50 Jahre Bundesliga: Die Saison 1992/1993

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1992/1993.

Die Bundesliga brach in ein neues Zeitalter auf. Die Goldgräber-Stimmung, die durch die Wiedervereinigung schon ausgebrochen war, wurde mit Beginn der 30. Saison noch potenziert. Die TV-Einnahmen verdoppelten sich mit dem neuen Vertrag, den der DFB abschloss, auf 165 Millionen D-Mark. Das lag an der neuen Konkurrenzsituation durch die aufkommenden Privatsender. Mit dem Erwerb der Free-TV-Rechte rückte SAT.1 die Bundesliga ab jener Saison stärker denn je in den Fokus.

Eine tägliche Bundesliga-Sendung am Vorabend schürte die Woche über Vorfreude, am Samstag gab es dann "Ranimissimo". Das Format mit johlenden Studiogästen und Werbeunterbrechungen war für Traditionalisten gewöhnungsbedürftig, doch der Show im Studio folgte die auf dem Rasen – und umgekehrt. Die Befruchtung war gegenseitig. Der Zuschauerschnitt auf den Rängen stieg gegenüber der Vorsaison, der bis dahin besten, um zehn Prozent. Nie nahmen die Vereine mehr Geld durch Eintrittspreise ein als 1992/93. Spektakuläre Transfers hatten daran sicher auch ihren Anteil: Bayern München holte in einer Nacht- und Nebel-Aktion Anfang September Lothar Matthäus von Inter Mailand zurück. Und im Winter packte der nächste Italien-Legionär die Koffer: Matthias Sammer hatte es nur ein halbes Jahr beim AC Mailand ausgehalten, Borussia Dortmund investierte für ihn stolze acht Millionen D-Mark. Den Titel kauften sich damit aber weder die Bayern noch die Borussen ein.

Werder Bremen war am Ende der lachende Dritte im Meisterrennen, mit dem Titelverteidiger VfB nichts zu tun hatte (7. Platz). In schon verblüffender Umkehrung der Ereignisse der Saison 1985/86 entschieden die Werderaner im Endspurt das Titelrennen für sich. Die Bayern hatten bis zum 32. Spieltag ununterbrochen die Tabelle angeführt, dann zog Werder nach einem 5:0-Schützenfest gegen den HSV dank der Tordifferenz vorbei. 1986 hatten die Bremer gar bis zum 33. Spieltag geführt, dann erst kam Bayern. Auch damals bestritt Werder das letzte Spiel in Stuttgart, doch diesmal machten es die Rehhagel-Schützlinge besser und siegten 3:0. Joker Bernd Hobsch schoss nach der Pause zwei Tore, Thomas Wolter eines. Nun wussten die Bayern, die auf Schalke nur 3:3 spielten, wie es sich anfühlt, im letzten Moment vom Siegerpodest gestoßen zu werden.

Wesentlich für das Spiel de Meisters waren die Ausländer: Abwehrchef Rune Bratseth, der "Elch" aus Norwegen, war der König der Lüfte, Neuzugang Andreas Herzog, der Österreicher, wurde als "Fußball-Mozart" verherrlicht, vorne schoss der Neuseeländer Wynton Rufer stolze 17 Tore. Wiederholte sich in einer Hinsicht also die Geschichte, wenngleich die Hauptdarsteller die Rollen wechselten, so war 92/93 doch eine ganze Menge neu.

Erstmals trat die Rückpassregelung in Kraft, wonach Torhüter absichtliche Zuspiele nicht mehr mit der Hand aufnehmen durften. Damit hatten die Aktiven weniger Probleme als mit der 3+2-Regelung für Ausländer. Neben drei statt zuvor zwei Ausländern durften auch zwei Fußball-Deutsche, sprich Ausländer mit mindestens fünf Jahren Spielpraxis in Deutschland, eingesetzt werden. Bis zum 32. Spieltag ging alles gut, dann verlor Frankfurts Trainer Horst Heese den Überblick und wechselten mit dem Tschechen Marek Penksa einen vierten Ausländer ein, womit aus einem 5:2 in Uerdingen ein 0:2 wurde.

Bayer Uerdingen rettete das nicht vor dem Abstieg, der erstmals seit 1981 wieder drei Klubs direkt ereilte, weil die Relegation Geschichte war und vier Absteiger im Vorjahr ebenso wie ein 20er-Feld eine Ausnahme blieben. Neben den Uerdingern erwischte es Saarbrücken, das nach passablem Start die letzten neun Spiele verlor, und erstmals im 22. Bundesliga-Jahr den VfL Bochum.

Dynamo Dresden hielt weiterhin die Fahne des Ostens hoch, doch wie lange noch? Falsche Angaben im Lizenzierungsverfahren brachten den Sachsen am 12. Mai einen Abzug von vier Punkten ein – zum Leidwesen der Konkurrenz aber erst für die neue Saison.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 30. BUNDESLIGASAISON

Tore: 898 (2,93 pro Spiel)
Torschützenkönig: Ulf Kirsten (Bayer Leverkusen), Anthony Yeboah (Frankfurt) je 20
Zuschauer: 7.703.596 (25.175 pro Spiel)
Meister: Werder Bremen
Absteiger: VfL Bochum, Bayer Uerdingen, 1. FC Saarbrücken
Aufsteiger: VfB Leipzig, MSV Duisburg, SC Freiburg
Trainerentlassungen: 10
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Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1992/1993.

Die Bundesliga brach in ein neues Zeitalter auf. Die Goldgräber-Stimmung, die durch die Wiedervereinigung schon ausgebrochen war, wurde mit Beginn der 30. Saison noch potenziert. Die TV-Einnahmen verdoppelten sich mit dem neuen Vertrag, den der DFB abschloss, auf 165 Millionen D-Mark. Das lag an der neuen Konkurrenzsituation durch die aufkommenden Privatsender. Mit dem Erwerb der Free-TV-Rechte rückte SAT.1 die Bundesliga ab jener Saison stärker denn je in den Fokus.

Eine tägliche Bundesliga-Sendung am Vorabend schürte die Woche über Vorfreude, am Samstag gab es dann "Ranimissimo". Das Format mit johlenden Studiogästen und Werbeunterbrechungen war für Traditionalisten gewöhnungsbedürftig, doch der Show im Studio folgte die auf dem Rasen – und umgekehrt. Die Befruchtung war gegenseitig. Der Zuschauerschnitt auf den Rängen stieg gegenüber der Vorsaison, der bis dahin besten, um zehn Prozent. Nie nahmen die Vereine mehr Geld durch Eintrittspreise ein als 1992/93. Spektakuläre Transfers hatten daran sicher auch ihren Anteil: Bayern München holte in einer Nacht- und Nebel-Aktion Anfang September Lothar Matthäus von Inter Mailand zurück. Und im Winter packte der nächste Italien-Legionär die Koffer: Matthias Sammer hatte es nur ein halbes Jahr beim AC Mailand ausgehalten, Borussia Dortmund investierte für ihn stolze acht Millionen D-Mark. Den Titel kauften sich damit aber weder die Bayern noch die Borussen ein.

Werder Bremen war am Ende der lachende Dritte im Meisterrennen, mit dem Titelverteidiger VfB nichts zu tun hatte (7. Platz). In schon verblüffender Umkehrung der Ereignisse der Saison 1985/86 entschieden die Werderaner im Endspurt das Titelrennen für sich. Die Bayern hatten bis zum 32. Spieltag ununterbrochen die Tabelle angeführt, dann zog Werder nach einem 5:0-Schützenfest gegen den HSV dank der Tordifferenz vorbei. 1986 hatten die Bremer gar bis zum 33. Spieltag geführt, dann erst kam Bayern. Auch damals bestritt Werder das letzte Spiel in Stuttgart, doch diesmal machten es die Rehhagel-Schützlinge besser und siegten 3:0. Joker Bernd Hobsch schoss nach der Pause zwei Tore, Thomas Wolter eines. Nun wussten die Bayern, die auf Schalke nur 3:3 spielten, wie es sich anfühlt, im letzten Moment vom Siegerpodest gestoßen zu werden.

Wesentlich für das Spiel de Meisters waren die Ausländer: Abwehrchef Rune Bratseth, der "Elch" aus Norwegen, war der König der Lüfte, Neuzugang Andreas Herzog, der Österreicher, wurde als "Fußball-Mozart" verherrlicht, vorne schoss der Neuseeländer Wynton Rufer stolze 17 Tore. Wiederholte sich in einer Hinsicht also die Geschichte, wenngleich die Hauptdarsteller die Rollen wechselten, so war 92/93 doch eine ganze Menge neu.

Erstmals trat die Rückpassregelung in Kraft, wonach Torhüter absichtliche Zuspiele nicht mehr mit der Hand aufnehmen durften. Damit hatten die Aktiven weniger Probleme als mit der 3+2-Regelung für Ausländer. Neben drei statt zuvor zwei Ausländern durften auch zwei Fußball-Deutsche, sprich Ausländer mit mindestens fünf Jahren Spielpraxis in Deutschland, eingesetzt werden. Bis zum 32. Spieltag ging alles gut, dann verlor Frankfurts Trainer Horst Heese den Überblick und wechselten mit dem Tschechen Marek Penksa einen vierten Ausländer ein, womit aus einem 5:2 in Uerdingen ein 0:2 wurde.

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Bayer Uerdingen rettete das nicht vor dem Abstieg, der erstmals seit 1981 wieder drei Klubs direkt ereilte, weil die Relegation Geschichte war und vier Absteiger im Vorjahr ebenso wie ein 20er-Feld eine Ausnahme blieben. Neben den Uerdingern erwischte es Saarbrücken, das nach passablem Start die letzten neun Spiele verlor, und erstmals im 22. Bundesliga-Jahr den VfL Bochum.

Dynamo Dresden hielt weiterhin die Fahne des Ostens hoch, doch wie lange noch? Falsche Angaben im Lizenzierungsverfahren brachten den Sachsen am 12. Mai einen Abzug von vier Punkten ein – zum Leidwesen der Konkurrenz aber erst für die neue Saison.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 30. BUNDESLIGASAISON

Tore: 898 (2,93 pro Spiel)
Torschützenkönig: Ulf Kirsten (Bayer Leverkusen), Anthony Yeboah (Frankfurt) je 20
Zuschauer: 7.703.596 (25.175 pro Spiel)
Meister: Werder Bremen
Absteiger: VfL Bochum, Bayer Uerdingen, 1. FC Saarbrücken
Aufsteiger: VfB Leipzig, MSV Duisburg, SC Freiburg
Trainerentlassungen: 10