werden. Haben Sie diese Diskussionen verfolgt?

Asamoah: Man kriegt so was schon mit. Ich hatte so etwas ja auch schon in der Bundesliga. Es tut weh, wenn man wegen seiner Hautfarbe beschimpft wird. Aber wir müssen Vorbilder sein: So etwas hat auf dem Fußballplatz nichts zu suchen. Für mich ist das ein gutes Beispiel, dass man auch mal hart vorgehen muss, um etwas zu erreichen.

DFB.de: Kann das der Fußball leisten, oder handelt es sich um ein gesellschaftliches Problem?

Asamoah: Wahrscheinlich ist es gesellschaftliches Problem. Aber gerade in Deutschland und in Europa hat der Fußball einen hohen Stellenwert und ist ein Teil des gesellschaftlichen Lebens. Und deshalb müssen wir alle, die Spieler genauso wie die Zuschauer auf den Rängen, ein gutes Vorbild sein.

DFB.de: Die "Internationalen Wochen gegen Rassismus" fordern die Menschen auf, nicht tatenlos zuzusehen. Welche Initiativen gegen Rassismus imponieren Ihnen besonders?

Asamoah: Jede Initiative gegen Rassismus ist zu begrüßen. Egal ob in kleinem Rahmen oder auf der großen Fußballbühne. Ich finde, dass "Schule ohne Rassimus - Schule mit Courage" eine sehr gelungene Initiative ist. Auch weil man sich hier nicht nur mit dem Thema Rassismus beschäftigt, sondern viel weiter denkt. Ich bin Pate an einer Schule im Ruhrgebiet, die SpVgg Greuther Fürth ist bei ein paar Projekten dabei und ich werde hier in Fürth auch meinen Teil dazu beitragen.

DFB.de: Sie haben vor ein paar Jahren von einem Benefizspiel für das Thema Integration und Anti-Rassismus gesprochen. Würden Sie eine solche Initiative auch heute noch begrüßen?

Asamoah: Man kann immer etwas tun, denn jede Aktion ist wichtig. Vor allem sollten wir uns alle kontinuierlich dafür einsetzen und nicht nur reagieren, wenn wieder irgendwo irgendwas vorkommt.

DFB.de: Zum Abschluss eine sportliche Frage: Sie laborieren derzeit an einem Muskelfaserriss. Schaffen Sie das Comeback bis zum DFB-Pokalhalbfinale gegen den BVB? Für Sie als Schalker Ikone sicher eine besondere Motivation, oder?

Asamoah: Es sieht ganz gut aus, ich absolviere schon wieder ein Lauftraining und werde intensiv behandelt. Ich hoffe, dass ich schon am Wochenende gegen 1860 München wieder dabei sein kann. Bei Muskelverletzungen muss man auch vorsichtig sein. Aber das Ziel ist natürlich ein Einsatz beim großen Pokalspiel gegen Dortmund. Wir sind der einzig verbliebene Zweitligist, Fürth kann Großes erreichen. Da will ich natürlich dabei sein.

Das meinen DFB.de-User:

"Hallo und vielen Dank für diesen Beitrag. Es wird endlich Zeit, dass den ewig Gestrigen gezeigt wird, dass sich auf einem Spielfeld Menschen befinden! Egal, welcher Nationalität sie angehören, was sie glauben und natürlich welche Hautfarbe sie haben. Es gibt nichts hässlicheres als Rassismus und rassistische Äußerungen im Sport. Ich würde mir wünschen, dass diejenigen, die das nicht verstehen (wollen), sich von unseren Sportplätzen fern halten. Und dass es harte Bestrafungen bis hin zu lebenslangen Stadionverboten für rassistisch motivierte Straftäter unter den Zuschauern aber auch den Spielern gibt. Ich hätte Gerald Asamoah gerne einmal kennen gelernt. Er ist übrigens immer noch einer der Lieblingsspieler meines 12-jährigen Sohnes." (Torsten Weidemann, Siegelsbach)

[mg]

[bild1]

Erneut engagiert sich der Fußball für die "Internationalen Wochen gegen Rassismus" vom heutigen Montag bis zum 25. März 2012. In den Arenen werden entsprechende Durchsagen zu hören sein, die Stadionhefte zeigen Anzeigen zum Thema Rassismus und auf den Video-Leinwänden ist der Spot des Interkulturellen Rates zu sehen, dessen Motto lautet: "Rassismus fängt im Kopf an".

Gerald Asamoah hat Rassismus am eigenen Leib erfahren. Der gebürtige Ghanaer ist für Deutschland bei zwei Weltmeisterschaften angetreten (Vizeweltmeister 2002, WM-Dritter 2006), absolvierte 43 Länderspiele und wurde doch immer wieder zur Zielscheibe rassistischer Schmähungen.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Maximilian Geis spricht Gerald Asamoah über seine Erfahrungen als Afrikaner in Deutschland, die Entwicklung des Rassismus in den vergangenen Jahren und einen Rücktritt vom Rücktritt.

DFB.de: Gerald Asamoah, im Spot des Interkulturellen Rates zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus heißt es: "Rassismus fängt im Kopf an". Kennen Sie das Video schon?

Gerald Asamoah: Ich habe mir den Spot schon angesehen. Und ich denke, dass darin die richtigen Fragen gestellt werden und die Antworten das Thema gut vor Augen führen.

DFB.de: Gestellt werden Fragen, aus denen ersichtlich wird, dass Menschen, ihre Hautfarben, Religionen und Kulturen unterschiedlich sind und Rassismus daher im Kopf beginnt. Stimmen Sie dieser Beobachtung zu?

Asamoah: Na klar, aber gerade diese Vielfalt und diese Unterschiede machen uns doch aus. Und es wichtig, sich damit zu beschäftigen und sich dafür einzusetzen, dass darüber nachgedacht wird.

DFB.de: 2006 wurde Ihr Name von Neonazis für einen WM-Planer missbraucht. Hat Sie diese Attacke damals unvorbereitet getroffen?

Asamoah: Mit so etwas rechnet man doch nicht, das hat auch weh getan. Ich habe mich aber schnell dafür entschieden, dieser Sache keine Beachtung zu schenken. Denn es geht weiter.

DFB.de: Direkt nach der WM 2006 wurden Sie in Rostock mit Affengebrüll beleidigt und haben offen über Rücktritt gesprochen. Sind Sie heute froh, dass Sie Ihren Unmut anders gezeigt haben?

Asamoah: Man denkt viel nach, wenn so etwas passiert. Ich habe für Deutschland gespielt, wir haben eine tolle und erfolgreiche WM gespielt. Deutschland war ein super Gastgeber und hat der Fußballwelt gezeigt, dass die Deutschen sympathisch, locker, entspannt und vor allem weltoffen sind. Die deutsche Nationalmannschaft war und ist auch eine Multi-Kulti-Truppe. Keine Zweckgemeinschaft, sondern ein Team, das gerade mit den unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ein gutes Beispiel für gelebte Integration ist. Und alle Spieler sind stolz für ihre Heimat Deutschland zu spielen. Ein Rücktritt wäre ein Erfolg für die Minderheit gewesen, die sich rassistisch äußert. Und das wollte ich nicht. Ich bin froh, dass ich mich entschieden habe weiterzumachen. Fast sechs Jahre später spiele ich immer noch, ich habe eine Menge Spaß und kann mit der SpVgg Greuther Fürth nochmal um den Aufstieg in die Bundesliga spielen.

DFB.de: Woher kommt es, dass Sie diese Angriffe immer wieder verdaut haben? Liegt es an Ihrem frohen Gemüt oder daran, dass Sie mit Ihrem Vater, der vor dem Militärputsch 1978 als Oppositioneller aus Ghana über Italien und Polen nach Deutschland geflohen ist, ein gutes Vorbild hatten?

Asamoah: Natürlich hat mich mein Vater gut erzogen, und sicher bin ich deshalb ein positiver Typ. Und ich lasse mich von so etwas nicht runterziehen, lasse mir mein Leben nicht kaputtmachen. Ich versuche immer, nach vorne zu schauen.

DFB.de: Ganz aktuell ist das Thema "Rassismus im Fußball" in England, wo die Nationalspieler John Terry und Uruguays Luis Suarez beschuldigt werden. Haben Sie diese Diskussionen verfolgt?

[bild2]

Asamoah: Man kriegt so was schon mit. Ich hatte so etwas ja auch schon in der Bundesliga. Es tut weh, wenn man wegen seiner Hautfarbe beschimpft wird. Aber wir müssen Vorbilder sein: So etwas hat auf dem Fußballplatz nichts zu suchen. Für mich ist das ein gutes Beispiel, dass man auch mal hart vorgehen muss, um etwas zu erreichen.

DFB.de: Kann das der Fußball leisten, oder handelt es sich um ein gesellschaftliches Problem?

Asamoah: Wahrscheinlich ist es gesellschaftliches Problem. Aber gerade in Deutschland und in Europa hat der Fußball einen hohen Stellenwert und ist ein Teil des gesellschaftlichen Lebens. Und deshalb müssen wir alle, die Spieler genauso wie die Zuschauer auf den Rängen, ein gutes Vorbild sein.

DFB.de: Die "Internationalen Wochen gegen Rassismus" fordern die Menschen auf, nicht tatenlos zuzusehen. Welche Initiativen gegen Rassismus imponieren Ihnen besonders?

Asamoah: Jede Initiative gegen Rassismus ist zu begrüßen. Egal ob in kleinem Rahmen oder auf der großen Fußballbühne. Ich finde, dass "Schule ohne Rassimus - Schule mit Courage" eine sehr gelungene Initiative ist. Auch weil man sich hier nicht nur mit dem Thema Rassismus beschäftigt, sondern viel weiter denkt. Ich bin Pate an einer Schule im Ruhrgebiet, die SpVgg Greuther Fürth ist bei ein paar Projekten dabei und ich werde hier in Fürth auch meinen Teil dazu beitragen.

DFB.de: Sie haben vor ein paar Jahren von einem Benefizspiel für das Thema Integration und Anti-Rassismus gesprochen. Würden Sie eine solche Initiative auch heute noch begrüßen?

Asamoah: Man kann immer etwas tun, denn jede Aktion ist wichtig. Vor allem sollten wir uns alle kontinuierlich dafür einsetzen und nicht nur reagieren, wenn wieder irgendwo irgendwas vorkommt.

DFB.de: Zum Abschluss eine sportliche Frage: Sie laborieren derzeit an einem Muskelfaserriss. Schaffen Sie das Comeback bis zum DFB-Pokalhalbfinale gegen den BVB? Für Sie als Schalker Ikone sicher eine besondere Motivation, oder?

Asamoah: Es sieht ganz gut aus, ich absolviere schon wieder ein Lauftraining und werde intensiv behandelt. Ich hoffe, dass ich schon am Wochenende gegen 1860 München wieder dabei sein kann. Bei Muskelverletzungen muss man auch vorsichtig sein. Aber das Ziel ist natürlich ein Einsatz beim großen Pokalspiel gegen Dortmund. Wir sind der einzig verbliebene Zweitligist, Fürth kann Großes erreichen. Da will ich natürlich dabei sein.

Das meinen DFB.de-User:

"Hallo und vielen Dank für diesen Beitrag. Es wird endlich Zeit, dass den ewig Gestrigen gezeigt wird, dass sich auf einem Spielfeld Menschen befinden! Egal, welcher Nationalität sie angehören, was sie glauben und natürlich welche Hautfarbe sie haben. Es gibt nichts hässlicheres als Rassismus und rassistische Äußerungen im Sport. Ich würde mir wünschen, dass diejenigen, die das nicht verstehen (wollen), sich von unseren Sportplätzen fern halten. Und dass es harte Bestrafungen bis hin zu lebenslangen Stadionverboten für rassistisch motivierte Straftäter unter den Zuschauern aber auch den Spielern gibt. Ich hätte Gerald Asamoah gerne einmal kennen gelernt. Er ist übrigens immer noch einer der Lieblingsspieler meines 12-jährigen Sohnes." (Torsten Weidemann, Siegelsbach)